Unter Funkstrecken versteht man drahtlose Mikrofone für Camcorder, die auf normaler Funkübertragung basieren und mit Preisen ab ca. 400 Euro nicht gerade günstig sind. Sony hat mit dem ECM-HW1 erstmals ein einfaches Funkmikrofon in den Handel gebracht, das mit einem Straßenpreis von ca. 180 Euro sogar noch bezahlbar ist. Bei der Übertragungsform geht Sony jedoch mit Bluetooth einen komplett neuen Weg. Gegenüber analogen Verbindungen wird das Signal hier vorher digital gewandelt und dann in Datenpaketen an den Empfänger übertragen. Durch die eingebaute Fehlerkorrektur können auf dem Sendeweg dadurch keine Rauschfahnen oder andere Störgeräusche hinzukommen. In der Praxis bedeutet dies: Entweder der Klang ist sehr gut, oder die Verbindung ist komplett tot.
Kabellos glücklich
Doch durch die Kabellosigkeit gibt es noch weitere Vorteile, auch für Amateure: Bei Tieraufnahmen, lässt sich das Mikrofon viel näher am Objekt platzieren und damit ein viel direkterer O-Ton gewinnen. Natürlich gilt selbiges auch für einzelne Menschen in einer Großversammlung. Aber auch bei "normalen" Aufnahmen gelangen durch die komplette Entkoppelung des Mikrofons keinerlei störende Laufwerksgeräusche aufs Band. Und nicht zuletzt wird durch das fehlende Kabel zwischen Mikrofon und Kamera eine nicht unerhebliche „Stolperfalle“ umgangen.
Anwendung
Der Empfänger wird einfach auf dem neuen intelligenten Zubehörschuh (AIS-Active Interface Shoe) eines aktuellen Sony-Camcorders gesteckt und arretiert. Durch Sonys proprietären Anschluss scheiden markenfremde Kameras für den Einsatz leider von vornherein aus. Wir haben daher aus zwei Gründen das Mikrofon mit dem Sony HDR-HC3 getestet. Erstens hat diese Kamera keinen Anschluss für ein externes Mikrofon, wodurch das ECM-HW1 eine besonders sinnvolle Erweiterung darstellt. Und zweitens findet man am Empfänger auch eine Anschlussbuchse für einen Kopfhörer über Miniklinke. Ein solcher Anschluss fehlt dem HDR-HC3 ebenfalls. Somit ließen sich theoretisch mit dem ECM-HW1 zwei der größten Kritikpunkte des HDR-HC3 mit einem Streich „ausbügeln“. In der Praxis vermisst man jedoch eine manuelle Aussteuerungsmöglichkeit für das Mikrofon sowie einen Lautstärkeregler für den Kopfhörer, da Sony hierfür keine separaten Regler direkt an Sender oder Empfänger vorgesehen hat. Man ist in diesem Fall immer auf die Automatik des HDR-HC3 angewiesen, was keine wirklich professionelle Arbeitsweise zulässt.
Der Empfänger wirkt auf dem kleinen HDR-HC3 etwas üppig, erweitert diesen jedoch um ein externes Mikrofon und einen Kopfhöreranschluss.
Konstruktive Kritik
Auch bei der Konstruktion selbst muss sich Sony Kritik gefallen lassen: Das Mikrofon wurde fest in dem Sender verbaut, wodurch sich (ohne Bastelei und Garantieverlust) keine fremden Mikrofontypen anschließen lassen. Dies bringt einige Nachteile mit sich: Erstens ist der Frequenzgang des eingebauten Mikros mit ca. 300- 9.000 Hz eher gering, für Sprachaufnahmen ist dies mit gutem Willen aber gerade noch akzeptabel. Zweitens ist das Mikrofongehäuse nicht sonderlich gut gegen Berührungsschall isoliert. Jedes Geräusch (und sei es nur der Stoff, der am Gehäuse schleift) wird gnadenlos in voller Lautstärke übertragen. Somit ist das Mikrofon eigentlich nur einsetzbar, wenn es unbeweglich vom Sprecher getrennt zum Einsatz kommt. Ein herumlaufen oder der Einsatz als Interview-Mikrofon scheiden somit praktisch aus.
Praktisch wäre es außerdem, wenn sich mehrere Funk-Mikrofone am Empfänger gleichzeitig anmelden könnten. Dies funktioniert jedoch nicht. Jeder Empfänger kann genau ein Mikrofon abnehmen und ist mit diesem "fest" verkoppelt. Ein Mikro aus einer anderen Verpackung ließ sich nicht anmelden. Im Verlustfall muss man daher auch immer den Empfänger neu kaufen.
Praxis
Am meisten interessierte uns natürlich die Sendeleistung des Mikrofons und hier wurden wir wirklich positiv überrascht. Obwohl Sony bei freier Sicht von einer Reichweite bis 30 m spricht, gelang uns sogar eine störungsfreie Übertragung bis fast 60 Meter. Bei groben Hindernissen wie Mauern verringert sich der nutzbare Abstand natürlich deutlich. Doch selbst in Wohnräumen gelang noch die Überbrückung von 3 massiven Mauern bei ca.8 m Luftlinie. Für Filmprojekte, bei denen prinzipbedingt meistens Sichtkontakt herrscht, ist die gebotene Sendeleistung daher sicherlich mehr als ausreichend.
Etwas störend wirkte dagegen die auftretende Latenz. Bis der Ton vom Camcorder empfangen, decodiert und aufgezeichnet wird vergehen ca. 15-20 ms. Dies ist gerade die kritische Grenze um eine lippensynchrone Aufzeichnung noch nicht ins lächerliche abgleiten zu lassen. Aber man bemerkt bei Geräuschen deren Auslöser man auch visuell sieht (z.B. Klatschen oder eine Filmklappe) die Verzögerung bereits unterbewusst. Außerdem hört sich unter dem Kopfhörer dadurch alles immer so an, als hätte jemand einen leichten Delay-Effekt auf die Realität gelegt, da man jedes Geräusch zweimal hört, wenn der Kopfhörer nicht vollständig geschlossen ist.
Fazit
Den genannten Nachteilen zum trotz macht das Filmen mit dem ECM-HW1 einfach Spaß: Das fehlende Kabelgewirr und die damit verbundene absolute Bewegungsfreiheit für das Mikrofon schaffen neue kreative Freiräume und machen Lust auf diese Technik. Leider schränkt die Sony-Philosophie der weggelassenen Features die Praxistauglichkeit ein weiteres mal enorm ein. Mit manueller Tonaussteuerung und einem Anschluss für ein externes Mikrofon wäre das ECM-HW1 schon eine runde Lösung und in der Herstellung wohl nur ein paar Cent teurer. Mit einem nichtproprietären Anschluss und der Anmeldemöglichkeit für mehrere Mikros wäre das Gerät zu diesem Preis sogar ein echter Knaller. In der jetzigen Form ist es allerdings nur als eine ziemlich interessante Technologiestudie einzustufen. Zum Glück ist Bluetooth ein offener Standard und das standardisierte Hifi-Profil noch jung. Es bleibt daher zu hoffen, dass bald Dritthersteller die Idee eines Bluetooth Mikros aufgreifen und besser in die Praxis umsetzen. Und wer weiß: Vielleicht sind ja in ein paar Jahres alle Kameras mit einem integrierten Bluetooth-Empfänger ausgestattet, und man kann beliebige Funk-Mikros diverser Hersteller einfach an der Kamera anmelden. Schön - und heute schon technisch möglich - wär´s...
Mach dir nix draus, ich musste es auch nachschlagen: Ist sieben Jahre her, dass ich das letzte Mal mit einer TRV900 gedreht habe.
Gruß Bernd E.
Jan 20:06 am 27.8.2007
Sags doch gleich Bernd, das die Kamera einen intelligenten Schuh hat.
Ich wusste es einfach nicht aus dem Kopf, hätte aber vermutet, das die Kamera noch keinen intelligenten Schuh...weiterlesen
Bernd E. 19:37 am 27.8.2007
Der "Intelligent Accessory Shoe" der TRV900 hat acht Kontakte.
Gruß Bernd E.
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