Mit der Venice 2 mit 8K Sensormodul stellt Sony sein Flaggschiff im CineAlta Bereich vor. Mit 8.2K 16 Bit X-OCN RAW Recording bis max 60 fps und 5.8K X-OCN Aufnahme bis max 90 fps setzt die Sony Venice 2 ein deutliches Ausrufezeichen in Sachen Auflösung und Frameraten. Wir hatten Gelegenheit zu einem ersten Praxisdreh mit der soeben frei gegebenen finalen Firmware für die neue 8K CineAlta Sony.
Vorab unser Testclip mit Caro und der Venice 2, den wir an einem sonnigen Tag in der Mitte Berlins aufgenommen haben.
Zum Einsatz kamen neben der Venice 2 u.a. die Zeiss Cinema Zooms 15-30mm und 28-80mm T2.9, die Vocas USBP-15 MKII Baseplate, der Sony DVF-EL200 Viewfinder und Atomos Ninja V+. Geschnitten und farbkorrigiert wurde das Sony 16 Bit X-OCN-Material in DaVinci Resolve 17.4.5 auf einem aktuellen MacBook Pro M1 Max.
Sony Venice 2 Setup und Handling
Je nachdem, wie man es interpretiert, ist die neue Sony Venice 2 etwas leichter (oder schwerer) geworden.

Während die Venice 1 noch für die ProRes- und X-OCN Aufnahme den dockbaren AXS-R7 Recorder benötigte (Venice 1 = 3,9kg, AXS-R7 =1,2 kg, Gesamtgewicht ca. 5,1kg) bietet die Venice 2 jetzt integriertes ProRes und X-OCN Recording zu einem Gewicht von 4,3 kg (Gehäuse only) an.

Zieht man High-End Cinema Kameras im gleichen (70.000 Euro-Segment) hinzu, gruppiert sich die Sony Venice 2 wie folgt ein: Sony Venice 2 = 4,3 kg, RED Ranger Monstro 8K VV = 3,4kg, ARRI Mini LF = 2,6 kg.
Einfach vergleichbar sind die hier genannten Kameras in unseren Augen jedoch nicht wirklich. So bietet die Sony Venice mit ihrem zwischen 6K und 8K austauschbaren Sensormodul unterschiedliche Betriebsmodi an, die ARRI LF ist als konsequenter Leichtbau perfekt für mobile Einsätze (inkl. Drohne) geeignet und die RED Ranger versucht alle wesentlichen IN/Outs ohne zusätzliche Module (bis hin zu XLR-Audio) zu integrieren.
Um möglichst unkompliziert und schnell mit der Sony Venice 2 arbeiten zu können, waren wir hier mit einem eher minimalen Rigging-Setup unterwegs.

Zu einem schnellen Handling vor Ort haben hier in erster Linie die hervorragenden Zeiss Cinema Zooms 15-30mm und 28-80mm T2.9 beigetragen. Es ist immer wieder bemerkenswert, wieviel Zeit sich durch den Wegfall von Objektivwechsel bei Cine-Kamerasystemen sparen lässt, da hier ja immer auch Objektiv-Stütze, Followfokus, Mattebox etc. neu justiert/montiert werden müssen. Kein Wunder, dass sich Cine Zooms stetig wachsender Beliebtheit bei zeitkritischen Produktionen bei Netflix und Co. erfreuen.
Zusätzlich zu den Zeiss Cinema Zooms hatten wir den Sony DVF-EL200 Viewfinder, Atomos Ninja V+, Anton Bauer 190er und 150er Akkus im Einsatz. Da wir die Sony Venice 2 auch auf der Schulter nutzen wollten, haben wir unsere robuste Vocas USBP-15 MKII Baseplate als Basis genutzt (für die es auch einen Venice 1 Dovetail Adapter gibt). Hinzu kam eine Objektivstütze von Shape, unser geschätzter Shape Telescopic Handle und ein Chrosziel StudioRig Followfocus. Unser Kameragesamtgewicht lag drehfertig bei etwas über 12 kg. Damit eröffnet sich im Sony Cine-Portfolio in unseren Augen durchaus auch eine Option für eine modulare Leichtbau „Venice Mini“ - wir sind gespannt, was Sony hier in Zukunft plant ...
Für einen echten Cine-Ausbau fehlen bei unserem Setup noch Telecine, Funkschärfe, Remote Monitoring, Lockit, etc. Die Venice 2 bietet zwar einige Gewinde auf der Oberseite (ohne Lockpinsicherung) aber für einen amtlichen Cine-Ausbau empfehlen wir klar zusätzliche und vor allem verdrehsichere Mountoptionen an der Venice 2.

Wir hatten hier auf slashCAM vor kurzem das neue ARRI Venice 2 Zubehör vorgestellt und jetzt bei unserem Venice 2 Praxistest auch Gelegenheit, es an der Venice 2 kurz zu montieren. Besonders gut gefallen hat uns die ARRI Top Plate mit der sich der Sucher deutlich weiter nach vorne bringen lässt als mit der Standard Sony Bracket – der Versatz beträgt über 5 cm – für den bestmöglichen Schulterbetrieb gerade mit schweren (Objektiv) Vorbauten von unserer Seit eine klare Empfehlung.
Zusätzlich bietet die ARRI Top Plate zahlreiche 3/8 " Gewinde inkl. Lockpinsicherungen – für die sichere Montage von zusätzlichem Monitoring, Timecode, Telecine etc. fast schon unverzichtbar.

Wer viel Zubehör an der Venice 2 vor allem seitlich zu verbauen hat, sollte sich zudem mal die ARRI HEX Handle Extension anschauen. Mit dem ziemlich genialen ARRI HEX-Schraubsystem lässt sich hierbei ein langer, stabiler oberer Handle modular bauen, der für größere Kamerasetups optional noch eine weitere Griffmöglichkeit für kontrollierte Schwenks vom Stativ zur Verfügung stellt.
Die szenische Arbeit von Stativ ist dann auch das Szenario, bei dem sich die Sony Venice 2 unsere Meinung nach am wohlsten fühlt. Hierzu trägt unter anderem auch die von der Venice 1 bereits bekannte, konsequente Teilung der Kamerabedienung in eine DOP- und Kameraassistenz-Seite mit ihren entsprechend integrierten Menüsystemen bei.
Wer bereits mit der Venice 1 (oder ARRI Cine-Kamera) Erfahrung gesammelt hat, dürfte sich auch bei der Venice 2 schnell zurecht finden. Bedien-Highlights sind für uns das DOP Schnellmenü auf der linken Seite sowie das AC1 Schnellmenü auf der rechten Seite mit den Shortcuts zu den wichtigsten Aufnahmeparametern und Monitoring-Optionen.

Für das Monitoring stehen diverse 4K-fähige SDI Outs sowie HDMI zur Verfügung. 8K und Vollformat stellen besonders hohe Ansprüche an das Monitoring. Wir sind mit der Kombination Fokuspeaking und 4x Suchervergrösserung zwar zurecht gekommen aber für kritische Schärfebeurteilungen würden wir uns bei zukünftigen Firmwareupdates eine vergrößerbare, pixelnative Scan-Funktion wünschen, mit der das HD-Sucherbild in entsprechenden (HD-)Rastern abgetastet werden kann.
Wer auf der rechten Kameraseite tiefer in die Venice Menüs einsteigen möchte, hält den Menü-Button etwas länger gedrückt und gelangt so in die vorbildlich gestalteten und sehr übersichtlichen Venice Hauptmenüs.

Sony hat in den letzten Jahren viel Aufwand betrieben, seinen Kameramenüs eine praxisrelevante (nicht überladene) Struktur mitzugeben und die Venice 2 macht hier erfreulicher Weise keine Ausnahme. Hier finden sich dann die entsprechenden Hauptmenüpunkte (Shooting, Project, TC/Media, Monitoring, Audio, Technical und Maintenance).
Wer sich noch intensiver mit der Venicebedienung beschäftigen möchte, findet hier unseren Test der Venice 1 mit ausführlicher Layoutbeschreibung der in großen Teilen auch auf die Venice 2 zutrifft und hier den Venice Online Simulator
Was uns ebenfalls beim Handling der Sony Venice 2 (neben ihrem rekordverdächtig niedrigen Rolling Shutter) positiv aufgefallen ist, sind die nach wie vor vergleichsweise kurzen Bootzeiten der Kamera. Die von uns gemessenen 19 Sekunden stellen in der Cine-Kameraklasse einen guten Wert dar.
Wer sich für den Dynamikumfang der Sony Venice 2 interessiert, sollte in den nächsten Wochen slashCAM aufmerksam lesen – die Auswertung ist aktuell ebenfalls in Arbeit. Wenn wir die Aussagen von Sony zur Venice 2 in Bezug auf die häufige Nennung von Schattendetails und unsere bisherige Praxiserfahrung zusammen nehmen, würden wir auf einen Schwerpunkt bei der internen Signalverarbreitung in Sachen Denoising tippen – doch hierzu ein anderes Mal mehr ...
Hauttöne
Mit der Colorscience der Venice 1 hat Sony eine Art „Wende“ bei seiner Hauttonwiedergabe eingeleitet, von der mittlerweile alle aktuellen Sony Vollformat Kameras profitieren und die Venice 2 führt diese positive Entwicklung weiter.

Da sich das 16 Bit X-OCN LOG-Material der Sony Venice quasi wie RAW in DaVinci Resolve verhält (s. u. hierzu unten mehr), steht für die Postproduktion in Sachen Farbkorrektur ein angenehm hohes Maß an Flexibilität zur Verfügung – und dies Dank etabliertem S-Log3 SGamut3Cine Workflow in mehrfacher Hinsicht.
Wer besonders schnelle Turnovers benötigt, profitiert im aktuellen DaVinci Resolve 17.4.5 von der jetzt integrierten X-OCN Verarbeitung die auch DaVinci Color Managed Workflows unterstützt (die bemerkenswert ansprechende Ergebnisse Out-of-the-Box) liefert.

Die meisten Cine-Anwender dürften jedoch entweder mit entsprechenden Transforms von ACES oder im klassischen LOG-LUT Workflow arbeiten. Beides findet sich seit langem in entsprechenden S-Log3 Sgamut3Cine-Workflows wieder.
Auf entsprechend hohem Niveau bewegt sich dann auch die Hauttonwiedergabe. Wie nahe sich Sony hier an der „Referenz“ orientiert, zeigt sich, wenn man spaßeshalber Mal die ARRI LogC Rec709-LUT auf das Sony Venice 2 LOG-Material anwendet. Beide LUTs produzieren sehr gute Ausgangspunkte für die weiterführende Farbkorrektur, wobei uns die ARRI-LUT auf Grund des etwas geringeren Kontrastes für individuelle Anpassungen fast noch etwas besser gefällt als die offizielle Sony LUT.
Unter Strich bewegt sich die Hauttonwiedergabe der Sony Venice 2 auf hohem Niveau und stellt für High-End Produktionen jede Menge Flexibilität zur Verfügung.
60 und 90p Slowmotion oberhalb von 4K
Bei unserem Test des Sony Venice 2 Vorgängers – der Sony Venice 1 – konnten wir uns mit der 1:1 4K Auslesung bei 60p im Gegensatz zum 6K-Oversampling (bis max 30p) nicht so recht anfreunden, weil der Auflösungsverlust recht deutlich bei gemischten Frameraten auf der 4K-Timeline zu sehen war.

Hier hat Sony nun bei der Venice 2 recht beeindruckend nachgelegt. Bis 8.2K lassen sich in X-OCN ST 60 fps aufnehmen und in 5.8K sind 90 fps möglich.
Bei unseren Testaufnahmen bestätigen sich die sehr guten Debayering-Ergebnisse aus unserem Testlabor. Wer für 4K produziert kann Dank durchgehendem Oversamping alle verfügbaren Frameraten bis hin zu 90 fps einsetzen, ohne einen sichtbaren Auflösungsverlust fürchten zu müssen.
Auch wer nachträglich noch Crops oder andere Ausschnittsveränderungen benötigt, erhält (vor allem beim 8K Material) noch recht viel Spielraum:

Wir haben bei unserem Testdreh mit Caro problemlos das 8K 60p Material auf der 4K Timeline von ca. halbnah auf nah aufzoomen können, ohne einen spürbaren Auflösungsverlust zu erleiden.
Auch das 5.8K 90p Material konnte auflösungstechnisch überzeugen. Wer durchgängig hochwertige Auflösungen zwischen 24 und 90 fps für 4K Master benötigt, hat mit der Sony Venice 2 eine bemerkenswert hochwertige Option am Start, die vermutlich nicht nur für Netflix recht interessant sein dürfte ...
8K 16 Bit X-OCN RAW in DaVinci Resolve
Quasi zeitgleich mit der Ankunft der Sony Venice 2 in der slashCAM Redaktion brachte Blackmagic Design mit der Version 17.4.5 von DaVinci Resolve die Unterstützung für 6 und 8K Venice X-OCN Material heraus. Entsprechend neugierig waren wir, wie sich das 8K 16 Bit Sony X-OCN Material in DaVinci Resolve verhalten würde.

Zunächst einmal waren wir recht positiv von der Performance des 8K Sony-RAWs überrascht. Wir konnten das 8K Sony Material in der höchsten Qualitätsstufe (XT) ohne dropped Frames auf einer 8K-Timeline auf unserem neuen M1 Max Redaktionsmacbook abspielen. Entsprechend problemlos verhielt sich das Sony 8K X-OCN Material auch auf der 4K Timeline. Selbst auf einem älteren PC-Laptop war eine flüssige Darstellung in einem 4K Projekt möglich – ziemlich beeindruckend.
Und Apropos „Sony-RAW“: Verhalten tut sich auch das neue 8K X-OCN Material in DaVinci Resolve ähnlich wie entsprechende RAW-Flavors von Blackmagic, Canon und anderen – will heissen:

Im entsprechenden Camera Raw Modul im Color-Room von Resolve finden sich alle nachträglich einstellbaren RAW-Parameter wie man sie von „RAW“ gewohnt ist. So lässt sich aus diversen RAW Decode-Optionen genauso auswählen, wie die ISO anpassen oder der Weißabgleich verändern. Einzig S-Log3 und der Farbraum lassen sich nicht verändern, was auch Sinn macht, da S-Log 2 deutlich weniger Dynamikumfang zur Verfügung stellt.
Wer den Weißabgleich nachträglich verändern möchte, dem raten wir dazu, dies im RAW-Modul vorzunehmen. Hier gelingen unserer Meinung nach in der Regel qualitativ hochwertigere Kelvin-Änderungen als in der regulären Farbkorrektur von Resolve.
Damit ist nun also auch Sonys Flaggschiffkamera bei der internen, 8K-Aufnahme angekommen - auch wenn es nach wie vor nicht „RAW“ sondern X-OCN bei Sony heissen werden wird. (Bleibt aktuell für uns noch die Frage, wann das „Sony-RAW“ auch in anderen Vollformat-Kameras als interne Aufnahmeoption Einzug finden wird … wir fänden ja eine Light-Version für Sony´s Vollformat e-Mount Kameras durchaus reizvoll …
Festzuhalten bleibt für uns beim Thema 8K Sony X-OCN, dass Sony hier ein für die Postproduktion beeindruckend performantes 8K-Format geschaffen hat, das sich wie die X-OCN Implementierungen zuvor unkompliziert im Resolve RAW-Modul „entwickeln“ lässt.
Fazit
Mit der Venice 2 bringt Sony ein beeindruckendes Update für seine Flaggschiff Cine Kamera heraus und räumt mit der Kombination aus 8K max. 60p bzw. 5.8K max. 90p noch vorhandene Beschränkungen des Vorgängers bei der HFR-Aufnahme souverän aus dem Weg. Insbesondere für 4K-Ausspielungen stehen damit jetzt hochwertige Oversamplings bis zu 90 fps zur Verfügung.
Zu den Stärken der Sony Venice 2 zählen darüber hinaus die interne „Sony RAW“ Aufnahme (16 Bit X-OCN S-Log3), die übersichtliche Menüführung, die auf hohem Niveau agierende Colorscience, die hohe Verarbeitungsqualität, der sensationell niedrige Rolling Shutter und der modulare Sensorblock.
Die Integration des 16 Bit X-OCN Recorders in Verbindung mit den sehr schnellen Auslesezeiten schafft gewichts- und handlingstechnisch in unseren Augen im Sony High-End Cine Portfolio neuen Raum für eine zusätzliche Ausdifferenzierung. Wir könnten uns in Zukunft sehr gut auch eine Mini-Venice vorstellen, die mit reduziertem Funktionsumfang noch stärker auf mobile Cine-Anwendungen ausgelegt ist.
Als Alternative für besonders leichte oder kompakte Venice 2 Einsätze bietet sich optional auch das kabelgebundene Rialto-System von Sony an, das ebenfalls demnächst für die Venice 2 zur Verfügung stehen soll. Die Venice 2 dürfte damit zu den aktuell flexibelsten High-End Cine-Systemen am Markt zählen.
Soweit unsere ersten Eindrücke und Erfahrungen auf der Praxis mit der Sony Venice 2.
Mehr in Sachen Venice 2 demnächst auf slashCAM, sobald unsere Dynamikauswertung fertig ist ...