Auch Sony bietet deutlich unter 100 Euro einen Abkömmling des professionellen Schnitprogramms Vegas an. Dabei wurde bei der kleinen Version so moderat abgespeckt, dass Einsteiger hier wirklich eine Menge geboten bekommen.
Wer keine Verpackung benötigt und online zahlt bekommt die neue Version des Vegas Movie Studio Platinum bereits für fast unglaubliche 56,95 Euro als Download-Version. Das noch etwas teurere Pro-Pack (online ab ca. 70 Euro) erhält zusätzlich noch diverse Soundloops sowie einen eigenen Editor (SoundForge Audio Studio) um Audiospuren detailliert zu bearbeiten. Wer auf HD-Bearbeitung verzichtet, kann die kleinste Version des Programms sogar für rund 26 Euro online beziehen. Das klingt doch kaum danach, als ob man hier ein vernünftiges Stück Software erwarten darf. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Sieht man einmal von Spezialfunktionen wie Adobes Tagging ab, bekommt der Anwender beim Vegas Movie Studio Platinum-Pack den rundesten Funktionsumfang aller aktuell erhältlichen 100 Euro Schnittprogramme auf seinen Rechner gespielt.
Üppiger Funktionsumfang
Diese mächtige Funktionsfülle ist allerdings zugleich auch die größte größte Schwäche des Programms. Die Bedienung ist -positv formuliert- für sehr videoaffine Anwender ausgelegt. Man kann einfach an jeder Stelle im Programm schrauben, was Semiprofis sehr freut, Anfänger aber auch leicht überfordert. Denn das Interface versteckt den üppigen Funktionsumfang nicht gerade hinter großen, bunten Knöpfen.

Dafür gibt es auch kein Programm, das in sich derart logisch aufgebaut ist. Wer das dahinter stehende Konzept einmal begriffen hat, findet alles sofort dort, wo man es vermutet. Zumal es hier Funktionen gibt, die man auch bei weitaus teureren Programmen nicht findet: So lassen sich Effekte nicht nur auf einzelne Clips, sondern auch auf Tracks oder sogar den Master-Video-Output legen. Die Auswahl der Effekte ist schlichtweg als erlesen zu bezeichnen: So gibt es unter anderem eine Dreirad-Farbkorrektur, Gradationskurven und sogar einen Broadcast Farb-Limiter für sendefähige Farben. Gegenüber der großen Version fehlen natürlich auch viele Dinge wie 32 Bit Farbraum, sekundäre Farbkorrektur oder Vektorskope und die Anzahl der Video- und Audio Spuren ist auf jeweils 4 beschränkt. Dennoch reicht das Programm bereits in dieser Ausstattung auch für größere Projekte.

Audio
Und auch die Audio-Funktionen gehen über vieles hinaus, was sich in anderen Videoschnittprogrammen finden lässt. So können nicht nur Lautstärke-Kurven samplegenau angepasst, sondern auch VST-Plugins sowie Direct-Show-Filter eingebunden werden. Egal ob Entknacksen, Entrauschen, Normalisieren oder eine Erhöhung der Stimmpräsenz. All dies lässt sich theoretisch direkt im Schnitt machen, ohne auf einen externen Soundeditor zurückzugreifen. (Wer dennoch einen benötigt, bekommt in der großen Platinum Pro Pack Edition sogar noch extra Sound Forge Audio Studio mitgeliefert.) In der Audiosektion schmerzt folglich die Limitierung des Programms auf jeweils 4 Video- und 4 Audio-Spuren eher als auf der Video-Seite.

Üppige Importmöglichkeiten
Da das Programm auf reinen Windows-Standards basiert, importiert es praktisch jedes Format für das im System ein geeigneter Codec installiert ist. Neben AVCHD und HDV gelang es uns beispielsweise auch mxf- Files der Sony HDCAM EX1 einzulesen. Subjektiv erschien es uns außerdem so, als ob das Programm gegenüber der Vergängerversion beim AVCHD-Schnitt noch einmal an Performance zugelegt hat. Ohne Effekte liefen die Clips bei halber Auflösung auf unserem Quad-Core Rechner ruckelfrei durch und ermöglichten so einen angenehmen Schnitt.
Export
Gerade achten wir vor allem auf den BluRay-Export, da andere Formate wie DVD oder Youtube-Export mittlerweile bei allen Programmen reibungslos funktionieren. Sony bietet hierfür im Movie Studio viele Encoding-Optionen. Ob MPEG2-Codierung oder AVC, beides steht beim Export zur Verfügung. Interessant: Scheinbar setzt Sony bei MPEG4-AVC auf einen eigenen Codec, während man sich bei MPEG2 auf den zugekauften MainConcept-Code verlässt. Das dürfte vielleicht in Zukunft mal wieder spannendere Rendervergleiche ermöglichen, da bisher ja fast jedes Programm die Codecs von Quasi-Monopolisten MainConcept eingesetzt hat. Der Export funktionierte bei uns jedenfalls reibungslos, allerdings bietet das Programm auch keine HD-Menüs oder ähnliches. Es kommt einfach nur eine Scheibe mit dem encodierten Film raus. Eine Vertauschung der Halbbilder wie bei Premiere Elements 7 war glücklicherweise nicht auszumachen.
Stabilität über alles
Und ebenfalls nicht unerwähnt bleiben sollte die außergewöhnliche Stabilität des Programms. Im Verlauf dieses Tests erwies sich Vegas Movie Studio Platinum 9.0 definitiv als das stabilste Programm aller Kandidaten. Unter unseren normalen Schnittherausforderungen gab es keinen einzigen Absturz. Dazu gab es seit Erscheinen bereits zwei kostenlose Updates, die kleinere Fehler im System bereinigten. Andere Hersteller pflegen ihre „Kleinen“ meistens nicht mit einer derartigen Hingabe.
Fazit
Mit nicht mal 60 Euro für die Online-Version bekommt der Anwender eine äußerst professionelle Schnittumgebung geliefert, mit der sich auch größere und komplexere Projekte problemlos stemmen lassen. Allerdings ist von einem Einsteiger dabei auch eine gehörige Portion Einarbeitungszeit gefordert. Damit ist Movie Studio Platinum 9.0 definitiv unser Kauftipp für alle Videoschnitt-Programme unter 100 Euro.