Test Kinefinity Terra 6K - Viel RAW für wenig Geld?

Kinefinity Terra 6K - Viel RAW für wenig Geld?

Wir hatten kurz die Terra 6K von Kinefinity zu Besuch und haben dabei so viele Informationen zusammengetragen, dass es wieder für zwei Artikel reicht. Dieser erste Teil beschäftigt sich mit den Ausstattungsoptionen, dem RAW-Workflow und der Bildqualität.

// 14:44 Do, 23. Feb 2017von

Nach dem Auspacken der Kamera ist man erst einmal erstaunt: So klein und leicht (ca. 1 kg) hätten wir sie die Kamera nicht erwartet. Dennoch ist das Gehäuse massiv und erinnert ein bisschen an den typischen RED-Formfaktor.



Die Kinefinity Terra 6K ohne alles...
Die Kinefinity Terra 6K ohne alles...


Am Basis-Body kann immerhin schon ein Monitor angedockt werden, der über eine proprietäre Verbindung (KineMON Monitor Cable) verfügt und darum ebenfalls von Kinefinity stammen muss. Eine einfache SDI/HDMI-Vorschau hätte uns hier besser gefallen, jedoch bekommt man diese Option nur via SDI über das optionale KineBACK-Modul (s.u.)



Die Kinefinity Terra 6K mit Monitor
Die Kinefinity Terra 6K mit Monitor


Offensichtlich scheint Kinefinity das RED-Spiel zu mögen, möglichst über spezielles Zubehör noch ein den einen oder anderen zusätzlichen Euro aus der Tasche des Käufers zu ziehen, anstatt auf offene Standards zu setzen. Die Preise fallen dabei allerdings deutlich moderater als beim Vorbild aus und der deutsche Distributor HD-Videoshop hat auch gleich relativ sinnvolle Paketbundles geschnürt: Aktuell kann bzw. sollte man wohl für 1000 Euro Netto-Aufpreis gleich das Basic Pack einplanen, das neben dem 5,5 Zoll FullHD-Monitor (sonst 529 Euro) auch einen 30W-Akku plus KineGRIP (sonst 579 Euro), eine 500 GB SSD, ein Netzteil sowie ein D-Tap Strom-Kabel enthält. Für eine derart “drehfertige” Konfiguration zahlt man bei der hier getesteten Terra 6K dann letztlich 6.999 Euro Netto.



Richtig komplett wird die Terra aber eigentlich erst mit dem optionalen KineBACK, dass der Kamera weitere Anschlüsse wie Phantom XLR-Audio, 3G-SDI-Monitoring-Ausgänge, Kamera-SYNC, DC-Out sowie Timcode I/O zur Verfügung stellt. Außerdem lässt hier ein V-Mount Akku an die Kamera andocken, was dann natürlich zu lasten der kompakten Ausmaße geht. Aktuell bekommt man das KineBACK Modul sowohl im TerraPro Pack für 8.999 Euro Netto. Oder einzeln für 1.200 Euro Netto-Aufpreis.



Das KineBACK-Modul macht die Terra 6K erst richtig rund (aber auch voluminöser)
Das KineBACK-Modul macht die Terra 6K erst richtig rund (aber auch voluminöser)




Auch bei Mount zeigt sich die Terra modular: Es gibt grundsätzlich vier Objektiv-Mount-Optionen: Die eingebaute Kinemount dient nur dazu, nachträglich verschiedene Adapter (aktuell für EF, PL und Nikon) aufzunehmen. Alternativ kann man ein fest eingebautes EF-Bajonett erhalten. Dieses kann auch mit einem Focal Reducer ausgestattet werden, der sich KineEnhancer nennt und 299 Euro Aufpreis kostet. Abschließend ist auch noch eine feste PL-Mount für 299 Euro Aufpreis erhältlich.





RAW-Workflow

Die ProRES-Möglichkeiten der Kamera sind natürlich sicherlich für viele Anwender ebenso interessant, jedoch haben wir uns in der knappen Testzeit vor allem mit dem RAW-Workflow der Terra 6K befasst, da dies wohl in diesem Preisbereich die Kamera wirklich einzigartig macht. Nirgendwo sonst bekommt man aktuell eine 6K Sensor RAW-Aufzeichnung (5760 x 3240) unter 10.000 Euro. Zumal die Medienpreise dank normaler SATA-SSDs hierbei unschlagbar günstig ausfallen.



Der RAW-Workflow hat uns jedoch (noch??) nicht uneingeschränkt gefallen. Denn die Kamera schreibt nicht native CinemaDNG-Bildsequenzen auf die SSD, sondern nur das proprietäre KineRAW-Format (*.krw). Dieses kann aktuell einzig von Assimilate Scratch gelesen werden, dass man für ein Jahr kostenlos zur Kamera erhält. Danach werden jedoch 199 Dollar Miete pro Jahr fällig, oder man greift zur Dauerlizenz für 999 Dollar.



Als zweiter Weg steht die Konvertierung der KRW-Dateien nach CinemaDNG offen. Dies erledigt eine Softwarelösung namens Kinestation. Die Kinestation Software wurde bei uns jedoch vom Avira Virenscanner als trojanisches Pferd eingestuft, der bei uns auch zuverlässig einen Start verhinderte. Das FAQ scheint sich dessen bewusst zu sein und rät, dies einfach zu ignorieren. In unserem Fall bedeutete dies den Virenscanner abzustellen. Nachdem Windows Defender die Dateien als unverdächtig eingestuft hat, vertrauten wir da mal auf Microsoft, wobei ein misstrauisches Gefühl im Bauch bestehen bleibt.



Die Software selbst wirkt dabei eher lieblos. Man kann nur Source- und Zielverzeichnis der Clips wählen. Dabei kann man im folgenden nur entweder alle Clips der SSD konvertieren, oder einen einzigen. Eine Auswahl mehrerer Clips gelang uns unter Windows nicht.



Die extrahierten 6K Cinema DNGs sind 16 Bit und damit riesig (ca. 20MB pro Frame). Der Datenstrom in der KRW-Datei “verbraucht” stattdessen nur ca. 12,5 MB pro Frame, was eine deutliche Speicherplatz-Ersparnis bedeutet. Schade, dass man diesen Vorteil aktuell nur mit Scratch nutzen kann. Denn nur hiermit funktioniert ein direktes Grading von der SSD ohne vorherige Konvertierung. Dass Resolve in Zukunft auch KRW-Files der Kamera Konkurrenz lesen kann halten wir für eher unwahrscheinlich.



Die drastischen Größenunterschiede innerhalb der RAW Daten dürften übrigens nicht unbedingt auf eine starke RAW-Kompression bei der Aufnahme zurückzuführen sein. Vielmehr deutet einiges darauf hin, dass die Terra 6K ihre 16 Bit Sensordaten nur mit 12 Bit in die KRW-Files schreibt, die dann noch - wie bei ARRI- mit einer Log-ähnlichen Transferfunktion gespeichert werden, die für jede Blendenstufe gleich viele Werteslots bereithält. Beim Konvertieren der der DNGs werden die Werte dann korrekt auf die (fast) ursprünglichen 16 Bit Werte entzerrt.





Bildqualität

Nachdem wir die ersten Bildeindrücke in Resolve zu Gesicht bekamen staunten wir nicht schlecht. Die Color Science der Kamera gefiel uns ausgesprochen gut. Die Hauttöne wussten auf Anhieb zu überzeugen und der Look erinnerte uns spontan an ARRI-Material. im zweiten Teil dieses Tests werden wir euch ein paar Videobeispiele hierzu liefern.



Doch kommen wir zuerst zu unseren Standard-Tests: Die Terra liefert in 6K eine praktisch tadellose Wiedergabe unseres 4K-Testcharts. Kein Wunder, hier stehen genügend Downsampling Reserven bei der Konvertierung von 6K-auf 4K zur Verfügung:



Die Kinefinity Terra 6K im 4K-Schärfetest
Die Kinefinity Terra 6K im 4K-Schärfetest


Wer also “nur” bis 4K mastert bekommt mit der Terra 6K ein extrem sauberes 4K-Bild geliefert.



In unserem 1200LUX-Testbild kann man die volle 6K-Auflösung bestaunen. Auch hier erwartete uns ein extrem cleanes Bild, das jedoch kaum steril wirkt:



Die Kinefinity Terra 6K bei 1200 Lux
Die Kinefinity Terra 6K bei 1200 Lux




Bei wenig Licht (12 LUX) gibt es dann doch noch etwas zu “bemängeln”. Die Kamera liefert gemessen an den ISO-Vorgaben ein eher dunkles Bild ab. Hier einmal eine Testbild-Rehe geschossen mit 1/50s und Blende 1,5:



Die Kinefinity Terra 6K bei 12 Lux mit 1/50s, T1.5 und ISO800
Die Kinefinity Terra 6K bei 12 Lux mit 1/50s, T1.5 und ISO800


Die Kinefinity Terra 6K bei 12 Lux mit 1/50s, T1.5 und ISO1600
Die Kinefinity Terra 6K bei 12 Lux mit 1/50s, T1.5 und ISO1600


Die Kinefinity Terra 6K bei 12 Lux mit 1/50s, T1.5 und ISO3200
Die Kinefinity Terra 6K bei 12 Lux mit 1/50s, T1.5 und ISO3200


Die Kinefinity Terra 6K bei 12 Lux mit 1/50s, T1.5 und ISO6400
Die Kinefinity Terra 6K bei 12 Lux mit 1/50s, T1.5 und ISO6400


Die Kamera ist somit auf den ersten Blick kein Low-Light-Monster, aber liefert dank RAW dennoch extrem artefaktfreie Bilder, die zudem ein sehr analoges Rauschverhalten aufweisen.



Wir hatten die Kamera leider zu kurz, um mehr Testaufnahmen damit zu stemmen, jedoch ist uns in unseren Clips nach Rückgabe der Kamera noch etwas aufgefallen. Im 3K-Golden Master Modus zeichnet die Kamera mit zusammengelegten (gebinnten) Senseln in einer Auflösung von 2880 x 1620 Pixeln auf. Dies erhöht laut Hersteller die Dynamik noch einmal um zwei Blendenstufen. Tatsächlich waren unsere Clips in diesem Modus deutlich heller. Leider haben wir jedoch keine Low-Light-Aufnahmen im Golden Master Modus gemacht, jedoch ist zu erwarten, dass die Kamera hier noch besser abschneiden würde.



Erwähnenswert ist auf jeden Fall auch noch das Rolling Shutter-Verhalten: Die Terra 6K gehört dabei leider eher zu den langsameren Auslese-Vertretern. Wir schätzen den Readout zwischen 25 ms und 30 ms. Dies ist für eine Cine-Kamera eher schlecht. Und selbst wenn sich die Balken nicht ganz so stark biegen, wie bei einer Sony Alpha 6300 muss man bei der Arbeit aus der Hand auf die damit verbundenen Probleme achten.







Zwischen-Fazit

Die runden Farben Out-Of-The-Box und die echte 6K-RAW-Aufzeichnung bieten tatsächlich eine sehr cinematische Anmutung und einen großen Gestaltungsspielraum. Bei einer Downskalierung auf 4K bekommt man dazu praktisch keine Moires zu Gesicht. Das Lowlight-Verhalten und der Rolling-Shutter sind dagegen nicht die Stärken der Kamera und der RAW-Workflow lässt noch Platz für Verbesserungen. Im Golden Master Mode liegt im Kosenamen “China-ARRI” mehr Wahrheit, als mancher vermuten mag. Die Set-Preise und die Verwendung günstiger SSD-Medien lassen die Terra 6K aktuell recht verlockend aussehen, auch wenn man noch mit kleineren Hakeleien zu kämpfen hat. Doch davon dann mehr im zweiten Teil...


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