Intel hat eine bewegte und zugleich interessante Vergangenheit bezüglich eigener Grafikkarten-( aka GPU-)Technologie. Auf dem Papier ist Intel nach Stückzahlen sogar Marktführer bei GPUs - sofern man die in den CPUs integrierten GPU-Rechenwerke mitzählt. Denn bei Intel bedeutet fast jede verkaufte CPU auch eine verkaufte integrierte GPU.
Im engeren Sinne sprach man in den letzten Jahren jedoch erst von einer GPU, wenn diese als externe Steckkarte in einem PC relevante Rechenleistung in das System mit einbrachte. CPUs mit relativ leistungsstarker integrierter GPU nennt man dagegen üblicherweise APUs. In diesem Marktsegment bietet allerdings Apple gerade für Videobearbeiter die spannendsten Angebote mit seinen M-Prozessoren.
Was bisher geschah
Auch AMD stach bei APUs in den letzten Jahren sichtbar hervor und kann mit seinen aktuellen Modellen sogar dedizierte Einsteiger GPUs überflüssig machen. Intel ist hier nach längerer Durststrecke seit diesem Jahr wieder konkurrenzfähig, jedoch fehlten im Portfolio der Firma lange Zeit dedizierte Grafikkarten, wie sie AMD und Nvidia zur Beschleunigung von kreativen Anwendungen anbieten.
Vor der Jahrtausendwende (ca. 1998) versuchte Intel mit seiner i740-GPU einen Teil des Grafikkarten-Marktes von 3dfx, AMD/Ati und Nvidia abzunehmen - jedoch ohne Erfolg. Erst seit 2022 versucht Intel nun ein weiteres Mal, sich neben AMD und Nvidia als dritter Player im Markt zu etablieren.
Mit den sogenannten Arc-Grafikprozessoren ist Intel schon ein gewisser Achtungserfolg geglückt. Dennoch gab es seit der Einführung der neuen Arc-Karten immer wieder Treiber-Probleme, die vor allem in der umsatzstarken Gaming-Community Intels Produkte oft nicht konkurrenzfähig aussehen ließen. Mittlerweile ist nach 18 Monaten die Treiberunterstützung schon deutlich besser geworden, jedoch muss Intel nun den schlechten Ruf dieses Fehlstarts korrigieren, um die Nachfrage nach den Karten anzukurbeln.
GPU Geheimtipp?
Das muss prinzipiell kein Nachteil für Interessierte sein. Denn die bislang eher verhaltene Nachfrage spiegelt sich auch in den Preisen der Intel Grafikkarten wider - die aktuell im Vergleich zur Konkurrenz fast verdächtig günstig dastehen.

Ein Blick auf Intels Topmodell A770 zeigt dies besonders deutlich: Sucht man aktuell eine Nvidia-Karte mit 16GB Ram und mit einem 256 Bit Speicherbus, so erhält man ein technisch vergleichbares Modell (RTX 4070 Ti SUPER 16G) aktuell kaum unter 850 Euro. Auch AMD bietet im selben Segment seine günstigste RX 7800 XT erst ab ca. 530 Euro an. Dagegen finden sich 16 GB-Grafikkarten mit Intels Arc A770 Chips bereits ab 340 Euro in den Regalen - was schon einen nicht unerheblichen Preisunterschied darstellt. Ob sich eine Intel-Arc-Karte für die eigenen Belange eignet, hängt jedoch in erster Linie davon ab, wie gut sie von den eigenen Applikationen unterstützt wird.
GPU-Benchmarks zu Spielen finden sich haufenweise im Netz, jedoch sind Benchmarks zur Videobearbeitung eher Mangelware. Was wir hiermit ändern wollen. Wir haben ja in der Vergangenheit immer sporadisch GPU-Tests unter Blackmagic DaVinci Resolve veröffentlicht und wollen dies in Zukunft auch wieder häufiger angehen.
Die Intel Arc770 kann ihre 16GB RAM über 256Bit Speicherbus übrigens mit ca. 560GB/s nutzen. Die schnellsten und teuersten Karten schaffen heutzutage maximal das Doppelte. In der Preisklasse unter 400 Euro erreichen aktuelle Modelle der Konkurrenz jedoch nur deutlich weniger Speicherdurchsatz. Und gerade dieser ist oft das Nadelöhr für aufwändige GPU-Videoeffekte. Allerdings: Grau ist alle Theorie. Schafft Intel es also, diese "Specs" im RAW-Decoding umzusetzen?
RAW Speed Test - Intel Arc770
Die einzelnen Werte des Blackmagic RAW Speed Tests sind für sich ist erstmal nicht selbsterklärend:

Mit Hilfe unserer sehr lose gepflegten Vergleichstabelle lässt sich Intels Karte jedoch bereits grob einordnen:
Trotz relativ schnellem Speicherinterface liefert die Intel-GPU eher unaufällige Ergebnisse im Blackmagic RAW Speed Test ab. So ist die Karte zwar ungefähr 50 Prozent schneller als der kleinste Apple M3 Mac (mit ca. 100GB/s Speicherdurchsatz), aber landet noch deutlich hinter den meisten Desktop GPUs von Nvidia der vorletzten Generation und agiert letztlich auf Augenhöhe mit einer Desktop GTX 1080 oder Laptop RTX 3070.
Diese Werte erhöhen natürlich die Spannung, wie sich die neuen Macs in unserem Standard-GPU-Test unter Resolve schlagen...
Benchmarks in Resolve 8K - Intel Arc 770
In unseren typischen Resolve Messungen zeigen seit geraumer Zeit nur noch die 8K-Messungen interessante Ergebnisse, da der 4K-Benchmark seit über einem Jahr keine großen Herausforderungen mehr für schnelle, aktuelle PCs und Laptops bietet. Daher messen wir nur noch ausschließlich in 8K, was selbst potente Rechner noch einigermaßen zu fordern versteht:
Workstation 8K Benchmark, Resolve 17 /18 | ||||||
MODELL | 50 Curved CC Nodes 24p | Motion Blur Better,Large,30.0 | Spatial NR, small, 50,50 | Spatial NR, large,100,100 | Temp NR 1 faster small 50 50 50 | Temp NR 2 better large 50 50 50 |
iPad Pro M2 | 8,5 | 3,5 | 2,5 | 0,5 | 5,5 | 2,5 |
iMac M3 24GB | 6,5 | 3,5 | 5,75 | 1,5 | 4,5 | 2,5 |
MacBook M1 Pro | 11,5 | 6 | 3,5 | 1 | 9 | 4,5 |
Lenovo Legion Y540 17IRH RTX 2060 | 4 | 8 | 7,5 | 2,5 | 10,5 | 4,5 |
Lenovo Yoga 9i mobile RTX 4070 | 7,25 | 8,5 | 13,25 | 4 | 12,5 | 6,5 |
MSI Z17 RTX 3070 Ti | 6,5 | 11 | 15,5 | 4,5 | 15,5 | 8,5 |
Desktop Intel Arc 770 | 10,25 | 8,5 | 20,5 | 6,5 | 13,5 | 6,5 |
Desktop RTX 2080 Ti | 10,5 | 13 | 21 | 6,5 | 17 | 10 |
MacBook Pro M1 Max 32GB (Messung 2023) | 23 | 12 | 21,5 | 6,25 | 18 | 9,75 |
MacBook Pro 2023 M2 Max | 24 | 14,5 | 8,5 | 2,25 | 20,5 | 11,5 |
MacBook Pro 2023 M3 Max 128GB | 24 | 13,25 | 24 | 6,5 | 19,5 | 10,5 |
Alle Benchmarks unter Version 17.4-/18.x von DaVinci Resolve Studio. Alle Spalten beschreiben die Wiedergabe in fps. Die Messungen wurden ohne aktive Scopes sowie ohne eine aktive Vorschaukarte ermittelt. |
Je nach betrachteter Funktion bewegt sich die Arc 770 hier auf Augenhöhe mit einer mobilen RTX 3070 Ti und unserer ehemaligen Desktop-Referenz RTX 2080 Ti. In Apple-M(ac)-Power gesprochen, platziert sich die Intel GPU zwischen den Pro- und den Max-Versionen der aktuellen M-Prozessoren. Das kann sich doch grundsätzlich sehen lassen...
Sonstiges
Die Arc GPUs von Intel bieten zudem eine Besonderheit, die man ansonsten auf der PC-Plattform nicht findet: So besitzen sie Hardware-Decoder für beschleunigtes 10 Bit 4:2:2-Decoding, was man bei Nvidia und AMD bis heute vergeblich sucht. Da dieses Format gerade bei vielen DSLMs und fast allen (semi)professionellen Kameras besonders gerne im Zusammenspiel mit Log genutzt wird, können solche Hardware-Decoder die flüssige Wiedergabe auf der Timeline ermöglichen.

Bei unserem Test funktionierte dies auch grundsätzlich unter Resolve, allerdings kam es im Vorschaumonitor während der Wiedergabe dabei gelegentlich zu falsch gerenderten Frames. Das ist zwar kein Beinbruch, aber dennoch störend. Was die Ursache für diese Glitches war, ließ sich bisher nicht klären. Bei stehendem Playhead waren zudem alle decodierten Bilder immer korrekt. Auch gönnte sich die Karte ab und zu gelegentliche "Denkpausen" bevor Icons oder Miniatur-Vorschau Ansichten bereitgestellt wurden. Auffällige Abstürze haben wir dagegen keine erlebt.
Fazit
Tatsächlich macht Intel aktuell in der Preisklasse der Arc 770 den Videobearbeitern ein preislich interessantes Angebot. Wer einen sehr günstigen Resolve-Rechner zusammenstellen oder erweitern will, kann hier mit wenigen Kompromissen zu relativ guter Resolve Performance unter Windows gelangen. Allerdings liegt diese GPU zugleich in einem Preisbereich, der für viele Anwender wahrscheinlich eher uninteressant ist.
Denn wer wirklich "billig" sucht, findet ähnliche Leistung zu Hauf auf dem Gebrauchtmarkt noch einmal deutlich günstiger. Und für eher anspruchslose Resolve-Anwender dürfte heutzutage in der Regel sogar schon der kleinste Mac Mini M2 völlig ausreichen, den man bereits als "schnittfertigen" Komplettrechner für 600 Euro erstehen kann.
Wenn dagegen bei der emsigen Videoproduktion üppige Performance gefragt ist, sucht man hierfür in der Regel noch potentere Grafikkarten - um unter Resolve zahlreiche Effekte in Echtzeit nutzen zu können. Solche GPUs ab ca. 1.000 Euro bietet Intel allerdings (noch?) gar nicht an. Intel entwickelt zwar an einem Nachfolgemodell, jedoch dürfte dies frühestens zum Jahreswechsel auf den Markt kommen, wahrscheinlich sogar erst im nächsten Jahr.