Mit der HC-X929 beschreitet Panasonic zugleich alte und neue Wege. Denn beim Äußeren und in der Bedienung präsentiert sich die neue Kamera wie ein alter Bekannter. Man fühlt sich an vielen Stellen spontan an das Vorjahres-Modell HC-X909 erinnert, das bekanntermaßen (nicht nur) bei uns sehr gute Testergebnisse einheimsen konnte. Dennoch gibt es auch viele erwähnenswerte Änderungen zu entdecken.
Sensor-Größe?
So sticht sofort die neue Sensor-Einheit ins Auge. Statt bisher 3 x 1/4,1 Zoll sollen nun doppelt so große 3 x 1/2,3-Zoll verbaut worden sein. Gleichzeitig wirbt Panasonic jedoch auch damit, dass in der HC-X929 die gleichen Sensoren verbaut werden, wie in der professionellen AG-AC-90. Diese besitzt jedoch laut Datenblatt drei 1/4,7-Zoll-Typ Sensoren. Diese Angabe sorgte schon in unserem AG-AC-90 Testbericht für Verwirrung und passt erst einmal überhaupt nicht mit den Angaben der HC-X929 zusammen.

Zur Lösung des Rätsels hilft ein Blick auf den Objektivring. Da in beiden Kameras das gleiche Objektiv verbaut sein soll und auch die Brennweitenangaben (2,84 - 34,1mm/1:1,5) übereinstimmen, muss die HC-X929 folglich mit der gleichen Sensorfläche aufzeichnen, wie die AG-AC-90. Dies ist wiederum die exakte Brennweite wie beim Vorgänger-Modelle HC-X909, die ebenfalls nur einen kleinen Sensor verbaut hat. Wenn Panasonic also nun angibt, dass hier 3 x 1/2,3-Zoll-Sensoren verbaut wurden, so mag dies wohl stimmen, jedoch kann zur Aufnahme nur ein Teil der Sensorfläche genutzt werden. Und zwar ungefähr eine Fläche von 1/4,1 - 1/4,7-Zoll.
Die Gründe hierfür können vielfältig sein. Wir könnten uns gut vorstellen, dass die hier eingesetzten Sensoren schon ein Vorläufer der kommenden 4K-Sensoren sind, die bereits in Produktion sind und in aktuellen Kameras eben als FullHD-Sensoren eingesetzt werden, bis der 4K-Zug Fahrt aufnimmt. Doch momentan ist dies alles nur Spekulation.
Dem Endanwender kann dies zudem erst einmal egal sein, solange die FullHD-Bildqualität stimmt. Und die stimmt auch weiterhin. Unsere Testauswertung zeigt -wie zu erwarten- eine große Ähnlichkeit zur AG-AC90. Nur zum Low-Light-Verhalten gibt es zwei Anmerkungen zu machen: Erstens erreicht der Sensor in unseren Messungen nicht ganz die Nachtsichtfähigkeiten der HC-X909. Der Unterschied ist dabei nicht groß, aber messbar. Und der Gain der HC-X929 ist auf 18 dB beschränkt, während die AG-AC90 bis auf 30dB verstärken kann. Dadurch gelingen der AC90 in extremen Situationen noch die helleren Bilder.
Bedienung
Die Bedienung der Kamera wurde etwas umgestaltet. So gibt es neben der bekannt, bewährten iA-Vollautomatik jetzt auch noch iA+ (Intelligent Auto Plus). Hier kann man die Helligkeit und die Bildcharakteristik (wärmer/kälter) während der Aufnahme mit zwei Touchdisplay-Tasten dauerhaft korrigieren. Dazu fiel uns auf, dass nun im manuellen Modus die Blende nicht mehr gesetzt bleibt, wenn man anschließend zur manuellen Verschlusszeit-Einstellung (Shutter) springt. Das ist erst mal kein Drama, denn wenn man den Shutter zuerst festsetzt, bleibt dieser auch nach Änderung von Blende und Gain fest.
Sony Camcorder in dieser Preisklasse haben ja die etwas zweifelhafte Eigenschaft, dass sich Shutter und Blende nicht gleichzeitig manuell festsetzen lassen. Wir hoffen dass Panasonic hier nun nicht auch versucht, diese Form der manuellen Limitierung wieder mittelfristig einzuführen, um mehr Profi-Modelle wie die AC90 verkaufen zu können.
Vielleicht um gegen Sonys größten Pluspunkt - den schwimmenden Bildstabilisator Balanced Optical Steady Shot - anzutreten, kann Panasonic nun auch einen schiefen Bildhorizont digital korrigieren. Zusätzlich gibt es eine einblendbare Wasserwaage, die mit dünnen Haarlinien im Bild kennzeichnet, ob die Kamera korrekt ausgerichtet ist. Leuchten alle Linien grün, ist die Kamera perfekt im Lot.
Viel manuelle Kontrolle und gute Austattung
Ansonsten setzt die HC-X929 ein weiteres mal ihren Schwerpunkt auf solide Basis-Videoeigenschaften und gute Ausstattung die in dieser Preisklasse viele engagierte Amateurfilmer überzeugen dürften. Viele manuellen Kontrollmöglichkeiten, auch bei der Bildcharakteristik, gepaart mit einem Kopfhörer- und Mikrofonanschluss (manuell aussteuerbar), ein zusteckbarer Zubehörschuh und ein integrierter Sucher sind für viele Filmer nach wie vor ein wichtiges Kaufargument, das man gar nicht mehr so selbstverständlich in dieser Preisklasse findet. Dass die Bedienung dann noch durch einen mehrfach belegten Objektivring und Hilfsfunktionen wie Zebra, Histogramm oder Belichtungsmesser unterstützt wird, weiß sogar mancher Profi zu schätzen.
Der Sucher ist übrigens nach wie vor nicht sonderlich scharf, jedoch ist uns dieses Jahr erstmalig aufgefallen, wie gut der "Camera Function"-Button beim Sucherfilmen mit dem Objektivring harmoniert. So erlaubt er das blinde Durchsteppen aller wichtigen manuellen Funktionen wie Shutter, Blende, Weißabgleich oder Fokus während der Ring als Selektionswerkzeug funktioniert. So muss man das Auge nie von Sucher entfernen, wenn man etwas an der Kamera einstellen will. Und wir haben uns immer gefragt warum der Knopf fast gar nicht zu erreichen ist, wenn das Display geöffnet ist. Na eben, weil er in erster Linie fürs Sucherfilmen mit geschlossenem Display gedacht ist. Übrigens lässt sich die Kamera durch Ein- und Ausfahren des Suchers auch Ein- und Ausschalten.
WLAN
Die neuen WLAN-Funktionen funktionieren, wie angekündigt. So lässt sich die Kamera unter anderem per Tablet/Smartphone fernsteuern, wobei ein gewisser Timelag wohl technisch unumgänglich ist. Zur Vorschau wird auch nicht das volle HD-Bild übertragen, sondern ungefähr Viertelbild. Auch stellen noch bei weitem nicht alle manuellen Kontrollmöglichkeiten am Tablet zur Verfügung, jedoch zeigt die HC-X929 schon, wohin die Reise geht.
Weiters lässt sich während einer Aufzeichnung ein zweiter, reduziert Videostrom per uStream (und momentan wirklich nur mit diesem Dienstleister) live streamen. Auch Videoüberwachungsfunktionen kann die Kamera übernehmen. Was wir uns in dieser Hinsicht vorstellen könnten (und was auch eine Differenzierung gegenüber Smartphones darstellen würde), wäre ein fernsteuerbarer Stativmotor in der Bodenplatte der Kamera. Dann wären nicht nur ferngesteuerte Schwenks per Wifi möglich, sondern auch die Überwachungsfunktionen würden gegenüber einfachen Kameras aufgewertet werden.
Die typischen, alten Marotten hat Panasonic der HC-X929 übrigens auch nicht weiter ausgetrieben: So sirrt noch immer ein leiser Lüfter im Gehäuse vor sich hin. Einen vergrößerten Vorschauausschnitt beim manuellen Scharfstellen (expanded Focus) gibt es weiterhin nicht. Und auch der Touchfokus funktioniert wie seit eh und jeh nur im Automatik-Modus. So gibt es alle Jahre wieder noch etwas zum Wünschen fürs nächste Jahr...
Aus dem Messlabor
Der Sweep fällt in diesem Jahr einen minimalen Tick früher ab, als bei den Vorjahresmodellen, deutet aber immer noch auf eine sehr gute Schärfeleistung hin.
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Fast, wie immer: Das ISO-Chart wird praktisch ohne Artefakte wiedergegeben und zeigt dennoch viele Details. Nur die Schärfesäume stören manchen Betrachter, können aber zurückgeregelt werden.
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Die Farbauflösungs-Kurve fällt nur langsam ab und deutet auf eine gute Farbdifferenzierung hin. Der Anstieg gegen Ende ist ein leichtes Farbaliasing, das visuell jedoch kaum eine Rolle spielt.
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Die Verzeichnung im maximalen Weitwinkel ist minimal und ist wie immer mit Sicherheit das Ergebnis einer digitalen Korrektur.
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Die Farben der Panasonic HC-X929 sind in der Werkseinstellung relativ neutral, die Hauttöne gelingen sogar einen Tick besser als bei der HC-X909.
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Das Schwachlicht-Verhalten der HC-X929 ist gemessen an der Sensorgröße weiterhin bemerkenswert, auch wenn es einen Tick mehr rauscht, als letztes Jahr.
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Macht Wiederhören Freude? Der eingebaute Lüfter sorgt auch in der X929 als alter Bekannter wieder für einen nicht ganz so glatten Störgeräuschabstand.
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Fazit
Im Low-Light und in der Schärfe bleibt der Vorgänger X909 marginaler Gewinner beim direkten Vergleich. Neukäufer dürfen sich im Gegenzug über die zahlreichen WLAN-Zusatzfeatures freuen. Ansonsten bleibt die HC-X929 ihrer Tradition verpflichtet: Sehr gute Bildqualität, praktikabler Weitwinkel, viel manuelle Kontrolle sowie nützliche, visuelle Einstell-Hilfen sind gerade in Zeiten der Smartphones und filmenden Fotoapparate für viele Anwender wichtige Kaufargumente. Auch an der praxisgerechten Ausstattung gibt es für einen Camcorder dieser Preisklasse kaum etwas zu bemängeln. Dass Panasonic die Größe der verbauten Chips erst einmal nicht ausnutzt, lässt erahnen, wohin die Reise mit dieser Produktklasse demnächst gehen soll.