Unlike U -- Rechtsstreit um unauthorisierte Videoaufnahmen

// 14:11 Di, 20. Dez 2011von

Über das Thema Drehgenehmigungen muß man sich als Filmemacher immer wieder Gedanken machen. Optimalerweise beantragt und bekommt man eine solche (sofern erforderlich) und kann daraufhin unbehelligt seinen Film drehen und verwerten. Wer seine Bilder unerlaubt einfängt (aus Unkenntnis, weil man den Aufwand des offiziellen Wegs scheut oder weil einem die Erlaubnis verwehrt wurde bzw. mit einer klaren Absage gerechnet wird, man aber auf die Bilder nicht verzichten möchte), muß damit rechnen, daß zwar der Dreh gut geht, aber das dicke Ende nachkommt, vor allem, wenn kommerzielle Interessen im Spiel sind, oder das behandelte Thema eingermaßen heikel ist.


Ein aktuelles Beispiel für letztgenanntes stellt der Dokumentarfilm Unlike U dar, der die sogenannte Train Writer-Szene in Berlin portraitiert. Da geht es natürlich nicht um im öffentlichen Nahverkehr verfasste Kurzgeschichten, sondern um großzügig aufgetragenes Graffiti auf S- und U-Bahnen, also einerseits mutwillige Sachbeschädigung, die Kosten in 6- bis 7-stelliger Höhe verursacht, andererseits de facto ein Teil einer urbanen Subkultur, mit der in einer Großstadt nun mal zu rechnen ist (bzw. auch einen Teil ihres Reizes ausmacht, je nach dem, wen man fragt). In der Doku, die möglichst wertfrei versucht, die Motivation der Akteure nachzuvollziehen, sind neben Interviews jede Menge Aufnahmen von illegalen Sprüh-Aktionen zu sehen.



Aufgrund der Verwendung von diesem Material, das logischerweise ohne Genehmigung entstand und den Filmemachern von den Sprayern zur Verfügung gestellt wurde, geht die Berliner Verkehrsgesellschaft seit geraumer Zeit gegen den Film gerichtlich vor. Sie beruft sich dabei auf ein Urteil des BGH aus dem Jahre 2010, das die kommerzielle Verwertung von Fotografien, die ohne Erlaubnis auf dem Gelände der Schlossanlagen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten erstellt wurden, untersagt (nachzulesen hier. In jener Begründung spielt jedoch auch die Tatsache, daß die Stiftung selbst Geld mit entsprechenden Aufnahmen erzielt, eine Rolle; das dürfte in diesem Fall seitens der BVG auszuschließen sein.


Seit Mitte November wird vor Gericht geklärt, ob die Verwendung der Aufnahmen, die innerhalb der Betriebsanlagen ohne die Zustimmung der BVG angefertigt wurden, ebenfalls einen Eingriff in das Eigentumsrecht der BVG darstellen. Dabei muß die BVG als Klägerin derzeit nachweisen, daß sie tatsächlich offiziell im Besitz der Bahnanlagen ist, und nicht die Stadt Berlin -- eine Bedingung, um urheberrechtliche Ansprüche geltend machen zu können. Wenn ja, müßte in einem zweiten Schritt für jede Aufnahme der konkrete Drehort identifiziert werden, um zweifelsfrei festzustellen, daß explizit auf BVG-Gelände gedreht wurde, und nicht etwa von einer angrenzenden Straße.



Die Filmemacher Henrik Regel und Björn Birg berufen sich auf das Presserecht und argumentieren, daß der BVG hauptsächlich daran gelegen sei, das Thema Graffiti aus den Medien sowie diesbezügliche Abbildungen möglichst unter Verschluß zu halten -- in einer Stellungnahme, die auf der Webseite zum Film verlinkt ist, nennt die BVG ausdrücklich mögliche Nachahmungsversuche als einen von mehreren Gründen für ihre Kritik. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der ebenfalls verlinkte, offene Brief der Festivalleitung des Kasseler Dokumentarfilm- und Videofests: "Die gezielte Auswahl der im Film gezeigten Momentaufnahmen, Interviewpartner und -ausschnitte vermitteln dem Zuschauer vielfältige und kritische Perspektiven. Dies wird zudem durch den filmkünstlerischen Aufbau deutlich, der einem aufklärerischen Charakter Rechnung trägt und gerade ein Publikum mit vorgefertigten Meinungen und Positionen zum Nachdenken anregen will."



Da der ebenfalls abgemahnte DVD-Vertrieb die Distrubution eingestellt hat, wird der Film seit einiger Zeit im Download verschenkt, damit sich die Öffentlichkeit ein Bild vom Film machen kann -- er kursiert wohl ohnehin bereits in den Tauschbörsen.


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