Test Canon EOS 550D

Canon EOS 550D

Mit der EOS 550D bietet Canon den günstigsten Einstieg ins DSLR-Filmen bei voller manueller Kontrolle. Dass dabei erstaunlich wenig grundlegende Funktionen auf der Strecke bleiben ist umso schöner...

// 09:31 Di, 17. Aug 2010von

Mit der EOS 550D bietet Canon den günstigsten Einstieg ins DSLR-Filmen bei voller manueller Kontrolle. Dass dabei erstaunlich wenig grundlegende Funktionen auf der Strecke bleiben ist umso schöner...



Nach dem Auspacken wirkt die 550D trotz ihres Plastik-Gehäuses alles andere als unsolide. Gegenüber der deutlich teureren 5D und 7D bemerkt man zwar durchaus einen Verarbeitungs-Unterschied, jedoch kann auch die 550D sicherlich ein paar leichte Stöße wegstecken, ohne gleich den Geist aufzugeben. Was die Videofunktionen angeht, ist die 550D mit der 7D praktisch identisch, auch die Sensordaten sind fast gleich, auch wenn Canon immer wieder betont dass es sich (unverständlicherweise) um zwei verschiedene Ausführungen handelt.



Canon EOS 550D : cam0





Bedienung beim Filmen

Die Bedienung zum Filmen ist dabei schnell erklärt: Die Kamera im Movie-Modus anschalten. Über das Drehrad hinter dem Foto-Auslöser lässt sich die Belichtungszeit zwischen 1/30 und 1/4000 Sekunde direkt einstellen. Die Blende lässt sich ebenfalls direkt über das Drehrad regeln, allerdings muss man dabei gleichzeitig auf der Rückseite den AV-Knopf gedrückt halten. Dies kann etwas umständlich sein, besonders, wenn die Kamera auf einem Stativ steht. Aus der Hand kann man sich dagegen als Rechtshänder an dieses Konzept gewöhnen. Daumen auf AV, während der Zeigefinder dreht. ISO (vergleichbar mit dem GAIN für Videofilmer) regelt man ebenfalls über das Drehrad, jedoch muss man hier die ISO-Taste nicht gleichzeitig drücken sondern vor der Einstellung und nach der Einstellung. Hier steht neben Automatik auch ein Wertebereich von ISO100 bis ISO6400 zur Verfügung.



An einen manuellen Weißabgleich kommt man nur etwas komplizierter über das Quick-Menü: Neben zahlreichen Presets muss man für den manuellen Weissabgleich nämlich zuerst eine weiße Fläche in der Szene fotografieren. Diese wählt man anschließend in der Einstellung „manueller Weißabgleich“ als Referenz. Wer will kann nachträglich noch die Weißabgleich-Einstellungen sehr detailliert feintunen, jedoch dürfte dies in normalen Aufnahmesituationen zu zeitaufwändig sein.



Tja, Blende, Shutter, Gain, Weißabgleich, was will das Filmerherz mehr an manueller Kontrolle? Richtig: Fokussieren. Und auch das ist eigentlich viel besser gelöst, als bei vielen aktuellen AVCHD-Camcordern. Es existiert eine 5- und 10fache Vergrößerungsansicht im Display, die das Scharfstellen sehr exakt möglich macht. Dazu funktionierte der Autofokus mit unserem Kit-Objektiv EF-S 18-55m 1:3.5-5.6 IS von Canon. Ab besten gefiel uns dabei die Arbeitsweise, den Autofokus nur mit halb herunter gedrückter Foto-Auslöser-Taste zu benutzen und ihn dann nicht mehr während des Filmens anzufassen. Eventuelle Schärfeverlagerungen, für die man ja gerade eine DSLR schätzen sollte, macht man anschließend manuell am Objektiv.







Der bessere Camcorder?

Soweit so cool. Gegenüber „normalen“ Consumer-Camcordern bis zur 1000 Euro-Liga gefällt uns die Bedienung der 550D eigentlich viel besser, Automatikfilmer dürften das jedoch anders sehen. Anwender, die gerne Zoomfahrten gestalten, dürften ebenfalls eine Zoomwippe oder ein Equivalent dazu vermissen. Denn gezoomt wird nur über den Objektivring und das gelingt ohne Zubehör praktisch niemals ruckelfrei. Auch einen zuschaltbaren ND-Filter gibt es nicht, wie auch? Entweder müsste dieser riesig sein, damit er sich vor den APS-C-Sensor schieben kann. Oder er müsste im Objektiv verbaut sein, wo ebenfalls Platzmangel herrscht.






Formate

Die unterstützten Aufzeichnungs-Formate sind mit 1080p24, 1080p25 sowie 720p50 und VGA für eine DSLR sehr typisch. Gerade die 1080p-Modi kommen dem ersehnten Filmlook ziemlich entgegen. Auch die möglichen Belichtungszeiten von 1/30 und 1/40 Sekunde setzen dabei die gröbste Ruckelei in deutlich ansehnlichere Bewegungsunschärfen um. Wer bisher einen 35mm Adapter eingesetzt hat, kommt hier mit der EOS 550D schneller zu deutlich besseren Ergebnissen.






Die Bildqualität

Tja, dieses Thema lässt regelmäßig unsere Köpfe im Testlabor heißrauchen. Denn um eine DSLR zu testen, muss man natürlich auch ein Objektiv davor spannen, und eben dieses trägt einen erheblichen Anteil zur Beurteilung (ganz besonders zur Verzeichnung und zum Low-Light-Verhalten) bei. Auch die Schärfe wird natürlich dadurch beeinflusst, weshalb wir diese Tests eigentlich ungern in Zusammenhang mit der Kamera veröffentlichen. Wen es aber dennoch interessiert, hier unsere Erkenntnisse mit dem oft mitgelieferten Kit Objektiv EFS 18-55mm, F3.5-5.6:



Zuerst einmal die Schärfe. Hier liegt die Canon, wie auch ihre großen Schwestern etwas unter dem Level, den ein guter AVCHD-Camcorder erreichen kann.



Luminanzauflösung
Luminanzauflösung



Beim Blick auf das ISO-Chart fallen neben dem leichten Schärfeabfall einmal wieder in den Kreisen die Skalierungsartefakte des Sensors auf. Allerdings sind diese sogar etwas geringer, als bei Sonys aktueller NEX-VG10.



Canon EOS 550D : canonvideoISO340



Zurückzuführen ist die Unschärfe definitiv auf die Signalverarbeitung die die überschüssigen Pixel für HD-Auflösung unsauber zusammenführt. Eine heruntergerechnete Foto-Aufnahme des selben Testaufbaus zeigt dagegen eine hervorragende Schärfe:



Canon EOS 550D : canon foto iso



Am Objektiv kann es also zumindest nicht liegen ;)



Bei realen Aufnahmen wirkt die Kamera jedoch bei weitem nicht so unscharf, wie die Testergebnisse ahnen lassen, denn durch die relative Schärfe (also die große Bandbreite zwischen scharfen und unscharfen Bereichen im Bild) wirken die scharfen Bereiche sehr imposant. Wir durften uns ja auf der diesjährigen Digitalschnittmesse in Berlin ein Bild davon machen, wie Canon DSLR-Videos auf einer 84 Quadratmeter Leinwand aussehen, und das war schon ohne große Postproduktion wirklich großes Kino. Pixel-Artefakte und Kanten fallen bei einer großen Projektion viel mehr ins Auge, als die geringe absolute Schärfe. Und zu unserer Begeisterung produziert der Canon-Codec von ersterem erstaunlich wenig. Bleiben noch die Alisaing Artefakte. Diese lassen sich recht gut in den Griff bekommen, wenn man die Grundschärfe der Kamera erst mal ganz wegregelt und in der Post später moderat nachschärft. Eben genau so wie bei einem RAW-Workflow auch.





Die Farbauflösung ist übrigens schön gleichmäßig und steht einem sehr guten AVCHD-Camcorder in nichts nach:



Farbauflösung
Farbauflösung



Die Verzeichnung des Objektivs ist kaum zu bemängeln, besonders wenn man den Preis in Betracht zieht.



Verzeichnung
Verzeichnung



Bei viel Licht zeichnet die Kamera schöne Farben, die sich dank Picture Presets auch noch weitreichend anpassen lassen.



1200Lux
1200Lux



Bei wenig Licht erlaubte das Kit-Objektiv bei dem benötigten Motivabstand nur noch eine Blende von 4.5, was für Lowlight doch sehr wenig ist. Dennoch gelingen die Aufnahmen noch immer ganz passabel. Da die Kamera keinen direkten Automatik-Modus hat, entstand unser Low-Light-Testbild nur mit Auto-ISO (6400) sowie einer Belichtungszeit von 1/30s.



12 Lux
12 Lux





Der Audiobereich zeigt einen eher unregelmäßigen Verlauf bei relativ starkem Rauschen. Auch hier empfiehlt sich auf jeden Fall der Einsatz eines externen Flash-Recorders.



Störgeräusche
Störgeräusche





Canon-Zuckerl 1 – Picture Presets

Damit könnte dieser alternative Blick auf die 550D eigentlich schon durch sein. Ist er aber nicht, weil wir noch zwei Features erwähnen wollen, welche die Canon DSLRs einzigartig machen. Diese kamen in bisherigen Tests immer zu kurz, werten die Kamera jedoch noch einmal zusätzlich auf.



Zuerst ist da einmal die Möglichkeit Picture Presets zu verwenden. Über diese leicht austauschbaren Kamera-Profile lässt sich der Look der Kamera in einer Breite variieren, die auch im professionellen Videoumfeld nicht selbstverständlich ist. Gerade mit sogenannten Flat-Looks lassen sich sehr flache Gradationskurven einstellen, die für eine extreme Dynamik bei der Aufnahme sorgen. Hiermit sehen die Clips aus der Kamera zwar nicht berauschend aus, dafür hat man in der Postproduktion enorme Gestaltungsmöglichkeiten, die erst einen echten Film-Look ermöglichen. Eben dieses Konzept des Flat-Filmens ist nahe an den Möglichkeiten einer Raw-Aufnahme, die unter anderem bei der RED-Kamera für deren Fan-Gemeinde sorgt.






Canon-Zuckerl 2 – EOS Utility

Und dann ist da noch das EOS-Utility, das praktisch die gesamte Fernsteuerung der Kamera über USB erlaubt. Hiermit lassen sich nicht nur bequem Presets verwalten oder Aufnahmeparameter live einstellen. Auch eine Livevorschau im PC-Fenster ist dabei möglich. Zwar wird das Bild nur mit ca. 5 FPS aktualisiert, dafür hat man hier am Laptop einen zusätzlichen Vorschaumonitor. Und gegenüber einer Preview über HDMI (die natürlich weiterhin möglich ist) bleibt die Liveview auf dem Kameradisplay dabei erhalten.



Canon EOS 550D : eos utility


Gerade Ein-Mann-Produktionsfirmen können hier mit dem Laptop auch über eine bis zu 10 Meter lange USB-Verbindung die Kamera äußerst elegant fernsteuern. Kleiner Tipp am Rande: Eigentlich funktioniert die Installation des EOS-Utilitys nur über die mitgelieferte CD-Rom, was den Einsatz auf Netbooks etwas erschwert. Uns gelang die Installation jedoch auch mit einem Software-Update aus dem Netz, indem wir in der Registry den Schlüssel


HKEY_LOCAL_MACHINE\SOFTWARE\Canon\EOS Utility erzeugten. Gerade in Kombination mit einem ausdauernden Netbook bekommt man so eine ziemlich erstaunliche Kamerafernbedienung in die Hand.








Fazit

Die EOS 550D reizt FullHD definitiv nicht aus. Dafür ist sie etwas zu unscharf, was allerdings auch für alle anderen bisher von uns getesteten DSLRs (incl. Sonys neuer NEX-VG10) gilt. Dass sie dennoch tolle Videos macht, liegt unter anderem auch daran, dass das menschliche Auge sich stark an relativen Schärfeeindrücken orientiert. Und diesem Bildeindruck zaubert die EOS dank großem Bildsensor problemlos und beeindruckend herbei. Auch die manuelle Bedienung ist ziemlich cool und für szenische Arbeit jedem 1000 Euro AVCHD-Camcorder überlegen, da es für fast jede notwendige Funktion auch eine externe Taste gibt. Allein das macht Kamera gerade für alle Filmer höchst interessant, die für einen amtlichen Filmlook möglichst wenig Geld investieren wollen.



Absolutes Killerfeature für eine ernstzunehmende Produktion sind jedoch die Bildprofile, die eine extreme Aufnahme-Dynamik ermöglichen. Feiner Zug, dass Canon diese auch für die 550D ermöglicht und nicht nur den großen Modellen vorbehält. Auch die USB-Fernbedienung via EOS-Utility ist sicherlich für manche Produktionen von unschätzbarem Vorteil. Wie alle anderen Canon DSLRs hat die Kamera aber natürlich auch mit kurzen Cliplängen (max 29 Min) und Sensor-Hitze zu kämpfen. Und auch wichtige Features wie Audio, ND-Filter oder Zoom müssen bei Bedarf trickreich dazu gefrickelt werden. Wer jedoch den Rebel-Film-Making Style pflegt, für den gibt es zur Zeit einfach kein günstigeres Spielzeug um zu einem ansehnlichen Filmlook zu gelangen.



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