Praxis Leaving the Frame - wie aus einer Weltreise ein selbstfinanzierter Kinofilm entstand (gedreht mit der GH5)

Leaving the Frame - wie aus einer Weltreise ein selbstfinanzierter Kinofilm entstand (gedreht mit der GH5)

Wie macht man aus einer 7-monatigen Reise einen sehenswerten Film, bringt ihn ins Kino und sogar zu Netflix, in Eigenregie und ohne Finanzierung? Ein Gespräch mit Manuel Vering - Videojournalist und bekennender Kamera-Nerd - über seinen zusammen mit Maria Ehrich produzierten Film, das Drehen mit der Panasonic GH5 im Minimal-Setup, dem Schnitt im eigenen Wohnzimmer und vieles mehr.

// 15:38 Di, 10. Mär 2020von

Durch die Welt reisen, interessante Menschen kennenlernen, und aus dem Erlebten auch noch auf eigene Faust einen Film machen? Davon träumen viele – die Schauspielerin Maria Ehrich und ihr Freund Manuel Vering sind losgezogen und haben es einfach gemacht. Wobei einfach natürlich nicht das richtige Wort ist, denn es gehören neben Reiselust und Begeisterung auch viel Geschick, Durchhaltevermögen, etwas Glück und nicht zuletzt Kontakte dazu. Wie es ihnen gelungen ist, in völliger Eigenregie und selbstfinanziert ihren Film Leaving the Frame – eine Weltreise ohne Drehbuch fertigzustellen, und diesen anschießend sogar in die Kinos und nun zu Netflix bringen, hat uns Manuel ausführlich erzählt.



Leaving the Frame - wie aus einer Weltreise ein selbstfinanzierter Kinofilm entstand (gedreht mit der GH5) : LTF plakat

Der Film wurde hauptsächlich mit der Panasonic GH5 im Minimal-Setup – aber inklusive Metabones Speedbooster – gedreht. Wir haben uns mit Manuel – Videojournalist, bekennender Kamera-Nerd und slashCAM-Leser – darüber unterhalten, welche Technik außer der GH5 im Gepäck war, weshalb die Arbeit mit der Kamera immer ein bisschen wie Playstation spielen ist, und warum das Filmen auf einer solchen Reise nicht immer konfliktfrei verläuft. Außerdem natürlich auch über das ziemlich persönliche Filmkonzept und wie der Sprung zu Netflix gelang, wo der Film seit Mitte Dezember zu sehen ist.









Von der Fotografie über TV-Reportagen zum selbstfinanzierten Reisefilm

Manuel, Du stellst dich auf der Webseite zum Film als Kamera-Nerd und Videojournalist vor – beispielsweise gibt es eine Dokumentation von dir über den FC Bayern bei der Deutschen Welle.



Ja, den Film habe ich 2017 gemacht. FC Bayern: Das "Mia san mia"-Phänomen war mein erstes großes Projekt, ich war Co-Autor und Kameramann – größtenteils. Ich habe in Japan, Ghana und vor allem München gedreht. Bei aller Bescheidenheit, alles was gut aussieht ist von mir... Wir haben da teilweise auch mit Teams gedreht – ich sage das dazu, weil oft meinen Leute, das hätte alles ganz toll ausgesehen, aber immer dann, wenn es interessant wurde, gab es oft so einen Rotstich. Das war eines der Teams mit dem wir immer wieder gedreht haben, die haben mit einer defekten FS5 gearbeitet, da gab es immer Probleme…



Und du, hast du da auch schon mit der GH5 gedreht?



Die hatte ich damals noch nicht für mich entdeckt. Ich habe damals noch mit meiner ersten eigenen Filmkamera gedreht, mit der Canon C100 Mark II, die ist mit ihrem eingebautem ND-Filter sehr praktisch.





Du kommst ursprünglich aus der Fotografie. Das ist ja schon eine Umstellung, wenn man anfängt mit Bewegtbild etwas zu erzählen.



Von technischer Seite war es nur ein kleiner Sprung, das war nicht das Problem. Inhaltlich ist es schwieriger. Oft schicken mir Freunde zum Beispiel Links zu einem Travel-Vlog oä, nach dem Motto, schau dir das an, das ist total geil, was sie da gedreht haben. Wenn ich mir das dann ansehe, denke ich: ja, das sind sehr schöne Bilder, aber sie sind nur wahllos aneinandergereiht. Das kann ich auch machen, wenn ich mit der Kamera losziehe und Fotos schieße oder kleine Clips drehe, dann sieht das immer aus wie ein Hochglanz-Trailer, aber eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen, die spannend ist oder Rückschläge zeigt, das ist die große Herausforderung.



Leaving the Frame - wie aus einer Weltreise ein selbstfinanzierter Kinofilm entstand (gedreht mit der GH5) : safari


Was hast du unternommen, um dieses Erzählen zu lernen?



Da kommt mir die Praxiserfahrung zugute, weil ich drehe ja auch fürs Fernsehen, wo ich mit meinem eigenen Equipment ganz gefragt bin – mittlerweile wollen alle diesen cinematischen Look, obwohl viele gar nicht wissen, was dahintersteckt oder wie er zustande kommt. Da musste ich immer mehr den Spagat machen zwischen Bildästhet sein und gleichzeitig ganz Reportage-mäßig live dabei sein und bloß nichts verpassen.



Eigentlich ist das ein Widerspruch in sich, weil eine Reportage drehen, da zieht man einmal los und dann muss alles eingefangen sein, in eher konservativen Bildern: eher weitwinklig und mit großer Tiefenschärfe, damit man sich nicht vor dem Redakteur verantworten muss, dass irgendetwas nicht drauf war. Da fehlt die Zeit, um kleine Details hervorzuheben oder sich auf Kleinigkeiten zu konzentrieren. Ich habe vor allem auch viel für den Sport gedreht und dort ist alles noch mal schneller. Aber es war eine gute Übung, weil ich immer wollte, dass es trotzdem gut aussieht und somit immer einen Kompromiss machen musste. Das hat mir sehr geholfen.



Über Storytelling habe ich natürlich auch etwas gelesen, aber am Ende geht es vor allem um spannende Geschichten, die man auch selber erlebt.



Damit wären wir auch schon bei eurem Film, Leaving The Frame. Kannst du noch mal kurz die Eckdaten zusammenfassen?



2017 haben wir die Reise vorbereitet, 2018 sind wir gestartet und waren 7 Monate bis Anfang August unterwegs. Danach mussten wir erstmal unseren normalen Jobs nachgehen. 2019 konnten wir dann anfangen mit der Postproduktion, bei uns in der Wohnung. Wir haben Dave, meinen Freund und besten Cutter. den ich kenne, dazu eingeladen. Er hat diese Geschichte aktiv mitgestaltet und war komplett involviert. Wir haben also zu dritt innerhalb von 8 Monaten diesen Film auf die Beine gestellt.



War von Anfang an klar, es sollte ein Film werden? Gab es eine Finanzierung?



Es gab keine Finanzierung, wir haben das alles selbst gestemmt. Und es war auch nicht ganz klar, dass es ein Film wird, auch wenn es ein großer Traum von uns war. Meine Freundin macht ja Filme, noch viel aktiver als ich mit meinen 4- bis 12-Minutenbeiträgen.


Am Anfang haben wir Vlogs gemacht von der Reise gemacht. Alle drei Wochen haben wir einen Vlog hochgeladen und hatten dadurch eine gewisse Followerschaft und Aufmerksamkeit. Aber das hat uns alles ein bisschen überfordert und als wir in Mexiko waren und mit dem Käfer losgezogen sind, haben wir gesagt, jetzt reichts. Ab jetzt machen wir keine Vlogs mehr, sondern am Ende schneiden wir einen Film draus, weil wir haben schon einiges erlebt und das wird es auf jeden Fall hergeben.



Leaving the Frame - wie aus einer Weltreise ein selbstfinanzierter Kinofilm entstand (gedreht mit der GH5) : mex reiseanfang




Wen wolltet ihr denn hauptsächlich ansprechen mit dem Film?



Die Zielgruppe waren junge Studenten oder einfach Leute, die Bock haben aufs Reisen.



War die inhaltliche Planung für die Reise fest oder hat sich unterwegs viel verändert?



Da hat sich viel verändert. Wir hatten ursprünglich vier Länder ausgesucht - nach Mexiko wollten wir eigentlich nach Deutschland zurück und dann nach Skandinavien, aber das haben wir in Mexiko über den Haufen geworfen, weil es uns dort extrem gut gefallen hat. Wir wollten noch mehr sehen und die Reise auch entschleunigen. Um anders zu reisen, haben wir uns daher den Käfer besorgt.



Und die Menschen, die ihr im Film vorstellt, eure „Helden“, hattet ihr schon vorher recherchiert?



Wir hatten viele recherchiert und einige Interviews davon haben auch stattgefunden, andere nicht. Aber alles, was wir im Voraus organisiert hatten, haben wir in den Vlogs gebracht - die Geschichten, die im Film zu sehen sind, haben wir entweder spontan gefunden oder wurden uns von Freunden vermittelt. Das ist etwas, was wir gelernt haben: man kann viel planen und organiseren, aber was man von außen recherchiert, hat wenig mit dem zu tun, was man dann vor Ort vorfindet. Die schönsten Geschichten sind die, die es noch nicht ins Internet geschafft haben, sondern die einfach so alltäglich laufen. An die Geschichten haben wir uns dann auch gehalten.



Ihr müsst ja unfassbar viel Material mit zurückgebracht haben.



Am Ende waren es ungefähr 4 TB, beziehungsweise so 90 bis 100 Stunden.



Das geht ja sogar für sieben Monate!



Ja, das ging, aber es ist schon eine Menge...



Wie habt ihr gebackupt auf der Reise?



Wir hatten mehrere Festplatten dabei und haben immer schön rüberkopiert... Eine hatte ich, eine hatte Maria im Gepäck, und zweimal habe ich mir nochmal 4 Terabyte gekauft und habe die nach Deutschland geschickt. Ich habe es zum Glück nicht gebraucht, aber es war beruhigend.





Hauptsache kompakt: die verwendete Kamertechnik - GH5 & co

Erzähl doch mal, was du an Kameratechnik im Gepäck hattest.



Für mich war bei dieser Reise wichtig, dass alles in einen Rucksack passt - die gesamte Kameratechnik. Ich habe lange recherchiert um ein Modell zu finden, das ich gut finde mit genug Platz und guter Polsterung, und den Laptop nicht am Rücken, sondern hinten drauf, damit man nicht die ganze Zeit dieses sperrige Rechteck im Rücken hat.


Leaving the Frame - wie aus einer Weltreise ein selbstfinanzierter Kinofilm entstand (gedreht mit der GH5) : sisterMJ

Wir hatten zwei GH5 Bodies. In Kenia habe ich noch mit Panasonic Optiken gedreht, aber ich war nicht zufrieden mit der Schärfentiefe, die man mit ihnen erzielen kann, wegen der geringen Lichtstärke. Die GH5 wird schon seit vier Jahren gebaut und ist für mich immer noch die beste Kamera in meinem spezifischen Feld, der einzige Nachteil ist, dass sie so einen kleinen Sensor hat. Aber wenn man einen cinematischen Look haben möchte, muss man freistellen können.



Ich habe dann bei slashCAM über den Metabones Speedbooster gelesen und den hatte ich dann auf der einen Kamera mit meinen alten Foto-Objektiven, vor allem das Sigma 18-35mm F1.8, damit ist 90% des Films gedreht. Dann hatte ich das klassische 70-200mm F2.8 von Canon, das ist groß und klobig, sowie - sehr praktisch – das 85mm 1.8 von Canon, eine kleine Plastiklinse, die aber sehr kompakt und leicht ist.



Außerdem hatte ich eine GoPro dabei und eine Mavic Pro für Flugaufnahmen.



Apropos GH5 und Sensorgröße: Wenn du einen größeren Sensor haben möchtest, was hältst du von der neueren Panasonic S1(H)?



Die finde ich total geil und ich überlege auch, ob ich upgraden soll. Ich sehe es nur nicht ein, dass ich mir dann schon wieder eine eigene Objektivserie zulegen muss. Aber technisch ist sie die würdige Nachfolgerin der GH5, wenn man die nötige Knete hat. Sie kostet immerhin 4000, nur für das Gehäuse, und die GH5 nur 1500.



Zurück zu eurem Film…. Wie hast du den Ton aufgenommen?





Für den Ton hatte ich zwei Funkstrecken von Sennheiser, die sind klein, kompakt und sehr zuverlässig. Das war sowieso ein Hauptkriterium: es muss klein und kompakt sein. Auf den Kameras hatte ich noch kleine Aufsteck-Mikros von Sennheiser, ganz standardmäßig.



Die Interviews haben wir immer mit zwei Kameras gedreht mit zwei Funkstrecken, ansonsten alles mit den Shotgun-Mikros auf den Kameras. Weil immer in der Kamera aufgezeichnet wurde, musste auch nichts gesynct werden.



Ein Stativ passte aber nicht in den Rucksack oder?



Nein, die sind immer irgendwie rumflogen. Ich hatte zwei sehr kompakte, mit denen man relativ wenig machen kann, außer sie starr hinzustellen. Für die Interviews habe ich die verwendet, aber ich hasse Stative - wo ich es vermeiden konnte, habe ich sie nicht benutzt.



Leaving the Frame - wie aus einer Weltreise ein selbstfinanzierter Kinofilm entstand (gedreht mit der GH5) : interviewsit


Gimbal...?



Hatte ich nicht dabei, sondern immer alles aus der Hand gedreht - durch den internen Sensor-Stabilisator ist die Kamera da für mich sehr geeignet.



Wie hast du mit der Schärfe gearbeitet?



Manuell, wegen dem Speedbooster Adapter. Da hat man zwar einen Autofokus, aber wenn ich mich auf den verlassen hätte, wären zwei Drittel des Films unscharf gewesen... So ist nur jedes dritte Bild unscharf (lacht).



Einen externen Recorder hattest du wahrscheinlich auch nicht wegen der Kompaktheit?



Genau, ich habe alles in Kamera aufgenommen. Bei Interviewsituation mit 25fps in 10 Bit 4:2:2, was wirklich ziemlich gut ist, aber ich habe eben öfters auch mal mit 50 fps gedreht. Das sind dann nur 4:2:0 in 8 Bit, oder auch wenn ich die Slomo Funktion genutzt habe, da hat man dann tatsächlich einen größeren Qualitätsverlust.



Das heißt, du hast dann tatsächlich die Schärfe manuell an dem kleinen Display eingestellt, schon eine Herausforderung...



Das ist immer ein bisschen wie Playstation spielen mit der Kamera. Man ist immer nur am Knöpfe drücken. Da sie keinen internen ND-Filter hat, ist der oben an der Linse, also an dem schraubt man, dann muss der Fokus stimmen, dann muss der Ton stimmen, am besten sollte der Bildausschnitt okay sein - man bräuchte eigentlich noch zwei Arme mehr.


Leaving the Frame - wie aus einer Weltreise ein selbstfinanzierter Kinofilm entstand (gedreht mit der GH5) : kenia


Stromversorgung?



Wir hatten mehrere Akkus dabei, aber die GH5 hat eine sehr gute Akkudauer. Eigentlich schaffe ich es mit zwei Akkus über den ganzen Tag. Eine Powerbank hatten wir dabei, aber nur zum Aufladen.



Externes Licht?



Hatte ich auch dabei und bei Interview-Situation immer wieder mal gesetzt, aber sonst nicht.



Hast du mit der Kamera aus der blanken Hand gearbeitet, ohne Rig oder sowas?



Jetzt habe ich ein Rig, aber bei dem Film war es wirklich nur die Kamera mit Metabones, Optik, ND Filter, oben drauf das Mikro – fertig.



Das hat wahrscheinlich auch den Vorteil auf Reisen, dass man weniger auffällt und nicht aussieht wie ein Fernsehteam.



Ganz genau, aber auf so einer Reise zeigt sich einfach auch, wie groß die Hürde ist, die Kamera in die Hand zu nehmen - jede Sache, die nervt, die macht man einfach nicht. Wenn man ein Rig noch zusammenbauen muss oder irgendwas, dann macht man es nicht. Die Hürde, ein Bild mitzunehmen, muss so gering sein wie möglich.





Die Flugaufnahmen sehen auch super aus. Wie lange machst du das schon, hast du viel geübt? Das Fernsehen möchte sowas ja immer ganz gerne haben...



Ja, immer immer Drohne... Ich bin mit Modellbau groß geworden und habe mit meinem Vater zusammen ein Flugzeug aus Balsaholz gebaut. Wir sind nach monatelanger Sisyphos-Arbeit damit auf den Teufelsberg gefahren, wo ich es nach ungefähr zwei Minuten Flugzeit zum ersten Mal zum Absturz gebracht habe. Da waren nur noch Zahnstocher übrig, aber irgendwann konnten wir es. Dadurch hatte ich immer ein ganz gutes Gefühl für´s Fliegen und im Vergleich ist eine Drohne zu fliegen kinderleicht, weil die auch von alleine steht, man muss nur eine Richtung vorgeben.



Schwieriger zu verstehen ist, was die Bilder wirklich sehenswert macht. Es reicht nicht, irgendwohin zu fliegen, wo es gut aussieht, weil das Auge es nicht gewöhnt ist, dass da Bewegungen stattfinden – wenn, dann gleichmäßig und in maximal ein oder zwei Richtungen.



Mittlerweile habe ich auch upgegradet auf eine größere Drohne, eine Phantom 4 Pro, weil sie einen größeren Sensor hat. Eigentlich liegt die Mavic ganz gut in der Luft, aber die Fernsteuerung ist so klein, dass jeder Schluckauf dazu führt, dass man einen Ruckler im Bild hat. Und ich hatte zwar einen ND Filter drauf und es gibt auch interne Einstellungen, um die Sättigung und die Schärfe runterzudrehen, aber wenn du irgendetwas filmst mit einer detaillierten Struktur, dann neigt die Kamera dazu, ein Moiré aufzuzeichnen oder ein Flackern. Bei der Mavic konnte ich oft nur zwei Drittel der Bilder nutzen.






Postproduktion im Wohnzimmer

Kommen wir mal zur Postproduktion. Habt ihr das Material unterwegs schon gesichtet?



Nein, das Sichten haben wir erst zu Hause gemacht. Ich habe mir stundenlang die entsättigten Bilder im VLC-Player angeschaut und den Timecode aufgeschrieben - ganz die alte Schule, wie im Fernsehen gelernt...



Dann haben wir angefangen Karteikarten zu schreiben, um zu sehen, welche Geschichten es gibt. Außerdem haben wir eine Timeline aufgezeichnet auf 5 oder 6 DIN A0 Blätter, die wir aneinander geklebt und als große Bahn ausgelegt haben, und überlegt, in welcher Reihenfolge wir das gerne erzählen wollen, und welche Geschichte reinkommen. Da sind noch in letzter Minute Sachen rausgeflogen, die wir schon geschnitten hatten – diese ganzen typischen Dramen, die sich im Schnittraum abspielen...


Leaving the Frame - wie aus einer Weltreise ein selbstfinanzierter Kinofilm entstand (gedreht mit der GH5) : maria manuel

Der Film ist ja sehr persönlich gehalten - ihr sprecht in die Kamera, man erlebt sogar einen großen Streit mit. Wie hat sich das Konzept herauskristallisiert, wenn es nicht von Anfang an der Plan war?



Die Idee war, alles möglichst eng zu begleiten und zu erzählen. Natürlich gab es auch immer ein Abwägen nachher beim Schnitt, bringen wir das rein, ja oder nein, aber beim Drehen ist meine Mentalität, erstmal alles mitzunehmen. Das war ja auch der Punkt, an dem es zum Streit kam, weil Maria das eben nicht immer wollte. Sie meinte, du musst aufhören, das immer durch den Sucher zu sehen, wir müssen auch mal Momente für uns erleben. Da haben wir dann auch Kompromisse gefunden, aber es musste erstmal zum Streit kommen.



Es war uns auch wichtig, dass wir keinen Promofilm über das Reisen drehen, sondern dass wir unsere Reise zeigen, und dazu gehört auch der ein oder andere Streit. Und das Filmen selbst war eben auch ein Thema – es wäre geschönt gewesen, es nicht mit reinzunehmen. Auch wenn es mir sehr unangenehm ist, die Szene anzuschauen, weil es tatsächlich echt ist - so echt wie es eben sein kann, wenn man weiß, dass eine Kamera mitläuft; Maria wusste es nicht, muss man fairerweise dazu sagen.



Das habe ich mich tatsächlich auch gefragt bei der Szene



Ich habe halt einfach auf den Knopf gedrückt. Ich wusste ja auch in dem Moment nur, wir streiten ein bisschen, und nicht dass es letztlich der größte Streit werden sollte, den diese Reise und unsere Beziehung gesehen hat. Das war mir in dem Moment nicht bewusst, deswegen habe ich die Aufnahme sogar vergessen. Erst später beim Sichten haben wir gesehen, dass wir diesen Streit aufgenommen haben - bildlich ist es ja auch schwierig, da wackelt die Kamera anderthalb Minuten unscharf rum...



Ihr hättet auch ein anderes Bild darunter legen können...



Hätten wir können, aber so ist es sehr nah und und authentisch. Viele sagen auch, sie fanden es toll, dass sie so nah dabei sein konnten. Mir ist das teilweise ein bisschen unheimlich.



Der Anfang dagegen ist sehr ironisch und ein netter Einstieg in den Film, nicht zuletzt auch wegen der klasse Sprecherstimme.



Das ist Christian Weygand, er war mal bei einem Projekt Synchronregisseur von Maria. Ein super Typ, er wollte uns gerne helfen und hat freundlicherweise diese Stelle für uns gesprochen. Der macht viele bekannte Stimmen.



Darauf folgt ein Intro, in dem ihr euch vorstellt.



Ja, wir haben uns überlegt, dass wir auf jeden Fall irgendwo am Anfang sagen müssen, wer wir sind und warum wir das machen. Dadurch, dass wir erst mitten auf der Reise mit dem Film angefangen haben, haben wir das aber erst nachher aufgenommen.



Wir wollten die Geschichte sowieso nicht einfach chronologisch runtererzählen – das zieht sich ja auch durch den Film, dass es keine chronologische Reihenfolge gibt.



Und worauf habt ihr geschnitten bei euch im Wohnzimmer?



Mit dem Avid Media Composer. Wir haben einen Computer upgegradet mit Gaming Hardware, wo wir nochmal ungefähr 1000 € investiert haben, das war dann kräftig genug, um in 4K zu schneiden. Wir haben aber auch viel mit z.b. Adobe After Effects gemacht, und gegradet haben wir am Ende mit DaVinci Resolve.





Habt ihr eine eigene LUT gemacht?



Nein, wir hatten das riesige Glück, über Freunde zufällig die Leiterin von ARRI Berlin kennenzulernen, die uns unterstützen wollte. Mit deren Hilfe haben wir es geschafft, die Farben noch mal richtig zum Glänzen zu bringen. Das war ein tolles Erlebnis.



Und wie habt ihr es geschafft, einen Verleih zu finden, ins Kino zu kommen und am Ende auch noch zu Netflix?



Teilweise über Kontakte. Ein guter Freund von uns, Felix Starck, hat uns inhaltlich und technisch ein bißchen bei dem Projekt beraten, denn er hat auch einige Dokus gedreht. Am Ende als wir schon fast fertig waren mit der Postproduktion und angefangen haben, uns bei Booking and Billing-Agenturen zu melden, was ja der gängige Weg ist für eine Distribution, meinte er irgendwann: Komm, wir ziehen das zusammen durch, und ist als Verleih aufgetreten mit seiner Koryphäen Film. Die hat sich dann um die Kinos gekümmert.



Und soweit ich weiß, schaut Netflix auf die Zahlen und je nachdem wie ein Film performt, melden sie sich. So war das tatsächlich bei uns.



Auf der Berlinale Talents Veranstaltung Sweet Streams hatte letztes Jahr Tendo Nagenda (VP of Original Film / Netflix) erzählt, dass sie aktiv nach Content suchen.



Es läuft so, dass es innerhalb Deutschland sogenannte Aggregatoren für Netflix gibt, das sind meist größere Produktionsfirmen. Soweit ich weiß, sind das diejenigen, die Filme bei Netflix vorstellen. In unserem Fall lief das über Studio Hamburg. Sie haben unseren Verleih kontaktiert. Als Content Creator ist man nur ein kleiner Fisch, das letzte Glied in der Kette...



Trotzdem schön zu sehen, dass man wahrgenommen wird, wenn man sein Projekt gut durchzieht



Ja, wir freuen uns total, dass es so geklappt hat – wenn man keine großen Erwartungen hat, ist alles eine positive Überraschung, man freut sich über jeden Schritt. Wir bekommen auch sehr nettes Feedback zum Film und Nachfragen zu unseren Helden, das finde ich besonders schön.


Leaving the Frame - wie aus einer Weltreise ein selbstfinanzierter Kinofilm entstand (gedreht mit der GH5) : big sur


Was habt ihr bei dem Projekt gelernt und wie geht es weiter?



Wir haben viel über uns als Menschen gelernt und über unsere Beziehung. Auch in Sachen Filmproduktion haben wir unglaublich viel gelernt, wie das technisch und logistisch funktioniert, und würden das künftig gerne weiterführen – wir haben sogar eine eigene Produktionsfirma gegründet, Saudade Film, um weitere Reisereportagen und Filme über Themen aus der Welt produzieren.




Zum Abschluß, was wären deine wichtigsten Tipps für längere Filmreisen?



Ich glaube, man muss sich von Anfang an drüber im Klaren sein, was man möchte. Das macht es einfacher und nur wenn es einfach ist, ist es auch realistisch – zeitlich und finanziell machbar.



Als praktische Tipps natürlich: nicht mehr, als nötig ist, mitnehmen, die Ausrüstung so klein und kompakt halten wie es irgendwie geht. Außerdem am besten das Geld, das man einplant, gleich mal verdoppeln. Und falls jemand so eine Reise filmen möchte, um damit Geld zu verdienen, da kann ich nur ganz klar von abraten, das zahlt sich nicht aus. Die ganze Arbeitszeit, die man da reinsteckt und das Herzblut: das geht nur, wenn man das auch wirklich machen will.




Ein gutes Schlusswort... Manuel, vielen Dank für das Gespräch!



Webseite zum film: Leaving the Frame – eine Weltreise ohne Drehbuch



Leaving the Frame auf Netflix




///////////



Du hast auch einen Film gedreht und würdest ihn gern auf slashCAM vorstellen?



Dann schick uns einen Vimeo- oder YouTube-Link mit ein Paar Stichworten zur Produktion (an film at slashcam.de) – wir freuen uns auf spannende, verrückte, kreative, technisch interessante Projekte.


Ähnliche Artikel //
Umfrage
    Meine nächste Kamera wird eine










    Ergebnis ansehen

slashCAM nutzt Cookies zur Optimierung des Angebots, auch Cookies Dritter. Die Speicherung von Cookies kann in den Browsereinstellungen unterbunden werden. Mehr Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung. Mehr Infos Verstanden!
RSS Suche YouTube Facebook Twitter slashCAM-Slash