Handling
Wer die AG-AF 101 das erste Mal in die Hand nimmt, wird mit einem fast quadratischen Kameragehäuse konfrontiert, welches den Eindruck einer beachtlichen Breite hinterlässt. In Sachen Breite muss man allerdings aufpassen, dass man nicht einer optischen Täuschung auf den Leim geht, denn bsp. Im Vergleich zur Panasonic AG-HPX171 ((BxHxT) 154mm x 179.5mm x 397mm) ist das Gehäuse der 101 mit Abmessungen von (BxHxT) 163 x 185 x 209 mm lediglich einen knappen Zentimeter breiter. Der Eindruck der mächtigen Breite kommt vor allem durch das Fehlen einer festverbauten Optik und dem damit einhergehenden kurzen und gedrungen wirkenden Gehäuse zu Stande.

Die allgemeine Verarbeitung von Gehäuse, Schalter und Knöpfen ist relativ plast-lastig aber auf dem gleichen, guten Niveau wie andere Henkelmänner von Panasonic. Wer bei der 101 auch die gleiche, gute freihand Griffergonomie erwartet, wird jedoch enttäuscht werden. Zwar bietet der rechte Handwulst mit Schlaufe einen sicheren Halt, doch fühlte sich die Kamera etwas linkslastig unausgewogen an, was auch an dem etwas nach links versetzten Batterieeinschub legen mag. Die 101 ist definitiv nicht „Out of the Box“ für den freihand Gebrauch konzipiert. Dass es bei der 101 in erster Linie um kontrolliert szenisches Arbeiten vom Stativ und/oder im Rigg geht, macht sie u.a. durch mehrere Gehäuse-Features unmissverständlich klar:
Sowohl der Henkel als auch die Handaufnahme mit Schlaufe an der rechten Seite lassen sich komplett abmontieren, welches die 101 für diverse An- und Aufbauten optimiert. Darüber hinaus verfügt die AG-AF101 über eine Maßband-Aufnahme genau auf Höhe der Sensorebene. Damit lassen sich Entfernungen für Schärfezüge exakt Ausmessen: sicherlich ein weiteres Feature, welches ein großes Ausrufezeichen hinter dem szenischen Arbeiten mit der AG-AF101 setzt.

Am hochauflösenden (ca.920.000 Pixel) und relativ massiv ausgeführten 3,45 Zoll LCD gibt es nichts auszusetzen. Dem mit größerer Sensorfläche steigenden Bedarf an Schärfekontrolle hat Panasonic bei der AG-AF101 mit diversen Fokussierhilfen Rechnung getragen: Mit dem am unteren Bildrand einblendbaren Fokus-Bar wird der derzeitige Fokussierlevel angezeigt und mit dem zuschaltbaren farbigen Peaking ergibt sich eine sehr brauchbare Schärfe-Kontrolle. Vor allem das farbige Peaking haben wir lange Zeit bei Panasonic vermisst und begrüßen es um so mehr bei der 101. Ein Novum im Prosumer-Segment dürfte der, ähnlich wie bei der GH2 umgesetzte, frei wählbare Schärfebereich bei Autofokus-Optiken im Zusammenspiel mit der AG-AF101 sein. An Stelle eines Touchscreens wird das Fokussierfeld hier mit dem kleinen Function-Joystick auf der linken Kameraseite gesteuert.
Mit dem „Function-Stick“ ist auch eine halbautomatische Shottransition bei der AG-AF 101 mit entsprechenden Optiken möglich. Hierzu wird das Bereichsautofokus-Feld mit dem Joystick auf den Ausgangspunkt der Schärfevelagerung gesetzt. Per Klick auf den Stick stellt die AG-AF101 nun Punkt A scharf. Hierauf verschiebt man das Bereichsautofokus-Feld auf Punkt B. Per erneutem Klick wird nun von Punkt A auf Punkt B scharf gezogen. Dies stellt unserem Eindruck nach eine bessere Schärfeverlagerungs-Funktion dar, als bsp. der Touchscreen der Panasonic GH2, weil bei der GH2 der Moment des Schärfezugs nicht optimal bestimmt werden kann: Sobald auf den Touchscreen getippt wird, erfolgt die Scharfstellung. Bei der AG-AF101 kann in aller Ruhe erstmal Punkt B bestimmt werden und dann wird erst durch das Klicken des Function-Sticks die Schärfe gezogen. Dies führt zu kontrollierteren Ergebnissen. Eine Shottransition, welche programmierbare Geschwindigkeitsverläufe (Bézier-Kurven) von Blenden- und Fokuswerten bietet, ist bei der AG-AF101 jedoch nicht möglich. Immerhin lässt sich das Bereichsautofokus-Feld sowohl mit Blenden als auch Fokuswerten verknüpfen. Soweit so gut. In der Praxis kann diese halbautomatische Schärfeverlagerung allerdings noch nicht so recht überzeugen.
Die Schärfe pumpte bei unserem Test an dem Endpunkt (B) der Schärfe deutlich und eher unangenehm. Hier sollte, wenn überhaupt mit Auto-Fokus gearbeitet werden muss (unsere Empfehlung geht bei der AG-AF101, wie bei anderen "Filmcams" sowieso zur manuell fokussierenden Optik), von Panasonic nochmal der Fokussier-Algorithmus nachgebessert werden. Sicherlich auch eine machbare Aufgabe für ein Software-Update. In der jetzigen Implementierung können wir nicht zum Gebrauch dieser halbautomatischen Schärfeverlagerung raten. Die gleiche Optik an der GH2 lieferte in Sachen Schärfeverlagerung via Touchscreen sogar minimal bessere Ergebnisse, wenn auch hier ein leichtes Nachführen der Schärfe sichtbar war - jedoch nicht in dem Maße wie bei der AG-AF101.
Im Reallive-Footage Kapitel zeigen wir sowohl wie die halbautomatische Schärfe der AG-AF 101 arbeitet als auch wie eine Schärfeverlagerung per Hand mit manueller Optik an der AG-AF101 ausschaut.
Gut gefallen hat uns die Möglichkeit, den elektronischen Sucher der AG-AF101 schwarz/weiss schalten zu können. Beim Hinzuschalten des farbigen Peakings bleibt das Peaking als rotes Overlay über dem Schwarz/Weiss-Blld. Von den Funktionen her bietet der Sucher der AG-AF 101 also mehr Möglichkeiten als bsp. jener der GH2. Allerdings löst letzterer etwas höher auf und erscheint uns auch etwas größer.
Vermisst haben wir in Sachen Fokus bzw. Fokusassist bei der AG-AF101 eine zuschaltbare Suchervergrösserung – hier sollte bei einem Firmwareupdate nachgebessert werden.
Zum Scharfstellen reicht jedoch das farbige Peaking - unserer Meinung nach grundsätzlich das beste Fokus-Assist System überhaupt - völlig aus. Nur für diejenigen, die gerne noch mehr Optionen beim Scharfstellen haben, würden wir eine Suchervergrösserung ebenfalls begrüssen.
Vergleiche zwischen der Panasonic GH2 und der 101 werden sich im weiteren Verlauf des Textes nicht vermeiden lassen; Zum einen stellt die Panasonic GH2 die derzeitige Referenz in der Video-DSLR-Klasse (und damit Filmlook-Cams) bei slashCAM und zum anderen verfügen beide Kameras über den gleichen Bildgeber und gleiche Optik-Optionen.
In diesem Sinne stellen die bei der Panasonic AG-AF101 verfügbaren ND-Filter ein sattes Plus gegenüber der Panasonic GH2 dar. Gut erreichbar positioniert lassen sich am großen ND-Filterrad 4 Rasterungen aufrufen: Kein Filter, ¼ ND, 1/16 ND und 1/64 ND. Zusammen mit der Möglichkeit, negativen Gain von -3 DB oder -6 DB einzustellen, erhält man bei offenen Blenden so ein optimal kontrollierbares Bild.
Auch in Sachen verfügbare Speicherkapazität trumpft die AG-AF 101 mit Camcorder gemäßer Ausstattung auf: Zwei Card Slots, die SDXC/SDHC/SD Memory Cards akzeptieren, sorgen für ausreichende Aufnahme-Minuten, je nach Karten-Kapazität. Im „PH“ Videomodus mit der besten Bildqualität bei 24 Mbit/s bei 1080er oder 720er Formaten ergeben sich folgende Speicher/Aufnahmeverhältnisse:
Speicher | Aufnahmelänge |
512MB | 2 min |
1GB | 5 min |
2GB | 10 min |
4GB | 21 min |
6GB | 33 min |
8GB | 45 min |
12GB | 65 min |
16GB | 90 min |
32GB | 180 min |
48GB | 270 min |
64GB | 350 min |
Wer mit 2 x 64 GB SDXC Karten die maximale Speicherkapazität einsetzt, kann also fast 12 Stunden in höchster Qualität aufzeichnen. Nicht schlecht.
Wer bereits mit Panasonic Henkelmännern unterwegs war, dürfte sich bei der Menübedienung und Menführung der AG-AF101 schnell zurecht finden. Die Auswahl erfolgt über einen in vier Richtungen beweglichen und klickfährigen Joystick am linken Gehäuseaufbau. Die Menüs präsentieren sich in modernem Design mit einem Schwerpunkt bei den Bildparametern wo Bildprofis nach Herzenslust ihr Bild individuell anpassen können: Angefangen bei 7 Gamma-Presets, über horizontalen und vertikalen Detail-Level, Farbeinstellungen via Farbmatrix, Chroma-Level und Phasen bis hin zu spezifischen Farbtemperaturen (2400K-9900K), Knee u.v.m..
Die Taste für den Weißabgleich ist gut am vorderen Kameragehäuse positioniert und kombiniert gleich auch einen ABS (Auto-Black-Balance) bei längerem Drücken des AWB-Schalters.

Gewöhnungsbedürftig empfanden wir hingegen die Positionierung der zwei Aufnahmeschalter. Durch den abnehmbaren rechtsseitigen Handgriff fehlt der Record-Button für die Daumenbedienung an der gewohnten Stelle. Statt dessen befindet sich ein Aufnahme-Knopf rechts auf dem oberen Gehäuse (mit rechtem Zeigefinger im Handbetrieb zu bedienen) und ein Aufnahme-Knopf bei den Menü-Buttons auf der linken Seite.
Nicht gefallen hat uns der On/Off Schalter auf der linken Seite. Dieser wurde eindeutig zu tief ins Gehäuse gegen versehentliches An- und Ausschalten integriert. Kameramänner welche nicht über lange, robuste Fingernägel verfügen, haben eindeutig Probleme, die Kamera entweder Ein- oder Auszuschalten – hier gibt es deutlich elegantere Lösungen (auch von Panasonic selbst).
3 frei belegbare User-Buttons sind OK – auch wenn man sich damit eher am unteren Ende des Möglichen bewegt. Unter den 14 zuweisbaren Funktionen (REC CHECK, FACE DETECT, FOCUS ASSIST, CAPTURE, ATW, ATW Lock, SHOT MARK, NDEX, LAST CLIP, BACKLIGHT, SPOTLIGHT, BLACK FADE und WHITE FADE) würden wir die Gesichtserkennung gerne gegen eine Suchervergösserung eintauschen – ebenfalls vielleicht beim nächsten Software-Update?
Gut gefallen hat uns der per extra Taste einblendbare, einfache aber reaktive Waveform-Monitor. Ein weiterer Druck auf die WFM-Taste ruft ein Vektorskop auf.
Ebenfalls einen guten Eindruck hat das Angebot an Schnittstellen bei der AG-AF101 gemacht. Allen voran eine HD-SDI Schnittstelle mit embedded Audio an der sowohl HD als auch herunterkonvertiertes HD-SD ausgegeben werden können. Mit entsprechenden Panasonic-Recordern am SDI, soll auch eine Start/Stopp Erkennung sowie 1080/24Psf möglich sein. Ansonsten wir 1080 50i ausgegeben. In Sachen HDMI-Out hat Panasonic der AG-AF 101 eine große HDMI-Schnittstelle spendiert, die einen deutlich robusteren Eindruck als die vielfach verbauten Mini-HDMI-Schnittstellen macht. Via HDMI können an HD-Formaten 1080/50i und 720/50p ausgegeben werden. An analogem Video-Output steht darüber hinaus ein Composite Video Out (SD) zur Verfügung.
Für diejenigen, die ihren Ton direkt an der Kamera und nicht extern abhören wollen, wurde bei der Panasonic AG-AF101 ein Kopfhörer-Anschluss als Miniklinke ausgeführt. Zusammen mit den zweifachen XLR-Inputs (Line / Mict) inkl. 48V Phantomspeisung, den beiden Pegelrädern an der Seite und dem hochwertigen, internen Stereomikrofon ergibt sich ein gutes Audio-Paket, welches ebenfalls gegenüber Video-DSLRs als großer Pluspunkt zu werten ist. Ton wird im PH Modus als 16 Bit LPCM 2-Kanal aufgezeichnet.
Die Panasonic AG-AF101 bietet die Möglichkeit, unterschiedliche progressive Bildraten zwischen minimal 12 und maximal 60 Bildern zu wählen. Damit sind also sowohl Zeitraffer als auch Zeitlupen-Aufnahmen möglich. Betrachtet man die Relation im Vergleich zu einer 24 B/s Zeitbasis ergeben sich folgende Zeitlupen- bzw. Zeitraffer-Optionen:

Darüber hinaus können lange Zeiträume via Intervall-Recording als ausgedehnte Zeitraffer-Aufnahmen programmiert werden. Hier lassen sich Intervalle zwischen 1 Sekunde und 2 Minuten frei wählen – als Format für diese Langzeitaufnahmen muss entweder 1080/24p oder 25p gewählt werden.
Die Panasonic AG-AF101 verfügt über eine Pre-rec-Funktion, bei der im Standby Modus 3 Sekunden kontinuierlich aufgezeichnet werden – ein häufig unterschätztes Feature bis man mal zu spät auf den Aufnahme-Knopf gedrückt hat und dann weiss, wie wichtig Pre-rec sein kann.
Auch beim Thema Metadaten und Scene-Files gibt sich die 101 keine Blöße. Die Panasonic AG-AF101 bietet u.a. schnelle Ein-Tasten-Shot-Marker (OK und NG), die auch während der Aufnahme gesetzt werden können, bis zu 100 Index-Marker sowie das Abspeichern von 6 Scene-Files, mit denen komplette Kameraprofile zugewiesen werden können.