Auf der gerade zu Ende gegangenen Entertainment Technologie Messe CES 2010 war 3D das große Thema. Besonders weil vor wenigen Wochen James Camerons 3D Epos Avatar mit durchschlagendem Erfolg gestartet ist, hofft jeder Hersteller in der Zukunft daran anknüpfen zu können, um wieder eine neue Gerätegeneration verkaufen zu können. Wir wollen einen Blick auf den Trend werfen um zu sehen, welche Argumente für oder gegen den baldigen Einzug von 3D ins Wohnzimmer sprechen.
Der enorme Erfolg von Avatar hat schließlich auch alle Zweifler widerlegt, die James Camerons Mammutprojekt und dem neuen 3D-Kino im Ganzen ein Scheitern vorausgesagt haben. Der Kassenrekord beweist, dass man mit 3D tatsächlich Geld machen kann, weil eine große Nachfrage danach besteht, und gibt somit den ehrgeizigen 3D Plänen von Herstellern wie Sony oder LG Auftrieb. Im Laufe von 2010 sollen laut Ankündigungen von allen großen Herstellern 3D TVs und Blu-ray Player auf den Markt kommen.
Und wenn die Mehrkosten gegenüber einem normalen HD Fernseher wirklich nur minimal größer sind (die Hersteller halten sich hier mit Informationen noch bedeckt ), warum sollte man beim Kauf eines neuen Fernsehers nicht auf ein Gerät setzen, das als Mehrwert auch noch 3D darstellen kann? Das Schlüsselwort ist hier wohl 3D-fähig: neue Fernseher können 3D, man ist aber nicht darauf beschränkt. Allerdings ist die 3D-Fähigkeit noch ein Feature der High-End TVs, massenkompatibel wird 3D wohl erst, wenn es 3D TVs auch in den unteren Preisklassen gibt. Wie schnell dies gehen wird, hängt auch von der Vermarktung ab: üblicherweise lassen sich Hersteller einige Jahre lang von kaufkräftigen Early Adopters und Enthusiasten viel Geld für eine neue Technik bezahlen, um sie dann allmählich im Preis sinken und so immer attraktiver werden zu lassen für immer größere Käuferschichten. Die Alternative wäre, gleich von Anfang an auf einen 3D Massenmarkt setzen.
2009 machten Dreamworks Chef Katzenberg und James Cameron noch für 3D im Kino mobil mit dem Argument, dass das Kino so wieder dem technisch zusehends perfekten Heimkino gegenüber ein Alleinstellungsargument hätte, aber die derzeitige, auf die Wohnzimmer zielende 3D Offensive könnte diesen Vorteil bald wieder aufzuzehren. (Glaubt man etwa dem Filmtheoretiker Thomas Elsaesser, so war diese Argumentation ohnehin nur vorgeschoben, und die ganze 3D Offensive zielte von Anfang auch auf den viel lukrativeren TV/DVD-Markt - wofür auch das exakte Timing des Starts von Avatar und des Messebeginns sprechen würde.)

Boom oder Hype?
Die Ziele der Hersteller bezüglich 3D Home Entertainment jedenfalls sind hoch gesteckt: LG will 2010 mindestens 400.000 3D-fähige TVs verkaufen, Sony hat als Ziel ausgegeben, dass ein Drittel bis die Hälfte aller verkauften TVs bis 2013 3D-fähig sein sollen, und möchte so 8 Milliarden Euro Umsatz mit 3D erzielen. Und auch Analysten sagen 3D einen Milliardenmarkt voraus: 1.1 Milliarden Dollar 2010 und dann bis 2015 15.8 Milliarden; kritischere Stimmen rechnen jedoch nur mit 30-40 Millionen verkaufter 3D TVs bis 2014.
Immerhin wurden 2009 schon weltweit 700.000 3D Displays verkauft. Einer Studie von DisplaySearch nach sollen es 2018 sogar 196 Millionen sein, davon ein Drittel 3D TVs, ein weiteres Drittel 3D fähige Handys, sowie 3D Computer-Monitore und Notebooks. Diese Zahlen dürfen allerdings als hochspekulativ angsehen werden (allein schon wegen des sehr langen Zeitraums) und würden auch neue Technologien (wie Autostereoskopie) erfordern, denn wer wollte schon eine Shutterbrille aufsetzen um sein Handydisplay in 3D sehen zu können? 3D Monitore für den PC (fürs Gamen) gibt es dagegen schon, und interessant könnten 3D Desktops und die Datenorganisation in 3D werden. Dafür wäre dann auch die sich abzeichnende Entwicklung neuer Inputmethoden wie die Steuerung per Gesten im Raum notwendig, um sinnvoll durch Windows in der dritten Dimension zu navigieren oder zum noch immersiveren Ganzkörper-Steuern von Spielfiguren durch die dritte Dimension.
Aber trotzdem bleibt die Frage: wird der 3D Appeal ausreichen, um große Käuferschichten zu animieren, ihre erst 2-4 Jahre alten HD Fernseher schon wieder zu ersetzen? Wird der stereoskopische Effekt zu Hause per 3D-TV überzeugen oder wird nur das Bild eines 3D Beamers mit dem Effekt im Kino konkurrieren können? Und wieviele potentielle Käufer werden durch die immer noch notwendigen 3D-Brillen abgeschreckt, die im eigenen Wohnzimmer noch seltsamer fehl am Platz wirken als im Kinosaal (auch wenn die Modelle für zu Hause leichter, eleganter und teurer sein werden als die billigen Kino-Versionen)? Denn noch immer sind autostereoskopische oder holographische Monitore für zu Hause noch weit von der Marktreife entfernt. Viele Kritiker erinnern auch einfach an die bisherige Geschichte von 3D Film „Booms“ durch die Jahrzehnte, die immer auch nach kurzer Zeit wieder platzten, nachdem der Sensationswert aufgebraucht war. Und natürlich setzen die großen 3D Ankündigungen und Prognosen der Herstellern auch darauf, dass das ganze zu einer sich selbst erfüllenden Voraussage wird -- dass Konsumenten 3D kaufen, weil sie glauben, dass 3D das Format der Zukunft sein wird.
Tendenzen in Technik und Format
Was die verwendete 3D Technik betrifft: im Home Entertainment Markt hat sich für Fernseher ganz klar das Shutterbrillen-Verfahren durchgesetzt -- es ist am wenigsten aufwendig und technisch schon seit über zwei Jahren auf dem Markt erprobt. Aktive Shutterbrillen blenden jeweils das Bild für das nicht angesprochene Auge aus, das vom TV mit hoher Bildwiederholungsrate für jeweils das linke und rechte Auge abwechselnd gezeigt wird.
Alle von großen Herstellern angekündigten TVs beruhen auf diesem Verfahren, Geräte mit Pol-Filtern sind kaum vertreten. Nur JVC und LGs angekündigter FullHD Beamer CF3D mit zwei integrierten Projektionseinheiten für die zwei Stereobilder nutzen die Polarisationsatechnik - der Preis ist aber auch entsprechend hoch, für JVCs 40 Zoll TV 7000 Euro , für LGs Beamer rund 10.000 Dollar.
Erfreulicherweise scheint bei 3D kein Krieg der rivalisierenden 3D Formate und Konsortien zu drohen, da bisher alle neuen TV-Geräte mehrere Formate interpretieren können: das RealD Side-by-Side Format ebenso wie den neuen, auf H.264 beruhenden 3D Blu-ray Standard. Darüberhinaus bleibt zu hoffen, dass die TV-Hersteller die dazugehörigen Extra-Shutterbrillen nicht per Hardware an ihre jeweiligen Fernseher koppeln, sondern diese mit den Modellen anderer Hersteller kompatibel sind. Sonst wäre der Aufwand für zB Fußball-Fernsehabende in 3D mit einigen Freunden schon sehr hoch, wenn man immer eine Vielzahl von Brillen für potentielle Zuschauer bereithalten müsste (so könnte zumindest jeder seine eigene (immer kompatible) mitbringen).
Dennoch lassen sich einige Tendenzen erkennen, so scheint etwa RealD bislang der 3D Technologiepartner der ersten Wahl zu sein bzw. das Standard 3D Format zu werden: Sony, Panasonic, JVC, Samsung, und Toshiba haben Partnerschaften mit RealD angekündigt. Das RealD 3D Format nutzt das sogenannte Side-by-Side Verfahren, um die zwei Stereobilder in einem Videostrom unterzubringen. Dessen Vorteil: es ist kompatibel mit der existierenden HD Infrastruktur. RealD ist also auf dem besten Weg zum 3D Marktführer, denn das Unternehmen stellt auch das für Kinos am meisten genutzte weitverbreiteste 3D System her (hier allerdings per Polarisationfilter).
Übrigens scheint der neue 3D Blu-ray Standard leider keine höheren Framerates als 24p zu unterstützen - schade eigentlich, das wäre eine Chance gewesen, höhere Framerates, die digital ja schon aufgenommen werden können, auch sichtbar zu machen. Und es wird anscheinend auch möglich sein, dem Standard gemäße 3D Blu-ray Discs zu authoren die nicht abwärtskompatibel sind und somit nicht auf den bisher verkauften (2D) Playern abspielen.

Inhalte
Doch was nützt die Technik, wenn es an Content fehlt, den man sich damit anschauen kann? Auch die großen Anbieter (wie Sony, Panasonic, LG), die auf den Verkaufserfolg von 3D Geräten setzen, sehen das Problem der noch fehlenden 3D Inhalte und versuchen, Abhilfe zu schaffen: durch Inhaltepartnerschaften mit amerikanischen Sendern bzw. Produzenten (Panasonic mit DirecTV, Sony mit ESPN und Discovery, Samsung mit Dreamworks) soll 3D bald über spezielle Fernsehkanäle in die Wohnzimmer kommen. Natürlich mit Zusatzkosten für den Verbraucher verbunden, von denen auch die Kanalanbieter profitieren wollen. Diese hoffen, daß das ebenso gut klappt, wie mit den 3D Kinos, wo der Aufpreis von den Besuchern ohne Murren gezahlt wird und zu netten Gewinnen führt.
Helfen wird sicherlich auch der Trend zu immer mehr 3D Hollywood Filmen: für 2010 sind schon 50 Produktionen angekündigt, die alle auf die Massenanziehungskraft von 3D setzen. Auch die Fußballweltmeisterschaft in 3D soll die Verkäufe anstacheln, es ist aber noch nicht klar woher in Europa mangels 3D TV-Kanäle die entsprechenden Inhalte kommen sollen - Sonys Ankündigung jedenfalls lässt nur auf einige spezielle 3D Schauflächen zur WM schließen (und selbst da werden evtl nur Trailer, keine ganzen Spiele gezeigt) und der amerikanische Sportsender ESPN wird für 3D WM Übertragungen wohl in den USA kein großes Publikum finden. Aber es gibt dann ja noch die Hoffnung auf die Olympiade 2012 in London...Der britische Sender BSkyB zumindest will 2010 den ersten europäischen 3D Kanal starten – wenn allerdings die Probleme mit HD eine Prognose erlauben, wird der Weg für einen eigenen 3D Kanal in Deutschland dornig sein und noch eine Zeitlang brauchen.
Ab Mitte des Jahres werden wohl zusammen mit den ersten 3D Blu-ray Playern die ersten 3D Discs auf den Markt kommen - abgesehen von aktuellen 3D Hollywood Produktionen 2009/2010 bieten sich dafür noch re-gerenderte 2D Animationsfilme an, sowie professionell von 2D- nach 3D gewandelte Hit-Filme und die vereinzelt schon vorhanden 3D Dokus. Ein großes Geschäft könnte, falls das Ergebnis wirklich gut genug stereoskopisch wirken sollte, die nachträgliche Umwandlung von Filmen nach 3D werden - ein mögliches Argument (nach DVDs, DVDs mit Surround Sound und HD Blu-ray) sich seine Lieblingsfilme ein weiteres mal anzuschaffen - um sie auch in 3D zu Hause genießen zu können, dem Film noch "näher" sein zu können.
Und, nicht zu vergessen: wenn es doch noch länger dauern sollte, bis genügend 3D Filme verfügbar sind, können ja immerhin schon (die richtigen Treiber und entsprechende Hardware vorausgesetzt) Mengen von 3D Computerspiele auf den 3D TVs und 3D Monitoren gespielt werden.. .oder die bisher schon auf 150.000 Stück angewachsene Menge stereoskopischer 3D Clips auf YouTube auch auf 3D TVs angeschaut werden (und nicht nur mit Anaglyphenbrille).
DIY 3D Produktion / Ausblick
Interessant wird natürlich auch die Seite der stereoskopischen Filmproduktion, und zwar nicht nur die (semi-)professionelle,die in Fahrt kommen wird, wenn die 3D Kameras von Panasonic und Sony auf den Markt kommen werden, sondern auch die auf der Amateurebene: wenn man schon einen 3D Fernseher zu Hause hat, wird man auch gerne seine Urlaubsfilme in 3D sehen - nur wie viele Jahre wird es noch dauern bis 3D fähige Camcorder für unter 2000 Euro auf den Markt kommen werden? Oder wird es zuerst kombinierte, einfach zu bedienende Hard-/Softwarelösungen geben? Ein simples Rig für zwei Consumercamcorder, gekoppelt bedienbar, das Material dann per Schnittprogramm synchronisiert, editiert und ins passende 3D Format für den 3D-fähigen TV gebracht? Ein Gerät wie die Fujifilm FinePix REAL 3D W1 ist mit ihrem proprietären 3D-AVI-Format und geringe Auflösung der 3D Videos wohl noch ein Versuchsballon. Und notwendig für die problemlose Weiterverarbeitung wäre dann auch ein standardisiertes 3D-Aufnahmeformat.
Intel jedenfalls freut sich schon auf die neuen Anforderungen an die Hardware durch 3D: die doppelte Bildrate und die dadurch höhere benötigte Rechenpower und Bandbreite ( Intels Light Peak) für 3D Filme würde schnelle Prozessoren und neue Hardware notwendig machen. Und hofft auf die 3D Produktion zu Hause – wir warten jedenfalls schon auf weitere Ankündigungen von 3D-fähigen Schnittprogrammen.