Highlight Recovery
Die Erklärung hierfür ist jedoch naheliegend: Bei der Aufzeichnung in RED RAW nutzt Nikon/RED offensichtlich eine nicht abschaltbare Highlight Recovery. Was das genau ist, haben wir hier bereits sehr ausführlich erklärt.
Kurz gesagt wird hierbei durch eine Interpolation noch die Helligkeitsinformation von nicht clippenden Nachbar-Senseln genutzt um den Clipping-Punkt ein Stück weiter nach oben zu schieben. Der Nachteil ist jedoch, dass in den Highlights der letzten 1-2 Blendenstufen über dem eigentlichen Clipping dann keine oder evtl. auch falsche Farben existieren.
Um unsere These zu belegen, haben wir im folgenden Bild einmal die letzte Blendenstufe der Highlights unter dem "normalen" Clipping Punkt extrahiert (oben). Und darunter die letzte Blendenstufe unter dem Clipping-Punkt der RED RAW Aufzeichnung. Und wie zu erwarten sind dabei fast alle Farben bis auf Grün verschwunden:

Grundsätzlich ist diese Highlight Recovery bereits für mindestens eine zusätzliche Blendenstufe in einer Dynamik Chart-Messung verantwortlich und grundsätzlich ist an dieser Technik auch prinzipiell nichts Verwerfliches. Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass dadurch Highlights tendenziell farblos werden und man aus den hellsten Lichtern dann keine Farben mehr in der Post retten kann. Zur weiteren Ehrenrettung der Kamera sei aber auch gesagt, dass der interne Waveformmonitor den echten Clipping Punkt anzeigt, und man somit immer noch ein paar zusätzliche, farblose Highlights über dem technischen Clipping bei der Aufnahme sozusagen geschenkt bekommt.
Wir haben für unseren Dynamik-Vergleich übrigens den "echten" Clipping Punkt benutzt, d.h. wir haben der Kamera keine Blendenstufe beim ETTR-0 Startpunkt "geschenkt", sondern uns am technisch korrekten Clipping Punkt orientiert, den die Kamera ja auch selber anzeigt.
Im ersten Vergleich haben wir die Nikon ZR einmal in RED RAW und einmal in N-RAW bei voller 6K-Auflösung gegenübergestellt. Dazu gesellen sich noch die Nikon Z8 mit N-RAW sowie die Z6 III in N-RAW:
Hier sieht man, dass sich die Nikon ZR in der Dynamik nur sehr wenig von dem eigenen N-RAW und auch den anderen Nikon Kameras absetzt - sofern man in RED RAW den technischen Clipping Punkt für die ETTR-0 Einstellung nutzt.
Dass dieses Ergebnis jedoch keinesfalls schlecht ist, sieht man im Vergleich mit anderen Konkurrentinnen wie der ARRI LF, der Canon C70 oder der Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K (BMPCC4K):
So liegt die Nikon ZR ungefähr eine Blendenstufe über der Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K, welche aktuell die günstigste RAW Kamera im Markt ist. Und landet maximal eine Blendenstufe unter ARRIs LF und Canons C70. Wohl gemerkt ignorieren wir auch hierbei den virtuellen Clipping Punkt der Highlight Recovery.
Fazit
Tatsächlich liegen die Rolling Shutter Zeiten der Nikon ZR auf professionellem Cine-Niveau und das Debayering zeigt konstant sehr gute Ergebnisse von 24-60p bei vollem Sensor-Readout. Somit übertrifft die ZR aufgrund der höheren Auflösung sogar den vergleichbar schnellen 4K-Vollformat-Sensor in der Sony FX3/A7SIII und ermöglicht zusätzlich einen besonders schnellen 4K S35-Crop mit bis zu 120p. Die Dynamik ist dagegen "nur" auf dem Niveau typischer Cine DSLMs, aber bietet aufgrund der nicht abschaltbaren Highlight Recovery noch eine "stille Reserve". Nicht nur gemessen am Preis können wir der Bildqualität der Nikon ZR damit feinste Cine-Tauglichkeit attestieren.





















