ETTR vs False Color
Im Gespräch mit DOPs und Color-Artists kristallisieren sich immer wieder zwei ganz unterschiedliche Ansichten Pro&Contra ETTR heraus: Die einen wollen das rauschärmste Material und dies bedeutet die maximal mögliche Sättigung des Sensors: also ETTR, bzw, ETTR-nahe Belichtung. Dies dürfte die weitaus größere Gruppe sein.

Die Empfehlungen bei der Ursa Mini 4.6K liegen hier meistens in einer Spanne zwischen 85 und 95% IRE (Zebra-Levels) auf den Highlights (Ausreisser wie glänzende Metalloberflächen ausgenommen). Neben dem dadurch insgesamt minimiertem Rauschen fällt als angenehmes Nebenprodukt bei der Ursa 4.6K die Minimierung von Fixed-Pattern Noise in Lowlight oder dunklen Bildanteilen in Extremsituation an (wobei man hier sagen muss, dass die Ursa Mini 4.6K Fixed Pattern Noise vergleichsweise gut unter Kontrolle hat).




Es gibt aber auch die Fraktion, die sich explizit gegen ETTR ausspricht und lieber eine an den Hauttönen / Hauptmotiv orientierte Belichtung (an Stelle von Highlight-orientiert) bevorzugt.
Werkzeuge der Wahl wären bei der Ursa Mini 4.6 K hier die Anwendung der Falsecolor-Empfehlung (pink = kaukasische Hauttöne), bzw. externer Belichtungsmesser (und optional Graukarte). Das Hauptargument hier liegt in Bezug auf den finalen Film als Ganzes auf einer von Szene zu Szene konstanteren Belichtung der wesentlichen Bildmotive und damit eines durchgehend homogeneren Looks.




Die Argumente von beiden Seiten lassen sich unserer Meinung nach gut nachvollziehen. Eine wichtige Klärung bringt hier in der Regel eine Vorab-Besprechung mit Beteiligung von Regie, DOPs und Postproduktion über den angestrebten finalen Look und die dazu am besten passende Belichtungsstrategie.
Dies ist umso wichtiger, als Kameras wie die Ursa Mini 4.6K einen so hohen Dynamikumfang mitbringen, dass sich ETTR und False Color Belichtungen in der Praxis auch mal um bis zu 3 vollen Blenden unterscheiden können und dies merkliche Auswirkungen auf die Farbwiedergabe hat. Umgekehrt kann ETTR bei hohen Motivkontrasten auch zu Unterbelichtungen bei den Mitten führen.
ETTR-Belichtungen farb-, rauschkonsistent etc. anzugleichen kann in der Postproduktion deutlich zeitaufwendiger sein – das Ergebnis dafür qualitativ hochwertiger (wenn der Signal-Rauschabstand das primäre Qualitätskriterium darstellt). Entsprechend sollte man sein Budget (und seine Ansprüche) ausrichten.
Wer hingegen nicht die Zeit oder die Mittel für eine aufwendigere Farbkorrektur hat oder einfach an möglichst schnellen Turnarounds interessiert ist und trotzdem nicht auf RAW / LOG verzichten möchte, der dürfte mit der Anwendung der Blackmagic eigenen LUTs z.B. der BMD 4.6K Film to REC709 am schnellsten zu brauchbaren Looks kommen, wenn auf die entsprechende LUT hin belichtet wurde. Und dies ermöglicht bei entsprechenden Motiven am unkompliziertesten eine Belichtung via False Color auf Skintones.
Und hierzu abschließend sollte auch jedem klar sein, dass es sich bei der Belichtung um einen kreativen Prozess handelt. Es gibt hier kein richtig oder falsch, sondern nur eine für die Bilderzählung adequate oder weniger passendere Belichtung. Die hier genannten Methoden sind nicht in Stein gemeisselt – am besten hat man mehrere Parat und versteht ihre Funktionsweise für das Gesamtbild. So lassen sich dann aus unterschiedlichen Informationen Rückschlüsse für die Gestaltung der Szene ziehen und umsetzen: Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf „Gestaltung“ - Belichtung ist ein kreativer Akt – auch wenn technisches Wissen an dessen Anfang steht.