Test Panasonic GH5s - Die neue Königin der Nacht? Unser Testlabor-Fazit zur Kamera

Panasonic GH5s - Die neue Königin der Nacht? Unser Testlabor-Fazit zur Kamera

Vor über 20 Jahren präsentierte Panasonic mit der NV DX1(E) einen MiniDV-Camcorder, der Dank hoher Lichtempfindlichkeit als “Königin der Nacht” in die Video-Geschichtsbücher einging. Darf die neue GH5s nun diesen Titel in Würde übernehmen? Neben dem Lowlight sehen wir uns ua. den Crop-Faktor und die Dynamik für eine abschließenden Einschätzung der Kamera näher an.

Vor fast einem viertel Jahrhundert (1995) präsentierte Panasonic mit der NV DX1(E) ihren ersten Dreichip-MiniDV-Camcorder, der als “Königin der Nacht” in die Video-Geschichtsbücher einging. Ganz so revolutionär ist die nun erhältliche GH5s zwar nicht geworden, jedoch bringt die Kamera ein paar starke Verbesserungen für Filmer, die sie deutlich von der GH5 absetzen.



An der Bedienung, der Haptik und der Menüführung hat sich kaum etwas gegenüber der GH5 verändert. Die meisten Neuigkeiten sind dem neuen Sensor geschuldet. Dessen exakte Größe hat Panasonic bis dato noch nicht kommuniziert. Die Webseite und alle offiziellen technischen Daten sprechen immer noch von einer Sensorbreite von 17,3mm (in 4:3). Da es sich allerdings um eine Multi-Aspect-Sensor handelt, muss der Sensor schon per Definition breiter sein.






Der exakte Crop-Faktor der GH5s

Den bislang besten Anhaltspunkt bietet Panasonic in einer Präsentation, in der davon gesprochen wird, dass die Senselfläche der GH5s um den Faktor 1,96 vergrößert wurde.


Gegenüber der GH5, deren Sensel-Kantenlänge ca. 3,31 µm beträgt, müsste die Pixel Pitch bei der GH5 folglich auf 4,63 µm angewachsen sein. Dies würde wiederum bedeuten, dass das Sensor-Fenster bei einem C4K-Readout mit 4096 Horizontal-Pixeln eine Breite 18,97 mm aufweist. Und das würde bedeuten, dass die GH5s im C4K-Readout einen horizontalen Crop-Faktor von 1,9 besitzt. Und in 4K-UHD einen Crop-Faktor von 2,02. Selbst mit einem einfachen 0,71x Focal Reducer kann man bei der GH5s somit auf bemerkenswerte Crop-Faktoren von 1,35 (C4K) bzw. 1,44 (4K-UHD) kommen.



Die vergrößerten Sensel liegen zwar noch keinesfalls auf dem Niveau einer A7s (8,40 µm) oder Arri Alexa (8,25 µm), doch die verdoppelte Senselfläche sollte in den Lichtern mindestens eine Blendenstufe mehr bieten, da sich der Sättigungsbereich (FullWell) des Sensors auch verdoppelt haben sollte.


Doch tatsächlich ist das nicht der Fall. Bei identischen Einstellungen clippt nach unseren Messungen die GH5s praktisch an der gleichen Stelle wie die GH5. Die erweiterte Dynamik spielt sich “nur” in den Schatten ab, da sie viel weniger rauscht. Hier gewinnt sie geschätzt tatsächlich über eine Blendenstufe. Wer mehr Dynamik in den Highlights sucht, muss die GH5s also etwas unterbelichten.



Uns interessiert natürlich, warum sich die GH5s so verhält. Auf den ersten Blick macht die Limitierung in den Lichtern Sinn, weil sie mit der speziellen L-Version von V-Log einhergeht, die der GH5s kostenlos beiliegt. So lassen sich durch dieses Verhalten V-Log L Aufnahmen einer GH5 problemlos mit der GH5s mischen. Der eigentliche Grund dürfte jedoch bei Sony liegen...





Sony inside?

Es kursierten ja schon seit geraumer Zeit Vermutungen, dass es sich bei dem neuen Sensor der GH5s um den Sony IMX294 Starvis Sensor handeln könnte. Und tatsächlich spricht einiges dafür. Ein besonderes Merkmal dieses Sensors: Er nutzt nicht ein typisches Bayer Pattern, sondern ist eigentlich ein 8K Sensor, der über ein sogenanntes QuadBayer Coding jede Zelle in vier Subzellen unterteilt. In einem HDR-Modus können jeweils zwei Subzellen der gleichen Farbe mit kürzerer Belichtungszeit ausgelesen werden. Für interessierte hier das Datenblatt von Sony als PDF, welches u.a. das Quad Bayer Coding etwas näher erklärt.



Über diese Funktion könnte sich unter anderem auch das Dual-Native ISO Verhalten simulieren lassen und das könnte wiederum erklären, warum die Kinefinity Terra 4K ebenfalls Dual Native ISO beherrscht. Denn die Terra 4K hat aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls diesen Sensor verbaut. Auch dort finden sich in den technischen Daten praktisch die gleichen Spezifikationen des Sony Sensors wieder. Und nicht zuletzt würde dies auch erklären, warum die GH5s kaum in den Lichtern bei der Dynamik zugelegt hat: Da jede 4K-Zelle eigentlich aus vier Zellen besteht, limitiert dies die maximale Sättigung (also den FullWell) der per Binning zusammengefassten Subzellen.








Dynamik

Dies sind zwar nur Indizien, jedoch davon schon eine ganze Menge. Sollte tatsächlich der IMX294 (oder eine leicht abgewandelte Variante davon) in der GH5s seine Arbeit verrichten, dann wäre die aktive Sensorfläche in C4K-Auslesung übrigens 18,97mm breit. Also auch dies entspräche unserer Berechnung von oben.



Sehr interessante Daten (auch zu einem HCG-Modus, der exakt nach DUAL ISO klingt) finden sich hier bei einer Astro-Kamera mit dem Sony IMX294. Und auch noch weitere Hinweise zur Dynamik:



Erstens erhöht sich die Dynamik an der Sprungstelle von 12 dB Gain wieder auf die maximale Sensor-Dynamik von 13 Blendenstufen.



Und zweitens werden diese maximal 13 Blendenstufen bei 14 Bit-Auslesung im Fotomodus erreicht, (wenn der Sensor linear ausgelesen wird). Für diesen Sony Sensor spricht weiter, dass die GH5s als Neuerung nun auch RAW Fotos mit 14 Bit speichern kann.



Bei Bewegtbildern über 19 fps kann der Sony-Sensor jedoch höchstens mit 12 Bit ausgelesen werden, weshalb der Dynamikumfang der GH5s im Videomodus vielleicht schon deswegen keine 12 Blendenstufen übersteigen kann. Unter diesem Verdacht würde auch V-Log L wieder Sinn machen, da dieses Profil ebenfalls nur 12 Blendenstufen umfasst.



Wem das nun wenig erscheint, dem sei zum Trost gesagt, dass die Schattenstufen bei der GH5s wirklich sehr sauber ausfallen. Salopp reden ja viele Tests oft von “Usable Stops”. Solche Tests werden der GH5s wahrscheinlich wegen der sauberen Schatten 12 “usable Stops” attestieren.



Zwei Details sind in diesem Zusammenhang aber auch noch zu erwähnen: Erstens könnte der Sensor in 4K auch mit bis zu 120 fps bei 10 Bit ausgelesen werden. Panasonic könnte also mit diesem Sensor noch eine echte 120 fps 4K Slow Motion implementieren, die eine leicht verringerte Dynamik aufweisen könnte (Hallo GH6?). Hierfür wäre allerdings wahrscheinlich noch ein schnellerer Kameraprozessor notwendig.



Und zweitens wird im HDR-Modus des Sensors (auf dem ja offensichtlich Quad Bayer Coding HDR, HCG bzw. Dual-ISO basiert) auch nur in maximal 10 Bit ausgelesen. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass der Sensor auch bei 10 und 12 Bit-Auslesung mit gröberer Quantisierung (=mehr Blendenstufen bei weniger Abstufungen innerhalb einer Blendenstufe) arbeiten kann. In diesem Fall wäre V-Log L als Limitierung für 12 Blendenstufen bei der GH5s eine künstliche Beschränkung. In einem anderen Bildprofil wie HLG oder Cinelike D könnten somit eventuell auch noch 13 Blendenstufen “drin” sein, aber diesen Nachweis können wir an dieser Stelle nicht antreten, weil uns hierfür schlicht eine verlässliche Messmethodik fehlt.






Aus dem Messlabor

Was wir allerdings bieten können, sind ein paar Vergleichsaufnahmen, naheliegenderweise mit der GH5. Zuerst einmal eine Bildreihe aus dem Lowlight-Bereich: GH5 und GH5s bei ISO6400 mit 1/25s Belichtungszeit bei Blende 2.8. Einmal in HLG und einmal in V-Log L



Die GH5 HLG bei 12 LUX mit ISO6400, 1/25s und F2.8
Die GH5 HLG bei 12 LUX mit ISO6400, 1/25s und F2.8


Die GH5s HLG bei 12 LUX mit ISO6400, 1/25s und F2.8
Die GH5s HLG bei 12 LUX mit ISO6400, 1/25s und F2.8


Die GH5 V-Log L bei 12 LUX mit ISO6400, 1/25s und F2.8
Die GH5 V-Log L bei 12 LUX mit ISO6400, 1/25s und F2.8




Die GH5s V-Log L bei 12 LUX mit ISO6400, 1/25s und F2.8
Die GH5s V-Log L bei 12 LUX mit ISO6400, 1/25s und F2.8


Wer nicht in den einzelnen Aufnahmen herumzoomen will, dem sei noch diese 200prozentige Vergrößerung zum Vergleich gezeigt, die schön die Unterschiede in den Schatten offenlegt:



Die GH5 und GH5s bei 12 Lux mit 200 Prozent Vergrößerung.
Die GH5 und GH5s bei 12 Lux mit 200 Prozent Vergrößerung.


Gegenüber unserer Vorserien-Firmware hat sich an der Bildqualität übrigens nichts mehr geändert, weshalb wir auch gerne noch einmal den aussagekräftigen Vergleich mit der Vorserien-Firmware zeigen:



Panasonic GH5s - Die neue Königin der Nacht? Unser Testlabor-Fazit zur Kamera : Low Light GH5vsGH5s





Farben

An den Farben hat sich wenig geändert. Man könnte subjektiv empfinden, dass die tendenzielle Panasonic Grün-Neigung ein weiteres mal weniger geworden ist. Uns gefällt die Farbgebung der GH5s von allen bisher erschienenen GH-Modellen am besten. Hier einmal unser 1200LUX-Motiv in unkorrigiertem V-Log L:



Die GH5s bei 1200 LUX in V-Log L
Die GH5s bei 1200 LUX in V-Log L




Und zum Vergleich auch einmal im HLG Profil bei heruntergedrehter Schärfe und heruntergegeltem Kontrast:



Die GH5s bei 1200 LUX im HLG-Profil
Die GH5s bei 1200 LUX im HLG-Profil





Auflösung

Und zuletzt noch einmal unser Auflösungschart in 4K:



Das Debayering der Panasonic GH5s in 4K
Das Debayering der Panasonic GH5s in 4K


Panasonic schafft es bei einem 1:1 Sensor Readout fast alle Problembereiche durch Filterung in Unschärfe verschwinden zu lassen. Allerdings tritt gegenüber der GH5 aufgrund der geringeren Senselzahl etwas deutlicher zu Tage, dass sich die Nachschärfung ein weiteres mal nicht komplett abschalten lässt. Dies wäre für eine cinematische Anmutung jedoch noch das Tüpfelchen auf dem “i”.



Der Rolling Shutter liegt weiterhin um die 15ms, was einen sehr guten Wert darstellt. Und die FullHD-Slow-Motion ist bis 100fps bemerkenswert und bleibt bis 200fps durchschnittlich, wie wir schon in einem separaten Artikel geklärt hatten.






Fazit

Die Bildqualität der GH5s hat gegenüber der GH5 im Low-Light Bereich deutlich hinzugewonnen, dafür muss man leichte Einbußen gegenüber dem nahezu perfekten Debayering der GH5 hinnehmen. Die GH5s sieht mit der fehlenden Detailschärfe eines gefilterten 1:1 Sensor-Readouts grundsätzlich etwas cinematischer aus. Zusammen mit einem einfachen Focal Reducer kommt man dank des größeren Sensors locker in die Bereiche typischer Super35mm-Ästhetik, auch wenn gegenüber amtlichen Cine-Kameras immer noch ein bis zwei Blendenstufen fehlen. Dank der zusätzlichen Blendenstufe in den Schatten dürfte die GH5s mit einem SpeedBooster auch eine höchst spannende Kombination für Available Light Projekte darstellen.



Die fehlende bewegliche Sensor-Lagerung lässt sich in der Praxis zwar durch stabilisierte Objektive kompensieren, jedoch funktioniert dies nicht mit passiven Objektiven oder gern genutztem “Altglas”.


Als Allrounder bleibt die GH5 daher in unseren Augen die bessere Wahl, zumal sie aktuell das interessantere Preis-Leistungsverhältnis aufweist. Wer jedoch oft mit wenig Licht und kompakter MFT-Kamera arbeiten will, findet aktuell kein besseres MFT-Modell als die GH5s.



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