Test Nikon Z6 RAW - Besser als ProRES?

Nikon Z6 RAW - Besser als ProRES?

Nun konnten wir es erstmals selber ausprobieren: Nikon RAW! Oder eigentlich: Nikon/Atomos ProRES RAW. Dabei entwickelte sich im Test eine zentrale Frage: Ist ProRES RAW an der Nikon wirklich besser als externes ProRES?

// 10:29 Fr, 31. Jan 2020von

Noch einmal zur Erinnerung: Vor ziemlich genau einem Jahr kündigte Nikon an, mit seinen spiegellosen DSLM-Vollformat-Kameras Z6 und Z7 ProRES RAW zu unterstützen. Doch trotz eines schnellen XQD/CFexpress-Steckplatzes sollte es keine interne RAW-Aufzeichnung geben. Stattdessen kooperierte man mit Atomos (mit den Co-Entwicklern des ProRES RAW Formats von Apple) und kündigte eine externe Aufzeichnung über HDMI mit dem Atomos Ninja V-Recorder an.




4K RAW aus 6K-Sensor?


Doch während Atomos bereits zuvor bewiesen hatte, dass man bei einer 6K-Kamera wie der Panasonic EVA1 auch wirklich externes 6K-RAW aufzeichnen konnte, ging Nikon aus nicht ganz verständlichen Gründen einen anderen Weg. Ähnlich wie kürzlich auch Sigma mit ihrer fp Kamera skaliert man die Auflösung der internen 6K (Z6)- und 8K-Sensoren (Z7) vor der Ausgabe über HDMI auf 4K herunter.



Nikon Z6 RAW - Besser als ProRES? : header


Doch mit diesem Schritt verlässt Nikon das Terrain, bei dem man üblicherweise von RAW spricht. Denn RAW bedeutet für die meisten Anwender, dass man für die Postproduktion die möglichst unangetasteten Informationen das Sensors aus der Kamera bekommt. Nikon verändert mit dieser 6K->4K-Skalierung jedoch bereits massiv die RGGB-Bayer-Struktur indem die Kamera die Sensel des Sensors zusammenfasst.



Durch dieses "6K nach 4K Preprocessing" vor der Ausgabe unterbindet Nikon relevante Debayering-Optionen in der Postproduktion und annulliert gleichzeitig den größten Vorteil gegenüber einer normalen ProRES-Aufzeichnung über HDMI: Wenn man sowieso nicht mehr auf einzelne RGGB-Sensel der 6K-Auflösung zurückgreifen kann, gibt es rein technisch sogar einen Nachteil gegenüber einer skalierten 4:2:2 YCrCb 10 Bit Log 4K-Ausgabe. Und letztere kann man schon seit der Vorstellung der Nikon Z6 vor über einem Jahr nutzen. Übrigens auch mit dem Ninja V in ProRES (ohne RAW).




4:2:0 besser als RAW?

Wer nicht voll im Thema ist, für den vielleicht eine kurze pragmatische Betrachtung des Problems: Hier sehen wir einmal unser typisches Testbild einer Sony A7III. Diese macht wie die Nikon Z6 vor der Aufzeichnung ein internes 6K->4K Downscaling und zeichnet dieses Signal intern in 4K UHD (3840 x 2160) mit 4:2:0 (!!) Farbunterabtastung in 8 Bit auf:



Nikon Z6 RAW - Besser als ProRES? : SonyA7III ISO340 4K FullFrame
.Die Sony A7III: Readout 6K, Output 4K, 4:2:0, 8 Bit




Wie man sieht gibt es durch das saubere Downscaling trotz 8 Bit und 4:2:0 nahezu unverfälschte Strukturen und damit ein faktisch perfektes Debayering unseres Testbildes zu sehen. Selbst mit einer deutlich reduzierten 4:2:0 Farbauflösung kann Sony hier alle relevanten Testmuster fehlerfrei darstellen.



Dagegen nun - in Medias Res - die Nikon Z6 in der 4K ProRES RAW Aufzeichnung:



Die Nikon Z6 + Atomos Ninja V: Readout 6K, Output 4K, ProRES RAW
Die Nikon Z6 + Atomos Ninja V: Readout 6K, Output 4K, ProRES RAW


Hierbei überzeugt die Nikon Z6 leider nicht: Wir sehen viele Chromapixelabweichungen (z.B. falsche Farben in der "Trompete"), Aliasing und Zipperartefakte, die in feinen Strukturen auftauchen.



Dies kommt nicht unerwartet: Selbst wenn die Kamera ein gutes Downscaling hinbekommen sollte, besitzt die Aufzeichnungs-Struktur von RAW in 4K-Auflösung nicht genügend Platz für feine Details, weil sie nicht -wie in 4:2:x- Luma- und Chroma Werte für jeden Pixel getrennt abspeichert. Stattdessen kann ein Pixel in ProRES RAW nur entweder einen roten oder grünen oder blauen Wert annehmen. Aber keinen Mischwert aus allen drei Farbkanälen.



Bei einem sauberen Downscaling von 6K können diese Mischwerte in 4K pro Pixel sinnvoll interpoliert und gespeichert werden. Jedoch nur in einem 4:2:0-, 4:2:2- oder 4:4:4-Format (wie im obigen Fall bei Sony "klar" zu sehen). In RAW ist dies jedoch prinzipbedingt nicht möglich, weil RAW pro Pixel nur einen Farbkanal speichern kann. Daher erzielt man mit RAW nur bessere Ergebnisse als mit ProRES, wenn man RAW mit der Originalauflösung speichert und in der Nachbearbeitung die Sensorwerte in eine geringere Auflösung mit RGB- oder YCrCb-Werten herunter interpoliert. Warum Nikon diesen schlüssigen 6K-RAW Schritt nicht gegangen ist und nur eine 4K-RAW-Ausgabe ermöglicht, ist rätselhaft.



Die Nikon Z6 war ja schon in unserem ersten Test kein sauberer Downscaler. Und deswegen sind selbst bei der Aufzeichnung in ProRES ohne RAW am Atomos Ninja V keine feinen 4K-Strukturen zu sehen.



Die Nikon Z6 + Atomos Ninja V: Readout 6K, Output 4K, ProRES HQ
Die Nikon Z6 + Atomos Ninja V: Readout 6K, Output 4K, ProRES HQ


Allerdings filtert die N-Log 10 Bit 4:2:2 HDMI-Ausgabe die feinen Strukturen besser. Die falschen Farbpixel fehlen und Zipper sowie bewegte Moirees treten hier weitaus unauffälliger hervor. Deshalb ziehen wir persönlich dieses 4:2:2 10 Bit N-Log Debayering der neu gebotenen ProRES RAW-Ausgabe vor.



Im RAW-Ausgabe Modus bietet die Nikon Z6 übrigens auch keinen S35/DX-Sensor-Crop. Das ist insofern schade, weil hier ja theoretisch immerhin ein echter 1:1 Sensor-RAW-Output möglich gewesen wäre. Sogar im Gegenteil: Im RAW Modus wird fast die gesamte Sensorfläche genutzt, während in der 10 Bit N-Log Ausgabe der Sensor deutlich gecroppt wird. Exakt haben wir folgendes gemessen: In 8 Bit (intern oder extern) wird immer die volle Sensorfläche genutzt. ProRES RAW nutzt 95 Prozent der Sensorfläche und die externe 10 Bit Aufzeichnung sogar immer nur 90 Prozent (egal ob mit oder ohne N-Log).






Leserkommentare // Neueste
[86 Leserkommentare] [Kommentar schreiben]   Letzte Kommentare:
cantsin    00:24 am 4.2.2020
Es geht hier in diesem Thread nicht um Denoising, sondern ums Skalieren von Bayer-Pattern, also Aufzeichnung von Raw in Auflösungen unterhalb der Sensorauflösung, aber ohne...weiterlesen
roki100    00:16 am 4.2.2020
Ok, und wie ist das mit BRAW? Da wird z.B. Kameraintern denoised? Also, wenn ich ProRes+Schärfe+NR anwende, ist da kaum ein unterschied zu CDNG+Schärfe+NR zu sehen. Das einzige...weiterlesen
cantsin    23:22 am 3.2.2020
Die Idee bei RAW ist, dass man ein (möglichst) unprozessiertes Signal aufzeichnet, um die Bildprozessierung anschließend flexibler am Rechner machen zu können. Im Fall von...weiterlesen
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