Mit der Panasonic GH5 und der überraschenden Vorstellung der Blackmagic URSA Mini Pro ging das Kamera-Jahr 2017 schon weitaus spektakulärer los, als es noch letzten Sommer den Anschein hatte. Denn schon im Juli zeichnete sich ab, dass sich das Erdbeben in der Region Kumamoto im April 2016 nicht nur auf die Produktion damals aktueller Modelle auswirken würde, sondern auch viele geplante Neuentwicklungen durch Schäden an den Produktionsanlagen verzögert wurden. Wir sagten seinerzeit einen sehr kühlen Kamera-Herbst 2016 voraus, der dann auch so eintrat. Zu der schlechten Produktionslage gesellte sich auch noch ein starker Dollar was in Kombination die Kamera-Preise in Höhe und die Verkaufszahlen in den Keller drückte.
Doch nun laufen die Produktionsanlagen wieder auf Hochtouren und die Hersteller dürften eher zwei als einen Gang zulegen, um ihre Kamera-Verkaufszahlen aus dem Tal der Trauer zu heben. Aber wie genau soll das klappen? Die Nachfrage am Kamera-Markt ist weiterhin von Smartphones unter starkem Druck, weshalb wohl in jeder Entwicklungsabteilung DIFFERENZIERUNG groß geschrieben wird. Die Vorteile und erweiterten Möglichkeiten von dezidierten Kameras gegenüber Smartphones müssen dabei klar in den Vordergrund gerückt werden und in diesem Zusammenhang spielt natürlich die Sensorgröße und die damit verbundene Dynamik eine extrem große Rolle. Und gerade im Bereich der 4K-Funktionen dürften viele Hersteller vermehrt darauf achten, nicht hinter die Funktionen der Konkurrenz zurückzufallen. Also was dürfen wir in 2017 von den Herstellern in Hinsicht auf die Videografie erwarten?
Panasonic und Sony…
Von Panasonic erst einmal gar nichts neues. Denn mit der GH5 haben die Japaner die Latte für integrierte 4K-Funktionen in einem Fotoapparat derart angehoben, dass diese Kamera definitiv den Benchmark für 2017 darstellt. Wir denken, dass auch Sony deswegen mit interner 10 Bit 4:2:2-Aufzeichnung bis zu 30p bei kommenden Kameras in den Markt stechen wird. Und zwar nicht nur wegen Panasonic sondern auch wegen dem Trendthema HDR. Denn wenn die eigenen Kameras auf den eigenen HDR-TVs plötzlich sichtbar schlechter aussehen als Fremdhersteller, dann könnte das ja doch irgendwann peinlich werden. Aus den gleichen Gründen wird und muss Sony im Alpha Bereich auch bei 4K-Aufnahmen mit 50/60p in die Gänge kommen. Gleichzeitig wird das Downsampling von 4K immer hoffähiger. Bei Sonys A6300/6500 und der A7RII im S35-Modus ist es ja ebenso Standard wie bei Panasonics GH5. Wir denken daher, dass wir Sonys A7SII-Nachfolger mit 10 Bit bei 24/30fps und einem 50/60p-Modus bei einer leicht erhöhten Pixelauflösung (vielleicht 20 MP) sehen werden. Bewegte Sensoren sind bei Panasonic und Sony wohl jetzt sowieso Standard. Und das führt uns direkt zu...
...Canon und Nikon
Canon sieht wohl auch ein, dass die 5D Mark 4 für Videofilmer etwas zu unspannend geraten ist. Deswegen schätzen wir das Gerücht, dass hier mit einem Firmware-Update in naher Zukunft etwas nachgeholfen wird, als relativ wahrscheinlich ein. C-Log und Downsampling würden der Kamera definitiv stehen, allerdings dürfte die 8 Bit-Aufzeichnung in Stein gemeißelt bleiben. Aufgrund der eher langsamen Speicherslots und der hohen Pixelauflösung, wird auch Magic Lantern an der 5DMk4 nicht mehr viel mehr rausreißen können. Doch vielleicht wird in dieser Hinsicht die EOS 6D Mk2 noch spannend, falls diese einen besonders schnellen UHS-II Speicherkarten-Slot spendiert bekommen sollte. Doch all das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Canon selbst den 4K-Videozug bei DSLRs an sich vorbeiziehen lässt. Auch von beweglich gelagerten Sensoren darf man hier sicherlich noch weiter träumen.
Und was Canon nicht macht, macht Nikon in der Regel schon gar nicht. Wir glauben daher kaum, dass Nikon im Jahr seines hundertjährigen Bestehens mehr als 8 Bit Aufzeichnung in der Kamera ermöglichen wird. Ein Sensor-Downsampling könnten wir uns allerdings ebenfalls vorstellen, nachdem Nikon die Kritik am 1:1 Sensor-Readout der D5/500-Modelle deutlich vernehmen konnte. Im HD-Bereich hatte Nikon ja schon früh mit der D5200 einen moirefreies Downsampling zu bieten, das Canon erst mit der 5D Mk3 hinbekommen hat. Doch diesen frühen Vorteil konnte Nikon bis dato nicht ins 4K Zeitalter hinüberretten. Vielleicht könnte hier die bald erwartete Nikon D7300 eine Überraschung in petto haben. Doch dürfte dies nur für Filmer interessant werden, die primär (wie auch bei Canon) an der Color Science einen Bären gefressen haben und/oder die Foto-Funktionen einer Spiegelreflex-Kamera besonders zu schätzen wissen.
Überraschung von FUJI?
FUJIFILM ist im Video-/Cine-Business ja eher für seine Objektive bekannt, jedoch hat sich die Firma in den letzten Monaten auch im 4K-Bereich deutlich bewegt. Die FUJI X-T2 konnte uns dabei als erstaunlich potentes Modell bereits im Test überzeugen, jedoch gab es bis dato auch hier nur 8 Bit-Hausmannskost mit niedrigen Datenraten zu erleben. Doch vor kurzem haben uns zwei seltsame Hinweise aufhorchen lassen: Einmal gibt es es ein F-Log-Whitepaper, welches die FUJI Log-Funktionen mit 10 Bit beschreibt, obwohl es keine zugehörige Kamera gibt. Und dann hat FUJI auch noch seine dezidierten Cine-Zooms MK18-55mm und MK50-135mm für die eigene FUJI-X-Mount angekündigt. Doch an den aktuellen Fotoapparaten dürften Cine-Zooms keinen großen Absatzmarkt vorfinden. Da die Zooms für die FUJI-Mount erst Ende 2017 kommen sollen, könnte man als Profi-Augur davon ausgehen, dass FUJI hier vielleicht versuchen wird ähnlich wie Canon mit einer Cine-Kamera-Linie Fuß zu fassen. Diese würde dann wohl auch sicher 10 Bit F-Log beherrschen.
Blackmagic und der Cine-Rest
Tatsächlich sind wir immer noch ein bisschen perplex, was Blackmagic mit der URSA Mini Pro nun für eine Kamera im Cine-Markt platziert hat. Eine praktisch voll ausgestattete 4,6K-RAW-Kamera deutlich unter 10.000 Euro mit extrem variablen Einsatzmöglichkeiten und günstigen Medienpreisen sind schon eine Ansage. Es gibt wirklich kaum etwas, dass man an dieser Kamera noch vermissen darf. Wir denken daher, dass dieses Modell den Cine-Markt deutlich stärker beeinflussen wird als alle Blackmagic Kameras zuvor.
Wir erwarten dennoch, dass Blackmagic auch die finanziell weniger potenten Anwender nicht aus den Augen verlieren wird und noch etwas wie eine URSA Micro oder 4K Pocket aus dem Hut zaubert. Allerdings auch erst, wenn sie wirklich lieferbar ist. Denn an Messe-Termine scheint sich Blackmagic mit seinen Vorstellungen ab sofort nicht mehr zu halten.
Sony hat dagegen vielleicht noch ein paar Innovationen wie den variablen ND-Filter oder einen beweglichen Sensor im Ärmel und auch Canon kann noch seinen DualPixel-Autofokus in die Waagschale werfen. Ähnlich wie auch ARRI genießen diese Firmen natürlich noch weiterhin eine gewisse Reputation und ein gesetztes Vertrauen in die absolute Zuverlässigkeit ihre Cine-Kameras. Doch dies dürfte vor allem im Rental-Bereich von relevantem Interesse sein, während Firmen und Kameramänner, die eine eigene Kamera besitzen wollen, diese Kameras nun sehr viel genauer mit Blackmagics Preisknaller vergleichen werden.
Doch die schönste Überraschung wäre natürlich, wenn wir noch etwas relevantes in 2017 erleben dürfen, was wir in diesem Text noch nicht angesprochen haben. In diesem Sinne bleibt es hoffentlich spannend...