Panasonic hat in diesem Jahr die CES als Bühne ignoriert, um nun einen Monat später eine dicke Katze aus dem Sack zu lassen: Die neuen Consumer-Topmodelle mit drei Bildwandlern (HDC-SD707, HDC-TM700 und HDC-HS700) bieten einen echten 1080p50-Aufnahmemodus. Doch auch die übrige Ausstattung kann sich in der 1000 Euro-Liga blicken lassen: So gibt es immerhin 35mm (kb) Weitwinkel bei einem sehr lichtstarken Objektiv mit F1.5-2.8 und 46mm-Filterdurchmesser. Mikrofonanschluss, manueller Fokus-/Zoomring sowie der Zubehörschuh lassen ebenfalls Freude aufkommen. Der Touchscreen ist natürlich wieder genauso an Bord wie zahlreiche manuelle Einstellmöglichkeiten. Das klingt doch schon mal nicht schlecht...
Der Markt
Panasonic bestückt die AVCHD-Consumer-Top-Klasse in diesem Frühjahr mit drei neuen Modellen, die sich typischerweise praktisch nur durch das Aufzeichnungsmedium unterscheiden:
Die HDC-SD707 für 999 Euro zeichnet nur auf SDHC und SDXC auf, die HDC-TM700 bietet für 1199 Euro zusätzlich 32 GB integrierten Flash-Speicher, während die HDC-HS700 für 1399 Euro mit einer integrierten 240 GB-Festplatte ausgeliefert wird. Gegenüber den Vorgängermodellen ist die neue Serie teilweise damit etwas günstiger geworden.
Die Austattung
Gegenüber der letzten Modellserie ist das Objektiv etwas „gewachsen“ und bietet nun statt 43 nun 46mm Filterdurchmnesser. Auch die effektiven Pixel der Bildwandler wurden von ca. 2 auf ungefähr 2,5 Megapixel erhöht. Das Display ist zwar ebenfalls auf 3 Zoll gewachsen, bleibt jedoch mit 230.000 Pixel auf (niedrigem) Vorjahresniveau. Der Sucher ist zwar lobenswert, jedoch mit gerade mal 123.000 Pixeln auch keine große Schärfe-Hilfe. Hier zeichnet sich auch schon eine der größten Schwachstellen der Kamera ab: Denn auch der Expanded Focus wurde bei der neuen Serie gestrichen, was das manuelle Fokussieren deutlich schwerer macht, als bei den Vorgängermodellen. Für uns total unverständlich, denn die Kombination aus Fokusring am Objektiv und expanded Focus hat bei den Vorgängern doch gut funktioniert. Ohne die automatische Bildvergößerung fällt eine Schärfebeurteilung schwer, da hilft auch das Peaking auf dem relativ unscharfen Display ziemlich wenig. Es gibt zwar noch eine sehr zuverlässige Touchscreen-Focus Funktion, die sogar Objekten folgt, jedoch steht diese nicht im manuellen Modus zur Verfügung. Irgendwie riecht das ja förmlich nach künstlich erzeugtem Verbesserungs-Spielraum für die nächste Generation...
Positiv ist dagegen ein neuer Trend zu bewerten, den wir an immer mehr Consumer-Camcordern bemerken dürfen: Das Display (und auch der Sucher) zeigen das Vorschau-Bild ohne Overscan.
Auffällig waren bei unserem Modell die Geräusche, welche die Kamera „im Leerlauf“ erzeugt. Bei der von uns getesteten HDC-HS700 war die eingebaute Festplatte klar zu vernehmen. Und wenn uns nicht alles täuscht, konnten wir auch noch überlagernde Geräusche eines integrierten Lüfters ausmachen...
Die Bedienung
Grundsätzlich lässt sich die Kamera in vielen Funktionen auch ohne externe Knöpfe toll manuell bedienen. Wenn man beispielsweise mit der linken Hand am Display Shutter, Weissabgleich oder Blende + Gain wählt lässt sich die gewählte Funktion direkt mit der rechten Hand über den Objektivring einstellen. Doch gerade beim Fokussieren funktioniert eben dies nicht, da man hier mit dem Ring erst einmal zwischen manuellem und automatischem Fokus umschaltet, jedoch nicht die Schärfe selbst regelt. Wer so fokussieren will muss also auf dem Display erst einmal Fokus antippen, dann manuellen Fokus antippen und erst dann greift der Ring. Irgendwie ein Klick zu viel. Wie schon erwähnt funktioniert der Touchfokus leider nur im Automodus.
Vielleicht ebenfalls erwähnenswert. Nach einem Wechsel in den Automatik-Modus sind die manuellen Einstellungen bei Rückkehr verschwunden. Dies ist besonders ärgerlich, da man durch die externe Taste leicht versehentlich in den Automatik-Modus gelangt. Auch Funktionen wie der intelligente Kontrast sowie die Gegenlichtfunktion verschwinden, sobald man die manuelle Blende benutzt.
Von Buttons und Knöpfen
Für die Umschaltung zwischen 1080i50 und 1080p50 hat Panasonic der Kamera einen eigenen externen Button spendiert. Dies mag für Tester zum Vergleichen sehr praktisch sein, für den täglichen Einsatz ist dies jedoch eher kontraproduktiv. Schließlich werden sich die meisten Anwender vor dem Filmen einmal auf einen Modus festlegen und diesen dann in der Regel auch durchgehend beibehalten. Durch den externen Knopf besteht dagegen die Gefahr, versehentlich den Modus zu wechseln, auch wenn dies eher theoretischer Natur ist: Schließlich wird die Aufnahme im 1080p50 auch deutlich im Display als rotes Element angezeigt. Dennoch wäre diese Taste beispielsweise als Custom Key deutlich sinnvoller zu gebrauchen. Ein schöner Favorit hierfür wäre gleich der Function Button hinter dem Objektiv, der seit Generationen hier in suboptiomaler Lage verweilt. Denn sobald man das Display etwas kippt, ist dieser Button nicht mehr sinnvoll zu erreichen.
Immer wieder schön und schon alleine für die Konkurrenz erwähnenswert, sind dagegen die grundsätzlichen manuellen Möglichkeiten der Kamera: Shutter, Blende+Gain, Weissabgleich sowie Focus lassen sich direkt mit aussagekräftigen Werten einstellen. Außerdem lässt sich die Grundcharakteristik der Kamera in Helligkeit, Farbe, Schärfe und WB-Verschiebung justieren. Auch ein Zebra-Modus, ein Histogramm sowie eine Liminanz-Messpunkt-Anzeige sind vorhanden, um Überbelichtungen beim Filmen zuverlässig zu erkennen.
Bildstabilisator
Es ist ja fast schon müßig über die neuen optischen Bildstabilisatoren mit elektronischer Unterstützung zu schreiben, aber etwas war uns dann doch noch eine Erwähnung wert. Bei der 700er Serie ändert sich der Bildausschnitt nicht mehr, wenn man den Bildstabilisator nutzt. Dies ist vor allem für Filmer von Belang, die viel aus der Hand filmen und auf Weitwinkel wert legen. Während Sony hier bei seinen neuen Modellen den Bildauschnitt vergrößert und damit ein Teil des mächtigen Weitwinkels von 29 mm wieder wegfällt, bleiben die 35mm der Panasonic auch in diesem Modus erhalten. Anders formuliert: Bei aktiven Bildstabilisator relativiert sich der Weitwinkel-Unterschied zwischen Sony und Panasonic etwas.
1080p50
Doch nun ein paar Worte zum neuen 1080p50 Modus, der ja schließlich DAS Marekting-Feature der neuen Serie ist: Die maximale Datenrate des FullHD-Progressive Modus liegt bei gerade mal 28 Mbit/s. Das sind nur 4 Mbit/s mehr als im „normalen“ 50i-Modus. Nur mit dem Unterschied, dass bei 50p effektiv die doppelte Bildinformation verarbeitet werden muss. Da aber die Bildunterschiede zwischen den einzelnen Bildern aufgrund der höheren Bildfolge effektiv geringer ausfallen, können 28 Mbit durchaus ausreichend sein. Uns gelang es es jedenfalls nicht in Testaufnahmen wirklich auffällige Kompressionsartefakte zu erzeugen. Nur im Schwachlichtbereich, wenn der Signalprozessor schon viel mit Bildrauschen zu kämpfen hatte, konnten kann man leichte Geisterbilder provozieren, bei der Schatten aus den Vorgängerbildern sichtbar werden. Diese fallen jedoch auch erst wirklich bei der Betrachtung von Einzelbildern ins Auge.
Im Raum steht auch noch die Frage, ob (und wenn ja wie) denn die 1080p50 in den AVCHD-Standard passen. Bisher ist ein solches Format und eine eine Datenrate von 28 Mbit dort nämlich noch nicht spezifiziert. Würde sich die Spezifikation ändern, so kämen andere Hersteller noch mehr in Zugzwang. Man hört aus informierten Kreisen, dass Sony von Panasonics 1080p50-Alleingang alles andere als begeistert ist. Schon deswegen könnte hier eine Erweiterung des AVCHD-Standards scheitern. Auch wenn sie für den Anwender sicherlich Vorteile hätte. Denn momentan liegt nach wie vor von keinem Schnittprogrammhersteller eine offizielle Unterstützungsaussage zum neuen Format vor. Doch dies bei weitem nicht so tragisch wie es klingt. Denn mit den meisten Videoschnittprogrammen (zumindest am PC) klappt der Schnitt schon heute, wenn auch nicht sonderlich flüssig. Von speziell angepassten AVCHD-beschleunigten Decodern können nach unserer Erfahrung die 1080p50 Files noch nicht profitieren. Auch die GPU-Unterstützung ist hier noch nicht angekommen. Die meisten Schnittprogramme greifen in der Regel auf den installierten Standard AVC/h.264 Decoder zurück, der beim Decodieren meistens deutlich langsamer arbeitet.
Wir haben während der Testphase die besten Erfahrungen mit ffdshow/ffmpeg gemacht. Auf einem Quadcore-Rechner (Q6600 mit 2,67 Ghz) konnten wir die 1080p50-Clips praktisch ruckelfrei mit einer Prozessorlast zwischen 50 und 60 Prozent abspielen. Eine Unterstützung durch die Grafikkarte fand dabei nicht statt (diese wollte bei uns grundsätzlich nicht 1080p50 beschleunigen). Damit es dennoch flutscht, muss man die Unterstützung für die Multi-Threading ffmpeg-Libs (ffmpeg-mt) aktivieren:

Nur so wird der Decoding-Prozess effektiv auf die einzelnen Prozessorkerne verteilt. Nebenbei erwähnt, lässt sich hiermit auch jedem Schnittprogramm 1080p50 beibringen, solange es DirectShow-Import erlaubt.
Messlabor
Bevor wir zu den einzelnen Testergebnissen kommen, seinen uns noch ein paar grundsätzliche Gedanken zu 1080p50 erlaubt: Theoretisch könnte die Auflösung vertikal doppelt so hoch sein. Denn bei 1080i50 liegt jedes Einzelbild rechnerisch als Bild mit 1920 x 540 Pixeln im Speicher, während bei 1080p50 jedes Bild 1920 x 1080 Pixel hat. (bei 50 Einzelbildern pro Sekunde). Praktisch haben wir zuerst einmal verglichen wie denn ein Halbbild, das mit der gängigen bikubischen Interpolation hochskaliert wird gegenüber echten 50p wirkt. Hier das Ergebnis:

Dies ist sozusagen der (simulierte) schlechteste Fall, wenn sich die Information von zwei Halbbildern kaum mit einem Vollbild deckt. Dies kommt eigentlich nur bei einer bewegten Handkamera oder bei Schwenks und Zooms vor. Hier ist der Unterschied zwischen 50p und 50i natürlich deutlich sichtbar. 50p sieht in dieser Simulation tatsächlich deutlich besser aus. Allerdings wurde die Interpolation jedoch nur von einem Halbbild aus durchgeführt.
Bei einem stehenden Testbild (wie dem aus unserem Messlabor) kann bei der Wiedergabe die Information aus zwei Halbbildern herangezogen werden, was im optimalen Fall bei einem stehenden Motiv zu keiner Verbesserung bei 50p führen dürfte. Darum hier einmal der Vergleich von zwei Halbbildern vs. einem Vollbild:

Wie man sieht, ist hier der Unterschied schon fast nicht mehr wahrnehmbar. Bei stehender Kamera und sorgfältiger Upskalierung ist der Unterschied zwischen 50i und 50p praktisch nur noch in bewegten Objekten sichtbar, die noch dazu tendenziell verwischt erscheinen, wenn die die Belichtungszeit bei 1/50 Sekunde liegt.
Dies zeigte sich dann auch in unserem Testbild:

Unsere Messungen haben wir daraufhin im 1080p50 Modus gemacht, da hier die Kamera offensichtlich ihre optimale Qualität bietet. Wir würden auch empfehlen mit dieser Kamera immer in diesem Modus zu filmen. Denn aus diesem Modus lassen sich kleinere Modi im Schnitt ohne große Verluste downskalieren bzw ableiten, vor allem 1080i50 und 720p50...
Bereits der Sweep zeigt einen imposanten Schärfeverlauf, den bisher nur wenige Camcorder in dieser Form hinlegen konnten.

Dieser Messeindruck bestätigt sich auch beim direkten Blick auf das ISO-Chart. Eine sehr natürlich Schärfe, die auch feine Details fast ohne Aliasing-Artefakte darstellt. Spitzenklasse.

Auch bei der Farbauflösung liefert die Panasonic eine sehr saubere Farbtrennung ab, die man in dieser reinen Form nur selten zu Gesicht bekommt.

Sogar der Objektiv-Test legt ein ausgesprochen verzerrungsfreies Bild ab. Derart gerade Linien sieht man selbst in dieser Preisklasse selten.

Diese Kamera besitzt eine sehr saubere Farbwiedergabe mit grundsätzlich sehr neutralen Farben. Der automatische Weissabgleich neigte allerdings gelegentlich zu einem subtilen Gelbstich.

Bei wenig Licht zeigt sich das neue lichtstarke Objektiv von seiner besten Seite: Die Automatik trickst zwar und schaltet auf 1/25 Sekunde. Die geringere Bewegungsauflösung geht jedoch mit einer überraschenden Bildqualität einher. Im 50p-Modus werden dabei übrigens einfach zwei praktisch identische Vollbilder hintereinander in der Datenstrom gepackt...

Im Audiobereich zeichnet das eingebaute Mikrofon einen durchschnittlichen Störgeräsuchpegel auf, der noch dazu in den Höhen abgeschnitten wird. Lüfter und Festplatte tragen hier zum Störgeräuschpegel einiges bei.

Fazit
Die 50p-Unterstützung ist als Neuerung spannend und zukunftsweisend, aber sicherlich (noch) nicht der Kaufgrund für die Masse. Glücklicherweise liefert die HS700 noch genügend andere Argumente, die für sie sprechen. Das beginnt beim ausreichenden Weitwinkel, der sich auch beim aktiven Bildstabilisator nicht verringert geht über ein gutes Low-Light-Verhalten, Spitzen-Schärfe, schöne Farben und endet bei den manuellen Möglichkeiten. Keine Frage: Die Konkurrenz im 1000 Euro Bereich hat es mit diesen Modellen nicht leicht. Panasonic könnte noch ein schärferes Display verbauen und evtl. mehr Weitwinkel spendieren, sowie manuelle Funktionen nach außen legen. Auch die Focus-Einstellmöglichkeiten gehören noch einmal überdacht. Es würde uns aber nicht wundern, wenn man sich genau diese Extras für ein kleines Profi-Modell aufhebt. Legt man unsere (vor rund 4 Jahren aufgestellten Testkriterien zugrunde) liegt diese Kamera bereits in vielen Dispziplinen am oberen Ende unserer Messlatten. Keine Frage, im 1000 Euro-Bereich hat Panasonic hier ein paar echte Kauftipps im Markt.
Alle technischen Daten zu den neuen Panasonic Modellen findet Ihr wie immer in unserer Datenbank.