Mit den neuen Sony-Camcordern erhält auch ein neuer Farbraum Einzug in die Videografie. Während so mancher darin abgehalfterten Marketingzauber sieht, halten wir das ganze eigentlich für eine sehr sinnvolle Neuerung.
In der Videografie (YUV, YCrCb) und auch im sRGB-Farbraum werden bisher nicht alle digitalen Werte bei der Darstellung von Farben genutzt. Denn von 256 möglichen Quantisierungsstufen finden bisher nur ca. 220 beim Sampling (der Quantisierung) Verwendung. Der Hauptgrund liegt in den analogen Ursprüngen der Videotechnik begraben. Um Übersteuerungen zu vermeiden und mit analogen Systemen kompatibel zu bleiben, werden die digitalen Werte 0-16 sowie 236-255 sozusagen als Pufferzone reserviert. Hier landen u.a. die viele der berüchtigten illegalen Farben, aber auch Superblack und Superwhite. In diesem Grundlagen Artikel von Holger Scheel findet man nähere Details zu dieser Problematik. Statt 16 Millionen (2563) möglichen Farben, stehen deswegen nur maximal 9, 6 Millionen (2203) zur Verfügung. Das klingt viel, sorgt aber in kritischen Bildbereichen (z.B. Farbverläufen auf großen LCDs oder Projektionen) dafür, dass gelegentlich feine Quantisierungsstufen sichtbar werden.
Farbenfroh
Da mit LEDs als Hintergrundbeleuchtung nun auch deutlich mehr Farben auf Flachbildschirmen möglich werden, wurde es Zeit die Zahl der möglichen Farben effektiv zu erweitern. Ein Weg wäre, die Anzahl der Quanstisierungsbits zu erhöhen (im Profibereich sind 10 statt 8 Bit oftmals üblich). Auch DeepColor in der neuen HDMI-Spezifikation sieht diesen Weg vor und erlaubt neben 8 auch 10, 12 oder sogar16 Bits. Allerdings erhöht sich dadurch auch die Bandbreite der zu übertragenden Daten spürbar, was an vielen Stellen im Produktions- und Distributionsweg neue Hardware voraussetzt.
Praktikabler erschien es daher erst einmal die vorhandenen 8 Bit voll auszunutzen indem man analoge Altlasten über Bord wirft. Dadurch lässt sich alte 8 Bit-Hardware und Software weiterverwenden, nur der Farbraum wird angepasst. Und genau dies passiert bei x.v.Colour. Hierbei handelt es sich übrigens nicht um einen Alleingang von Sony, sondern unter um einen allgemeinen neuen Standard, der bei anderen Herstellern xvYCC heißt.
Und es kommt noch besser. Wenn man der Wikipedia glauben schenken darf, wurden die bisherige Umrechnungsformel beibehalten, wodurch man vollständig kompatibel zum alten YcrCb-Standard bleibt. Nur sind in den neuen Farbbereichen nun tiefere Rot-, Grün- und Blautöne möglich.
Theoretisch sollte also nicht einmal ein neuer Codec nötig sein, wenn dieser linear arbeitet und mit den Wertepaaren entsprechend umgehen kann. Allerdings können durch den erweiterten Farbraum jetzt auch negative Farbwerte entstehen, die bei der Wiedergabe richtig interpretiert werden wollen. So lässt sich beispielsweise ein tieferes Rot erzeugen, indem die Grün-Komponente negativ wird.
Die Praxis
In der Praxis haben wir uns einmal angesehen, wie x.v.Colour in einem Schnittprogramm ankommt. Offensichtlich hat der MainConcept-Codec von Premiere Pro kein Problem mit dem erweiterten Farbraum. Die aufgezeichneten Bilder sehen nicht farbverfälscht oder geclippt aus. Im Waveform-Monitor von Premiere Pro sieht man klar einige Signale unter 0V und über 1V, die jedoch noch im Farbraum zwischen 235 und 255 bzw. 0 und 16 landen. Im Vektorskop erkennt man, dass bei Aufnahmen mit x.v.Colour der Farbraum deutlich (und vor allem) in Richtung Grün und Cyan gestreckt ist. Aber auch alle anderen Farben wandern im Kreis etwas nach außen. Das heißt im Klartext, dass sie intensiver aufgezeichnet werden.

Natürlich könnte man so eine Farbkorrektur auch nachträglich erzeugen, jedoch ist dies ähnlich wie mit Cinegamma oder einer späteren Nachbelichtung. Bei diesen Post-Aktionen verliert man immer ein paar Quantisierungsstufen gegenüber dem Original. Umgekehrt konnte man auch schon bisher in vielen Kameras die Farbintensität etwas anheben, jedoch immer unter der Gefahr, dass die Farben dann geclippt wurden, weil sie über 1 V gingen oder unter 0V fielen. Und eben dieses Clipping tritt bei x.v.Colour nun eben erst deutlich später auf.
Die beschriebene Grünstärke sieht man vor allem im direkten Vergleich an einem realen Bild:

Fazit
Die zusätzlich gewonnenen Farben sind sicherlich nicht bahnbrechend, jedoch versteckt sich hinter x.v.Colour ein nettes Feature um einen Tick mehr Qualität aus dem 8 Bit-Farbraum zu kitzeln. Wir können daher nicht ganz dem oft geäußerten Vorschlag folgen, x.v.Colour bei der Aufnahme ausgeschaltet zu lassen, wenn man nicht über ein spezielles Wiedergabegerät verfügt. Es macht durchaus schon heute Sinn in x.v.Colour zu filmen, wenn man vorher die Kompatibilität seines Schnittprogramms sichergestellt hat. Ein spezieller Monitor mit erweitertem Farbraum ist zwar sicherlich schön, jedoch nicht zwingend erforderlich.