Das Jahr 2019 fühlte sich im Videoschnittbereich stark nach Entschleunigung an, aber im positiven Sinn. Schnitt- und Compositing Hardware ist für viele Projekte derart leistungsfähig und gleichzeitig preiswert geworden, dass mittlerweile nahezu jedermann ohne allzu große Investitionen 4K Projekte in Echtzeit stemmen kann.
CPUs - AMD bewegt die Märkte
Maßgeblich daran beteiligt war sicherlich AMDs Erfolg endlich wieder konkurrenzfähige CPU-Modelle liefern zu können. Dadurch kam seit gefühlten 10 Jahren endlich mal wieder Bewegung in das PC-Preisgefüge, weshalb es nun schnelle 8 Core-Prozessoren zu erfreulichen Mainstream Preisen zu erstehen gibt.
Wer nicht sonderlich effektlastig in 4K arbeitet oder bereits 8K Projekte stemmen will, dürfte einen solchen 8-Core Desktop-Prozessor - egal ob von Intel oder AMD - nur selten auslasten können. Und wer mit After Effects oder anderen CPU-Kern-süchtigen Compositing- oder 3D-Modelling-Programmen arbeitet bekommt seit diesem Jahr von AMD wahre Prozessor-Monster (Threadripper/Ryzen und EPYC) zu fairen Preisen angeboten, die man vor zwei Jahren nur für sehr viel mehr Geld oder sogar noch überhaupt nicht kaufen bekam.

Dies hat in diesem Jahr auch zum ersten mal dazu geführt, dass Intel reagieren musste und die Preise seiner CPUs nach jahrelangen Preissteigerungen im Workstation Segment (HEDT) faktisch halbiert hat. Die endlich wieder erstarkte Konkurrenz bringt somit auch wirkliche Vorteile für den Endkunden. Danke vor allem dafür, AMD!
GPUs - Mehr als genug Leistung?
Für die Effekte in der Videobearbeitung sind jedoch mittlerweile GPUs (also Grafikkarten) weitaus relevanter. Zwar schaffte es hier AMD nicht so deutlich dem Marktführer nVidia etwas entgegenzusetzen, doch gerade fürs GPU-Computing hatte AMD auch hier ein paar preislich sehr interessante Produkte als Alternativen zu bieten.
Die Anfang des Jahres ausgelieferte Radeon VII kann interessanterweise gerade bei der Video-Effektberechnung mit Nvidias Topmodell RTX 2080 Ti mithalten, kostet aber deutlich weniger (ca. 600 vs. 1.000 Euro).

Allerdings wird die AMD Radeon VII - die mit außerordentlich schnellem und üppigem Speicher (16 GB, 1TB/s Datendurchsatz) ausgestattet ist- schon gar nicht mehr produziert sondern nur noch abverkauft. Interessenten sollten sich ranhalten oder noch das Frühjahr 2020 abwarten, wo bereits ein würdiger Nachfolger von AMD erwartet wird. Nvidia soll dagegen erst frühestens Mitte 2020 mit neuen Modellen auf den Markt kommen wollen.
Ganz abgesehen davon sind selbst Radeon VII und GTX2080 Ti für die meisten Anwendungsfälle in der Videobearbeitung overkill. Wir waren beispielsweise enorm überrascht, wie flüssig bereits eine mobile Nvidia GTX 1660 Ti Max unter Resolve agiert.
Wer günstig Videos mit schneller GPU-Speicheranbindung (>300 GB/s) bearbeiten will, muss Ende 2019 daher kaum mehr als 230 Euro für eine GTX 1660 Super auf den Tisch legen. Interessant ist auch, dass sich die sehr rechenstarke AMD Vega 56 mittlerweile immer wieder für ca. 260 Euro im Abverkauf findet.
Speicherpreise - Talsohle erreicht?
Auch beim Speicher hat sich 2019 einiges getan. Sowohl für SSDs als auch für RAM fielen die Preise seit Jahren endlich einmal wieder deutlich. Zum Jahresende sieht es nun jedoch stark danach aus, dass wir uns bereits in einer Talsohle befinden. Zumindest scheint der rasante Preisverfall erst einmal gestoppt. Ob die Preise jedoch schon bald wieder stark anziehen dürfte stark davon abhängen, wie sich sich Weltwirtschaft im nächsten Jahr entwickelt. Aktuell sind die Prognosen hierzu ja sehr widersprüchlich.
Software
Aus der Software-Ecke gab es in diesem Jahr ebenfalls wenig revolutionäres zu berichten. Auffällig war weiterhin, mit welch rasanter Geschwindigkeit die Entwicklung von Blackmagic DaVinci Resolve voranschreitet. Ganz im Gegensatz zu Adobe, deren Videoprodukte in diesem Jahr kaum neue Funktionen dazugewonnen haben. Auch die anderen noch aktiven Schnittprogramme und Compositing Systeme boten dieses Jahr wenig neues.
Allerdings stehen bereits neue Technologien vor der Tür in die viele Hersteller gerade mächtig investieren. Damit meinen wir in erster Linie kommende Funktionen, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basieren. Diese werden nicht nur die erforderlichen GPU-Kapazitäten in die Höhe treiben, sondern auch die Funktionsweise von Schnittprogrammen auf noch unvorhersehbare Weise verändern! Erste KI-Funktionen haben wir bereits in diesem Jahr sehen können, jedoch dürfte dies wirklich erst der Anfang sein.
Der aktuell gefühlte Stillstand ist in unseren Augen daher nur eine Ruhe vor dem Sturm. Das Jahr 2020 dürfte deutlich pragmatischere Features aus der KI-Stealth-Entwicklung vieler Hersteller ans Licht bringen. Aber das ist eigentlich schon ein anderes Thema…