Auf der einen Seite gibt es Puristen, die am liebsten nur mit unkomprimiertem RAW arbeiten wollen. Auf der anderen Seite stehen die Pragmatiker, die schon beim Dreh - meist aus unterschiedlichen Kostengründen - auf Kompression setzen. Stark komprimierte Formate wie H.264 oder das gerade aufkommende H.265 zeigen dabei vor allem Vorteile wenn in kurzer Zeit viel Material anfällt, also bei Dokumentation oder Event-Berichterstattung. Denn der verbrauchte Speicherplatz liegt gegenüber RAW Formaten - ganz grob gesagt- um den Faktor 20-40 niedriger. Und das bringt tatsächlich viele handfeste Vorteile beim Datenhandling (also bei Aufzeichnung, Transfer und Archivierung).
H.265 ist kein Codec für schnelle Bearbeitung
Allerdings nicht bei der Bearbeitung. Denn die extreme Kompression benötigt beim Entpacken des Videostroms in Echtzeit eine Menge Prozessorleistung. Das seit über einem Jahrzehnt (!!) etablierte H.264 ist zwar mittlerweile auf jedem aktuellen Rechner und auf vielen Gadgets -auch dank spezialisierter Hardware- ruckelfrei abspielbar. Für H.265 gilt dies jedoch noch nicht. Und selbst mit potenter Hardware ist es nach wie vor sehr schwer in einem 4K-H.265-Strom einigermaßen bequem scrubben zu können. Das Rückwärts-Abspielen über einen Zeitraum von mehr als einer Sekunde (also meist etwas mehr als den Frames einer komprimierten GOP-Struktur) ist ebenfalls nicht trivial zu implementieren. Hier versagen prinzipbedingt fast alle Hardware-Decoder, die in erster Linie darauf ausgelegt sind, einen Videostrom in der Zeit "nach vorne" zu decodieren. Doch auch die reinen Software-Decoder sind hier kaum besser. Ruckeln und größere Pausen zwischen stehenden Frames gibt es hier fast immer zu sehen.
Wir haben teilweise noch analoge Schnittsysteme erlebt und sind aus dieser Zeit ein gewisses Schnittgefühl gewohnt, dass sich in der digitalen Welt bei Schnittsystemen nach wie vor selten einstellt. Die c´t beschrieb dieses Gefühl einmal etwas infantil, aber dennoch treffend mit dem Begriff "Schwuppdizität". Und das ist eigentlich auch unser Ideal: Eine Oberfläche, auf der der Schnitt sprichwörtlich "flutscht" und sich somit niemals hakelig bremsend anfühlt.
Damit meinen wir nicht nur (aber auch), dass das Rückwärts- und Vorwärts-Shutteln sofort beginnt, wenn man die entsprechende Taste drückt. Auch die beschleunigte Wiedergabe in beide Richtungen sollte "nahtlos" und ohne Ruckeln in beide Richtungen gelingen. Und wenn man mit dem Timeline Marker eine Stelle sucht, sollte dieser ebenso präzise wie geschmeidig reagieren und nicht das Gefühl vermitteln, er muss mit der Maus an seine Position gezwungen werden, während der Prozessor mit dem Decodieren nicht hinterher kommt. Für uns persönlich ist dieses "Gefühl" bei einem Schnittsystem einer der wichtigsten Punkte. Dennoch scheinen nicht viele Hersteller ihren Fokus auf ein butterweiches Schnittgefühl zu legen. Wir haben sogar unter anderem deswegen unser Testsystem mal wieder aufgerüstet, um aktuelle Schnittsysteme von ihrer besten Seite erleben zu können. Mit nun etwas ernüchternden Erleb- und Ergebnissen…