Selten haben wir uns so auf einen Sensor gefreut, wie auf den der neue Blackmagic URSA Mini Pro 12K. Denn gegenüber den aktuellen Vertretern von S35 Großformat-Sensoren, macht das Blackmagic Modell so ziemlich alles anders als die Konkurrenz. Das verspricht spannende Erkenntnisse...
Großer Sensor - kleine Sensel
Der S35-Sensor der Blackmagic URSA Mini Pro 12K ist genau genommen etwas breiter als viele digitale S35-Sensoren und besitzt bei einem Seitenverhältnis von ca. 17:9 Abmessungen von 27.03mm x 14.25mm. Auf dieser Fläche mit einem horizontalen Cropfaktor von 1,33 bringt der Sensor rekordverdächtige 80 Megapixel unter. Bei einer Auflösung von 12.288 x 6.480 Senseln entspricht dies einer Senselkantenlänge von 2,2 µm.
Das sind die mit Abstand kleinsten Sensel, die wir wir je in einer Großsensor-Kamera gesehen haben und diese stehen somit eigentlich diametral zu der hohen, versprochenen Dynamik von 13,9 Blendenstufen. Zur Einschätzung hilft vielleicht ein Vergleich: Das 4,6K-Modell der URSA Mini Pro wird von Blackmagic mit 14,7 Blendenstufen beworben, besitzt eine Senselkantenlänge von 5,5 µm und damit eine rund sechsmal größere Senselfläche.

Weiße Sensel statt RGGB-Bayer
Doch wirklich vergleichbar sind die beiden Sensoren sowieso nicht. Denn während das 4,6K Modell ein klassisches Bayer Pattern Farbfilter Array (RGGB) aufweist, besitzt das 12K Modell ein spezielles Mosaic-Pattern, das von farblosen (also ungefilterten) Senseln durchsetzt ist. Es ist dabei kein klassicher RGBW-Sensor, nutzt jedoch dessen grundsätzliche Idee, die Luminanz durch filterlose W-Sensel mitzuschätzen.
Statt eines Bayer 2x2 RGGB Musters besitzt das Filterarray eine sich wiederholende 6x6 Filtersturktur, in der sich 6xRed, 6xBlue, 6xGreen und 18x White/Clear befindet.
Das Pattern verteilt sich dabei folgendermaßen:
RWGWBW
WRWGWB
GWBWRW
WGWBWR
BWRWGW
WBWRWG
Wer sich näher dafür interessiert, findet hier das zugehörige Sensor-Patent von Blackmagic.
Alleine durch den Einsatz von Clear (White) Senseln kann man mindestens eine Blendenstufe gewinnen, was die kleine Pixelpitch schon einmal spürbar kompensiert. Damit steigt gleichzeitig auch der FullWell deutlich, zumindest solange für einen endgültigen Pixel mehrere Sensel zusammengefasst werden dürfen. Das Denoising soll angeblich ebenfalls durch W-Sensel effektiver arbeiten können, was dann in den Schatten für die erforderliche Dynamik sorgen könnte.
Native 12K-Auflösung?
Damit sollte auch jedem Anwender klar werden, dass diese Kamera gar nicht als native 12K-Kamera gedacht ist. Denn das Sensel-Filtermuster wurde vor allem so gewählt, dass sich die Filterstruktur optimal für das Downsampling nach 8K und 4K eignet. Dieses Verhalten wollten wir eigentlich in unserem Testbild näher analysieren.
Doch schon vor Beginn unseres Tests mussten wir uns der Frage geschlagen geben, mit welcher Optik wir denn die 12K Auflösung messen sollten. Die Antwort dazu ist einfach und stammt sogar von Blackmagic selbst: Es gibt schlichtweg keine Optik, welche die nötigen 12K bei einer S35 Sensorfläche auflösen kann. Auch dies zeigt, dass der Sensor in erster Linie dazu gedacht ist, Sensel zusammenzufassen. Allerdings überlässt es Blackmagic dem Anwender, ob er das Downscaling in der Post (also in Resolve) oder bereits in der Kamera vollziehen will.
Doch selbst für 8K bei einer S35-Sensorfläche hatten wir keine passende Optik parat. Es gibt zwar für moderne RF-, L- oder Z-Mounts Foto-Optiken, die 8K-Auflösungen theoretisch annähernd auf einer Kleinbild-Vollformat Fläche auflösen können, jedoch kommen solche Auflösungen nicht bei Fotoapparaten mit EF-Mount vor. Ganz zu schweigen von 8K auf APS-C.
4K-Demosaicing
Auch dies zeigt, dass die Blackmagic 12K Kamera für einen skalierten Sensor-Output geschaffen wurde. Und vor diesem Hintergrund erklärt sich dann auch fast von selbst, warum die 4K-Aufnahme bei voller Sensorfläche perfekt ausfällt:

Es zeigen sich keinerlei Artefakte wie Moirés und ein cinematischer Detail-Roll-Off - der bemerkenswerterweise ohne optischen Low-Pass-Filter zustande kommt. Und das durchgehend für alle verfügbaren Frameraten von 24-120 fps, in 4K Cinemascope mit einem Seitenverhältnis von 2,4:1 sogar bis 160 fps. Eine besseres 4K-Debayering haben wir noch nicht gesehen.
8K-Demosaicing
Tja, und in 8K wird es dann schon ohne einer sehr speziellen Optik unmöglich, das Sensorverhalten einzuschätzen. Wir haben einige Linsen ausprobiert, jedoch limitierte in unserem Testbild immer ganz klar die Optik die Auflösung (hier unser bislang bestes Ergebnis):

Offensichtlich ist die Unschärfe der Aufzeichnung auf die Optik zurückzuführen, was eine Einschätzung des Demosaicings unmöglich macht. Hier müssten wir also nochmal nach einer wirklich geeigneten Optik ausschau halten. Jedoch heben wir uns die Frage nach dem Sinn für das Fazit auf.
Wer wirklich in nativen 8K oder 12K arbeiten will, muss zudem erst einmal eine Grafikkarte finden, die genügend Speicher besitzt. Unsere RTX2080Ti mit 11GB Speicher quengelt jedenfalls bereits beim aktivieren einer 8K Timeline-Auflösung nach kurzer Zeit, dass ihr Speicher voll ist. Und in einem 12K-Projekt gelingt es nur gelegentlich überhaupt einen einzigen Frame auszuspielen, bevor die GPU "überläuft".
Rolling Shutter
Doch nicht nur die "schwierige" Nachbearbeitung sollte bei der Formatwahl bedacht werden. Denn für das Downscaling in der Kamera sprechen auch die Rolling Shutter Werte:
Bei vollem Sensor Readout mit 12288 x 6480 Senseln haben wir einen Rolling Shutter Wert von 15,6 ms gemessen. Liest die Kamera dagegen in 4K oder 8K den vollen Sensor aus, so sinken die Zeiten des Shutters auf extrem gute 7,8ms.
Offensichtlich kann der Sensor also beim Auslesen bereits einzelne Sensel in der Hardware zusammenfassen und dadurch seine Auslesegeschwindigkeit deutlich erhöhen.
Nutzt man "nur" ein 4K Fenster des Sensors, so lassen sich sogar 3,9ms erzielen. Allerdings wieder mit dem Problem, dass es schwer ist, eine Optik zu finden, die ein solches Fenster hoch genug auflösen kann.
Fazit Sensorverhalten Blackmagic URSA Mini Pro 12K
Der Sensor der Blackmagic URSA Mini Pro 12K löst weitaus höher auf als jedes handelsübliche EF-Objektiv. Damit macht eine Aufzeichnung eigentlich nur in 4K oder 8K Sinn. In diesem Auflösungen werden Sensel zusammengefasst und der Sensor verhält sich im besten Fall wie ein perfekter 4K-Sensor, der für jeden Pixel einen echten RGB-Farbwert liefern kann. Also quasi ein nativer 4:4:4 Sensor.
Bei 8K Zielauflösung liegen die theoretischen Debayering Möglichkeiten durch die Senselzusammenlegung immer noch über einem normalen 8K-Bayer Sensor. In der Praxis fällt es jedoch schwer, diese enorme Schärfe mangels geeigneten S35 8K-Objektiven auch wirklich auszunutzen. Auf jeden Fall könnte man die Blackmagic URSA Mini Pro 12K aufgrund der hohen Auflösung auch dazu nutzen, um die Schärfe von Objektiven zu messen, aber das ist ein anderes Thema.
Man kann zwar die eher theoretischen Reserven der 12K Auflösung in die Postproduktion retten und dort dann in einer verminderten Projekt-Auflösung arbeiten, jedoch empfiehlt sich unserer Meinung nach eher die Aufzeichnung in 4K oder 8K. Hier sind nicht nur die Datenraten erträglicher, sondern neben höheren Frameraten kann man auch extrem kurze Rolling Shutter Zeiten nutzen. Wobei sich die Aufzeichnung in 8K nur bei sehr guten Objektiven auszahlt. Normale Optiken wirken in 8K wie ein hier unnötiger LowPassFilter. Denn auch dies ist ein nicht unwichtiger Vorteil der üppigen Sensel-Anzahl. Moirés und Aliasing-Artefakte sind mit dieser Kamera nur sehr schwer zu provozieren.