Seit ihrer Vorstellung auf der Photokina wurde unsere hohe Erwartungshaltung gegenüber der Samsung NX1 im Vorfeld immer weiter gedämpft. Unabhängige Testaufnahmen aus dem Netz waren eher ernüchternd und auch fehlende Bildprofile sowie erste, eher verhaltene Erfahrungsberichte stärkten nicht gerade unser Vertrauen darauf, dass Samsung hier eine ernsthaften 4K-Kamera für Filmer ins Rennen schicken würde. Doch zum Glück ist manches nicht so wie es auf den ersten Blick scheint...
Der Markt
Erst einmal ein paar Worte zum Kameradesign: Der APS-C Sensor ist eine Samsung Eigenentwicklung und mit 28 Mpixeln in dieser Größenklasse (APS-C/Super35) wohl auch der hochauflösendste Sensor den man aktuell in einer Consumer-Kamera käuflich erwerben kann. Nach unserem Wissen ist er auch der erste in Masse verkaufte BSI-Sensor in dieser Größe. Dieser wird rückseitig belichtet (BSI= BackSideIllumination), wodurch die Sensel einen leichten Lichtstärke-Vorteil gegenüber den Nicht-BSI-Sensoren der Konkurrenz haben. Da die einzelnen Sensel jedoch aufgrund der hohen Pixeldichte auch kleiner ausfallen, relativiert sich dieser Vorteil wieder etwas.
Mit einem Verkaufspreis von 1.500 Euro ist die Kamera in der Foto-APS-C Klasse schon extrem hochpreisig positioniert. Dieser Preis wirkt gerade für einen “DSLR-Außenseiter “ wie Samsung in diesem Markt extrem selbstbewusst. Als Argument führt Samsung gegenüber der Konkurrenz besonders leistungsfähige Signal-Prozessoren an, die u.a. eine Serien-Burst-Bildrate von bis zu 15 Bildern/s ermöglichen. Gegenüber der direkten Konkurrenz von Canon und Nikon ist dies tatsächlich einzigartig. Weiteres Killfeature soll daneben die 4K-Filmaufnahme sein, was die NX1 auch als direkten Konkurrenten zur Panasonic GH4 positioniert. Diese spielt ja bekanntlich im selben Preisbereich, hat jedoch einen etwas kleineren MFT-Sensor.
Sucher und Display
Der digitale Sucher gehört zu dem Besten, was wir bis dato an einer Fotokamera erleben konnten und auch das ausklappbare Display ist extrem feinauflösend und hell. Die Ergonomie orientiert sich an klassischen Spiegelreflex-Kameras. Samsung verzichtet somit auf einen Shrinking-Vorteil durch das spiegellose Design der NX1.
Optiken
Ein Nachteil gegenüber den großen Konkurrenten ist die proprietäre NX-Mount von Samsung. Neben der sehr überschaubaren Samsung-Objektiv-Auswahl gibt es wenig Fremdanbieter, die auch für Samsung Linsen anbieten. Besonders interessant finden wir das Samsung 16-50mm/F2.0-2.8-Objektiv, da es neben seiner für ein Zoom-Objektiv besonderen Lichtstärke auch noch einen integrierten Bildstabilisator besitzt. Dieses hat jedoch auch einen stolzen Preis von 1.300 Euro und kostet somit fast soviel wie die Kamera selbst. Auch das Gewicht liegt mit 622 Gramm nicht mehr im “Mal-Eben-Dabei-Bereich”. An das bei vielen Filmern besonders beliebte, weil bildtechnisch hervorragende Sigma 18-35mm kommt diese Optik nicht ganz heran. Das Sigma bietet bei 35 mm auch noch gut eine Blendenstufe mehr Licht, ist mit rund 700 Euro im Internet zudem deutlich günstiger, hat aber keinen Bildstabilisator und ist aktuell nur für die Konkurrenz-Mounts erhältlich.
Wir konnten unsere NX1 dagegen leider nur mit dem lichtschwächeren Pancake Zoom 16-50mm (F3.5 -5.6) testen. Dies ist quasi die aktuelle Kit-Optik, die immerhin deutlich besser verarbeitet ist, als alle uns bekannten Kitoptiken der Konkurrenz. Zudem besitzt die Optik eine Art integrierte Zoom-Wippe , sowie einen Schalter um zwischen mehrfachen Funktionen des Ringes zu wählen. Aufgrund solcher Ausstattungsmerkmale wirken die Objektive von Samsung moderner, als die Modelle der alteingesessenen, japanische Konkurrenz. Puristen dürften jedoch eine manuelle Fokus-Übertragung vermissen.
An Alternativen findet sich noch die typische Objektivserie von Walimex für die NX-Mount. Dazu lassen sich viele passive Linsen auch über Adapter nutzen, da das Auflagenmaß mit 25,50 mm deutlich unter allen klassischen Spiegelreflex-Kamera-Mounts liegt.
Die Videofunktionen der NX1
Da wir die Kamera nur sehr kurz zum Test haben, konzentrieren wir uns natürlich auf die Videofunktionen. Die Kamera besitzt zwar einen eigenen Film-Auslöser, jedoch stehen nicht alle Foto-Einstellungen zum Filmen zur Verfügung. So gibt es für Filmaufnahmen “nur” 1/30s-1/8000s Belichtungszeit, und das bei ISO100-ISO6400. Die fehlenden Hi-ISOs sind dabei leichter zu verschmerzen, als die 1/25s, welche im PAL-Land bei wenig Licht durchaus praktisch sein können.
Um eine adäquate Vorschau für den Filmmodus zu bekommen, muss man in den so genannten Video-Standby-Modus wechseln. In diesem lassen sich nur Einstellungen vornehmen, die es auch zur abschließenden Filmaufnahme wirklich gibt. Dafür hat man in diesem Modus keine Sucher/Displaylupe mehr zur Verfügung und auch das Live-Histogramm gibt es hier nicht mehr. Für diese Funktionen lässt sich jedoch mit einem (frei definierten) Tastendruck in den Foto-Modus springen, wo es dann bei manueller Fokussierung eine fünf- oder achtfache Vergrößerung und ein Histogramm gibt. Immerhin bleibt im Video-Standby-Modus jedoch noch ein gut funktionierendes Peaking und eine (blinkende) Zebra-Funktion. Und eine sehr reaktive Audio-Pegel-Anzeige. Diese passt gut zu den externen Mikrofon- und Kopfhörer-Anschlüssen, die beide als Mini-Klinke vorhanden sind.
Interessant ist auch, dass man bereits beim Wechsel in den Video Standby Modus sieht, wie der Denoiser der Kamera kräftig zupackt. Wahrscheinlich wird hier direkt die Pixelzusammenlegung von 28 Mpix auf ca. 8 Mpix genutzt um das Rauschen durch Mittelwerte zu verringern. Der Noise-Unterschied zwischen Foto- und Videovorschau ist jedenfalls schon auf dem Display und im Sucher sehr stark wahrnehmbar.
Der Touchscreen wurde teilweise sehr praktisch in das Bedienkonzept integriert. Beispielsweise für Touch-Autofokus oder für eine Vergößerungsgeste mit zwei sich spreizenden Fingern. Dabei fällt die rasante Prozessorgeschwindigkeit der Kamera auf. Nirgendwo hakt es im Menü, alles reagiert sehr flott.
Doch auch ohne Touchscreen lässt sich die Kamera glücklicherweise gut benutzen. Durch frei belegbare Tasten lässt sich beispielsweise auch die ISO-Veränderung auf den freien Ring um den OK-Button legen, womit sich dann ISO, Blende und Verschlusszeit über drei Drehregler unabhängig einstellen lassen. Gerade beim blinden Arbeiten mit dem Sucher eine sinnvolle Sache. Doch was bringt das alles, wenn die Bildqualität nicht stimmt? Also auf zu den Schärfe-Tests...
Aus dem Messlabor
Eigentlich messen wir Kameras aus Zeitgründen meistens nur in ihrem schärfsten Modus, den wir aufgrund der Sensordaten bei der vollen 4K-Auflösung vermuteten. In diesem Modus beherrscht die Kamera nur 24p, was für cineastische Ansprüche jedoch erste Wahl darstellt und auch länderübergreifend die Standard-Bildrate für szenische Filme jeder Art bedeutet. In diesem Modus zeigt unser Schärfe-Chart ein gutes Ergebnis:
Feinste Details werden zwar nicht wiedergegeben, jedoch werden durch die Filterung auch Moires und Aliasing-Artefakte vermieden, die bei anderen 4K-Kameras teilweise unschön ins Auge fallen. Das war eigentlich alles, was wir auch erwartet haben, wenn man einen 28 Megapixel-Sensor auf 8,8 Megapixel in der Kamera herunterskaliert. Doch dann ist uns aufgefallen, dass in "Cine-4K" gegenüber UHD nicht ein breiteres Bild ausgelesen wird, sondern stattdessen das Bild leicht vergrößert und anschließend beschnitten wird. Man gewinnt also durch die zusätzlich aufgezeichneten Pixel gegenüber UHD nicht an Bildwinkel.
Wir haben daher noch einmal den UHD-Modus mit 3840 x 2160 Pixeln gemessen, den die Kamera ausschließlich mit 25p anbietet. Und dabei bekamen wir folgende Aufnahme unseres 4K-ISO-Ausschnittes geliefert:
Und das ist nicht weniger als bis dato der beste 4K-ISO-Schärfe-Ausschnitt, den wir bisher in unserem Testlabor von einer 4K-Kamera zu sehen bekamen! Praktisch keine Moires oder Aliasing, weder in den Choma- noch in den Luma-Mustern. Und dabei gleichzeitig in den Ringen und an den Sweep-Enden eine praktisch artefaktfreie Wiedergabe der feinen Details. Hut ab. Erklärbar ist dies ebenfalls mit dem Full-Sensor-Readout, den Samsung offensichtlich mit einem sehr aufwändigen Downsampling verbindet. Ein derart perfektes 4K-Bild von Samsungs erster 4K-Kamera dürfte somit nicht nur uns überraschen.
Blendet man beim Testchart etwas ab, sieht man trotz komplett heruntergeregelter Schärfe im Bildprofil eine noch leichte Nachschärfung, die sich nicht komplett abstellen lässt:

Gleichzeitig erkennt man dabei jedoch auch, wie viele Details hier artefaktfrei aufgezeichnet werden.
Und die nächste Überraschung lauert dann im FullHD-Modus: Denn hier gelingt Samsung das Downsampling - ähnlich wie in Cine4K - nur durchschnittlich. Egal ob mit 24p,25p oder 50p (die dankenswerterweise ohne Reboot und Neuformatierung der Karte direkt anwählbar sind), das Ergebnis sieht immer gleich aus:

Offensichtlich wird horizontal ein sauberes Downsampling erzielt, aber vertikal scheinen mehrere Zeilen zusammengelegt zu werden. Dies erkennt man u.a. an der grauen Flächenbildung in den Kreisen. Das Ergebnis kommt somit nicht an einen Top-FullHD-Camcorder heran. Andere Kameras wie Panasonics GH4 schludern bei der FullHD-Aufzeichnung allerdings auch oft ein bisschen. Und verglichen mit typischen FullHD-fähigen APS-C Systemkameras von Canon, Nikon oder Sony ist die FullHD-Schärfe von Samsung mindestens ebenbürtig. Das wäre an sich noch keine Überraschung, wenn sich dieses passable FullHD-Downsampling nicht auch bei 100 fps halten würde. Tatsächlich geht die Bildqalität auch bei 96-100 Bildern pro Sekunde nicht in die Knie, sondern liefert immer noch eben so gute Ergebnisse. Andere Hersteller müssen bei so hohen Frameraten in der Regel mit der Sensor-Downsampling-Qualität herunter gehen, um die Bildraten halten zu können. Nicht so die Samsung NX1. Gleiche Bildqualität in FullHD, von 24-100 fps. Damit spielt sie auch bei Slow-Motion-Aufnahmen an der vordersten Stelle mit.
[Update]: Kurz vor dem Publizieren dieses Artikels haben wir auch noch gesehen, dass die Kamera sogar 120 fps beherrscht, wenn man sie in den NTSC-Modus (ebenfalls ohne Reset) versetzt. Wir gehen einmal schwer davon aus, dass das oben gesagt auch für 120 fps gilt, haben es aber jetzt nicht mehr auf die schnelle messen können.
Die weiteren Tests, inklusive Low-Light, Bildqualität, Dynamik und H265/HEVC-Einschätzung müssen wir aus Zeitgründen auf einen zweiten Artikel verschieben, damit ihr diesen ersten Teil schon einmal früher lesen könnt.[Nachtrag: 2. Teil jetzt online]
Und damit wollen wir für heute unsere Artikel-Pforten schließen...