Mittlerweile ist die Bearbeitung von 4K-Material auf vielen aktuellen Computern mit hoher Performance möglich. Wer sich nicht näher mit der Materie befassen will, kann am Desktop nahezu blind zu einem aktuellen, günstigen 8 Kern-Prozessor mit Hyperthreading greifen, 16 GB RAM verbauen und dazu eine einfache Nvidia Karte mit mindestens 192 Bit breitem GDDR6-Speicher gesellen. Ein Rechner, der auf diesen Eckdaten basiert sollte deutlich unter 800 Euro realisierbar sein und dennoch einen Großteil typischer 4K-Projekte bequem in Echtzeit bearbeiten können.

4K-Kameras sind ja seit einiger Zeit "Mainstream" und 6K-Modelle sind ebenfalls schon gut am Markt vertreten. Sogar die ersten bezahlbaren 8K Kameras werden in diesem Jahr erwartet. Wer auch für 6K- oder 8K-Projekte (oder auch einfach nur für zukünftige Eventualitäten) gewappnet sein will, sollte seine Hardware etwas vorausschauend planen. Dafür wollen wir auch in 2020 wieder einmal auf aktuelle Komponenten blicken und ein paar Empfehlungen für die Systemzusammenstellung liefern. Doch vor der konkreten Komponentenauswahl gilt es erst einmal die wichtigsten Komponenten und deren Zusammenspiel zu kennen. Was wir in diesem ersten Teil des Artikels darstellen wollen...
4K vs. 6K vs. 8K Anforderungen
Schon das “kleinste” 4K-Format (UHD mit 3840 x 2160 Pixeln) beherbergt bereits viermal mehr Pixel als FullHD mit 1920 x 1080 Pixeln. Um einen Effekt in 4K zu berechnen, muss ein Rechner daher mindestens viermal mehr Rechenleistung und Datendurchsatz bereitstellen als für FullHD. Dies ist insofern bemerkenswert, da mittlerweile auch durchschnittliche Hardware bereits gut mit 4K-Bearbeitung zurecht kommt. Wie bereits erwähnt sollten die meisten Anwender mit einfacher Ausstattung problemlos arbeiten können, zumal bei den deutschsprachigen Sendern noch nicht einmal 4K eine nennenswerte Rolle spielt. Sogar für absolute Hi-End-Produktionen im Kino oder für Netflix stellt 4K aktuell die maximale Distributions-Auflösung dar. Wer daher auf 6K oder 8K setzen will, blickt daher schon sehr weit in die Zukunft oder auf sehr besondere Anwendungsfälle.
Ein solcher Anwendungsfall ist beispielsweise das Downscaling in der Post. So lässt sich perfekte 4K-Qualität eigentlich erst erzielen, wenn das Rohmaterial in einer höheren Ausgangsauflösung vorliegt. Auch das De- oder Re-Noising findet -wenn möglich- besser in einer höheren Auflösung statt. Soll auch hier eine flüssige 6K- oder 8K-Bearbeitung in Echtzeit möglich sein, so werden teurere Komponenten nötig. Als Richtlinie kann man sich verdeutlichen, dass 6K gegenüber 4K grob die doppelte Rechenleistung benötigt, 8K die vierfache.
Arbeitsteilung CPU - GPU
Die größte Beschleunigung erzielten die Softwarehersteller in den letzten Jahren mit der Einbindung der Grafikkarte (GPU) in die Berechnungen. Denn diese GPUs stellen (eigentlich für Videospiele) eine enorme Rechenleistung bereit, die man auch für Videoeffekte nutzen kann. Allerdings kann eine Grafikkarte nicht jeden Effekt gleich gut beschleunigen, sondern nur solche Effekte, die sich besonders gut in viele einfache, parallele Teilaufgaben zerlegen lassen. Für einen großteil der gängigen Videofilter trifft dies jedoch mittlerweile zu.
In der Praxis hat sich daher bei den meisten Herstellern die Vorgehensweise bewährt, dass man den Hauptprozessor (CPU) die Videoströme dekodieren lässt. Sobald ein komprimiertes Video-Format (z.B. MP4, AVC, ProRes oder ähnliches) zum Einsatz kommt, wird in der Regel die CPU (also der Prozessor) am Anfang der Signalverarbeitung verwendet. Hier nutzt mittlerweile praktisch jeder Software-Hersteller besonders optimierte Codecs. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass alle aktuellen GPUs von AMD und Intel sowie viele CPUs mit integrierter Grafik auch über Video-Hardware-Decoder verfügen und damit prinzipiell sogar eine ruckelfreie 8K-Vorschau in der Timeline realisieren könnten. In der Praxis ist es jedoch schwer herauszufinden, welcher Software-Hersteller welche Hardware konkret unterstützt. Wer hier spezielle Engpässe im System umschiffen will, muss sehr genau hinsehen, wo der eigene Workflow entsprechende Möglichkeiten bietet.

Im speziellen Fall bedeutet dies, sein System sehr genau auf die geplanten Formate anzupassen. Ein praktisches Beispiel: Nvidia kann zwar mit seiner aktuellen GPU-Generation H.264 und H.265 mit bis zu 8K-Auflösung in Hardware en- und decodieren, jedoch gerade nicht in dem für viele Filmer relevanten 4:2:2 Format. Bei Intel funktioniert dies dagegen mit sehr aktuellen Prozessoren, jedoch gibt es diese in der passende Generation (IceLake) fast nur als Notebook CPUs und nicht für den Desktop. Bei AMD gibt es die Funktion dagegen sowohl in allen Laptop-, als auch in manchen Desktop-CPUs sowie in vielen GPUs, jedoch wird sie aktuell nur von sehr wenigen Herstellern unterstützt. Und bei den eigentlich für Videoschnitt-Workstations gedachten CPUs von Intel und AMD findet sich wiederum gar keine Hardware-Beschleunigung in der CPU.
RAW Editing
Nochmal anders sieht es wiederum bei der RAW Bearbeitung aus, denn hier kann bei vielen Formaten das Debayering von der GPU übernommen werden. Dabei kommt jedoch keine spezielle Codec-Hardware zum Einsatz, sondern die RAW-Entwicklung findet durch programmierte Shader statt. Sie läuft also wie ein Effekt als Programm auf der Grafikkarte. Dies raubt somit wiederum Leistung für andere GPU-Effekte. Deswegen können sich in diesem Fall Multi-Core-Moster CPUs lohnen, welche die RAW-Entwicklung durch viele Kerne auf der CPU beschleunigen. Und damit der GPU den Rücken für andere Effekte frei halten. Denn schon das Decodieren eines 8K-RAW-Stroms mit 24p kann eine Mittelklasse GPU zur Hälfte "belegen".

Wer sein System "universell" fit für die 8K-Zukunft machen will, findet daher aktuell keine universelle Antwort. Nimmt man einen Intel Prozessor mit vielen Kernen, so muss man auf Quicksync (also die Hardware-Codecs) verzichten. Nimmt man weniger Kerne, muss das RAW-Decoding auf der GPU stattfinden. Ein guter Kompromiss könnte deswegen eine AMD-CPU mit vielen Kernen darstellen, die einfach jegliches Decoding ohne Hardware-Unterstützung in CPU-Software erledigt. Hier ist man dann nicht auf spezielle Implementationen der Software-Hersteller angewiesen (außer auf eine gute Aufteilung auf viele CPU-Kerne).
50p und 60p
Ganz und gar nicht cinematisch, aber für viele Produktionen sicherlich ebenso wichtig: Projekte mit 50 oder sogar 60 Frames pro Sekunde. Hier mit unkomprimiertem RAW-Material zu arbeiten, füllt in Minuten ganze SSDs. Daher ist es aktuell noch deutlich pragmatischer, bei 50/60p mit komprimiertem Material zu arbeiten. In der Praxis sind das entweder leicht komprimierte Intra-Frame Codecs wie ProRes, die in 4K Datenraten in der Region um die 200 MB/s erzeugen. Doch auch stärker komprimiertes RAW kann hier mittlerweile bei ähnlichen Datenraten nützlich sein.
Bei sehr viel Rohmaterial wird man jedoch zwangsweise auf deutlich stärker komprimierte Inter-Frame Codecs wie H.264/HEVC zurückgreifen, die in 4K brauchbare Datenraten bis hinunter zu 12 MB/s (ca. 100 Mbit/s) ermöglichen. Als Daumenregel kann dabei gelten: Je komplexer ein Videostrom komprimiert wurde, desto mehr Leistung wird anschließend benötigt, um den Videoclip ruckelfrei von der Timeline abzuspielen.
Darum schneiden sich schwach komprimierte Formate wie ProRES oder RAW in der Regel auf der Timeline deutlich weicher, als stark komprimiertes H.264/HEVC.
Festplatten (HDDs) und SSDs
Allerdings müssen für schwach komprimierte Codecs auch sehr schnelle Festplatten (HDDs) bzw. SSDs verbaut werden. S-ATA Festplatten können aktuell kontinuierliche Datenraten bis zu knapp 200 MB/s "schaffen" und eigenen sich daher in erster Linie für komprimierte 4K-Anwendungen. Dafür ist der Preis pro Terabyte (TB) Speicherplatz hier nach wie vor unschlagbar günstig (schon ab ca. 20 Euro/TB, Stand 02/2020).
§Festplatte.jpg§:Festplatte: Klobig aber extrem günstig und oft schnell genug für stark komprimierte Formate
Mit ca. 500 MB/s kontinuierlicher Datenrate der üblichen SATA-SSDs können auch komprimierte 6K- und evtl. sogar noch 8K-Clips wiedergegeben werden. Diese kosten allerdings bereits ca. 100 Euro/TB (Stand 02/2020).
Wer wirklich schwach komprimiertes oder sogar unkomprimiertes 8K-Material bearbeiten will sollte dann lieber gleich zu den besonders schnellen NVMe-Drives greifen, welche Datenraten bis zu 6.000 MB/s erreichen können. NVMe-Modelle sind mittlerweile ab 130 Euro/TB zu haben (Stand 02/2020). Rasend schnelle PCIe 4.0 Modelle, die auch kontinuierlich weit über 3GB/s Sekunde schreiben können (und sich damit auch vorzüglich als unkomprimierter 8K-RenderCache empfehlen) können aber auch noch oft über 200 Euro/TB kosten.