Seit Dienstag kursiert im Netz eine authentische PDF-Broschüre zur lange erwarteten ARRI Alexa 35, die am 31.5. offiziell vorgestellt werden soll. Diverse Webseiten wie EOSHD oder Y. M. Cinema zitieren bereits fleißig daraus. Und weil damit bereits fast alle Fakten des lange erwarteten Nachfolgers der über 10 Jahre alten ARRI Alexa auf dem Tisch liegen, lassen wir uns auch schon zu einer ersten Einschätzung hinreißen...
Neues Herzstück - ALEV 4 CMOS-Sensor
Die neue Alexa 35 ist nicht nur kleiner und mit 2.9 kg leichter als das ursprüngliche Modell. Sie besitzt auch einen komplett neu entwickelten ALEV 4 CMOS-Sensor, der bei ARRI erstmals echte 4K-Auflösung auf einer S35-Sensorfläche unterbringt - und damit endlich die von Netflix geforderten 4K-Produktionsstandards mit einer Super35-Kamera erfüllen kann.
Wir hatten ja bereits im Vorfeld über die exakten Spezifikationen des neuen ARRI 4K S35 Sensors spekuliert - und lagen damit ziemlich richtig: So besitzen die neuen Photodioden tatsächlich eine Kantenlänge von 6.075µm, bei einer Gesamtauflösung von 4.608 x 3.164 Senseln.
Wie ebenfalls von uns bereits im Vorfeld vermutet, gelingt es ARRI trotz der geschrumpften Sensel nach über 10 Jahren mit dem neuen Sensordesign signifikant mehr Dynamik zu liefern. Nach ARRIs Messungen sogar spektakuläre 17 Blendenstufen, die sich bislang noch kein Hersteller auf die Fahnen schreiben konnte.

17 Blendenstufen Dynamik
Dazu vergleicht ARRI sich nur mit sich selbst, bzw. der aktuellen Alexa, deren 14,5 Blendenstufen schon deutlich mehr Dynamik boten als 15 oder 16 Blendenstufen bei manch anderem Hersteller. Kurz: Es ist zu erwarten, dass ARRI mit der Alexa 35 auch für die nächsten Jahre die unbestrittene Dynamik-Krone behalten wird. Und damit sicherlich auch sein Standing für kompromisslose Bildqualität bei der Kinoproduktion. Wir sind schon gespannt, ob wir in naher Zukunft noch etwas mehr über die zugrunde liegende Sensortechnik erfahren können.
Ein erster Hinweis ist vielleicht der optionale "erweiterte Empfindlichkeitsmodus", der zwischen EI 2560 und EI 6400 zugeschaltet werden kann. Dieser soll wie Dual-ISO bei DSLM-Sensoren für ein noch klareres, rauschfreies Bild bei wenig Licht sorgen, aber passt technisch nicht ganz zum bisher typischen Dual Gain Design.
Apropos rauschfrei: ARRI sagt, dass die Alexa 35 in den Schatten "nur" eine Blende hinzugewonnen hat und der Rest ( +1,5 Blendenstufen) bei den Lichtern hinzu kommt. Dies klingt erst einmal stark danach, dass Arri hier nicht primär mehr Dynamik durch Rauschunterdrückung gewinnt. Andererseits lässt sich der FullWell - also das Clipping - eines Sensels physikalisch auch nicht so einfach erweitern - besonders, wenn man die Fläche der Fotodiode halbiert hat. Vielleicht beherrscht der ARRI Sensor hierfür auch komplett neue Tricks, wie das teilweise verkürzte Belichten des gleichen Sensels in einem zweiten oder dritten Auslesepfad. Wie gesagt, wir sind gespannt, ob ARRI hier noch mehr Einblicke gewähren wird..
ARRIRAW und ProRes
Aufgezeichnet wird wahlweise unkomprimiert in ARRIRAW oder komprimiert in Apple ProRes 4444 (XQ) und 422 HQ auf einem SSD Wechselmagazin (Codex Compact Drive), das aktuell mit 1TB oder 2TB verfügbar ist. Interessant ist hier wiederum, dass nur mit dem 2TB Drive die maximalen Datenraten der ALEX35 aufgezeichnet werden können. So sind beispielsweise mit der 1TB-Version nur maximal 45 fps in 4,6K ARRIRAW zu erreichen, während man mit der 2 TB-Version auch 75 fps schaffen kann. In den ProRes Formaten besteht diese Einschränkung nicht.
Bis 4096 Horizontal Pixel kann der neue Sensor mit max 120 fps ausgelesen werden, bei voller Sensorbreite (4608 Pixel) sind aktuell maximal 75 fps (in ARRIRAW) bzw. 60 fps (in ProRes) möglich.
Neue Colorscience - ARRI Wide Gamut AWG4 mit LogC4
ARRI verknüpft zudem den neuen ALEV 4 Sensor auch mit einer neuen "Reveal" Color Science (ARRI Wide Gamut AWG4 mit LogC4) und verspricht für die Cine-Zukunft hiermit noch subtilere und genauere Farbwiedergabe, eine naturgetreue Wiedergabe aller Hauttöne sowie deutlich verbesserte gesättigte Farben (z.B. Bremslichter oder Neonschilder).
Fazit
Arri hat sich eine Menge Zeit gelassen und liefert dafür - wie es momentan aussieht - mit der Alexa 35 eine Kamera, die wieder für längere Zeit die Cine-Referenz darstellen wird. Weder Sony noch Canon konnten mit ihren Sensoren in den letzten Jahren bei der Dynamik Paroli bieten und nun setzt ARRI die Messlatte noch einmal deutlich höher. Wir sind gespannt, ob auch dieser Sensor wieder ein ganzes Jahrzehnt "durchhält" oder ob die Konkurrenz diesmal schneller Anschluss finden wird.