Wer mit einer hybriden Kamera sowohl fotografieren als filmen will, stößt bei den Herstellern seit geraumer Zeit auf eine Art "Sweet Spot": Denn am häufigsten finden sich unter den geeigneten Modellen hierbei Geräte mit einem Vollformat 6K-Sensor. Die teureren Modelle bieten dabei mittlerweile auch die Möglichkeit, im Vollformat ohne Auflösungsverluste mit bis zu 60p zu filmen. Günstigere Modelle können dagegen den vollen Sensor nicht ohne Artefakte mit mehr als 30p auslesen, bieten aber oft noch eine 1:1 Aufzeichnung bis 60p mit einer verkleinerten Sensorfläche (sog. Crop).

In diese Kategorie fällt auch Nikons neue Vollformat-Einsteiger-Kamera Z5 II, welche dennoch versucht mit ein paar zusätzlichen Features für Filmer relevant zu sein: So wurde die Nikon Z5 II das erste (und zugleich günstigste) Modell aus der hauseigenen Z-Serie, welches N-RAW auf SD-Karte aufnehmen kann - was nicht nur bei uns natürlich eine gewisse Erwartungshaltung weckt. Doch bei genauerer Betrachtung gibt es ein paar Einschränkungen, die man bei einer vollwertigen RAW Kamera nicht vorfindet.
RAW mit Einschränkungen
Zuallererst funktioniert die interne RAW-Aufzeichnung grundsätzlich nur bis 30p, was Hersteller typischerweise mit der maximalen Aufzeichnungsgeschwindigkeit auf SD-Karte begründen. Nach unseren Messungen überstieg die Datenrate bei der 24p RAW Aufzeichnung jedoch niemals 40 MB/s. Eine 4K-RAW Aufzeichnung mit 60p in N-RAW sollte somit höchstens um die 100 MB/s benötigen, was für ausgewählte SD-Karten keine große Herausforderung mehr darstellt. Auch an der Sensor-Auslesegeschwindigkeit kann es nicht liegen, da die Kamera mit anderen Codecs wie H.264/H.265 den Sensor mit 1.5x (DX) Crop bis 60 fps auslesen kann. Es dürfte daher entweder eine Marketing-Entscheidung oder in den Tico-Lizenzkosten begründet sein, weshalb Nikon hier keine DX RAW-Aufzeichnung mit mehr als 30p ermöglicht.
Schade, denn mit einer internen RAW-Aufzeichnung bis 60p würde sicherlich deutlich mehr potentielle Anwender ansprechen. Zumal die Kamera aktuell auch keine externe RAW-Aufzeichnungsmöglichkeit bietet - denn am HDMI-Port der Z5 II wird immer nur ein skaliertes YUV4:2:2 Signal mit maximal 10 Bit ausgegeben.
4K Debayering
Die nächste Einschränkung liegt im Vollformat, denn hier liefert die Nikon Z5 II nicht unbedingt das, was man eigentlich unter RAW versteht - nämlich einen nativen 1:1 Sensel Readout. Vielmehr wird hier der 6K RAW-Sensor-Output in eine 4K RAW Datei geschrieben - was in der Regel Probleme bei der Zusammenfassung der Bayer-Struktur nach sich zieht. Und tatsächlich kommen hier einige, vor allem chromatische Artefakte zum Vorschein:

Dass es auch anders geht, zeigt dagegen die 10 Bit 4:2:2 Aufzeichnung im H.265 (H.264 wurde nur in 8 Bit implementiert). Im vollen FX-Sensor Readout sieht die Z5 II definitiv am saubersten aus. Das Downscaling gelingt hier sehr gut, allerdings gibt es diese Qualität ebenfalls nur bis 30p:

Im 1,5x DX-Sensor-Crop ist dagegen in H.265 auch eine Aufzeichnung bis 60p möglich. Da hier kaum überschüssige Pixel für das Downscaling genutzt werden können, kommen dafür bei der RAW-Aufzeichnung die Artefakte eines typischen 1:1 Sensor-Readouts zum Vorschein (v.a. Zipper in den Sweeps):

Hinzu kommt in diesem DX RAW Modus noch eine deutliche Nachschärfung.
Das definitiv bessere Debayering für Filmer findet man dann in der H.265-Aufzeichnung. Hier ist auch eine 4K-Aufnahme mit bis zu 60p in 4:2:2 mit 10 Bit möglich. Der "beinahe" 1:1-Readout bewirkt dann zwar leichte Aliasing Strukturen in den Ringen und den Sweeps, jedoch ist dies ein typisches Problem dieses Ausleseverfahrens bei einem Bayer-Pattern in nativer 4K-Sensel-Auflösung:

Rolling Shutter
Die unterschiedlichen Modi korrelieren natürlich auch mit der Auslesezeit des Sensors. Hierzu lässt sich lapidar feststellen, dass die Kamera nur zwei Rolling Shutter Modi kennt: Im FX-Modus mit 24-30p benötigt der Readout immer ca. 23 Millisekunden, im DX-Modus mit 24-60p sind es dagegen immer runde 15 Millisekunden. Beides sind relativ unspektakuläre Werte, die zugleich erklären, weshalb die Kamera nur im DX-Modus mit 50/60p arbeiten kann.
Dynamic Range
Aufgrund der verschiedenen Modi haben wir diesmal gleich vier Dynamik-Tests mit der Nikon Z5 II durchgeführt. Um den Eindruck der Dynamik einer Kamera vergleichbar abzubilden, richten wir immer eine konstant beleuchtete Szene mit festem Weißabgleich auf 3200K ein. Anschließend tasten wir uns mit Blende und Belichtungszeit an eine Einstellung heran, in der die Haut unseres Puppenkopfes nicht mehr clippt und legen diese Einstellung als ETTR-0 Referenzpunkt fest. Von dieser Einstellung aus blenden wir sukzessive in Schritten von ganzen Blendenstufen ab (primär über die Belichtungszeit und dann - falls anschließend noch weiter notwendig - über ND-Filter oder Blendenring.)
Die hierbei entstehenden Aufnahmen bilden eine Blendenreihe mit jeweils einer zusätzlichen Blendenstufe "Unterbelichtung". Diese Aufnahmen korrigieren wir in Blackmagic DaVinci Resolve wieder zurück auf die Helligkeitsverteilung der ETTR-0 Referenz.
Je besser die Darstellung des Auges in den "höheren" ETTR-Einstellungen, desto besser bewerten wir die Dynamik der getesteten Kamera. Dies macht natürlich vor allem im direkten Vergleich mit anderen Kameras Sinn. Da Standbildaufnahmen der Augen nur eine bedingte Einschätzung ermöglichen, sind wir mittlerweile auf eine Bewegtbild-Darstellung der Blendenstufen übergegangen.
Die Ausspielung der Augen erfolgt dabei um ein Vielfaches vergrößert, damit die zusätzliche Youtube-Kompression nicht sonderlich stark in die Bewertung einfließt. Die beste Qualität bekommt man daher beim Betrachten des Videos als 4K Stream - auch auf Displays mit geringerer Auflösung.
Betrachten wir also zuerst einmal die vier Dynamik-Aufzeichnungen im direkten Vergleich:
Wie zu erwarten,zeigt sich die beste Dynamik bei Nutzung der vollen Sensorfläche (FX-Modus, rechte Seite). Allerdings nicht in RAW (obere Zeile), sondern bei der Nutzung von H.265 (untere Zeile). Im FX-Modus zeigen sich durch die Skalierung sogar leichte Gittermuster. Auch besitzen beide N-RAW-Aufnahmen trotz 12 Bit Aufzeichnung leicht geclippte Schatten im Waveform-Monitor. Dies erschwert ein potentielles RAW-Denoising in der Post. Auch im DX Modus (linke Videos) ist die H.265 Aufzeichnung letztlich einen Tick besser, als das RAW Format.
Doch wie sieht die Dynamik im Vergleich zur ähnlich bepreisten Konkurrenz aus? Wie haben zum direkten Vergleich eine Panasonic S5 II sowie eine Canon R6 II herangezogen. Außerdem haben wir noch als Referenz eine Canon C70 daneben gestellt, um zu zeigen, wie groß der Abstand zu einer "echten" Cinekamera in der Praxis ist:
Die Nikon Z5 II schneidet dabei keineswegs schlecht ab. Wie alle direkten Konkurrenten fällt sie erst ab ETTR-7 deutlich ab. Sie liegt dabei ungefähr auf dem Niveau einer Panasonic S5 II und ist geschätzt sogar eine halbe Blendenstufe besser als die Canon R6 II. Eine C70 liegt dagegen geschätzt noch ungefähr 1,5 Blendenstufen vor der Nikon Z5 II.
Fazit
Die interne RAW Aufzeichnung auf SD-Karten klingt zwar nach einem interessanten Alleinstellungsmerkmal, hält allerdings nicht, was der Name verspricht. In H.265 N-Log mit 10 Bit 4:2:2 stellt die Kamera dagegen eine preisgünstige S-35 Lösung bis 60p dar, die gegenüber "echten" CineRAW-Kameras sogar mit Funktionen wie Autofokus oder einem stabilisierten Sensor aufwarten kann. Allerdings gibt es ähnlich ausgestattete Modelle mit 6K Sensoren in einem vergleichbaren Preisrahmen auch bei der hybriden Konkurrenz. Wer jedoch auf Nikons Z-Mount setzen oder noch alte Nikon Linsen adaptieren will, findet als Filmer in der neuen Z5 II auf jeden Fall einen guten und relativ günstigen Einstieg ins vollformatige "Z-System".