Frage von schoeef:Hallo Zusammen,
ich bin neu hier und noch recht planlos.
Inzwischen habe ich unzählige Forenbeiträge gelesen, doch irgendwie komme ich nicht weiter.
Zu meiner frage… ich bekomme immer wieder .mpg Material.
Wie verhält sich das mit den Halbbildern. Grundsätzlich sollten sie mit dem unteren Halbbild verarbeitet worden sein. Hin und wieder bekommen ich Material mit der Einstellung vom oberen Halbbild. Soweit ich mich belesen habe verstehe ich das so …Die Einstellung vom Halbbild ist immer an der Kamera vorzunehmen und lässt sich im
Fertigen mpeg nicht mehr verändern. Irgendwie steh ich doch da voll auf der Leitung.Was auch bedeuten würde, ich kann bei einem gelieferten mpeg keine Halbbild Veränderung mehr vornehmen.
Besten Dank und habt Verständnis für einen Anfänger
Antwort von tommyb:
Nja... also um es kurz zu fassen:
Das Aufnahmeformat bzw. der Codec gibt die Halbbildreihenfolge vor. Man kann da nichts in der Kamera verändern, denn die Reihenfolge ist mehr oder weniger vom Standard vorgegeben (wie strikt das ist, kann sicherlich WoWu näher erläutern).
Generell gilt festzuhalten:
DV = Digital Video = immer unteres Halbbild zuerst / bottom field first
alles andere (MPEG1/2, AVCHD, usw.) = oberes Halbbild zuerst
Es ist tatsächlich möglich auch Videos auszugeben, wo die Halbbildreihenfolge aus der "Reihe" tanzt, d.h. auch eine MPEG2-Datei kann BFF (Bottom Field First) sein - nur muss sie eben entsprechend in den Meta-Daten auch so markiert sein.
Das macht normalerweise immer der Encoder mit dem man die MPEG2-Datei erstellt. Verarbeitet man aber diese Datei weiter (Reencodieren zu einem anderen Codec/Format) und missachtet dabei der neue Encoder die Halbbildreihenfolge, kann es schnell zu Problemen führen im weiteren Verlauf der Kette, da der Encoder ggf. einfach nur annimmt, dass die MPEG2-Datei TFF ist ohne es ausreichend zu prüfen.
Blöderweise wird sich das auch nur dann rausstellen, wenn man das Material "interlaced" wieder ausspielt und es dann auf dem Fernseher zu einer Art "Krebsgang" kommt - d.h. die zeitlichen Bilder ruckeln hin und zurück.
DVD-Player übrigens kommen mit TFF oder BFF ohne Probleme klar, so lange die Reihenfolge korrekt in den Metadaten geflagt ist.
Antwort von WoWu:
@ schoeef
Erst mal willkommen im Forum.
Tommy hat schon eine ganze Menge dazu gesagt und ich kann eigentlich nur noch ergänzen.
Die Field-Order, also die Halbbildfolge ist nicht durch einen Standard festgelegt, also jeder Hersteller ist frei darin, mit dem Halbbild anzufangen, dass die Zeilen 2 bis n enthält oder mit dem Field, das 1 bis n enthält.
Das liegt daran, dass es im analogen Zeilenbild noch eine halbe Zeile (Zeile 0) gab und die Hersteller, die diese halbe Zeile nicht blankten, haben eben mit 0,2,4 usw, also diesem HB angefangen.
Andere Hersteller haben die 0 weggelassen und mit 1,3,5 usw, also dem HB angefangen.
Und da ist schon das Dilemma. Wenn 0 die erste Zeile ist, wäre das das obere HB und 1 das untere.
Fangen Hersteller aber mit 1 an, wäre das das obere HB. Du siehst, es ist ein ziemliches Durcheinander.
Das ist eben das Fehlen eines Standards...
Als Ampex 1962 damit angefangen hat, waren alle Signale auf F2 dominant. Nachher hat man gesagt, man solle sich an der ersten sichtbaren Zeile orientieren, also F1, denn danach richtet sich auch der Timecode.
Die EBU hat in ihren Technical Recommendation R62-1998 und ITU Recomedtion BT.47021, das obere Halbbild für das analoge Übertragungsverfahren PAL als das erste in der Field-Order vorgeschrieben.
Für eine Digitalisierung und anschließenden Übertragung über eine SDI Schnittstelle wurde an dieser Field-Order festgehalten (ITU-R 601 bzw. ITU- R BT.656).
Dabei ist festzuhalten, dass die Reglung von TV-Systemen mit 525 Zeilen abweicht.
Die Field-Order auf dem ersten Halbbild gilt nur für Systeme mit 625 Zeilen und die Festlegung auf das zweite Halbbild gilt für 525 Zeilen Systeme.
Die Sony-DigiBeta bezieht sich auf diese analoge Richtlinie und auf die SDI Festlegung und verlangt die ungeraden Halbbilder zuerst, also das „obere“ Halbbild, solange es sich um eine 625 Zeilen MAZ handelt.
Der DV-Standard jedoch besagt, dass immer das „untere“ Halbbild, also das „ungerade“ Field zuerst aufgezeichnet wird.
Die Sony-DVCAM-Mazen zeichnen daher mit einer andern Fielddominanz als die Digi-Beta auf und übertragen dies auch so über die Fire-Wire Schnittstelle.
Wird allerdings das Signal über SDI übertragen, ist es genau wieder umgekehrt. Bezieht man also ein Bild mit Fielddominanz aus einer Digi-Beta oder einer SDI Schnittstelle, so wird man ein oberes Halbbild in der Field-Order erwarten können.
Die Field-Order ist also nicht ausschließlich auf das Bildformat festgelegt, sondern auch darauf, ob die Hersteller, bzw. Schnittstellen, wie SDI oder HDSDI, eine entsprechende, vom Format vorgegebene Field-Order „durch- reichen“.
Betacam (Sp/SX) IMX, HDCAM, und alle DV-Derivate werden, anders als Digi-Beta, eine untere Halbbilddominanz vorlegen, vorausgesetzt, das Signal wird nicht über SDI (HDSDI) eingespielt.
HDTV (1080i) stellt die Welt abermals auf den Kopf und legt das obere Halbbild als Field-Order an DV/ATSC und gibt „Odd“ vor.
Eine solche unterschiedliche Dominanz beinhaltet aber auch, dass bei der Einspielung von Material, beispielsweise bei der Herstellung einer DVD, un- ter Umständen die Dominanz geändert werden muss.
Wird Material geschnitten, das aus der DV-Welt kommt, also DVCAM, IMX oder DVCPro Material und wollen es auf einem PAL-TV Gerät ansehen, muss entweder die Fielddominanz bei der Einspielung von F2 auf F1 eingestellt und dann in F1 schneiden werden, oder man schneiden mit der Originaldominanz und wechseln bei der Erstellung der DVD auf F1.
Dann sieht die DVD auf einem
analogen PAL Gerät einwandfrei aus. Will man 1080i Material und DV- Material in einer Timeline mischen, muss man entweder eine Sorte in der Dominanz drehen und zusätzlich ggf. bei der Ausspielung erneut.
Das richtet sich danach, ob NTSC/ATSC oder PAL die Zielversion ist.
Du siehst, es gibt keinen Standard, der da Ordnung hinein bringt.
Daher sind gedrehte Field-Order überhaupt nichts ungewöhnliches und jedes NLE ist daher in der Lage, die Field-Order zu drehen.
Also:
Grundsätzlich sollten sie mit dem unteren Halbbild verarbeitet worden sein.
.... soetwas trifft nicht zu.
Wer mit Halbbildern arbeitet, muss sehr genau wissen, woher das Material kommt und wohin es geht und wie er damit im Schnitt umgeht.
Aber in ein paar Jahren, wenn die "ewig Gestrigen" auch in den ewigen Jagdgründen ruhen, gibt es nur noch progressive Bilder und der ganze Interlaced-Kram ist dann auch Geschichte.
Antwort von Jott:
Kennst du eigentlich einen technischen Grund dafür, wieso die DV-Familie gegen den Strom schwimmt? Oder ist das reine Willkür/Dummheit? Daher kommt ja primär das Chaos. Wäre alles einheitlich, würde keiner in die Field Order-Falle tappen.
Die ewig Gestrigen haben immer noch Oberwasser (ARD, 1080i-Entscheidung). Das wird so bleiben, bis 1080p50 Mainstream sein wird. Man wird sich daher noch eine ganze Weile mit Interlaced auskennen müssen.