Test Sony HDR-PJ740

Sony HDR-PJ740

Durch einen integrierten Projektor und eine aufwändige Bildstabilisierung will sich Sony mit seinem neuen Consumer-Top-Modell von der Konkurrenz abheben.

// 17:09 Mi, 21. Mär 2012von

Für seine Topmodelle hat Sony Consumer auf seiner Webseite die Bezeichnung Prestige-Camcorder eingeführt. Bei dem uns zum Test vorliegenden Modell HDR-PJ740 für 1300 Euro trifft dieser Begriff sogar in besonderer Weise zu. Denn durch einen integrierten Projektor und eine besondere Form der Bildstabilisierung zeigt Sony hier zwei Neuigkeiten, die man bei der Konkurrenz so nicht findet.






Ausbalanciert

Bei dem Balanced Optical SteadyShot handelt es sich um eine neue Technologie, bei der die gesamte Optikeinheit (also Exmor R CMOS Bildsensor inklusive Objektiv) flexibel montiert sind. Kleine Servo-Motoren korrigieren in Echtzeit die Lage der Einheit und sorgen so für deutlich mehr Schärfe bei bewegter Kamera. Hier wurde quasi eine komplette SteadyCam in den Camcorder integriert, welche in Echtzeit die Kamera stabilisiert. Eigentlich ist dieser Schritt nur folgerichtig, denn nur mit solchen Technologien kann sich mittelfristig der Camcorder als eigenständige Gerätegattung gegenüber digitalen Fotoapparaten und Handys behaupten.



Sony HDR-PJ740 : balance


Und tatsächlich verbessert die neue Technologie Filmaufnahmen ohne Stativ erheblich. Schon aus der Hand gelingen kleine Kamerafahrten tatsächlich so gut wie nie zuvor. Testweise haben wir das ganze auch noch auf ein günstiges Schwebestativ – das ModoSteady von Manfrotto montiert, und wir müssen sagen, dass eine solche Kombination ziemlich beeindruckend ist. Selbst ohne große Übung, nur mit etwas Konzentration schafft man damit extrem ruhige Kamerafahrten, für die man bisher schon eine echte Steadycam mit zugehöriger Erfahrung besitzen musste. Der Bildstabilisator verkleinert übrigens im aktiven Modus den Weitwinkel wieder einmal etwas. Da die Kamera jedoch erstaunliche 26,3mm (kb) Weitwinkel ohne den aktiven Modus besitzt bleibt sie selbst bei aktivem Stabilisator noch deutlich unter 30mm (kb).



Hier versteckt sich also tatsächlich ein echter technischer Leckerbissen in der Sony Consumer-Technik, auf den Profis wohl noch eine Weile neidisch schielen dürften. Denn wie so oft steht diese Technologie bei professionellen Geräten noch nicht zur Verfügung.



Ganz ohne Nebengeräusche läuft die Stabiliserung übrigens nicht ab. Ähnlich wie bei Panasonics Lüftern ist bei der Aufzeichnung mit dem internen Mikrofon immer ein leises Sirren der stabilisieren Servomotoren zu vernehmen. Es gibt zwar einen externen Mikrofon-Eingang um dieses Sirren zu umgehen, aber dieser ist genauso wenig manuell regelbar, wie das interne Mikrofon. Es gibt nur zwei Empfindlichkeits-Zustände zur Auswahl.








Integrierter Mini-Beamer

Beim integrierten Beamer in der Displayklappe fällt uns die Einschätzung schwer. Einerseits macht er als Gimmick tatsächlich Laune und auch die Helligkeit ist höher, als man auf den ersten Blick in die technischen Daten (> 20 Lumen) erwarten würde. Schon bei leicht abgedunkelten Räumen lässt sich ein Film unter Freunden spektakulär präsentieren. Auf der anderen Seite fällt das Fokussieren über den Schieberegler am Displayrand gelegentlich schwer, weil der Regler im Display nicht sehr feinfühlig reagiert. Dazu liegt die Auflösung mit 640 × 360 Pixeln sogar noch unter SD, weshalb HD-Details gnadenlos verschluckt werden.






Das Fundament

Neben diesen spektakulären Funktionen interessierte uns natürlich auch, wie sich die Kamera als normaler Camcorder schlägt und da hat sich gegenüber den Vorjahresmodellen relativ wenig getan. Die verbaute Kameratechnik findet sich denn auch ohne Beamer in der HDR-CX730 und der HDR-CX740). Bauähnliche Modelle ohne die schwebende Bildstabiliseirung Balanced Optical SteadyShot hat Sony bis dato (März 2012) noch nicht angekündigt.



Sony HDR-PJ740 : cam0


Die reinen Messwerte der Kamera würden wie so oft nicht einmal gegen einen professionellen Einsatz sprechen, jedoch macht Sony durch fehlende Einstellmöglichkeiten ein weiteres mal einen Einsatz unbequem bis unmöglich.






Nicht voll manuell...

Nicht nur, dass es weiterhin keine Parameter zur Einstellung der Bildcharakteristik gibt, auch die manuellen Einstellmöglichkeiten von Blende und Shutter sorgen für Kopfschütteln. Beide Parameter lassen sich zwar manuell (sogar über ein Objektivrädchen) einstellen, jedoch springt immer der jeweils andere zurück in den Automatik-Modus, sobald man einen Parameter manuell einstellt. Es gelang uns manchmal die Kamera dadurch auszutricksen, dass wir die jeweils zweite Einstellung nicht betätigten sondern den Einstellungsdialog einfach offen ließen. Oft sprang dabei der zweite Parameter noch nicht zurück. Allerdings waren dadurch auch Teile des Displays von dem Menüparametern überdeckt, was die Vorschaumöglichkeiten doch ziemlich einschränkte. Außerdem klappt dieser Trick nicht immer und die Automatik regelte dann trotzdem nach.



Immerhin besitzt die PJ740 nun einen Expanded Fokus. Den vermissten wir bei den Vorjahresmodellen aber nicht so zwingend, wie andere manuelle Features, da der Touch-Fokus schon seit jeher sehr zuverlässige Ergebnisse liefert.






..sondern voll automatik

Verlässt man sich beim Filmen mit der PJ740 grundsätzlich auf die Automatiken, so wird Sony auch weiterhin seinem Ruf gerecht, sehr gute Ergebnisse abzuliefern. Allerdings kommt es hier immer wieder zu Helligkeitsschwankungen in der Aufnahme, weil die Kamera nachregelt. Und eben diese Automatik-Eingriffe sind ambitionierten Filmern ein Dorn im Auge, weil eine Helligkeitsveränderung immer sofort an Amateurvideos erinnert.






Display und Sucher

Das Display fällt wie immer bei Sonys Top-Modellen ziemlich scharf aus (ca. 921.000 Pixel). Allerdings zeigen aktuelle Smartphone-Modelle, dass es mittlerweile auch noch schärfer ginge.


Dazu wirkt die Displaygröße mit 3 Zoll doch etwas unterdimensioniert für einen Camocorder dieser Preisklasse. Darunter leidet teilweise die Bedienung. Manche Menüpunkte sind schlichtweg zu klein, um sie zuverlässig zu treffen. Die hauseigene HDR-TD20 ist schon mit nur einem geringfügig größeren Display (3,5-Zoll) deutlich angenehmer zu bedienen.






Sonstiges

Das sonstige, mitgelieferte Zubehör soll dann aber doch offensichtlich wieder gerade ambitionierten Filmer ansprechen. So findet man eine ziemlich große Sonnenbelnde für das Objektiv, sowie einen Filterring Adapter von 52mm auf 37mm. Beides allerdings aus reinem Plastik und daher nicht für den ruppigen Außeneinsatz gedacht.








Aus dem Messlabor

Die gemessene Luminanzauflösung liegt nur knapp unter dem theoretischen Maximum von AVCHD und verliert nur zum Ende hin etwas Details.



Luminanzauflösung




So gibt es auch kleine bösen Überraschungen beim ISO-Chart, das sehr detailreich und praktisch ohne nennenswerte Artefakte abgebildet wird.



ISO-Testbild




Wie schon bei den Vorgängermodellen, verläuft die Farbauflösung ein bisschen unruhig, was sich jedoch bei realen Bildern kaum sichtbar auswirkt. Der Farbpegel ist durchschnittlich und unauffällig.



Chrominanz-Auflösung




Die Verzeichnung des Objektivs ist trotz riesigem Weitwinkelbereich erstaunlich gering, was Sony unter anderem mit Hilfe einer digitalen Bildkorrektur gelingt.



Objektiv-Verzeichnung




Die Kamera ist sehr neutral eingestellt und liefert natürliche Farben, auch in den Hauttönen.


Dennoch schade, dass man als Anwender diese nicht weiter beeinflussen kann.



1200 Lux (Klicken für Bild in voller Auflösung)




Gemessen an der Chipgröße bietet die PJ740 eine ausgezeichnete Low-Light-Perfomance. Allerdings ist Konkurrenz (z:b. Panasonics X909) mittlerweile auch nicht mehr weit abgeschlagen.



12 Lux Automatik (Klicken für Bild in voller Auflösung)




Bei manueller Low-Light-Optimierung bekamen wir seltsame, vorwiegend blaue Chrominazfehler zu Gesicht, die wir so noch bei keiner Kamera vorher gesehen hatten.




12 Lux mit 1/25 Sek und manuellem Weißabgleich. (Klicken für Bild in voller Auflösung)



Die Nebengeräusche des integrierten Mikrofons sind sind in Ordnung, jedoch sind die Motoren für den optischen Bildstabilisator durchaus wahrnehmbar.



Störgeräusche






Fazit

Der Balanced Optical SteadyShot gefällt uns ausgesprochen gut und könnte tatsächlich eine neue Ära des Handfilmens einläuten. Die Kombination mit einem Schwebestativ und vielleicht sogar noch ein Optical Flow Stabilisator im Schnitt können die Kamera jetzt butterweich schweben lassen. Doch gerade wer diese Effekte für seine Filme nutzen will, wird sich ansonsten weniger für die PJ740 begeistern lassen, obwohl diese sogar eine ziemlich ausgewogene Bildqualität fürs Geld abliefert. Denn ohne volle Kontrolle über Shutter und Blende lässt sich kaum eine Aufnahme planen. Daneben muss man sich auch bei der Bildcharakteristik darauf beschränken, was Sony vorgibt. Der integrierte Projektor deutet dabei wohl ebenfalls darauf hin, wer die eigentliche Zielgruppe der Prestige Serie von Sony sein soll.


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