Test Sony Vegas Pro 9

Sony Vegas Pro 9

Mit Vegas 9 hat Sony scheinbar nicht gerade revolutionäre Neuigkeiten in das Update gepackt. Doch gerade die kleinen Änderungen haben es diesmal in sich, und machen das Programm runder denn je. Wir waren auf jeden Fall positiv überrascht...

// 12:32 Mi, 17. Jun 2009von

Mit Vegas 9 hat Sony scheinbar nicht gerade revolutionäre Neuigkeiten in das Update gepackt. Doch gerade die kleinen Änderungen haben es diesmal in sich, und machen das Programm runder denn je. Wir waren auf jeden Fall positiv überrascht...





Wer sich noch schwach an die erste Version von Vegas Video vor knapp 10 (!) Jahren erinnert, fragt sich eigentlich unwillkürlich, was sich groß verändert hat? Die Oberfläche ist jetzt etwas dunkler, aber die grundlegenden Elemente scheinen seit jeher gleich geblieben zu sein.



Die neue Oberfläche von Vegas ist etwas dunkler gehalten, bietet aber nach wie vor eine Fülle an Funktionen.
Die neue Oberfläche von Vegas ist etwas dunkler gehalten, bietet aber nach wie vor eine Fülle an Funktionen.


Schaut man in die Menüs, sieht man sehr wohl zahlreiche Spezial-Fenster, die im Laufe der Jahre dazugekommen sind und das Cutter-Leben deutlich erleichtern. Aber dennoch blieb die Oberfläche in dieser grundsätzlichen Form über die Jahre erhalten, was Stärke und Schwäche zugleich ist. Stärke, weil sich bestehende Anwender niemals mit einer neuen Bedienung anfreunden mussten. Und Schwäche, weil die Oberfläche aus einem typischen Audio-Editor hervorgegangen ist. (Vegas war ursprünglich ein Audio-Mutitracker ohne Videofunktionen).





Flexibilität hat ihren Preis

Daher fühlen sich Video-Editoren nach einem Umstieg nicht gleich heimisch, sondern müssen umdenken: Audio- und Videospuren sind beispielsweise nicht räumlich getrennt, was gerade bei der Nachvertonung einen großen Flexibilitäts-Vorteil bedeuten kann. Auch das (Audio-)Konzept des Routings wurde komplett auf den Videobereich erweitert. So lassen sich Effekte nicht nur auf einzelne Clips sondern auch auf Tracks oder sogar auf den Master-Output legen. Gekoppelt mit den Nesting-Funktionen der Timeline, ergeben sich hier Möglichkeiten, die man in anderen Schnittprogrammen schlichtweg nicht findet. Da Vegas auch den vollen 32-Bit-Float Farbraum beim Schnitt nutzen kann, bedeutet die Verschachtelung in Subclips und Projekte auch nicht zwingend einen Qualitätsverlust. Wer beispielsweise einen Subclip so weit aufhellt, dass in den Höhen keine Zeichnung mehr vorhanden ist, kann diese Zeichnung dennoch wieder gewinnen, wenn er in einem darüber gelegten Effekt die Helligkeit wieder etwas zurück nimmt. Bei 8 Bit-Programmen gehen diese geclippten Bereiche dagegen verloren.



Beim Workflow wurde dabei mitgedacht: Da der 32 Bit-Modus eine Menge Performance kostet, schneiden viele Anwender erst einmal in 8 Bit und rendern dann das fertige Projekt über Nacht in 32 Bit. Dabei kam es in der letzten Version noch gelegentlich zu Farb- und Kontrastdifferenzen, die ein neuer, zusätzlicher 32-Bit Modus nun eliminiert, indem er der Float-Farbraum an den Videofarbraum anpasst. Zusammen mit den ebenfalls auffallend potenten Compositing-Eigenschaften (u.a. Überlagerungsfunktionen und Bezier-Masken mit Keyframes) eignet sich Vegas damit auch als erstes Programm unter 1000 Euro zum Color-Grading ohne Kompromisse. Naja zumindest fast, denn die Interaktivität leidet natürlich aufgrund des enormen Rechenaufwandes entsprechend. Außerdem wäre für die sekundäre Farbkorrektur auch noch ein Motion Tracker wünschenswert.



Vegas unterstützt sogar animierte Bezier-Masken - Eigentlich eine Domäne ausgewachsener Compositing-Programme.
Vegas unterstützt sogar animierte Bezier-Masken - Eigentlich eine Domäne ausgewachsener Compositing-Programme.





Trimmen und EditingEbenfalls typisch für Audio-Programme: Die Steuerung des Schnitts erfolgt am besten über die numerischen Tastatur, deren Nummerblock fast vollständig fürs Trimmen belegt ist. 7 und 9 für Clip links/rechts, 4 und 6 für +- 5 Frames, 1 und 3 für +-1 Frame und 0 für Schnittvorschau. Da das Trimmen hierbei direkt in der Timeline erfolgt, geht diese Arbeitsweise sehr schnell. Sogar zweiseitiges Trimmen ist möglich, (wenn man Strg + Alt Taste gleichzeitig gedrückt hält). Endlich sieht man dabei Ein- und Ausstiegsbild jetzt auch verkleinert aber im richtigen Seitenverhältnis in der Vorschau. Es gibt jedoch nach wie vor auch ein spezielles Trimmer-Fenster, von dem sogar separate Audiostreams eines Clips direkt in die Timeline eingefügt werden können. Das „normale“ JKL-Editing lässt sich ebenfalls bequem über die Tastatur bewerkstelligen. Auf jeden Fall sollte sich jeder Vegas-Cutter intensiv mit den vorhandenen Tastaur-Kürzeln befassen, um die mächtigen Schnitt-Möglichkeiten des Programms auch effizient ausschöpfen zu können.



Endlich werden bei Trimmen die Vorschaubilder seitenkorrekt angezeigt.
Endlich werden bei Trimmen die Vorschaubilder seitenkorrekt angezeigt.




Audio

Aufgrund seiner Herkunft befriedigt Vegas die höchsten Ansprüche professioneller Soundtüftler. So kann das Programm intern mit bis zu 24 Bit und 192 Khz Samplingrate rechnen. Die mitgelieferten Audio-Effekte decken bereits ein breites Spektrum gebräuchlicher Filter ab, zusätzlich lassen sich beliebige Audio-DirectX- oder VST-Plugins in Echtzeit beim Editing einsetzen. Damit ist es nur in seltenen Fällen notwendig Vegas zur Nachtvertonung für einen speziellen Audio-Editor zu verlassen. Wer will, kann dennoch einen externen Editor bequem in das Programm einbinden. Ebenfalls einzigartig in einem Videoprogramm: Man kann die Phasenlage jeder einzelnen Spur ändern. Wer beispielsweise eine Szene mit mehreren Mikrofonen aufgenommen hat, kann hiermit wirkungsvoll die berüchtigten Phasenauslöschungen umgehen.


Die neue Version kann dazu endlich separate Audio-Dateien samplegenau bearbeiten, ohne dass man hierfür die gesamte Videoframe-Synchonisation der Timeline deaktivieren muss. Außerdem wurde die Auflösungs-Darstellung der Audio-Wellenformen präzisiert und beschleunigt.





Neue Formate

Echte 4K-Projekte stellen neuerdings für Vegas auch kein Problem mehr dar, da die maximale Auflösung nun auf 4096x4096 Pixel erhöht wurde. Bemerkenswert ist dabei die native File-Format-Unterstützung der RED ONE Kamera (.r3d-Files), weil RED ja eigentlich ein direkter Konkurrent zu Sonys Profi-Camcorder-Sparte ist. Da Sony Professional selbst jedoch keine bezahlbaren 4K-Kameras anbietet, wird die Unterstützung offensichtlich weniger „brisant“ gesehen als Panasonics Profiformate. Denn mit DVCPRO(HD) und AVC-Intra versteht sich Vegas weiterhin nicht. Es gibt zwar entsprechende DirectShow-Codecs von Drittanbietern, jedoch wollte es uns auf die schnelle nicht gelingen Material der neuen HPX300 mittels kostenloser Tools zu importieren. Kommerzielle Lösungen haben wir allerdings noch nicht ausprobiert.



Beim Import von unterstützten Formaten hilft der neue Device Explorer. Mit ihm kann man bequem den Verzeichnis-Inhalt von Sony XDCAM-EX-Geräten sowie AVCHD-Kameras anzeigen und einzelne Clips direkt importieren. Bei XDCAM-EX ist also nicht mehr der Umweg über ClipBrowser/MXF-Export notwendig.



Über den Device-Explorer lässt sich bequem Material von AVCHD und XDCAM-EX-Geräten importierten.
Über den Device-Explorer lässt sich bequem Material von AVCHD und XDCAM-EX-Geräten importierten.




Mit einem Achtkern-Rechner und einer kompatiblen HD-SDI-Karte (derzeit nur von AJA) kann Vegas sogar HD-SDI-Streams „on the fly“ in XDCAM HD422 kompatible MXF-Dateien konvertieren. Sicherlich für viele Profis ein nicht unerhebliches Feature. Und das beste: Da die Datenrate für XDCAM HD422 ja laut Spezifikation bei maximal 50 Mbit/s liegt, ist nicht mal ein dezidiertes RAID-System nötig. Wer nun allerdings denkt, dass sich hiermit XDCAM HD422 als hochwertiger Intermediate Codec nutzen lassen könnte, stößt auf Probleme. Denn der installierte Codec ließ sich nicht mit anderen Programmen ansprechen. Ein MXF-Import in After Effects schlug beispielsweise fehl.



Gerade wer Vegas im Zusammenspiel mit externen Compositing oder 3D-Programmen einsetzt, freut sich dafür besonders über den neu hinzugekommenen Import und Export von Bildsequenzen im DPX und OpenEXR-Standard. Einzelne Bilder dürfen beim Import sogar Gigapixel-Auflösung besitzen und können anschließend mittels Pan/Scan- und Crop-Techniken entsprechend skaliert und beschnitten werden.





Saubere Berechnungen

Bei Vegas ging Qualität schon immer über Performance. Egal, ob man seinen Video-Normpegel auf RGB16-235 legen will, zwischen diversen Videofarbräumen wechselt oder dass die Aspect-Ratio bis auf die vierte Nachkomma-Stelle stimmt: Jede Funktion in Vegas erscheint immer mathematisch absolut korrekt implementiert worden zu sein. Geschwindigkeits-Trickerseien, die auf ungenaueren Festkomma-Berechnungen basieren, sucht man vergeblich. Alle Bildberechnungen finden mit Fließkomma-Genauigkeit und oft sogar im Subpixelbereich statt. Dies schlägt sich direkt in einer markellosen Effekt-Qualität nieder. Allerdings bemerken solche Qualitäts-Nuancen meist nur Messtechniker in den Kellern der Sendeanstalten. Der Preis für diese Exaktheit war in vorhergehenden Versionen immer eine deutlich schlechtere Echtzeit-Performance, als man sie von der Konkurrenz kannte. Dabei blieb es am Anwender hängen, die Einbußen bei der Vorschauqualität in zahlreichen Parametern selbst zu bestimmen.



Letzteres ist nach wie vor der Fall, jedoch hat mit der neuen Version die Vorschau-Geschwindigkeit deutlich zugelegt. Erstmals konnte Vegas auf unserem Quad-Core-System eine AVCHD-Vorschau in voller Auflösung ruckelfrei wiedergeben. An den „Schnittstellen“ kommt es dennoch gelegentlich zu kleinen Aussetzern und richtig rund läuft es erst, wenn die Timeline schon ein paar mal durchgelaufen ist. Neben dem Cachen einzelner Frames im Ram scheint das Programm bei der Wiedergabe jetzt aber sehr gut auf Mehrkern-Prozessoren ausgelegt zu sein. Während des Schnitts sind jetzt meistens alle Prozessor-Kerne sehr gleichmäßig ausgelastet. Neuerdings kann das Programm die Auflösung der Vorschau auch adaptiv anpassen, falls das System durch Effekte überlastet ist. Dies kommt besonders den frisch hinzugekommenen Effekten wie Glint, Rays, Defocus, Starburst, Soft Contrast und Fill Light zu gute, die sehr aufwändig Linseneffekte und Halos simulieren. Hierbei handelt es sich übrigens um die bisher für 130 Dollar separate erhältlichen Velvetmatter-Effekte, die Sony kurzerhand für die neue Version aufgekauft hat.



Auf dem Papier beherrscht Vegas jetzt sogar das SmartRendering mit AVCHD-Dateien. Dabei werden nur die Teile eines Clips neu gerendert, bei denen sich der Bildinhalt verändert hat. Bei uns wollte dieses Feature jedoch nur bedingt funktionieren. So vergaß Vegas gerne mal einen Titel oder einen Effekt in das Video miteinzuberechnen. Wir persönlich sehen jedoch für Smart-Rendering sowieso kaum echte Anwendungsfälle, da wir meistens Clips durchgängig farbkorrigieren und ein Rückexport nach AVCHD in den seltensten Fällen praktikabel ist.



Was die Hardwareseite angeht, scheint nur noch AJA im Boot zu sein, deren Karten preislich jedoch schon in einer sehr anspruchsvollen Liga spielen. Die früher einmal zumindest experimentell vorhandene Unterstützung von Blackmagic Design Karten gibt es bei der neuen Version nicht mehr.



Das DVD- und BluRay-Autoring Tool DVD Architekt Pro 5 liegt auch Vegas 9 kostenlos bei und war ja schon etwas früher eingeführt worden. Hierbei handelt es sich um eine der wenigen, bereits erhältlichen semiprofessionellen BluRay-Authoring-Lösungen auf dem Markt. Diesem Programm werden wir uns allerdings zu einem späteren Zeitpunkt mal etwas genauer ansehen.





Ist die Zeit reif für 64 Bit?

Auch bei der nativen Unterstützung von 64 Bit-Betriebssystemen nimmt Sony eine Vorreiter-Rolle ein. Kurze Gehversuche mit der alternativ installierbaren 64-Bit Version hinterließen einen grundsätzlich positiven und stabilen Eindruck. Für den Anwender überwiegen allerdings eher noch die Nachteile da manches Feature (u.a. Cinescore, Gracenote, AAF-Import und -Export sowie native 32-Bit Plugins) nicht direkt unterstützt wird. Allerdings lässt sich unter Vista 64 zusätzlich die 32 Bit Version installieren und parallel einsetzen, wobei die 32-Bit Render-Vorlagen in der 64-Bit-Version nicht weiterverwendet werden können.





Keyframes

Wenn überhaupt, hat uns am meisten eine erweiterte Keyframeverwaltung gefehlt. Selbst Premiere Elements erlaubt es mittlerweile die Funktionskurven zwischen den Keyframes für jeden Parameter exakt zu bestimmen. Beim gebotenen Funktionsumfang von Vegas wirkt die sehr einfach gehaltene Keyframebedienung für die Effekte etwas unterdimensioniert. So lassen sich nur alle Parameter eineS Filers auf einmal mit grobem Keyframeverhalten festlegen (Linear, Fast, Slow, Smooth, Sharp, Hold). Für die meisten Fälle zwar sicherlich ausreichend, aber schön wäre es allemal, wenn man hier in Zukunft noch mehr Kontrolle hätte.







Fazit

Wer sich einmal in die Oberfläche von Vegas eingearbeitet hat, findet ein Editing-Paket vor, das sich kaum echten Schwächen leistet. Durch seinen mächtigen Funktionsumfang (auch im Audio- und Compositing-Bereich) spart man sich als Anwender oft den Wechsel in andere Applikationen, was den Workflow in vielen Fällen äußerst angenehm gestaltet. Durch den 32-Bit Farbraum bietet das Programm zusätzliche Qualitätsreserven, die man auch in weitaus teureren Software-Paketen nicht unbedingt findet. Auch die Stabilität des Programms bleibt bemerkenswert. Dass Vegas 9 jedoch keine direkte Unterstützung für Pansonics Profiformate bereit hält, könnte DAS Manko, sein, weshalb das Programm meistens nicht als Konkurrent zu Avid, Adobe, Apple oder GrassValley wahrgenommen wird. An zusätzlichen Funktionen würden wir uns für die Version 10 noch eine detailliertere Keyframeverwaltung sowie einen Motion-Tracker wünschen.


Ähnliche Artikel //
Umfrage
    Welche Streaming-Dienste nutzt Du?













    Ergebnis ansehen

slashCAM nutzt Cookies zur Optimierung des Angebots, auch Cookies Dritter. Die Speicherung von Cookies kann in den Browsereinstellungen unterbunden werden. Mehr Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung. Mehr Infos Verstanden!
RSS Suche YouTube Facebook Twitter slashCAM-Slash