Test Global Shutter Durchbruch? Sony Alpha 9 III Sensor Test: Shutter, Debayering und Dynamik

Global Shutter Durchbruch? Sony Alpha 9 III Sensor Test: Shutter, Debayering und Dynamik

Sony behauptet, mit seinem neuen Global Shutter Sensor in der Sony Alpha 9 III auf Augenhöhe mit vergleichbaren Rolling Shutter Modellen agieren zu können. Das wollen wir natürlich sehen...

// 16:43 Mo, 18. Mär 2024von

Die Geschichte des Global Shutters ist lang und nicht nur Sony hat sich im professionellen Segment (u.a. mit der F55) bereits einmal daran versucht. Auch die erste Blackmagic URSA oder die Digital Bolex hatten bereits einen Global Shutter, jedoch konnte sich letztlich keines dieser Modelle am Markt durchsetzen.



Ganz genau genommen war der Global Shutter sogar schon vor dem Rolling Shutter auf dem Markt, da die CCDs - also die Kamera-Vorgängertechnologie der heutigen CMOS-Sensoren - bereits jeden Sensel eines Sensors zur gleichen Zeit belichten konnten. Wir können uns sogar noch daran erinnern, wie sich bei der Einführung der ersten CMOS-Videokameras die CCD-Konkurrenz auf Presseveranstaltungen über die gebogenen Balken in den Aufnahmen lustig machte. Dennoch ließ sich die Ablöse der CCD-Kameras durch CMOS-Sensoren nicht aufhalten - trotz der Rolling Shutter Problematik, die bis heute bei CMOS-Sensoren besteht.



Modernste, mehrlagige Fertigungsverfahren erlauben jedoch mittlerweile zusätzliche Schaltkreise zum Speichern und Puffern der Signale, welche der oben liegenden Senselfläche auf einem Sensor kaum noch Platz rauben. Und eben dies ermöglicht nun laut Sony, erstmals einen Global Shutter-Sensor in einer Alpha-Kamera zu verbauen, die gegenüber den anderen Modellen in der Bildqualität ebenbürtig sein soll.



Global Shutter Durchbruch? Sony Alpha 9 III Sensor Test: Shutter, Debayering und Dynamik : SONY A9III Sensor


Das hierzu notwendige Selbstvertrauen spiegelt sich bereits darin wider, dass Sony diesen Sensor gleich zu Beginn in einem seiner Flaggschiff-Modelle verbaut - was den Umstieg professioneller Anwender vom letzten Modell grundsätzlich gefährden könnte, sofern die Bildqualität nicht stimmen sollte.



Allerdings dürfte ein derartiges Umstiegsproblem für Sportfotografen deutlich relevanter sein als für Filmer - denn die neue Alpha 9 III ist zugleich die erste Kamera der Alpha 9-Serie, die in S-LOG filmen kann. Damit ist sie nicht nur die erste A9, die auch (semi-)professionelle Filmer als Zielgruppe anspricht, sondern auch fast nebenbei die erste 6K-Global Shutter Kamera mit S-Log.



Allzu interessant für Filmer soll die Kamera dann aber wohl auch nicht sein. So bietet sie zwar erstaunlicherweise volle 16-Bit-RAW-Ausgabe über HDMI mit bis zu 60p, allerdings nur mit einem 4,7K RAW Sensor Ausschnitt. Zudem funktioniert diese Zusammenarbeit aktuell nur mit Atomos-Recordern und nicht mit den Blackmagic-Modellen - was die mögliche Rohdaten-Aufzeichnung auf ProRES RAW einschränkt.



Bei der internen Aufzeichnung gibt es dagegen kein internes RAW oder ProRes, sondern "nur" H.265 für 10-Bit-Aufnahmen und H.264 für 8-Bit-Aufnahmen. Für träge Schnittsysteme gibt es neben LogGOP-Varianten auch eine All-I Implementierung mit 10 Bit 4:2:2. Die dabei erzeugten Datenraten können bis zu 600 MBit/s erreichen.







6K Vollformatsensor der Alpha 9 III

Für einen 6K Sensor sollte unser 4K-Debayering Test in der Regel keine Probleme bereiten. Da bei einem sauberen Downscaling von 6K auf 4K genügend Auflösungsreserven vorhanden sind, sollte das 4K Debayering auch tadellos gelingen - sofern dabei auch alle 6K-Sensel in die Berechnung mit einbezogen werden. Wie zu erwarten, hat Sony hier seine Hausaufgaben gemacht, zumindest für die Frameraten von 24-60p:



Sony Alpha 9 III, Readout 6K, Output 4K, S-Log 24-60p
Sony Alpha 9 III, Readout 6K, Output 4K, S-Log 24-60p


Sony Alpha 9 III, Readout 6K, Output 4K, Kontrast optimiert 24-60p
Sony Alpha 9 III, Readout 6K, Output 4K, Kontrast optimiert 24-60p


Allerdings machte uns bereits im Vorfeld folgendes Spezifikations-Snippet hellhörig:



"...The a9 III captures and downsamples the full 6K image area to produce high-quality UHD 4K video up to 60 fps. It can also record 4K up to 120 fps with no crop...."



Bei 100-120p wird also unverändert die volle Sensorfläche ohne Crop genutzt, aber irgendwie "anders"? Das riecht natürlich nach Binning und/oder Zeilenauslassung. Was dann auch unser Testbild bestätigte:



Sony Alpha 9 III, Readout 6K, Output 4K, S-Log 100-120p
Sony Alpha 9 III, Readout 6K, Output 4K, S-Log 100-120p


Sony Alpha 9 III, Readout 6K, Output 4K, Kontrast optimiert 100-120p
Sony Alpha 9 III, Readout 6K, Output 4K, Kontrast optimiert 100-120p


Wer also mit mehr als 60 fps filmt, verliert bei der Aufzeichnung viele Details, weil der Sensor einige Sensel bzw. Zeilen auslässt.







Der Global Shutter der Sony Alpha 9 III

An dieser Stelle sollten nun eigentlich obligatorisch unsere Messungen der Rolling Shutter-Zeiten aufgeführt werden, jedoch besitzt die Alpha 9 III einen Global Shutter. So können wir immerhin mit unserem Testverfahren attestieren, dass die Shutterzeit tatsächlich nicht mehr in unserem messbaren Bereich liegt. Kurz gesagt, hier biegt sich nichts, auch Blitze füllen die komplette Bildfläche. Diese absolut konsistente Bilddarstellung ist somit ideal als Grundlage für Tracking, Stabilisierung oder andere digitale Nachbearbeitungsschritte. Nebenbei erwähnt sollte sich eine Global Shutter-Kamera auch bestens für virtuelle Produktionsumgebungen eignen.





Dynamik Sony Alpha 9 III

Um einen vergleichbaren Eindruck von der Dynamik zu bekommen, haben wir mit der Sony Alpha 9 III unseren "Augen-Test" gemacht. Hierfür richten wir unsere Testkasten-Szene mit festem Weißabgleich auf 3200K ein. Dann tasten wir uns mit Blende und Belichtungszeit an eine Einstellung heran, in der die Haut unseres Puppenkopfes nicht mehr clippt und definieren diese Einstellung als ETTR-0. Von dieser Einstellung aus blenden wir sukzessive in Schritten von ganzen Blendenstufen ab (primär über die Belichtungszeit und dann - falls anschließend noch weiter notwendig - über ND-Filter oder Blendenring.)



Die hierbei entstehenden Aufnahmen bilden eine Blendenreihe mit jeweils einer zusätzlichen Blendenstufe "Unterbelichtung". Diese Aufnahmen korrigieren wir in Blackmagic DaVinci Resolve wieder zurück auf die Helligkeitsverteilung der ETTR-0 Referenz und vergleichen diese Aufnahmen mit anderen Kameras.



Gegenüber anderen CMOS-Vollformat Kameras liegt die BASE ISO im Log-Modus mit ISO 2000 auffällig hoch, was für unser Testverfahren jedoch unerheblich ist. Erheblicher könnte jedoch die Sensel-Auslassung bei 100 bis 120 fps sein, weshalb wir die Kamera auch ein zweites Mal in diesem Modus getestet haben.



Im folgenden Clip sieht man die Sony Alpha 9 III (mit 25p und 100p) im Vergleich mit den bisher besten Prosumer-Dynamik-Kandidaten aus unseren vergangenen Tests (Canon EOS C70 sowie Nikon Z8 mit Tico RAW):






Tatsächlich geht das Auge der Sony Alpha 9 III ungefähr 1,5 Blendenstufen früher im Rauschen unter als bei den bisher besten DSLMs in unserem Testaufbau. Dafür ist das Rauschen der Sony deutlich "schöner". Oder anders gesagt, im Rauschen erschienen nicht so früh Artefakte wie bei der Konkurrenz. Dies macht die Aufzeichnungen



a) "beherrschbarer" für eine Noise Reduction und


b) lässt das Bild grundsätzlich etwas "cinematischer" wirken.



Tatsächlich erinnert uns der Noise dieses Sensors etwas an ARRIs Kameras, die ebenfalls eine sehr eigene "Rausch-Ästhetik" besitzen.



Es liegt somit der Verdacht nahe, dass Sony in der Kamera auf eine weniger aggressive eingebaute Noise Reduction setzt als die anderen Hersteller, bzw. die anderen Sony DSLMs.



In 100 bis 120p fällt die Dynamik zudem nicht weiter ab, die fehlenden Details, die wir beim Debayering feststellen konnten, werden dagegen auch hier deutlich sichtbar.





Sonstiges

Was uns teilweise richtig fuchsig werden ließ: Um unser Auge für den Dynamiktest wirklich in einem hauchdünnen Schärfebereich zu fokussieren, brauchen wir eine zuverlässige Displayvergrößerung. Die von Sony auf dem kleinen Display angebotenen 4x reichen hierfür bei weitem nicht aus. Also versuchten wir unser Glück mit einem Atomos Shogun Ultra, der für diesen Zweck eine sehr gute Displayvergrößerung bietet.



Doch sobald man mit der Sony Alpha 9 III in Log filmt, ist unerklärlicherweise über HDMI nur noch eine 1080p-Wiedergabe möglich. Eine 4K-Ausgabe über HDMI funktioniert erst dann wieder, wenn man die Log-Aufzeichnung im Menü abstellt. So mussten wir zum Fokussieren immer die Log-Aufnahme ein- und ausstellen.



Auch die RAW-Ausgabe ist wie schon erwähnt nur teilweise befriedigend, denn sie ermöglicht lediglich die Nutzung eines Sensorfensters von 4,7K - und degradiert die Kamera damit ungefähr auf APS-C/S35 Format. Immerhin: Dieses Signal kann der Atomos Ninja Ultra Recorder mit der aktuellen Firmware auch in nativer 4,7K Auflösung als ProRes RAW aufnehmen. Dass dieses RAW Format auch 2024 immer noch nicht in Resolve importiert werden kann, ist dann natürlich nochmal eine ganz andere Geschichte.







Fazit

Zwar fehlt der Sony Alpha 9 III noch ein Quäntchen Dynamik, um mit den besten Vollformat-DLSMs auf Augenhöhe zu stehen. Allerdings liegt der Unterschied vor allem im stärkeren Grundrauschen der Kamera. Inwieweit man diesem Rauschen mit einer Noise Reduction in der Post begegnen will und kann, um den Belichtungsspielraum weiter zu puschen, ist damit vor allem von der Anwendungssituation abhängig. Falls man in Projekten öfters mit Rolling Shutter-Problemen zu kämpfen hat, dürfte dieser relativ geringe Dynamikverlust jedenfalls ein leicht zu verdauendes Zugeständnis sein.



Man kann Sony also mit dieser Kamera somit wirklich einen Durchbruch des Global Shutters für den Massenmarkt attestieren. In einem nächsten Schritt wird es jetzt umso spannender, ab wann wir diesen Sensor auch in günstigeren Kameramodellen vorfinden werden.



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