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Berichterstattung : Sound Design und Foley -- wie Töne das Filmbild bereichern (Berlinale Talents)

von Di, 19.Februar 2019 | 3 Seiten | diesen Artikel auf einer Seite lesen

 Einleitung
 Die Textur der Töne

Ton ist Schall und als solcher unsichtbar -- entsprechend leicht wird er als Faktor übersehen bei der Filmproduktion, außer, wenn Gesprochenes nicht lippensynchron erscheint oder die Tonqualität aufdringlich schlecht ist. Ein guter Ton dagegen scheint so sehr eins zu sein mit dem Bild, dass er nur geübten Ohren auffällt, seine Wirkung jedoch ist für alle deutlich spürbar. Über die Tonspur wird das Bild lebendiger, die abgebildeten Personen gewinnen an physischer Präsenz.



Die Textur der Töne



Wie man dieses mächtige Werkzeug beim filmischen Erzählen möglichst effektiv nutzt, war Thema der Berlinale Talents Veranstaltung Steps, Shots and Silence: Sound and Foley in Docs. Mit Peter Albrechtsen (Sound Designer) und Heikki Kossi (Foley Artist) standen zwei absolute Ton-Profis auf der Bühne und gewährten anhand von konkreten Beispielen Einblicke in ihre Arbeit, und dies sehr lehrreich und unterhaltsam, obwohl es ihnen selbst etwas unheimlich war, im Rampenlicht zu stehen, spielt sich ihr Job doch sonst im Verborgenen ab.

Auf einer kleinen Foleybühne mit einigen an sich allerweltlichen, aber dennoch eigens aus Finnland mitgebrachten Gegenständen zeigte Heikki Kossi, wie er sich synchron mit Darstellern im laufenden (über ihm projizierten) Filmbild bewegt, um Schritte, Kleidungsrascheln sowie Gegenstände in Echtzeit nachzuvertonen (immer nur eines nach dem anderen, versteht sich). Klingen die Schritte zu sauber, kommt etwas Kaffeepulver auf den Bodenbelag, eine Rasenfläche als Untergrund wird von einem Büschel Magnetband ersetzt. Klopft man auf letzteres mit Gummihandschuhen, klingt es wie das Gebüsch, das der Protagonist im Film auf seiner Flucht streift - und so weiter.

Zuhause in Finnland hortet Heikki unzählige Dinge auf etwa 350qm, um jede Art von Geräusch möglichst exakt nachbilden zu können. Denn jedes Geräusch hat eine eigene Textur, die das Bild bereichert und die es zu treffen gilt. Zwar gäbe es umfangreiche Soundbibliotheken, aus denen man sich bei der Postproduktion bedienen könne, doch dies sei im Grunde kein Ersatz, so Heikki, sondern eher "crap". Ein echter Foley mache schließlich "sound acting" und lege dabei das gleiche Gefühl in die Bewegung, mit dem die Schauspieler sie bei der Filmaufnahme ausgeführt haben -- das sei bei der Betrachtung längerer Filmpassagen durchaus wahrzunehmen. Außerdem gehe es viel schneller, wenn er die Geräuschabfolgen gezielt nachmache, als alle benötigten Soundschnipsel zusammenzusuchen, anzupassen und mit perfektem Timing auf der Tonspur zu verteilen.

Eine Szene aus dem charmanten, finnischen Spielfilm Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki wurde zur Illustration mehrmals gezeigt, einmal mit kompletter Tonspur, einmal nur mit Foley-Sounds. Zu sehen ist ein Trainingskampf unter freiem Himmel, es regnet, alles ist nass. Was ist also zu hören? Natürlich die Schläge mit den Boxhandschuhen, die Fußtritte auf dem nassen Boden, überhaupt das ganze Wasser. (Übrigens auch Ketten, die nach jedem Schlag rasseln, obwohl sie gar nicht da sind -- der Boxring war nur mit Seilen gesichert. Doch dies fällt gar nicht auf.) Im Trailer ist die Szene leider nicht enthalten:



Dem Regisseur Juho Kuosmanen war es wichtig, dass die Geräusche absolut naturalistisch klingen (der Film basiert auf einer wahren Geschichte), nicht etwa wie bei Rocky. Wie Heikki erklärte, setzt sich jedes Schlaggeräusch aus mehreren Layern zusammen. Natürlich hat er mit Boxhandschuhen auf einen Sandsack geschlagen, doch um dem Sound mehr Festigkeit zu verleihen, schlug er auch zB. mit einem Schuhabsatz auf den Boden, außerdem wurde das "Nass" für jeden Schlag extra aufgenommen. So kamen für jeden Schlag 5-6 Tonlayer zusammen, die dann im Mix zu einem Geräusch kombiniert wurden.


Sound Design ist viel mehr als nur Geräusche


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Einleitung / Die Textur der Töne
Sound Design ist viel mehr als nur Geräusche
  

[3 Leserkommentare] [Kommentar schreiben]   Letzte Kommentare:
SixFo    12:36 am 20.2.2019
Ich hatte hier mal in einem Artikel oder Foreneintrag gelesen, dass der Ton 70% des Films trägt. Dies sollte jedem bewusst sein und großen Wert auf guten Ton, vor allem am Set,...weiterlesen
domain    16:49 am 19.2.2019
Der neueste Trend auf YT mit teilweise über 3,5 Mio Klicks pro Video ist offenbar ASMR, Autonomous Sensory Meridian Response-Video. Mal ein Gegengewicht zum gelegentlich nervösen...weiterlesen
sottofellini    16:10 am 19.2.2019
Neulich habe ich ein Steak scharf angebraten und dies tönte perfekt nach einem Starkregen auf Asphalt.
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