Vor kurzem herrschte ein wahrer Boom an neuen Anbietern für Streaming-Abos für Filme und Serien - jeder wollte sich einen Großteil des milliardenschweren Unterhaltungsmarktes sichern. Doch jetzt ist klar, wer die Streaming Wars, die 2019 mit dem Start von Disney+ inoffiziell begannen, gewonnen hat. Netflix ist und bleibt sowohl in den USA als auch in Europa die Nummer 1 der Streaming-Portale und hat die Mitbewerber wie Amazon Prime Video, Disney+, Apple TV deutlich hinter sich gelassen, sowohl von der Anzahl der Abonnenten als auch der Profitabilität.
Entgegen vieler Voraussagen scheint Netflix auch der Stop des 1-monatigen Probeabos und die Unterbindung von geteilten Accounts nicht geschadet zu haben – im Gegenteil: Netflix hat dadurch wie geplant viele weitere Zuschauer dazugewonnen. Und auch schnell aufeinander folgende Preiserhöhungen im Kernmarkt USA haben nicht zu einem Rückgang an zahlenden Zuschauern geführt: 8 Millionen neue Abonnenten vermeldete Netflix für das letzte Quartal sowie um 44 % erhöhte Einnahmen von rund 7 Milliarden Dollar, während die Konkurrenz größtenteils Verluste macht. Weltweit hat Netflix aktuell mehr als 300 Millionen Abonnenten, ein Anstieg von 41 Millionen verglichen mit 2023.

Netflix Weg zum Erfolg
Doch wie hat Netflix das geschafft? Zuerst einmal war die Ausgangsstellung gut – Netflix hatte sich bereits vor dem großen Wettbewerb als größter Streamingdienst etabliert, alle Mitbewerber mussten dagegen antreten und Zuschauer erst zum Wechseln bzw. vom Vorteil, noch ein zusätzliches Abo abzuschließen, überzeugen. Jedem war klar, dass der Markt begrenzt war, und dass Zuschauer nicht beliebig viele Abos bei Streaming-Diensten abschließen würden: die Frage war nur, wer es schaffen würde, unverzichtbar zu sein.
Ein weiterer Faktor waren natürlich die Inhalte: Filme und Serien, die man einfach gesehen haben "muss". Netflix konnte da mit Hits wie Stranger Things, Wednesday, Bridgerton, Squid Game und American Primeval einige Hits landen, die viel Echo erzeugten, zusätzlich zum immer größer werdenden Archiv an selbstproduzierten und zugekauften Filmen und Serien.
Netflix hat zudem sein Angebot weiter in Richtung Fernsehersatz ausgedehnt mit klassischen TV-Sendungen wie Koch- und Reality-Shows und außerdem Milliarden investiert, um Live-Events wie den Boxkampf zwischen Jake Paul und Mike Tyson, WWEs Monday Night Raw Wrestling sowie NFL-Spiele anzubieten – was tatsächlich zu einem großen Sprung neuer Abonnenten geführt hat. Netflix wird so zunehmend zu einem Rundum-Fernsehersatz. Das Angebot wird sogar stetig auf weitere neue Felder ausgebaut, etwa neuerdings auch Games.
Ein übriges trug der Netzwerkeffekt bei, der schon soziale Netzwerke wie Facebook groß gemacht hatte: ab einer gewissen Größe läuft das Wachstum wie von alleine: je mehr Zuschauer, desto mehr Geld für attraktive Neuproduktionen steht zur Verfügung, desto mehr Hits gibt es (idealerweise), desto mehr wird über die Inhalte geredet, was wiederum zu weiteren Zuschauern führt, kurz: je größer, desto größer.
Was bedeutet das für Filmemacher?
Für Filmemacher sind das eher schlechte Nachrichten, denn zur heißen Phase des Wettbewerbs um ein Stück vom großen Kuchen hatten alle Konkurrenten heftig in die Produktion von neuen attraktiven Inhalten investiert und damit viel Geld in die Filmproduktion gesteckt – dank der EU-Filmproduktionsquote auch in Europa.
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Und natürlich besteht die Gefahr, dass die Qualität der Neuproduktionen jetzt aufgrund des mangelnden Wettbewerbs noch weiter nachlässt und Netflix sich eher um eine Ausweitung seiner Aktivitäten in andere Felder wie Games oder Live-Events bemüht, als um Inhalte für Cineasten.
Der Preis für Netflix steigt – und steigt
In den USA und weiteren Ländern hat Netflix gerade die Preise wieder (zum dritten Mal in drei Jahren) deutlich erhöht – und da Netflix bisher immer auch in anderen Ländern nachgezogen hat, um das Preisniveau international auf einem ähnlichen Niveau zu halten, wird wohl auch hierzulande bald eine Preiserhöhung folgen. Voraussichtlich wird dann der Preis auf 21,99 Euro für das Premium-Abo bzw. 14,99 für das Standard-Abo erhöht. Zur Erinnerung: zum Start 2014 hatte das Premium Abo nur rund 12 Euro gekostet (und konnte problemlos mit anderen auch aussehalb des eigenen Haushalts geteilt werden).
Warum macht Netflix das? Offenbar weil es sich lohnt und keine Nachteile bringt, d. h. eine Preiserhöhung führt zu größeren Gewinnen und es werden – dank der Marktposition und Unverzichtbarkeit für viele – kaum Abos gekündigt. Und so lange sich daran nichts ändert, dürfte Netflix das als Beweis dafür nehmen, dass die Preise noch weiter erhöht werden können und die Schmerzgrenze für viele noch nicht erreicht ist.
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