Mit der GH6 will Panasonic noch einmal frischen Dynamik-Wind in die Micro Four Thirds Welt bringen. In unserem Interview spricht Yosuke Yamane sogar davon, dass man versucht habe, bei der GH6 einen Dynamikbereich zu implementieren, "der dem des Vollformats nahe kommt".
Die entsprechende Zauber-Zutat heißt bei Panasonics GH6 nun Dynamic Boost und scheint nach unserem Dafürhalten ein paralleler Readout mit zwei ISO-Empfindlichkeiten zu sein, der - anders als bei Arri und Blackmagic - digital im Signalprozessor "zusammengerechnet" wird. Das erfordert zwar eine verdoppelte und damit ungewöhnlich hohe Datenübertragungsrate vom Sensor zum Signalprozessor. Und zusätzlich limitiert dieses Verfahren den hochdynamischen Readout damit aktuell auf 60 fps. Im Gegenzug erspart es Panasonic ein explizites Dual Gain Sensor Design, das nach unserem Wissen von Sonys Sensor-Sparte aktuell gar nicht angeboten wird.
Wie die Dynamik letztlich genau zustande kommt ist natürlich letztlich egal. Wichtig ist ja nur, wie gut das ganze in der Praxis funktioniert, weshalb wir die GH6 gegen die aktuell "cinematischsten" MFT-Modelle antreten ließen. Namentlich die GH5s aus dem gleichen Hause sowie die Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K (BMPCC 4K). Gegenüber größeren Sensoren mit S35 oder Vollformat-Abmessungen konnten MFT-Sensoren in der Vergangenheit noch niemals mithalten.
Wie wir testen
Um die Dynamik vergleichbar zu testen, haben wir ein weiteres Mal unsere Testkasten-Szene (mit festem Weißabgleich 3200K) gefilmt und dabei in ganzen Blendenstufen abgeblendet. Anschließend suchen wir uns als Referenz die erste Aufnahme, in der die Haut unseres Puppenkopfes nicht mehr clippt und definieren diese Einstellung als ETTR-0.
Die von dieser Einstellung nun folgenden Aufnahmen bilden eine Blendenreihe mit jeweils einer zusätzlichen Blendenstufe "Unterbelichtung". Diese Aufnahmen korrigieren wir in Blackmagic DaVinci Resolve wieder zurück auf die Helligkeitsverteilung der ETTR-0 Referenz. Je besser die Darstellung des Auges in den tiefen ETTR-Einstellungen, desto besser ist die Dynamik der getesteten Kamera. Da Standbildaufnahmen der Augen nur die halbe Wahrheit abbilden gehen wir bei slashCAM ab sofort auf die Bewegtbild-Darstellung unserer Aufnahmen über.
Die Ausspielung der Augen erfolgt dabei um ein vielfaches vergrößert, damit die zusätzliche Youtube Kompression nicht so stark in die Bewertung einfließt. Dennoch ist (gerade bei den Streams unter 4K-Auflösung) interessant, wie der ETTR-Schriftzug in der Bildmitte gegen Ende des Videos hin durch die Youtube-Kompression in Mitleidenschaft gezogen wird. Die beste Qualität bekommt man daher beim Betrachten des Videos als 4K Stream - auch auf Displays mit geringerer Auflösung.
Die zusätzliche Degradation durch die Youtube Kompression betrifft zwar alle Kamera-Kandidaten gleichermaßen - doch gerade deswegen denken wir noch über weitere Optimierungen in Zukunft nach. Eventuell werden wir für zukünftige Tests Youtube umgehen.
Dynamik-Vergleich GH5s, GH6 und BMPCC 4K
Um unsere aktuellen Erkenntnisse jedoch nicht noch weiter zu verzögern, geben wir uns in diesem MFT-Vergleich nun erst einmal mit Youtube zufrieden. Und ein bisschen spannend soll es auch sein, weshalb wir die Kameras im folgenden Video nicht beschriftet haben. Die Auflösung der "Matrix" findet ihr am Ende des Artikels. Also Vorhang auf für den MFT-Dynamic Showdown zwischen der Panasonic GH5s, GH6 und der BMPCC 4K:
Erkenntnisse
Interessant ist als erstes, wie viel besser die GH6 gegenüber der GH5s abschneidet, die bislang Panasonics offizieller MFT-Dynamic Range Spitzenreiter war. Die GH5s geht deutlich früher komplett im Rauschen unter und bleibt somit deutlich hinter der GH6 oder hinter der Pocket Cinema Kamera 4K. Nach unserer aktuellen Einschätzung liegt die GH5s damit rund zwei Blendenstufen unter der neuen GH6 mit Dynamic Boost, was schlechter ist, als wir ursprünglich erwartet hätten. Hier könnte vielleicht das beschnittene V-Log L Profil der GH5s eine potentielle Bremse sein, denn die Pocket Cinema Camera 4K nutzt den gleichen (Sony-)Sensor wie die GH5s. Gegen die V-Log L Theorie spricht, dass die GH5s ungefähr auf dem Niveau von der GH6 ohne Dynamic Boost agiert und letztere ja das volle V-Log Profil nutzt.
Weiters ist die GH6 mit Dynamic Boost noch mindestens eine halbe Blendestufe besser als Blackmagics Pocket Cinema Kamera 4K und rauscht dabei auch noch einen Tick "schöner". Sobald jedoch die Codec Artefakte der GH6 ins Bild treten, wird die GH6 hässlicher als die Blackmagic Cinema Camera. Dies ist jedoch erst in sehr extremen Korrekturbereichen der Fall.
Die GH6 darf dank dem Dynamic Boost Feature somit in unseren Augen legitim als die MFT-Kamera mit der aktuell besten Dynamik im Videobereich bezeichnet werden. Sie überrundet dabei auch die bereits sehr cinematische Blackmagic Cinema Camera 4K um noch mindestens eine halbe Blendenstufe, welche Blackmagic übrigens selbst in der primären Base ISO mit 13,1 Blendenstufen klassifiziert.
Das von Yosuke Yamane im Interview zur Panasonic GH6 genannte Entwicklungsziel ("Dynamikbereich (...), der dem des Vollformats nahe kommt"), ist jedoch trotzdem noch ein gutes Stück entfernt. Wie wir in weiteren Dynamik Tests in naher Zukunft an dieser Stelle noch zeigen werden.
Ach ja, und hier kommt noch die Auflösung zu unserem Video. Die Kameras waren in unserem Test folgendermaßen im Video angeordnet:
Kein Problem bei der GH6, bei der S1H wurde das Problem mit Firmware 2.0 geloest, falls NR auf -1 gestellt wird.
Xergon 15:49 am 27.4.2022
@Slashcam:
Könntet ihr die verwendeten Blenden-Einstellungen bei den einzelnen Kameras noch dazu schreiben?
Dann könnte man bessere Einschätzungen zur Lowlight-Fähigkeit...weiterlesen
DeeZiD 14:52 am 27.4.2022
Musst in Resolve ProRes als Full Range interpretieren, ansonsten stimmen die Levels nicht.
In Premiere wird es schwierig. Habe ne Lut, die das Problem loest:
https://drive...weiterlesen
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