Frage von campool:Hallo Forum,
seit 2007 verfolge ich an jedem ersten Januar mit großer Freude das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker aus dem Wiener Musikverein.
Und seitdem mir auch die technische Umsetzung bekannt ist, bin ich immer wieder neu überrascht vom Aufwand, der hinter dieser Wahnsinns-Produktion steckt.
Im letzten Jahr waren es die außergewöhnlichen Bilder der HDC-1500 auf dem "Filou", 2012 die der Deckenkamera, die mir den einen oder anderen Highlightmoment bescherten.
Eins aber fiel mir auf: Mein allererster Grundsatz bei der Liveregie "Nicht hart in Schwenks und Zoomfahrten schneiden", schien mehr als einmal außer Kraft gesetzt: Nicht immer lösten sich die Fahrten so sauber auf, wie sie begonnen hatten.
Das ist nun sicherlich Jammern auf allerhöchstem Niveau, denn die Messlatte des diesjährigen Konzertes lag vom Übertragungsaufwand her höher als je zuvor; dennoch interessiert mich, ob diese Art zu schneiden eher als kunstvoll oder technisch notwendig zu verstehen ist.
Schließlich konnte ich dieses Mittel bei den Konzertübertragungen unter Regisseur Brian Large nicht so offensichtlich entdecken.
Insgesamt schien die Sendung noch totalenlastiger zu sein als sonst, was mir sehr gefiel. Nur kamen die offenen Fahrten meines Erachtens zu oft zu keinem richtigen Abschluss; Einige Stücke erschienen mir dadurch zu hektisch.
Michael Beyers Bilder aus dem Schloss Belvedere schienen bedachter gewählt zu sein - obwohl für die Bildauswahl aus dem Musikverein für Bildregisseurin Karina Fibich ja in der Vorbereitung wesentlich mehr Zeit zur Verfügung stand.
Bin ich nun allein da mit meiner Entdeckung?
Vielleicht kann mich ja jemand von euch aus meiner kleinen Glaubenskrise erlösen ;-)
Meiner Meinung nach war es trotzdem das Schönste aller Wiener Neujahrskonzerte bisher. Sicherlich eine großartige Leistung des gesamten Teams!
Mit den besten Wünschen zum neuen Jahr,
Tim
Antwort von K.-D. Schmidt:
Schnitt in Schwenks und Zoomfahrten ist doch mittlerweile allenthalben zu beobachten, egal ob Konzert, Dokumentation oder Krimi.
Wenn Lieschen Filmer das macht, ist es schlecht. Wenn die sogenannten Profis das machen, ist es eben "professionell".
Gruß
KDS
Antwort von nicecam:
Habe das Konzert nicht gesehen.
...Liveregie "Nicht hart in Schwenks und Zoomfahrten schneiden"...
Ist das immer live? Denn viele Weihnachts- und Silversterkonzerte werden ja auch wohl vorher aufgezeichnet.
Unsaubere Schwenks und Zoomfahrten sind für mich dann tabu, wenn sie beim Betrachter ein Gefühl des "Nichtkönnens" auslösen. Die gehen allerdings die Meinungen dann wieder auseinander. Deshalb mag diese Einschätzung erstmal für mich gelten. Ich müsste, wenn ich mit dir übereinstimmen sollte, das Konzert also auch gesehen haben und zur selben Einschätzung wie du gekommen sein.
Nur durch deinen Post und späterer Sichtung des Konzertes wäre ich schon voreingenommen.
Wahrscheinlich ist alles erlaubt.
Ich meine mich zu erinnern, dass hier im Forum
ruessel vehement die Meinung vertrat, HD erfordere zwingend ein Stativ. Und
pilskopf oder war's
PowerMac hielten dagegen.
Es mag auch so sein, dass bspw.
Rolf Zacher eine Wackelkamera erfordert. Bei Angela Merkel wäre es ein No-go.
Generell bin ich der Meinung, bei Aufzeichnungen - da ja eine Nachbearbeitung möglich ist - sind die von dir genannten Unsauberkeiten tabu. Bei einer Liveproduktion aber auch. Es kommt eben auf die Qualitäten des Bildregisseurs an.
Bei der Sendung: Der große Deutschtest 2006 mit Hape Kerkeling war sogar zu sehen, dass die letzten paar Minuten der
Aufzeichnung doppelt aneinandergeschnitten waren.
Das ist dann aber wirklich ein No-go
Antwort von Tiefflieger:
Als Amateur und Zuschauer empfiinde folgendes:
Was ich als störend empfinde, wenn Kameras vor der Bühne sind.
ev. sogar durch die "Kulisse" zwischen den Musiker durchlaufen.
Manchmal kommen sich die Kameras sogar gegenseitig ins Gehege (filmen sich gegenseitig).
Ich bevorzuge die Zuschauerposition mehrere Perspektiven.
Ein Opernglas hat 2x-3x Vergrösserung.
Ohne Stativ bei "schweren" Kameras ist ein NoGo, ebenso bei Reportagen ohne genügendes OIS (Schulterkamera).
Wenn die Zuschauer bei Pop-Konzerten/Aufführungen Staffage sind, ist scheinbar alles auf/vor der Bühne erlaubt.
Privat
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Privat habe ich vor/nach jedem Schwenk ca. 1s und mehr Stillstand, damit man sich orientieren kann.
Zoomen während der Aufnahme kommt praktisch nie vor, ausser es ist spannend (Ton) und ich habe nur eine Kamera.
Da ich bewusst aufnehme (Lage) und der Bildstabilisator gut ist, sowie ein Gitternettz eingeblendet ist, brauche ich kein Stativ. (habe kein Zittern oder Geschaukle, selbst bei Schwenks -> Übungsache)
Grenzwertig ist laufen mit der Kamera, da braucht es ein Schwebestativ (kommt bei mir praktisch nicht vor, höchstens ein Schritt seitlich zum Positionswechsel).
Gruss Tiefflieger
Antwort von domain:
Diese ständig herumsausenden Kameras sind ja m.E. die Antwort auf die vorläufig noch fehlenden 3D-Fähigkeiten des Fernsehens. Immerhin bekommt man durch die Bewegung einen guten räumlichen Eindruck und von echtem 3D im Wohnzimmer ist ohnehin nicht mehr viel zu lesen.
Aber wirklich entscheidend ist das alles nicht. Man denke nur an den in Konkurs gegangenen Vorreiter der bewegten Kamera Georg Riha. Zuerst operierte er mit Fesselballons und mit der Cat-Cam. Man denke nur an die unglaublich guten Universum-Dokus vom Stephansdom, von Belvedere und den Plitvicer-Seen.
Dann kam aber schon die Spidercam auf, welche an vier Seilen hängt und computergesteuerte Bewegungen in drei Dimensionen durchführen kann.
Gleichzeitig aber begannen doch ausladende riesige Kamerakräne die dominate Rolle zu spielen und für uns Amateure blieben immerhin die 1m-Slider übrig mit dem Nachteil, dass sich irgend etwas in der Nähe befinden muss, damit man den Effekt überhaupt bemerkt.
Antwort von klangbild:
Servus campool,
wie/wo erhalte ich Infos über den technischen Aufeand, der beim Neujahrskonzert des ORF (wurde in 73 Länder übertragen) betrieben wurde?
VG
klangbild
Antwort von campool:
Hallo klangbild!
live-production.tv informiert unter dem Reiter "case studies" regelmäßig über viele große Produktionen.
Außerdem gibt es ein Verzeichnis von weltweiten Ü-Wagen und deren Technik.
Hier der Link zum Neujahrskonzert 2011:
http://www.live-production.tv/news/cult ... -2011.html
...und 2012:
http://www.live-production.tv/news/cult ... -2012.html
Viele Grüße,
Tim