Dass sich Macs seit der Einführung der eigenen M-Prozessoren besonders gut für die Videobearbeitung eignen, dürfte sich bei den meisten Anwendern bereits herumgesprochen haben. Allerdings liegen die Preise für die meisten Apple-Rechner jedoch auch deutlich über den Preisen leistungsmäßig vergleichbarer PCs. Spätestens wenn man unter Resolve zu einer dedizierten GPU greift, wendet sich das reine Preis-Leistungsverhältnis recht schnell gegen die Apfel-Marke aus Kalifornien.
Eine Ausnahme könnte dabei jedoch gerade der kleinste Einstiegs-Mac aus der Mac Mini Serie machen. Mit dem einfachsten M2-Prozessor ist dieser Rechner immer wieder unter 600 Euro zu finden. Zugleich fällt die Speicherausstattung dann mit 8GB RAM und 256 GB SSD äußerst spartanisch aus und Apple lässt sich jegliche interne Speichererweiterung fürstlich bezahlen. Dies sollte man als Anwender auch tunlichst vor dem Kauf berücksichtigen, denn nachträglich erlaubt Apple keine Erweiterungen der Hardware mehr - alle Innereien sind fest verlötet.
Komfort geht wahrscheinlich anders, aber dennoch interessiert uns gerade deswegen, wie weit man mit diesem günstigsten 8GB-Mac als kleiner Schnittrechner kommt - für Office, Browsing und Medienwiedergabe reicht der Mac Mini jedenfalls schon dicke.
Und da man für die Videobearbeitung sowieso ein schnelles externes Speichermedium benötigt, muss die interne 256 GB SSD alleine für das System und ein paar Programme genügen. Und die 8GB RAM können je nach Anwendung auch für viele Fälle noch völlig ausreichend sein. Also schauen wir doch einmal näher hin, was man hier für 600 Euro geboten bekommen kann...

Ausgepackt - Das ist drin
Im Karton findet sich tatsächlich auch kaum etwas anderes als der 1.2 kg leichte Mac Mini im Metallgehäuse. Nur eine einseitige Anschluss-Anleitung sowie ein schwarzes Netzwerkkabel liegen noch bei. Letzteres lässt bereits auf den recht geringen Stromverbrauch schließen, da der Stromanschluss ohne Erdungsschutzleiter nur 2adrig ausgeführt ist. Tatsächlich finden wir das integrierte Netzteil eine besondere Erwähnung wert. Bei anderen Mini-Pcs (und natürlich auch Laptops) ist das externe Netzteil in unseren Augen immer ein nerviges Addon, das unnötig Staub sammelt und auch gerne mal vergessen wird.
Etwas verwundert uns dann allerdings doch eine grundsätzliche Design-Entscheidung. Wer einmal Bilder von den Innereien aktueller Macs (und iPads) mit M-Prozessoren gesehen hat, weiß dass diese weitaus weniger Platz verbrauchen, als das - zudem recht massive- Gehäuse des Mac Mini mit ca. 1,4 Liter Volumen. Eigentlich müsste sich die gleiche Funktionalität auch problemlos in einem Viertel des Volumens unterbringen lassen. Eventuell wäre sogar die komplette Integration in ein überdimensioniertes Netzteil möglich. Warum Apple diesen höchst interessanten Schritt der weiteren Miniaturisierung seit der ersten Mac Mini Generation nicht wahrnimmt, ist uns ein Rätsel. So ein Mac Micro für das gleiche Geld würde sicherlich noch einmal ganz andere Käuferschichten ansprechen, bzw. auch als Zweit- oder Drittgerät für bestehende Apple Anwender sehr interessant sein.
Angeschlossen - Konnektivität des Mac Mini M2
Grundsätzlich positiv fallen die Anschlussmöglichkeiten aus: Neben 1x HDMI und 2 x Thunderbold/USB/Displayport gibt es auch noch einen RJ-45 1Gb LAN Ethernet-Netzwerkanschluss sowie zwei alte, große USB-A Anschlüsse. Diese ersparen in vielen Fällen die nervigen Adapterorgien, die man von MacBooks aufgrund fehlender Anschlüsse kennt. Sogar ein analoger Kopfhöreranschluss ist noch vorhanden. Hierüber kann man beispielsweise latenzarm ein paar günstige aktive Lautsprecher als Abhöre nutzen.

Dass man beim Videoschnitt ja gerne einen zweiten dedizierten Vorschaumonitor nutzen will,stellt auch bei Mac Mini keinen Hinderungsgrund dar. Denn trotz seiner Größe unterstützt der M2 Mac Mini den Anschluss von zwei Displays. Über HDMI sind dabei 4K mit maximal 60Hz möglich, über den Thunderbolt-Anschluss sogar gleichzeitig bis zu 6K bei maximal 60Hz. Für die meisten Anwendungsfälle dürften all diese Anschlussmöglichkeiten somit erst einmal völlig ausreichend sein.
Angemacht - Die ersten Schritte
Ein unerwartetes Henne-Ei-Problem trifft den Anwender, wenn er vorhat, den Mac Mini mittels Bluetooth Maus und Tastatur zu nutzen: Da keines der beiden Eingabegeräte mitgeliefert wird, muss man erst einmal mindestens ein kabelgebundenes Eingabegerät zur Einrichtung anschließen. Dank USB-A Anschlüssen darf dies jedoch auch sehr alte PC-Peripherie sein.
Hat man den Rechner einmal fertig eingerichtet, ist alles wie gewohnt. D.h. fast alles. Bei uns gab es noch Probleme mit der Einstellung der HiDPI Schriftgröße auf dem Desktop - der hierzu gehörige Parameter tauchte in den Systemeinstellungen nicht auf. Und auch unsere Microsoft Office Tastatur mit Windows Layout wurde zwar automatisch erkannt, jedoch stimmte unter anderem die Position des "ß" nicht.
Solche Kleinigkeiten sind nicht sexy, sind aber letztlich auch für nicht native Mac-Anwender in der Regel schnell zu lösen. Einzig ein bis Artikelschluss unlösbares Problem stellte ein nicht mehr lesbarerer Ordner auf einer externen FAT32 SSD dar. Am PC war dieser Ordner durchgehend lesbar, allerdings verweigerte der Mac Mini auch nach mehrmaligem ab- und ankoppeln, diversen Neustarts und kompletter Freigabe/Neuvergabe aller Zugriffsrechte den Zugriff auf seinen Inhalt. Stattdessen zierte ein kleiner runder Punkt den Ordner (aber ohne Ruf- oder Minuszeichen):

Auch im Internet fand sich nach längerer Suche nichts zu diesem sehr speziellen Punkt. Wir haben den Ordner letztlich dann am PC umkopiert und danach war das Problem vom "Tisch".
Und wir die beruhigende Erfahrung reicher, dass auch am Mac nicht immer alles hundertprozentig rund läuft. Wir freuen uns dennoch über sachdienliche Hinweise, gerne hier unten im Forum.
Gemacht für Resolve?
Einen ersten Performance Eindruck vermittelt immer der Blackmagic RAW Speed Test:

Die Zahlen sind für sich ist erst einmal nicht selbsterklärend.Mit Hilfe unserer sehr lose gepflegten Vergleichstabelle lässt sich der Mac Mini bereits grob einordnen:
Dank relativ schnellem Speicherinterface und 10 GPU Cores platziert er sich dort zwischen einem M2 Macbook Air und einem M3 iMac. Gegenüber dedizierten GPUs am PC bleibt die Apple GPU jedoch in diesem Test sehr deutlich zurück.
Natürlich ließen wir es uns auch nicht nehmen, auf dem Mac Mini unser typisches Resolve Benchmark Projekt in 8K laufen zu lassen. Die Ergebnisse belegen dabei schon, dass der Rechner mit seinem minimalistischen GPU-Ausbau nur am unteren Ende der 8K-Performance Liga erscheint:
Workstation 8K Benchmark, Resolve 17 /18 | ||||||
MODELL | 50 Curved CC Nodes 24p | Motion Blur Better,Large,30.0 | Spatial NR, small, 50,50 | Spatial NR, large,100,100 | Temp NR 1 faster small 50 50 50 | Temp NR 2 better large 50 50 50 |
iPad Pro M2 | 8,5 | 3,5 | 2,5 | 0,5 | 5,5 | 2,5 |
iMac M3 24GB | 6,5 | 3,5 | 5,75 | 1,5 | 4,5 | 2,5 |
Mac Mini M2 8GB | 8,25 | 3,5 | 6,5 | 2 | 5,25 | 2,5 |
MacBook M1 Pro | 11,5 | 6 | 3,5 | 1 | 9 | 4,5 |
Lenovo Legion Y540 17IRH RTX 2060 | 4 | 8 | 7,5 | 2,5 | 10,5 | 4,5 |
Lenovo Yoga 9i mobile RTX 4070 | 7,25 | 8,5 | 13,25 | 4 | 12,5 | 6,5 |
MSI Z17 RTX 3070 Ti | 6,5 | 11 | 15,5 | 4,5 | 15,5 | 8,5 |
Desktop Intel Arc 770 | 10,25 | 8,5 | 20,5 | 6,5 | 13,5 | 6,5 |
Desktop RTX 2080 Ti | 10,5 | 13 | 21 | 6,5 | 17 | 10 |
MacBook Pro M1 Max 32GB (Messung2023) | 23 | 12 | 21,5 | 6,25 | 18 | 9,75 |
MacBook Pro 2023 M2 Max | 24 | 14,5 | 8,5 | 2,25 | 20,5 | 11,5 |
MacBook Pro 2023 M3 Max 128GB | 24 | 13,25 | 24 | 6,5 | 19,5 | 10,5 |
Alle Benchmarks unter Version 17.4-/18.x von DaVinci Resolve Studio. Alle Spalten beschreiben die Wiedergabe in fps. Die Messungen wurden ohne aktive Scopes sowie ohne eine aktive Vorschaukarte ermittelt. |
Diese Zahlen drücken in erster Linie aus, wie echtzeitfähig ein System mit rechenintensiven GPU-Effekten ist. Beim normalen Schnitt-Einsatz flutscht der Mac Mini dagegen wie die großen Macs, da auch er die wichtigsten Codecs in Hardware dekodieren kann. Zudem besitzt er im Gegensatz zum Mac Mini mit M1 Prozessor sogar 50 Prozent mehr Speicherdurchsatz (100 GB/s vs. 67 GB/s), was deutlich schneller ist, als alle integrierten GPU-Lösungen auf der PC-Seite. Kurz gesagt: Solange man keine rechenintensiven GPU Effekte nutzt, lässt sich auf der Resolve-Timeline butterweich schneiden.
Doch eigentlich passt die Resolve Studio Version mit ihren GPU Effekten sowieso nicht in das Bild dieses Testberichtes. Schließlich geht es ja hier um Low Cost Schnittsystem und eine Resolve Studio Lizenz kostet mit ca. 300 Euro ja bereits halb so viel wie unser kleiner Mac.
Richtig rund wird unsere Betrachtung darum eigentlich erst im Zusammenspiel mit der kostenlosen DaVinci Resolve Version. Diese erlaubt zwar kaum GPU-Effekte und nur das Ausspielen von Projekten bis 4K UHD Auflösung, doch für ein günstiges Videoschnittsystem sollten die meisten vorhandenen Funktionen mehr als ausreichend sein.
Wir haben daraufhin die kostenlose Version Resolve installiert und sind hiervon ziemlich begeistert: Was man hier für 600 Euro an Schnitt-Performance erleben darf, bekommt man mit keiner PC-Lösung in dieser Preisklasse. Denn in der kostenlosen PC-Version fehlen ein paar beschleunigte Codecs, die aus Windows/Codec-Lizenzgründen nur in der PC-Studio-Version aktiviert werden. Am Mac flutschen hingegen all unsere 4K-Testfiles auch in der kostenlosen Version auf der Timeline.
Am meisten vermisst haben wir jedoch die Vorschaumöglichkeit an einem zweiten Monitor, da Blackmagic den VideoClean Feed in der kostenlosen Version deaktiviert hat. Man kann dies allerdings behelfsweise umgehen, indem man Workspace auf zwei Bildschirme aufgeteilt und die Seite ohne die Timeline dann auf eine Vollbildvorschau umstellt (Windows/Apfel +F). Dies ist zwar nicht hundertprozentig sauber, aber immerhin für lau.
Praxis
Wir lieben die Arbeit mit drei Maustasten unter Resolve, was ohne weitere Konfiguration mit einer Bluetooth-Maus möglich war. Auch längere 4K-Schnittprojekte lassen sich hier offensichtlich durchaus realisieren. Allerdings sollte man sich hierfür gegebenenfalls auch mit den Proxys befassen, deren Aktivierung nicht immer einen Performance-Gewinn darstellt, wenn der Codec auch in Echtzeit decodiert werden kann.
Auch finden sich selbst im kostenlosen Editor noch sehr prozessorhungrige Effekte wie Stabilisation oder Retiming. Wenn diese einmal ungewollt den Hintergrundrenderer "erreichen", kann dies den kleinsten Mac dann doch in längere Denkpausen mit dem Spinning Rainbow Wheel befördern.
All dies verstärkte zudem unser mulmiges Gefühl, dass 8GB Ram mit einer neuen Version von Resolve irgendwann nicht mehr ausreichend sein werden. Wir persönlich würden daher in den sauren Apfel beißen und auf jeden Fall die M2-Konfiguration mit 16 GB kaufen, auch wenn dies noch einmal mindestens 200 Euro Aufpreis bedeutet. Denn in dieser Ausstattung sollte der Mac Mini auch noch ein paar weitere Jahre für Resolve gut gerüstet sein. Es sei denn man spekuliert hier in Richtung KI - was aber ein grundsätzlich anderes Thema ist...
Fazit
Wer ein besonders günstiges 4K-Schnittsystem sucht, kauft am besten einen Mac - und zwar diesen. Was vielleicht als Witz gedeutet werden könnte, ist unser voller Ernst. Die Kombination aus kostenlosem Resolve und günstigem Mac Mini bietet für gerade mal 600 Euro aktuell einen schier unschlagbaren Gegenwert. Natürlich braucht man auch noch Displays, SSDs, Maus und Tastatur, aber die sind auch bei jedem anderen Rechner notwendig. Und gerade weil man hierfür auch einfache PC-Komponenten verwenden kann, ist man an keiner weiteren Stelle gezwungen, den typischen Apple-Aufpreis für dieses notwendige Zubehör zu bezahlen. Dass man für ein günstiges Mac-Schnittsystem letztlich doch eher 800 Euro für 16 GB RAM investieren sollte, ist vor allem einer gewissen Zukunftssicherheit geschuldet.
Wir wollen allerdings auch noch einmal klarstellen: Wer mehrer Zeit mit der Videobearbeitung verbringt, sollte auf jeden Fall ein stärkeres System in Betracht ziehen ziehen - denn letztlich ist der Komfort von schneller Effektberechnung, bzw. so viel Echtzeit wie möglich dann kein Luxus, sondern wirklich ein wertvoller Produktivitätsgewinn. Und ab 1000 Euro lassen sich auf PC-Basis deutlich potentere Rechner mit dedizierter GPU konfigurieren, als Apple in vergleichbaren Preisregionen anbietet.