Test RED KOMODO 6K -  Das Dynamik-Verhalten des Global Shutters

RED KOMODO 6K - Das Dynamik-Verhalten des Global Shutters

Ein Global Shutter Sensor kostet in Regel so viel Dynamik, dass sich sein Einsatz in der szenischen Filmgestaltung bis dato nicht etablieren konnte. Setzt RED mit der KOMODO hier nun neue Akzente?

// 13:55 Fr, 13. Aug 2021von

Eigentlich wollten wir gar keine Dynamik-Vergleiche mehr machen, weil sich die Dynamik der aktuellen Vollformat-Kameras mit Rolling Shutter in der letzten Zeit nur noch marginal unterschieden hat. Die Wahl und Einstellung des Bildprofils oder die Noise Reduction in der Post sorgen bei der Messung mittlerweile für weitaus größere Unterschiede als der Sensor selbst. Doch nachdem die RED KOMODO uns nun so begeisternd mit ihrem Global Shutter angefixt hat, haben wir nochmal den Testkasten entstaubt und wollen zumindest sehen, in welcher Klasse der RED-Neuling agiert.





Highlight Recovery

Zuerst einmal fällt auf, dass die RED KOMODO immer mit aktivierter Highlight-Recovery arbeitet. Wer hierzu etwas mehr erfahren will, dem sei folgender Artikel von uns ans Herz gelegt.



Man erkennt dies unter anderem recht gut daran, dass die Flügel unseres Schmetterlings bei ETTR-0 noch teilweise farblos sind, obwohl das entsprechende Signal im Histogramm nicht clippt:



RED KOMODO 6K -  Das Dynamik-Verhalten des Global Shutters : Butterfly0


Erst bei ETTR-1 bekommt der linke Flügel die gewünschte Farbe:



RED KOMODO 6K -  Das Dynamik-Verhalten des Global Shutters : Butterfly1


Das ist insofern relevant, weil wir eigentlich als "Startpunkt für ETTR-0" definiert haben, dass dies der erste Clip sein soll, in dem die Hautfarbe unseres Puppenkopfes gerade noch knapp clippt. Doch wie ist nun ein Clipping mit Highlight Recovery einzuordnen? Nehmen wir als ersten Clip den Clip, in dem die Clipping Grenze strikt für alle drei Farbkanäle gilt, dann benachteiligen wir die KOMODO etwas, denn hier liegt der Startpunkt dann schon deutlich unter unserem typischen ETTR-0 Bild. Nehmen wir dagegen als Startpunkt den Punkt, bei dem die KOMODO erst offensichtlich auch mit Highlight Recovery nur noch in mindestens einem Farbkanal clippt, dann hat die KOMODO einen Vorteil in der Reihung. Vor allem gegenüber Kameras mit optionaler Highlight Recovery, da wir diese für Messungen bisher nicht aktiviert haben.



In der Praxis lag der von uns gewählte Startpunkt dann irgendwo zwischen unserer typischen ETTR-0 und ETTR-1, weshalb wir der RED hierfür letztlich eine "halbe Blende" zu ihren Gunsten aufschlagen würden. Dies ist insofern nicht "unfair", weil unsere Dynamik-Betrachtungen sowieso nur ein sehr grobes Bild in ganzen Blendenstufen Schritten abgeben. So kann hier auch schon mal eine Kamera im schlechtesten Fall durch einen ungünstigen Startpunkt bis zu einer halben Blendenstufe gewinnen oder verlieren. Für eine grobe Einschätzung reicht dies in der Regel dennoch völlig aus. Dazu wurden - wie einleitend bereits erwähnt - die Unterschiede bei modernen Kameras in letzter Zeit sowieso immer unbedeutender. Doch dazu gleich noch mehr.





Ein typischer Global Shutter Sensor sollte sich jedoch auf jeden Fall deutlich von unseren bisherigen Messreihen absetzen. RED nennt ja für fast alle eigenen Kameras einen Dynamikumfang von 16+ Blendenstufen. Dies ist ein sehr hoher Wert, den kein anderer Hersteller bisher so in den Marketing-Mund genommen hat. Die anerkannt sehr dynamischen Kameras von anderen Herstellern werden eigentlich durch die Bank mit maximal 14-15 Blendenstufen spezifiziert. Im Fall der KOMODO lässt RED die Werte mit Highlight Recovery in seine Spezifikation einfließen, was andere Hersteller unseres Wissens vermeiden. Doch für einen Global Shutter Sensor klingen selbst 16 Blendenstufen MIT Highlight Recovery sensationell. Also wollen wir mal sehen, wie sich die KOMODO gegenüber typischen Vertretern aus unseren alten Testreihen schlägt:





Dynamikreihen Vollformat Sensoren

Hierzu haben wir ein weiteres mal unseren Testkasten mit abfallenden Blendenstufen abgefilmt (die meisten Stufen wurden über die Belichtungszeit reduziert, die letzten Clips dann mit Verkleinern der Objektivblende). Anschließend haben wir die Clips wieder in Resolve zurück korrigiert - was bei RAW Material besonders leicht fällt, da es hier ja eine Belichtungskorrektur in der Entwicklung gibt. Zu guter letzt konnten wir so unsere "Augen" in einen Vergleich neben unsere vorhandenen Testreihen stellen.



Das gesamte Bild im Vergleich mit ein paar aktuellen Kameras gibt es hier zum selber (r)einzoomen:



RED KOMODO 6K -  Das Dynamik-Verhalten des Global Shutters : dynamik RED


Die Kameras, die wir zuletzt getestet haben (und die hier im direkten Vergleich zu sehen sind), sind die Serien mit den besten Dynamik-Eigenschaften der letzten Monate. Die meisten Modelle besitzen einen Vollformat-Sensor, bis auf die Canon C70, die mit einem 4K-S35-Sensor ausgestattet ist.



Je nachdem, welchen Stellenwert man nun der Highlight Recovery zugesteht, würden wir sagen, dass die RED KOMODO im worst case 2,5 Blendenstufen unter den besten Kameras der DSLM-Konkurrenz agiert. Ignoriert man die Highlight Recovery und setzt damit (wie auch in unserem Beispiel) den ETTR-0 Punkt wie bei den anderen Kameras ohne Highlight Recovery, kann sich die Dynamik der KOMODO ca. zwei Blendenstufen unter der Dynamik der besten DSLMs (z.B. Panasonics LUMIX S1/5) einordnen.



Die Canon C70 stellt eine Besonderheit dar, weil sie einen S35-Sensor besitzt, der wie der ARRI-Sensor mit DUAL Gain ausgelesen wird und damit aktuell unsere S35-Dynamik Referenz in 4K stellt. Die Kamera liegt damit trotz kleinerem Sensor fast auf Augenhöhe mit den LUMIX S1/5-Modellen.






Dynamikreihen S35/Cine-Sensoren

Dies sollte als nächstes unseren Blick auf S35-Sensoren generell lenken. Denn die RED KOMODO ist schließlich eine S35-Kamera.



Wir haben leider von unseren früheren Tests nur noch Standbilder (leider keine kompletten Testreihen), jedoch wollen wir die Chance dennoch nutzen, auf diesem Weg die RED noch gegen weitere S35-Cinekameras zu betrachten:



RED KOMODO 6K -  Das Dynamik-Verhalten des Global Shutters : dynamik s35 cine




Trotz der wenigen Vergleichspunkte würden wir der RED hier nur noch einen Rückstand von ca. einer Blendenstufe gegenüber den besten Modellen im Vergleich attestieren und sie mit der Panasonic EVA1 auf "Augenhöhe" sehen. Das ist für einen Global Shutter schon ein außerordentlich gutes Ergebnis.





Sinn und Unsinn der Dynamik Messung

Doch damit ist noch nicht alles gesagt. Denn gerade beim Pixelpeepen fällt auf, dass die RED eher "cinematisch" rauscht. Dieses Phänomen ist schwer messtechnisch zu erfassen. Aber wenn man schon zahlreiche Kameras vor Augen hatte, lernt man im Laufe der Zeit sehr unterschiedliche Rauschmuster kennen. Und die RED rauscht ähnlich einer ARRI (oder auch wie manche LUMIX-Modelle).



Dieses Rauschen lässt sich am ehesten dadurch charakterisieren, dass die Rauschpartikel tendenziell weniger Chroma-Anteile und etwas schärfere, definierte Kanten haben. Grundsätzlich ist dies oft ein Zeichen dafür, dass die digitale Signalelektronik eher weniger stark in das Geschehen eingreift (und ergo nicht so stark filtert).



"RAW eben", könnte man sagen. Doch dabei muss man wiederum außen vorlassen, dass viele moderne RAW-Dialekte mittlerweile ebenfalls mit integrierter Noise Reduction arbeiten, und dass viele der Vergleichskameras mit externen Recordern streckenweise anders rauschen, als bei der Aufzeichnung mit internen Codecs - unter anderem weil die Non-RAW Codecs ebenfalls noch einmal gerne mit einer zusätzlichen Noise Reduction arbeiten.



Auch die RED KOMODO erlaubt beim RAW-Decoding beispielsweise eine Chroma Noise Reduction, die in diesem Fall für das "cinematische Rauschen" mitverantwortlich ist, weil in diesem optionalen Fall nur chromatisches Rauschen bei der Entwicklung gefiltert wird.



Je weniger jedoch das Rauschen vor der Aufzeichnung reduziert wird, desto effektiver funktionieren Noise Reduction Algorithmen in der Nachbearbeitung. Und deswegen ist es eigentlich grundsätzlich etwas unfair, RAW-Kameras wie die KOMODO ohne eine zusätzliche Noise Reduction mit anderen Non-RAW-Kameras zu vergleichen.



Hierzu mal ein visuelles Beispiel, in dem wir das Testbild der KOMODO bei ETTR-7 in zwei Versionen gegenüber stellen. Einmal (links) direkt aus der Resolve Entwicklung (aber schon mit Chroma Noise Reduction) und daneben (rechts) das gleiche Bild mit anschließender temporaler Noise Reduction in Resolve:



RED KOMODO 6K -  Das Dynamik-Verhalten des Global Shutters : NOISE


Wie man sehen kann, ähnelt das rechte NR-Bild der KOMODO vielen Testbildern von Non-RAW-Kameras in extremeren ETTR-Leveln. Und würde die Kamera im subjektiven Sichttest locker um zusätzliche 1 -2 Dynamikstufen anheben, je nachdem wie aggressiv man die Noise Reduction einstellt. Eine stärkere Noise Reduction resultiert allerdings letztlich in Bildern, die immer unnatürlicher wirken, dafür aber eine hohe Dynamik aufweisen.



Und somit endet dieser Test diesmal als visuelles Lehrstück zur Problematik der Dynamik-Messung. Denn was man bei heutigen Kameras tatsächlich sieht (oder auch misst), ist in erster Linie die Noise Reduction. Dass durch fest implementierte Funktionen wie Highlight Recovery auch in den Lichtern die Dynamik keine vergleichbare, feste Grenze mehr besitzt, macht die Angabe einer Zahl als Dynamikumfang noch problematischer..





Fazit

Es ist erstaunlich, wie gut die RED KOMODO trotz Global Shutter Sensors neben der Rolling Shutter Konkurrenz bestehen kann. Maximal zwei Blendenstufen Verlust gegenüber den besten Vollformat-Modellen (+/- eine halbe Blendenstufe für die Highlight Recovery) attestiert unser visueller Vergleich der RED KOMODO. Für eine Kamera mit Global Shutter ist dies eine erstaunlich gute Einordnung. Zumal sich aufgrund des relativ natürlichen Rauschens in der Postproduktion das Dynamik-Niveau noch mindestens auf andere typische S-35 Cinekameras anheben lässt. In der Praxis sind bei der KOMODO die Dynamik-Abstriche (für die Vorteile eines Global Shutter Sensors) somit deutlich geringer als erwartet.



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