Seit letzter Woche ist ein Film mit höchst ausgeklügelter Kameraführung in den Kinos zu sehen: Birdman besteht komplett aus Plansequenzen, die meisten davon um die 10 min lang, und die wenigen Schnitte, die sich nicht vermeiden ließen, sind gut verborgen. Statt dessen ist die Kamera viel in Bewegung, sowohl dezent aus der Hand, als auch sehr viel mit Steadicam. Wer es nicht gewöhnt ist, auf filmtechnische Gestaltung zu achten, wird möglicherweise kaum merken, daß die Szenen ganz anders aufgelöst werden als üblich, was neben der gekonnten Ausführung natürlich daran liegt, daß der Film auch sonst gut ist. (Ausgesprochen gut sogar, wie wir finden.)
Besonders gut gefällt uns die Tatsache, daß die quasi schnittlose Inszenierung des Regisseurs Alejandro González Iñárritu nicht nur ein spleeniges, x-beliebiges Stilmittel ist, sondern dem Thema des Films durchaus angemessen. Micheal Keaton -- ja, Batman -- spielt darin einen in die Jahre gekommenen Hollywood-Schauspieler, der durch seine Rolle als Actionheld Birdman berühmt wurde, nun aber ein Comeback als seriöser Bühnenschauspieler in Angriff nimmt. Zu sehen sind die letzten Generalproben bis zu Premiere, der Film spielt bis auf einige Ausnahmen in den Theaterkulissen. Wenn Iñárritu nun also die Schauspieler ihre Szenen linear und am Stück durchspielen läßt, erreicht er dadurch einerseits eine Kontinuität in ihrem Spiel, andererseits eine Authentizität in der Darstellung, die tatsächlich in Anforderung und Wirkung gewisse Ähnlichkeit mit dem Theater bekommt. Das ist recht brilliant, und funktioniert vor allem gut in Kombination mit der beweglichen Kamera; denn was man sieht ist immer noch eindeutig Film.
Die Umsetzung war, das ahnt wer sich etwas auskennt, alles andere als einfach -- für alle Beteiligten. Jede Bewegung, jede Aktion wurde bis ins letzte Detail ausstudiert und geprobt, denn bei solch langen Takes darf sich niemand Fehler erlauben, und sowie sich die Kamera bewegt, muß vieles genau abgestimmt werden. Auch das Licht zB. muß bei laufender Kamera verändert werden. Da oft in engen Gängen gedreht wurde, kamen sehr weitwinklige Optiken zum Einsatz (an der Arri Alexa XT sowie der kleineren/modularen XT M), vor allem anscheinend eine 18mm Brennweite -- auch nicht gerade einfach für den Focus Puller.

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Der Film selbst, Birdman or the Unexpected Virtue of Ignorance (übrigens Oscar-nominiert in neun Katagorien), sei all jenen empfohlen, die keine allzukurze Aufmerksamkeitsspanne haben, intertextuelle Filmbezüge schätzen und/oder Edward Norton (der Trailer wird dem Film übrigens nicht gerecht, der oben eingebettete Teaser schon eher).

PS. Wie es der Zufall will, hatte gestern ein Film auf der Berlinale Premiere, welcher tatsächlich in einem Take abgedreht wurde, Victoria von Sebastian Schipper...