Digitaltechnik machts möglich – und komfortabel

Es heißt ja generell, Dank der Digitaltechnik könnte diesmal der Durchbruch für 3D gelingen, weil es sovieles einfacher macht.



Die Digitaltechnik macht es einfacher, aber sie macht es auch präziser, und sie macht es auch vom Betrachtungserlebnis her angenehmer. Ich denke, was in den 50er-60er Jahen den 3D-Boom zum Versiegen gebracht hat, waren letztlich Mängel in der Technik. Mit zwei 35mm-Projektoren hat man Probleme im Bildstand, und auch die Kontrolle am Drehort war nicht in der Weise möglich wie heute, etwa mit 3D-Displays und Assistenzsystemen wie Stan, der Stereoscopic Analyzer, den wir gemeinsam mit dem Fraunhofer Heinrich-Hertz Institut entwickelt haben, um am Drehort die Kameras perfekt zu kalibrieren und einzustellen. Denn man braucht für einen guten 3D-Eindruck auf der technischen Seite zwei Bilder, die sich möglichst wenig von ihren Farb- und Helligkeitswerten und von ihren Geometrien unterschieden. Genau das ist heute mit der Digitaltechnik möglich, und deshalb haben wir jetzt unter dem Aspekt der angenehmen 3D-Betrachtung wirklich einen guten Stand erreicht, sodaß der Zuschauer nicht abgeschreckt wird oder Kopfschmerzen bekommt. Jetzt kann man sich darum kümmern, neben der reinen technischen Beherrschung dieses Themas auch die dramaturgischen Möglichkeiten, die 3D bietet, weiterzuentwickeln, und wirklich als Stilmittel einzusetzen für Storytelling, für die emotionale Einbindung des Publikums in eine Szene.



Aber es gibt ja viele Faktoren, die man meistern muß, wenn man gutes 3D aufnehmen möchte. Man muß die Brennweite festlegen, genau wissen wie die Objekte im Raum gestaffelt sind, wie weit der Abstand ist, der abgedeckt werden muß -- da ist es doch wichtig, daß man alles richtig macht, oder?



Ja, das ist der Unterschied zu einer 2D-Produktion. Wenn Sie die falsch belichten, tut es nicht unbedingt weh -- es ist zwar nicht schön anzusehen, aber das 2D-Bild wirkt nicht so direkt auf unser Sehsystem und die Augenmuskeln, die überanstrengt werden beim schlechten 3D-Bild. Man kann das aber schon ein bißchen mit Belichtung vergleichen. Man hat da auch einen gewissen Spielraum, in dem man durch Belichtung ein Bild gestalten kann. Es gibt den korrekt-technisch errechneten Blendenwert, aber jeder Kameramann wird von dem etwas abweichen, je nachdem welche kreative Idee dahintersteckt. Ähnlich ist es beim 3D-Bild. Man kann das technisch perfekt einstellen und dann wird man es je nach der gewünschten Tiefenwirkung vielleicht in der einen oder anderen Weise von den Einstellungen her verändern.



Es gibt ja zwei Faktoren, die entscheidend sind bei der Aufnahme, einmal die Stereobasis, also der Abstand zwischen den Kameras, und die Konvergenz. Die Stereobasis beeinfusst dabei die Stärke des 3D-Effekts, also wie weit sich die Objekte im Raum staffeln, richtig?



Ja, aber insgesamt muß man das Zusammenspiel aus den Faktoren Stereobasis, Brennweite, Abstand des nächsten Objekts zum Betrachter, Abstand des entferntesten Objekts zum Betrachter, Leinwandgröße und Betrachtungsabstand im Kino berücksichtigen. Das alles ist in Algorithmen zusammengefaßt. Es ist die Aufgabe des Stereographers die Werte so zu berechnen, daß sie dann in der geplanten Wiedergabesituation funktionieren, aber auch Toleranzen einzubauen, sodaß ein Film der für eine große Leinwand konzipiert wurde, auch auf einem Display noch funktioniert, oder umgekehrt.



Nichts ist schneller versaut als ein stereoskopisches Bild : workshop



Kann man denn so produzieren, daß es auf beiden Größen gezeigt werden kann?



Man kann sicherlich so drehen, man orientiert sich dann an der größeren Leinwand und nimmt in Kauf, daß auf der kleineren Leinwand beziehungsweise am Display der 3D-Eindruck etwas schwächer ist. Wenn man es umgekehrt macht, würde man auf der großen Leinwand das 3D überziehen und hätte dann ein Problem mit der Wahrnehmung. Umgekehrt ist es eher tolerierbar. Ich glaube, auch große Filme wie die Blockbuster werden für Bluray und DVD nicht nochmal produziert. Wobei wir jetzt gerade im Rahmen von Forschungsprojekten auf europäischer Ebene (3D4YOU und MUSCADE) Formate entwickeln, die es ermöglichen, hinterher am Display genau diesen Tiefeneindruck am Fernsehgerät selbst einzustellen, genau wie jetzt Kontrast und Helligkeit. Auch im deutschen Forschungsprojekt Prime, gefördert vom Bundeswirtschaftministerium, arbeitet das Fraunhofer Institut gemeinsam mit Loewe an Justiermöglichkeiten für die Tiefe bei der Betrachtung im Wohnzimmer, damit man genau diese Diskrepanz zwischen den Parametern für die große Leinwand und dem kleineren Display ausgleichen kann.





Es gibt ja jetzt auch schon diese Fernseher, die automatisch einen 2D-Film in 3D ausgeben, aber das funktioniert noch nicht sehr gut...



Wird auch nicht wirklich funktionieren, das ist eine reine, fragwürdige Brückentechnologie, entstanden aus dem Zwang der Displayhersteller, die Geräte verkaufen wollen, für die es noch nicht genug Content gibt -- keiner ist damit glücklich. Ich sehe eine große Gefahr darin, weil der Konsument eher abgeschreckt wird von der mangelhaften Qualität. Sie kann auch nur mangelhaft sein, denn die Algorithmen, mit denen da gerechnet wird, sind sehr simpel. Das ist vergleichbar mit wenn sie ein Schwarz-weiß-Bild automatisch in Farbe umrechnen wollen. Da können sie auch nur sagen: oben ist meistens der Himmel, also mach ich oben blau rein, unten ist vielleicht eine Wiese, da setz ich dann grün ein.



Das einzige was zuverlässig Inhalte für die neuen Displays liefert wären dann Computerspiele.



Ja, mit den Computerspielen hat man ein sehr breites Content-Angebot, und man hat da auch Technologien, die ein gutes 3D generieren. Wobei man prinzipiell die Problematik hat, daß viele Texturen rein flächig in 2D gestaltet sind. Wenn bei einem Rennspiel das Publikum am Rand der Strecke steht als flache 2D-Textur, entlarvt sich das sofort in einer dreidimensionalen Darstellung. Also müssen auch die Game-Entwickler nachrüsten, und Objekte im Spiel auch räumlich gestalten. Generell aber hat man dort ein großes Reservoir an 3D-Content, auch wenn auf allen Ebenen hektisch daran gearbeitet wird, um mehr Content zu produzieren.


Ich denke, 3D-Live wird ein großes Thema, da kann man relativ schnell an Content kommen, etwa Sportübertragungen, oder was wir gerade vorbereiten: die Fantastischen Vier geben am 28. September ein Sonderkonzert in Halle, das in 3D live in annähernd hundert Kinos übertragen wird. Das wird eine Weltpremiere, aber es gibt noch weitere Konzepte in Richung alternativer Content für die Kinos. Da ist 3D eine treibende Kraft, weil das Kino einen ganz neues Business-Case bekommt.



Dreharbeiten zum 24h Rennen am Nürburgring
Dreharbeiten zum 24h Rennen am Nürburgring



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