Pina -- ein neuer Weg, mit Tanz umzugehen

Mehrere stereoskopische Filme von sehr unterschiedlicher Machart fanden den Weg ins diesjährige Berlinaleprogramm, eines jedoch verbindet sie alle: sie verzichten auf Gimmicks und lassen die 3D-Technik in den Hintergrund treten. Meist sogar wortwörtlich: statt den Film scheinbar in den Kinosaal hereinragen zu lassen, um dem Publikum die Figuren näherzubringen, öffnen sich hier vor allem neue Räume hinter der Leinwand. Man sieht dabei als Zuschauer wie durch ein Fenster in eine Welt, die der eigenen Realität mit seinen physikalischen und sensorischen Regeln zu entsprechen scheint. Man sieht nicht ein Bild auf einer Leinwand, sondern es ist eher, als existierte diese nicht. Als gäbe sie statt dessen die Sicht frei auf Dinge, die sich in einem Raum hinter ihr ausdehnen. Bei 3D-Darstellungen, die Objekte in den Raum ragen lassen (negative Parallaxe), geht dagegen leicht der Effekt verloren, da Figuren und Objekte oft von unsichtbaren Kanten angeschnitten werden, sich bei Bewegung irgendwann in Luft auflösen und außerdem für Zuschauer der Abgleich mit der eigenen Situation viel eher möglich ist (ich sitze hier im Kino, vor mir sind noch einige Sesselreihen, es kann also nicht sein, daß ein Raumschiff hier durchfliegt). Liegt dagegen das Dargestellte hauptsächlich hinter der Leinwand (positive Parallaxe) so ist es zwar immer noch sehr unwahrscheinlich, daß dort Weltraumschlachten ausgetragen werden, aber zumindest sind die Wahrnehmungseindrücke eher konsistent.



3D goes Indie auf der Berlinale -- und im Kino (Wenders Pina; The Mortician) : city




Obwohl nun Wim Wenders mit seiner Hommage an Pina Bausch das Publikum faktisch gesehen nicht weiter als nach Wuppertal entführt, war dennoch gerade die absolut naturalistische Raumdarstellung ein zentrales Anliegen bei den Aufnahmen, nämlich um das Tanztheater der 2009 verstorbenen Choreographin möglichst lebendig erfahrbar zu machen. Dabei, so Wenders, sollte 3D selbst als Effekt idealerweise unsichtbar sein, aber seine Wirkung um so effektiver. Der Raum, in dem sich die Tänzer bewegen, sei es auf der Theaterbühne, in der Schwebebahn oder an Straßenkreuzungen, mußte folglich homogen abgebildet werden, damit er nicht die Aufmerksamkeit auf sich zieht und auch damit mit bzw. in ihm auch die tänzerischen Bewegungen realistisch aussehen. Doch die Kamera bleibt dabei nicht statisch, möchte nicht nur die optische Illusion unterstreichen sondern mittanzen. Sie bewegt sich sachte auf die Tanzenden zu, entfernt sich, dreht sich.


Wie in einem Podiumsgespräch im Rahmen des Talent Campus zu erfahren war, gingen Wenders und sein Stereograph Alain Derobe -- ein Pionier des 3D-Kinos und ua. Entwickler des P+S Stereorigs -- um den naturalistischen Eindruck zu erreichen in Punkto 3D-Settings äußerst sorgfältig und behutsam vor, außerdem wurden nur Optiken aus einem ähnlichen Brennweitenbereich verwendet. Bei einem Wechsel von einer weitwinkeligen Optik zu einer teligen Variante hätte sich die Perspektive und mit ihm der Tiefeneindruck verändert: der dargestellte Raum wäre nicht mehr durchgehend konsistent, und mit der Tiefe ändert sich auch die Bewegung im Raum.





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