Mit einem Listenpreis von nur 849 Euro, BSI-Sensor, hochauflösendem Display sowie einem Objektivrädchen, das manuelle Kontrolle verspricht, liefert Samsung deutlich unter der 1.000 Euro-Marke eine Kamera aus, die sehr interessant klingt. Müssen sich Sony, Canon, JVC und Panasonic nun warm anziehen?

Die Samsung HMX-S10 gehört mittlerweile eher zu den größeren Consumer-Camcorder-Modellen. So besitzt das Gerät eine ähnlich bullige Anmutung wie die Canon HFS11. Geschuldet ist das Format vor allem dem großen und dadurch auch lichtstarken Objektiv mit Anfangsblende F1.8 und 46mm-Filterduchmesser. Der Weitwinkel fällt mit umgerechnet ungefähr 46mm (kb) leider praktisch völlig unter den Tisch. Die Sensorgröße von 1/2,33-Zoll ist dagegen auf den ersten Blick sehr groß und verspricht dank BSI (Backside Illumination) auch ein gutes Low-Light-Verhalten.
Einen Sucher hat Samsung nicht verbaut, doch dafür erlaubt die Größe der Kamera auch den Einsatz eines üppigen 3,5-Zoll Displays, das in der Schärfe sogar den bisherigen Sony-Spitzenreiter dieser Preisklasse vom Thron stößt. Die laut Datenblatt verbauten 1.152.000 Pixel sorgen wirklich für einen knack scharfen Bildeindruck. Doch leider sieht man dadurch niemals das komplette Motiv denn Samsung bescheidet die Vorschau unverständlicherweise durch einen nicht abschaltbaren Overscan. Klappt man das Display zu, vergehen einige Sekunden, bis sich der automatische Objektivverschluss schließt. Nicht schlimm, aber nervig, wenn man die Kamera "schnell wegstecken" will, denn so muss man immer nochmal kurz kontrollieren ob es zu ist, damit das Objektiv beim Einstecken in eine volle Tasche keinen Kratzer abbekommt.
Formate
Gegenüber der Konkurrenz zeichnet Samsung nicht mit AVCHD, sondern in einem eigenen MP4/AVC-Dialekt auf. Neben 1920 x 1080 Pixeln mit 50 Halbbildern unterstützt die Kamera auch 720p50 sowie SD-Aufzeichnung mit 576p50. Für die meisten Schnittsysteme stellen diese MP4-Files keine Hürde dar, jedoch werden solche Files in der Regel beim Schnitt nicht besonders beschleunigt. Ein interner Speicher ist nicht vorhanden, aufgezeichnet wird ausschließlich auf SD(HC)-Karten.
Bedienung
Das Touchscreen Menü ist bunt und animiert, wie wir es noch bei keinem anderen Camcorder gesehen haben. Allerdings verdecken die großen Icons beim Einstellen fast komplett das Motiv, weshalb man den gewünschten Effekt beim Einstellen oft schlecht beurteilen kann.

Dazu ist das Drehen an virtuellen manuellen Bedienelementen auf dem Touchscreen zwar cool gemeint (das iPhone lässt grüßen), jedoch trifft man selten den (Dreh-)Punkt, auf den man es mit dem Finger abgesehen hat. So dreht man oft zu weit oder auch gar nicht, weil der Finger auf dem Screen eben falsch liegt. Mit etwas Übung gelingt es nach einer Zeit zwar ebenfalls recht gut die Kamera zu bedienen, jedoch trafen wir auch selbst nach einem Tag Übung immer noch gelegentlich daneben.
Um auch anspruchsvolle Filmer zufrieden zustellen gibt es (daher?) einen zusätzlichen Objektivring. Dieser lässt sich mit Weissabgleich, Shutter, Blende oder Gesamtbelichtungskorrektur (EV) frei belegen. Doch der Haken steckt mal wieder im Detail. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten, lässt sich die belegte Funktion nur tief im internen Menü ändern. Bei Sony genügt dagegen ein längeres Verweilen auf der Ringtaste, um die Belegung schnell zu wechseln.
Wir würden bei diesen gebotenen Möglichkeiten den Fokus per Touchscreen regeln, den Shutter feststellen und Blende auf das Objektiv-Rächen legen. Doch eben genau das funktioniert nicht. Denn bei festem Shutter, lässt sich die Blende nicht mehr manuell regeln. Nur noch die Belichtungskorrektur EV. Diese lässt sich zwar auch auf das Rädchen legen, jedoch hindert dies die Automatik nicht daran, auch weiterhin die Helligkeit des Motivs automatisch anzupassen. Mit anderen Worten: Man kann bei der HMX-S10 die Kameraautomatik niemals daran hindern, permanent in das Motiv einzugreifen. Die Möglichkeiten der manuellen Kontrolle über den Objektivring werden dadurch stark eingeschränkt. Dass Samsung mit der HMX-S10 scheinbar keine ambitionierten Filmer im Visier hat, zeigt übrigens auch das Fehlen von Hilfsmitteln zur Belichtung (Zebra, Histogramm) oder zur Fokussierung (Expanded Focus, Peaking).
Audio
Eine gewisse Praxisferne zeigt sich ebenfalls in der Audio-Sektion. So gibt es zwar einen zusätzlichen Mikrofon-Eingang, jedoch ist dieser nur in drei Stufen regelbar. Auf einen Kopfhörer-Ausgang zur Tonkontrolle wurde ebenso verzichtet, wie auf eine Audio-Anzeige.
Aus dem Messlabor
Der Sweep zeigt einen Schärfeverlauf der nahe an die Systemgrenze von FullHD heranreicht. Allerdings lässt auch der sichtbare starke Buckel auf eine stärkere, künstliche Nachschärfung schließen.
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Das ISO-Chart bildet auch die feinen Strukturen des Kreises ohne große Artefakte ab. Allerdings sieht man an schwarzen Kanten deutlich die weißen Lichtsäume der Nachverstärkung.
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Die Farbauflösung ist sehr unruhig, der Farbpegel bleibt eher gering. Die Farben sind in der nicht veränderlichen Werkseinstellung eher unterdurchschnittlich stark eingestellt.
°C:chrom:177
Die Objektiv-Verzeichnung ist sehr gering, der Weitwinkel allerdings auch.
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Am linken Rand sind dazu leichte chromatische Aberrationen sichtbar:

Die Farbgebung in der Werkseinstellung ist eher neutral, sorgt im Gegenzug aber auch für einen extrem cleanen/sauberen Bildeindruck.
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Bei wenig Licht zeigt die Samsung im Automatik-Modus noch viele Details und Farben, wird aber sichtlich unschärfer als bei guter Beleuchtung.
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Beim "optimierten" Low-Light-Test mit manuellem Weissabgleich konnten wir den Shutter auf 1/25 Sekunde bringen. Das Bild wird erstaunlich hell, jedoch kaum schärfer.
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Der Tonpegel der Samsung ist sehr hoch eingestellt, wodurch das Gerät deutlich wahrnehmbar rauscht. Dazu werden die Höhen stark beschnitten.
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Fazit
Mit der HMX-S10 zeigt Samsung, dass die Firma mittlerweile in der Lage ist, Kameras zu bauen die technisch imposant in der 1.000 Euro-Klasse mitspielen können. Die verbaute Hardware ist dabei dem Preis mehr als angemessen. Die Software dagegen scheint mehr wert auf bunte Animation, denn auf praxisgerechte Bedienung zu legen. Hier scheint sich Samsung zu sehr an Sony orientieren zu wollen, während Panasonic und JVC immer auch die ambitionierten Filmer im Auge behalten. Das Objektivrädchen ist auf jeden Fall nur eingeschränkt sinnvoll, solange man der Kamera ein automatisches Eingreifen nicht abgewöhnen kann. Das Display ist dagegen wirklich imposant und auch die Verarbeitung der Kamera wirkt äußerst solide. Sollte Samsung es daher einmal wagen, dem Anwender die volle manuelle Kontrolle über Shutter, Blende, Gain und Mikrofon zu geben (womöglich sogar über frei belegbare Custom-Keys), hätten wir es hier mit einem äußerst ernst zu nehmenden Konkurrenten zu tun, der zudem preislich höchst attraktiv wäre.