RAW und Log

Als Gegenkonzept gibt es die RAW-Aufzeichnung. Diese erlaubt es faktisch die gesamte Sensordynamik aufzuzeichnen und erst in der Postproduktion das Bild zu entwickeln, also in der Nachbearbeitung auf eine geringere Dynamik wie Rec709 oder sRGB abzubilden.



In der Mitte steht noch die Log-Aufzeichnung. Hier wird die Sensordynamik über eine logarithmische Kurve leicht zusammengefasst aufgezeichnet und vor der "Entwicklung" wieder entstaucht, was in Praxis meist nahe die Möglichkeiten von RAW heranreicht. Allerdings nur, wenn die Log-Aufzeichnung auch genügend Tonwertabstufungen bereit hält.



Wird Log in 8 Bit aufgezeichnet, so können nur sehr wenig Tonwertabstufungen pro Blendenstufe aufgezeichnet werden, was in sichtbaren Farbtreppen (Posterisation) resultieren kann. Zur Erinnerung: In 8 Bit kann man maximal 256 Helligkeitswerte speichern, was bei 14 Blendenstufen nur ca. 19 Helligkeitswerten pro Blendenstufe entspricht. Bei 10 Bit Aufzeichnung stehen dagegen schon über 70 Helligkeitswerte pro Blendenstufe zur Verfügung.



Wer also in einen 8 Bit Codec (oder ein 8 Bit-JPEG) abspeichert, tut gut daran, die Verteilung der Sensordaten schon vor der Speicherung in der Kamera berechnen zu lassen. Was nicht prinzipiell schlecht aussehen muss. Denn um die Dynamik einer SDR-Anzeige (Monitor/Fernseher ohne HDR) zu "füttern" reichen die 8 Bit ja prinzipiell gut aus.



Wer jedoch mit den Profilen in der Kamera nicht zufrieden ist oder tiefer in die Entwicklung (also Zusammenfassung der Sensordaten) eingreifen möchte, kann dies auch nachträglich tun, solange man in 10 Bit Log oder RAW aufgezeichnet hat. Denn mit diesen Formaten hält man sich einen großen Entwicklungsspielraum für die Nachbearbeitung offen.




ETTR - den Belichtungsspielraum voll ausreizen

Und hier schließt sich endlich der Kreis zu ETTR. Denn wenn man seine Entwicklung vom Kameraprofil in die Postproduktion verlegt, sollte man sich natürlich fragen, wie man den Sensor ab besten belichten sollte, um nachher noch den größtmöglichen Spielraum zu haben.



Natürlich kann man den Sensor einfach weiterhin wie in 8 Bit mit einem Bildprofil "korrekt" belichten. Durch Log/RAW hat man bereits in diesem Fall noch größere Korrekturmöglichkeiten. Die größte Qualität erzielt man jedoch, wenn man den Sensor so knapp wie möglich unterm Clipping überbelichtet (oder vielleicht sogar ein paar clippende Highlights in Kauf nimmt).



Der Grund hierfür liegt in der Art, wie ein Sensor Helligkeit aufnimmt - nämlich linear. Das Auge dagegen nimmt Helligkeit logarithmisch war. So kann ein Auge klar einen Unterschied zwischen keiner und einer Kerze wahrnehmen. Und auch den Unterschied zwischen 2 und 4 Kerzen, sowie einen Unterschied zwischen 64 und 128 Kerzen wird man deutlich erkennen, weil man diese Unterschiede als ziemlich genau doppelt so hell wahrnimmt. Diese Beispiele entsprechen übrigens immer dem Helligkeits-Unterschied von einer Blendenstufe. Oder von einem zusätzlichen Bit. (Grundlagen hierzu gibt es unter anderem im Artikel Einfach Erklärt: Sensor-Dynamik, Blendenstufen und Bits - und Kerzen.)



Den Unterschied zwischen 127 und 128 Kerzen wird man dagegen kaum wahrnehmen. Und noch weniger den Unterschied zwischen 254 und 255 Kerzen. Ein Sensor-Pixel (übrigens eindeutiger als Sensel bezeichnet), sammelt und zählt Licht (also Photonen) wie Kerzen. Je mehr Lichteinheiten es aufsammelt, desto mehr negativ geladene Elektronen (e-) gibt es ab. Der Zusammenhang zwischen eintreffenden Photonen und abgegebenem Strom ist linear. Oder einfach gesagt: Ein Sensor zählt jede Kerze.



Um die Dynamik einer einzigen Blendenstufe aufzuzeichnen, braucht man nur 1 Bit. Es gibt nur hell oder dunkel. Um acht Blendenstufen linear aufzuzeichnen, benötigt man folglich 8 Bit, bzw ein Byte. Ein 12Bit Sensor kann in einer optimalen Situation 12 Blendenstufen messen. Und ein heute typischer 14 Bit Sensor folglich 14 lineare Blendenstufen.



Sieht man sich nun einen Sensor mit 14 Blendenstufen näher an, so kann dieser die meisten Werte in der hellsten Blendenstufe 14 aufnehmen. Exakter: Es findet sich die Hälfte aller möglichen Messwerte in der hellsten Blendenstufe 14. In der Blendenstufe 13 darunter liegt die Anzahl der möglichen Blendenwerte schon nur noch bei einem Viertel aller möglichen Werte. In der Blendenstufe 12 ist es nur noch ein Achtel (12,5%). Und in der Blendenstufe 11 liegen nur noch 6,25% aller Messwerte. Es klingt unglaublich, aber bei einem 14 Bit Sensor liegen somit 93,75% aller möglichen Messwerte in den Blendenstufen 11-14!




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