Wir hatten vorab Gelegenheit, die neue DJI Osmo Pocket 3 zu testen und haben dies für einen Vergleich mit dem iPhone 15 Pro Max genutzt. Wie schneiden beide Bewegbtbild-Tools bei Stabilisierung, 10 Bit LOG, Brennweitenvergleich, Zeitlupen und anderem ab?
Tatsächlich lassen sich bei DJI Osmo Pocket 3 und Apple iPhone 15 Pro Max eine ganze Reihe an vergleichbaren Funktionen finden:
Bei beiden Kamerasystemen handelt es sich um kompakte „Taschen-“ oder „Immer-Dabei-Kameras“. Sowohl die DJI Osmo Pocket 3 als auch das iPhone 15 Pro Max verfügen über 10 Bit Log Aufnahmeformate, beide Kameras verfügen über ausgeklügelte Stabilisierungssysteme, die auf handgehaltene Kamera optimiert sind und beide Sensorgrößen finden sich aktuell im High-End Smartphone-Bereich – auch wenn der 1“ Sensor der DJI Pocket 3 hier klar am oberen Limit agiert.
Vorab unser Vergleichsclip mit Caro, bei dem wir sowohl die DJI Osmo Pocket 3 als auch das iPhone 15 Pro Max ohne weitere Hilfsmittel freihand führen und uns die Stabilisierung, den Autofocus, die unterschiedlichen Brennweiten, 10 Bit Log sowie Zeitlupen anschauen:
Handling/Bedienung
Bei der Kategorie Video-Ergonomie hat die DJI Osmo Pocket 3 in unseren Augen die Nase vor dem iPhone 15 Pro Max. Kein Wunder – schließlich ist die DJI Pocket 3 ausschließlich auf Videofunktionen hin konstruiert.
Der Handgriff inklusive Rec-Button, Controller und klappbarer Bildschirm erleichtern das Filmen mit der Pocket 3 sehr. Besonders deutlich haben wir dies bei Low-Angle Shots von Caros Longboard gemerkt. Hält man die Pocket mit dem Kamerakopf nach unten, kommt man einfacher zu bodennahen Shots, beim iPhone muss man für entsprechende Blickwinkel einen Handgriff oder ein kleines Stativ nachrüsten. Auch für längeres ermüdungsfreies Filmen aus der Hand eignet sich die Pocket 3 Out of the Box deutlich besser als jede Smartphone-Alternative.
Hinzu kommt: Durch die Gimbal-Konstruktion ist es deutlich einfacher, bei Action-Shots mit der Pocket 3 einen geraden Horizont beizubehalten, beim iPhone wird dies - wenn man wie wir hier rennt – deutlich schwieriger. Dafür müsste man beim iPhone zusätzlich in einen Smartphone-Gimbal investieren.
Neu bei der Pocket 3 ist der jetzt drehbare 2 Zoll OLED-Farb-Touchscreen, der mit 314×556 Pixeln bei 700 Nits auflöst. Gut gefallen hat uns hierbei neben der Drehmechanik die besonders schnelle Aufnahmebereitschaft - denn die Pocket 3 lässt sich zweifach einschalten: Entweder via längeren Klick auf den Rec-Button oder einfach durch die Drehung des Touchscreens in die 16:9 Position. Mit ca. 1 Sekunde ist die Pocket 3 hierbei blitzschnell aufnahmebereit. Vor allem im Vergleich zum Vorgänger bietet der neue Dreh-Screen ein deutliches Plus an Komfort und Geschwindigkeit bei der Aufnahme, weil man neben dem Einschalten den Dreh-Screen auch mit einer sofortigen Aufnahme-Option belegen kann.
Vergleich man den Pocket 3 Screen beim Thema Monitoring jedoch mit dem iPhone 15 Pro Max, gewinnt das iPhone hier klar. Mit seiner Auflösung von 2.796 x 1.290 Pixel bei einer Diagonalen über 6 Zoll befindet es sich bereits in Pro-Kamera-Monitor-Gefilden. Wer präzises Framing benötigt, ist mit dem großen iPhone Screen hier deutlich besser bedient. Der 2“ Monitor der Pocket funktioniert als Point- und Shoot- Tool durchaus – vor allem auch für Personen mit aktiviertem ActiveTrack und Gesichtserkennung. Für handgeführte Personenaufnahmen reicht das in der Regel auch völlig aus – soll hingegen präziser (szenisch) gearbeitet werden, würden wir klar zum iPhone 15 pro Max raten.
Dies gilt ebenfalls für die Menü-Bedienung. Die Pocket 3 verfügt über quasi die gleiche Menübedienung und Monitoring-Ansicht wie die DJI Osmo Action, was für Action-Shots auch gut funktioniert. Wer mit den Swipe-Gesten der Omso Action vertraut ist, wird sich hier schnell zurechtfinden.
Ein Swipe von rechts nach links gibt die zentralen Kameraeinstellen frei. Wer im Pro-Modus der Pocket 3 unterwegs ist, findet hier dann manuelle/auto Belichtung, WB, Effekte, Farbe (D-Log M, normal, HLG), AF-Funktion und Bildanpassung.
Ein Swipe von oben nach unten führt in die zentralen Menüeinstellungen, in denen sich User-Setups, Monitoreinstellungen, Selfie-Modus, Einstellungen, Monitorformate, Gimbaldrehgeschwindigkeiten und -Modi ( Folgen, Neigen gesperrt, FPV) finden.
Im Vergleich hierzu sind die Einstellmöglichkeiten bei der nativen Apple Video-App eher beschränkt. Nutzt man jedoch die Blackmagic Cam App wird aus dem iPhone 15 Pro Max ein mächtiges Filmer-Werkzeug, das kaum Wünsche offen lässt und dessen Monitoring-Tools (FalseColor, Peaking, frei definierbare Guides, LUT-Import etc) sowie Aufnahmeformate (ProRes 4444, ProRes 422 HQ, etc.) die Pocket 3 deutlich hinter sich lassen.
Stabilisierung
Beim Stabilisierungsvergleich gilt es im Hinterkopf zu behalten, dass die DJI Pocket 3 mit 4K Auflösung - das iPhone 15 Pro Max im Action Modus lediglich mit 2.8K Auflösung arbeitet. Mit beiden Kamerasystemen waren wir rennend unterwegs und haben Caro auf dem Longboard gefilmt.
Eigentlich hatten wir erwartet, dass das Gimbal-System der Pocket 3 die Stabilisierung des iPhones locker schlägt - doch dem war nicht so. Grundsätzlich bewegen sich beide Stabilisierungssysteme auf hohem Niveau. Schaut man etwas genauer hin, würden wir der iPhone-Stabilisierung eine minimal bessere Stabilisierungsleitung beim Ausgleich von Laufbewegungen im vertikalen Bereich zusprechen - ziemlich bemerkenswert, was das iPhone hier leistet.
Allerdings lässt sich der Gimbal der DJI Pocket 3 auch noch finetunen– wir haben ihn hier in den Standard-Einstellungen genutzt.
Die geringere Auflösung des iPhone im Action-Modus relativiert sich vor allem bei Aufnahmen mit viel Bewegung.
Wer hingegen viel statische als auch bewegte Aufnahmen filmt, erhält mit der durchgehenden 4K Auflösung der Pocket 3 das homogenere Bild. Ebenfalls im Hinterkopf sollte man beim Thema Stabilisierung behalten, dass das Gimbalsystem der Pocket für einen stets ausgeglichenen Horizont sorgt – das Stabilisierungssystem des iPhone 15 Pro Max hingegen nicht.
Unterm Strich agieren sowohl die DJI Pocket 3 mit ihrem Gimbal-System als auch das iPhone 15 Pro Max mit seiner „Action“ Stabilisierung auf erfreulich hohem Niveau.
10 Bit D-Log M vs Apple Log
Der Bildeindruck der beiden LOG-Formate unterscheidet sich recht deutlich voneinander. Während es sich bei Apple Log um ein „vollwertiges“ LOG-Format handelt, dessen Performance sich sogar mit den Log-Formaten von ARRI LF, Nikon Z8 und Canon EOS C70 messen lassen kann, handelt es sich beim D-Log M Format der Pocket 3 um eine weitaus schlankere Log-Implementierung. Im direkten Vergleich mit Apple Log erscheint das D-Log M eher als eine Art neutraleres Farbprofil denn als „echtes“ Logformat.
Doch die steilere Gammakurve des DJI-Logs bringt auch Vorteile mit sich. So braucht es hier kaum eine Kontrast-, sondern lediglich eine Farbanpassung während Apple-Log stets auch deutliche Eingriffe in Farbe und Kontrastumfang benötigt. Damit agiert das Apple Log deutlich flexibler aber auch anspruchsvoller.
Wer bestmögliche Dynamik mit möglichst viel individuellen Eingriffsmöglichkeiten benötigt, ist bei Apple Log deutlich besser aufgehoben. Geht es hingegen um möglichst schnelle Turnovers, empfiehlt sich das D-Log M Material der Pocket 3.
Zeitlupe
Zwar bietet weder die Pocket 3 noch das iPhone 15 Pro Max einen Zeitlupenbetrieb oberhalb von 4K 60p bei dem sich auch in LOG aufzeichnen lässt, doch die Pocket bietet 120p in 4K-Auflösung - das 15 Pro Max nur HD Auflösung. Hinzu kommt, dass das Gimbalsystem der Pocket auch problemlos bei 4K 120p oder HD 240p funktioniert, wohingegen beim iPhone nicht mehr die hocheffiziente Sensor-Crop (Action) Stabilisierung zum Einsatz kommt sondern „nur noch“ die optische Stabilisierung.
Somit gilt: Wer 120p und 240p Zeitlupen bei bewegter Kamera benötigt, ist bei der DJI Pocket 3 qualitativ besser aufgehoben als beim iPhone 15 Pro Max. Bewegt sich die Kamera nicht, steigt die Qualität der HFR-Aufnahmen des iPhone 15 Pro Max deutlich – muss sich jedoch bei 120p mit HD-Auflösung gegenüber 4K 120p bei der DJI Pocket 3 geschlagen geben.
Brennweiten
Hier zieht das iPhone mit seinen drei optischen Brennweiten klar an der Solo-Brennweite der DJI Pocket 3 vorbei. Während die DJI Pocket 3 lediglich über ein Kamerasystem mit 20mm Brennweiten-Equivalent bei Blende F2.0 verfügt, bietet das iPhone 15 Pro Max mit seinen drei Kameraeinheiten (13mm F2.2, 24mm F1.8 und 120mm F2.8) deutlich mehr Optionen.
Bei unserem ausführlichen iPhone 15 Pro Max Praxistest bot vor allem die neue 120mm Telebrennweite des iPhones im Kombination mit Apple Log ein bemerkenswert „cinematisches“ Bild.
Diesen Anspruch hat das 20mm F2.0 Kamerasystem der DJI Pocket 3 weniger. DJI hat hier unserer Meinung nach genau den Sweetspot für Selfie-Brennweiten getroffen und bietet immer noch genug Weitwinkel um auch den einen oder anderen Action-Shot abdecken zu können.
Wer mehr Weitwinkel benötigt, dürfte bei der Osmo Action 4 mit seiner Ultraweitwinkel-Optik besser bedient sein.
Fazit
DJI neue Osmo Pocket 3 führt das Pocket-Konzept mit vielen cleveren Neuerungen weiter. Besonders gut hat uns das neue Dreh-Display, die superschnelle Aufnahmebereitschaft, die allgemeine Videoergonomie als Immer-Dabei-Kamera und die zuverlässige Gimbalstabilisierung gefallen.
Zusammen mit den verbesserten Folgemodi und der Gesichtserkennung von ActiveTrack 6.0 glänzt die DJI Osmo Pocket 3 vor allem mit ihrer extrem einfachen Bedienung. Wer ohne viel technische Vorkenntnisse zu guten, handgeführten Aufnahmen kommen will, ist hier genau richtig.
Auch bei Filmproduktionen, wo auf die Schnelle ein Behind-the-Scenes erstellt oder einem Protagonisten eine Kamera für POV- oder Selfie-Aufnahmen in die Hand gegeben werden soll, eignet sich die neue DJI Osmo Pocket 3 gut.
Wer bildtechnisch höhere Flexibilität benötigt, ein Höchstmaß an Dynamik in der Postproduktion zu schätzen weiss oder von der Bildanmutung und -qualität einfach näher an DSLMs herankommen will, dürfte mit den drei Brennweiten des iPhone 15 Pro Max und insbesondere Apple Log glücklicher werden.
Preise und Verfügbarkeit
Die Osmo Pocket 3 ist ab 539 € (abhängig von MwSt.) erhältlich und enthält die Osmo Pocket 3, ein USB-C auf USB-C PD-Kabel, eine Osmo Pocket 3 Schutzhülle, eine DJI Handschlaufe und einen Osmo Pocket 3 Griff mit ¼-Zoll-Gewinde.
Die Osmo Pocket 3 Kreativ Combo ist ab 679 € erhältlich und umfasst die Osmo Pocket 3, ein USB-C auf USB-C PD-Kabel, eine Osmo Pocket 3 Schutzhülle, eine DJI Handschlaufe, einen Osmo Pocket 3 Griff mit 1/4′-Zoll-Gewinde, einen DJI Mic 2 Sender (Shadow Black), einen DJI Mic 2 Windschutz, einen DJI Mic 2 Clip-Magneten, einen Osmo Pocket 3 Akkugriff, ein Osmo Mini Stativ und eine Osmo Pocket 3 Tragetasche.