Ein geradezu filmreifer Betrugsfall zeigt wie einfach es offensichtlich ist, das Copyright-System von YouTube zu mißbrauchen, um unrechtmäßig Lizenzgebühren für Musik zu kassieren. Ganze 23 Millionen Dollar sollen zwei Männer aus Phoenix, Arizona so eingenommen haben - für Latino-Musik, an denen andere die Rechte halten.
Der Fall, der im Herbst vor Gericht gehandelt werden soll, wird in einem Artikel von Billboard ausführlich beschrieben. Demnach gründeten die zwei Beschuldigten eine Firma namens MediaMuv und ließen 2017 durch die Verwertungsagentur AdRev einen Katalog mit bis zu 50.000 Songtiteln bei der YouTube Content-ID anmelden, darunter auch Songs von Daddy Yankee, Julio Iglesias oder Anuel AA. Als Rechtenachweis wurden offensichtlich einige gefälschte Verträge an AdRev übersendet, darüberhinaus wurde lediglich zugesichert, dass alle Rechte vorlägen - dem war allerdings nicht so. Nachgeprüft wurde wie es scheint nichts.
Sind Musikstücke erst einmal im Content-Managementsystem von YouTube erfaßt, erfolgt der Abgleich per Content-ID automatisch. So auch hier, und jedes Mal wenn ein auf MediaMuv angemeldetes Musikstück in einem Video auf YouTube verwendet wurde, erhielten die Betrüger die Werbeerlöse aus den geschalteten Anzeigen, und zwar über mehrere Jahre. Auch AdRev hat dabei kräftig mitverdient und hatte somit wenig Anreiz, den eingehenden Beschwerden nachzugehen.

Viele betroffene Musiker haben nicht einmal mitbekommen, dass sie bestohlen wurden, denn das Copyright-Verfahren bei YouTube ist komplex und nur wenigen zugänglich. Andere haben es gemerkt, aber wußten nicht, wie sie sich dagegen wehren sollten - ihren Beschwerden wurde nie gründlich nachgegangen, sondern AdRev sprach immer wieder nur von kleineren Fehlern, die unterlaufen seien. Solche kommen in der Tat bei der Rechteverwertung nicht selten vor, wenn beispielsweise bei gleichlautenden Songtiteln Metadaten verwechselt werden. Doch selbst als die "Fehler" immer häufiger wurden, wiegelte AdRev anscheinend jeden Verdacht ab.
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Dass ein Betrug auf solcher Skala möglich ist, wirft kein gutes Licht auf das Copyright-System von YouTube - der Umfang der zu unrecht "geclaimten" Songs ist enorm, ebenso wie die Zeitspanne, über welche MediaMuv seine Masche aufrechthalten konnte. Wir sind gespannt, ob YouTube in Folge des Vorfalls bei seinem automatisierten Copyright-System nachbessern wird - ein strengere Nachweispflicht bei der Anmeldung wäre ein guter Anfangspunkt -, oder zumindest seine Partner künftig mit mehr Sorgfalt auswählt (AdRev macht hier ebenfalls keine gute Figur).
Ansonsten bleibt zu hoffen, dass noch etwas vom erbeuteten Geld übrig ist, damit die eigentlichen Musiker und Songschreiber nachträglich zumindest einen Teil von dem bekommen, was ihnen zusteht. Allerdings scheint - wie es sich für solch eine Schwindlergeschichte gehört - einiges in schnelle Autos, teure Häuser und Juwelen geflossen zu sein.
Übrigens haben die beiden Hauptverdächtigen - einer von ihnen hat bereits gestanden - bevor sie ihren großen YouTube-Scam angingen auch einen low-budget Horrorfilm gedreht, "Anomaly". Von diesem schreibt jemand auf IMDb, es sei der schlechteste Film, den er je gesehen habe. Aber wer weiß, vielleicht bekommt der Film jetzt trotzdem größere Aufmerksamkeit - er ist sogar kostenlos zu sehen auf dem amerikanischen Portal Tubi (jedoch nicht von Europa aus).