AppleTV wurde im März 2007 eingeführt und fristete bis Dato zumindest in Europa eher ein Mauerblümchen-Dasein, da ein Filmangebot, das es mit der Qualität von Videotheken aufnehmen kann, bislang schlicht fehlte. Mit der Aufnahme erster Kauf- und Mietfilme der großen Hollywood-Studios in den iTunes Store - jetzt auch für den Europäischen Markt - kommt neues Leben in die Box. Wir haben uns Apples Set-Top-Box in Sachen Blockbuster-Verleih und-Kauf genauer angeschaut.

AppleTV - Basics
Der Markt an Hard- und Software für den Ausbau des Wohnzimmers zum Multimedia-Center ist gewaltig. Von Microsofts Media Center über Linux-basierte Lösungen wir MythTV oder VDR bis hin zu diversen Game-Konsolen mit Internet-Anschluss und Blu-ray Abspielfähigkeit - vom zusammengeschraubten Einzelkomponenten PC zum schicken, fertig-konfiguriertem Media-Center-PC, bzw. zur Set-top-Box ist alles zu haben, um das Heiligste: unser aller Glotze zum Mittelpunkt der vernetzten Film-, Foto- und Musikwelt zu pimpen.
Mittlerweile scheint allerdings die Sehnsucht nach dem perfekten Multimedia-Center mindestens genauso gross zu sein, wie der Frust über nicht funktionierende Schnittstellen, Software-Hardware-Inkompatibilitäten und einen wuchernden Kabelsalat, der aus der TV-Ecke eine bizarre Technik-Schlingpflanze werden lässt.
Genau hier setzt AppleTV an, mit dem Versprechen, echtes Plug&Play, einfache Vernetzung von Medieninhalten und möglichst kabellose Übertragungswege zu realisieren: Fotos als Slideshow auf dem TV mit eigener iTunes Musik unterlegt, direkt vom Laptop via WLAN abgespielt, eigene Videos oder Musik vom Laptop oder eben Blockbuster zum Mieten oder Kaufen direkt ins Wohnzimmer. Das Versprechen kommt jedoch auch mit einer Forderung, die in etwa so lauten könnte: Wenn Du eine reibungslose Vernetzung haben willst, dann nutze iTunes als zentrales Verwaltungsorgan, am liebsten auf einem Mac. Wenn nicht, dann Tschüß. Will heissen: Wer bereits iTunes z.B. als Musik-Player nutzt, der dürfte wenig Probleme damit haben, auch Videos und Fotos via iTunes aufs AppleTV zu beamen - wer jedoch nicht zu den iTunes-Nutzern zählt, bleibt außen vor oder muss sich halt umstellen.. Hinzu kommt, dass für eine bestmögliche Vernetzung gerade von Fotos (aus Aperture oder iPhoto) ein Mac zwingende Voraussetzung darstellt. AppleTV richtet sich somit, will man dessen gesamtes Potential ausnutzen, eher an Mac-User. Klar lassen sich auch ohne Mac entsprechende Filme mieten oder kaufen und auch in YouTube-Videos lässt sich ohne Mac stöbern – trotzdem entfaltet AppleTV erst sein ganzes Vernetzungspotential mit einem Mac. Dies könnte sich jedoch mit einer noch stärkeren Integration des iPhones ins Home-Cinema-Setup bald ändern - die Zukunft hält hier viele Optionen bereit ...
Somit sollte klar sein, an welche Kientel sich AppleTV in erster Linie richtet: An Heimanwender (PC und Mac) auf der Suche nach Plug&Play die am besten bereits mit iTunes vertraut sind, sowie an Mac-User, deren Medienverwaltung sowieso schon auf Apple Software basiert.
AppleTV - Setup
Um AppleTV sinnvoll betreiben zu können, ist ein DSL-Internetanschluß sowie ein WLAN empfehlenswert. Wir haben AppleTV an einem nomalen Heimanwender DSL-Anschluß von 1&1 mit gemessenen 5475 Kbit/s Download-Geschwindigkeit getestet.
Die erste Überraschung erlebt man beim Anschließen des AppleTVs an die Steckdose: Es existiert kein An-/Aus-Schalter, sonder nur ein über die Fernbedienung zu aktivierender Stand-By-Modus: Plug&Play also im wahrsten Sinne des Wortes - dies jedoch auch mit einer Schatten-Seite: Durch den fehlenden Off-Schalter verbraucht das Gerät auch im Stand-By-Modus Strom - allein schon durch eine deutliche Wärmeentwicklung zu spüren. Hier würden wir uns eine ökologisch korrekte, echte OFF-Funktion wünschen.
Die Einwahl ins hausinterne WLAN-Netz der Fritz-Box geht kinderleicht und reibungslos von statten: Netz aussuchen, Passwort via mitgelieferte Apple-Remote-Fernbedienung eingeben, fertig. Für die bestmögliche Signalstrecke zwischen AppleTV und Fernseher empfehlen wir ein HDMI-Kabel, aber auch via Cinch-Stecker lassen sich Audio- und Videodaten übertragen

Um Filme aus dem iTunes Store mieten zu können, muss eine Apple-ID vom User angelegt werden. Dies funktioniert jedoch optional auch ohne die Angabe einer Kreditkarten-Nr.. Wer den Weiten des Webs in Sachen Kreditkartenabrechnung nicht traut, der hat einen recht bequemen Alternativ-Bezahl-Weg: Mittlerweile lassen sich iTunes-Coupons an Tankstellen, in Supermärkten, Elektronikmärkten etc. pp. in Stückelungen ab 15,- Euro kaufen.

Der auf dem Coupon enthaltene Code schaltet dann den entsprechenden Betrag frei: Sicherer und problemloser Zahlungsweg.
Blockbuster
Die Videos im iTunes Store sind, wenn sie als HD-Version zur Verfügung stehen, grundsätzlich mit 720p in H264 kodiert. Bei einigen stehen englischsprachige Versionen zur Verfügung – wer Original-Sounds haben möchte, sollte vor der Miete oder dem Kauf einen Blick auf die möglichen Sprachversionen werfen, um sicher zu gehen.

Das virtuelle Blättern im Filmangebot via AppleRemote ist reaktiv und verschafft dem User schnell einen Überblick. Wer sich für einen Film interessiert, kann sich vor dem Filmkauf den Trailer anschauen, ähnlich wie auf den QuickTime-Trailer-Seiten von Apple. Ist ein Film gefunden, gibt man sein AppleID-Passwort ein und, genügend Guthaben vorausgesetzt, steht der Film innerhalb von wenigen Sekunden zum Betrachten zur Verfügung.

Wir waren angenehm überrascht, wie reibungslos sowohl das Mieten als auch der Kauf von Filmen von Statten geht. Da die Download-Geschwindigkeit ein Vielfaches der Abspiel-Geschwindigkeit beträgt, standen all unsere Test-Filme stets nach wenigen Sekunden zum Abspielen bereit: Egal ob Miet-oder Kauffilm. Großes Kompliment hier an den iTunesStore: Kein lästiges Warten oder ruckeliges Abspielen. Wir haben die Filme auf einem älteren „HDready“ TFT-Fernseher betrachtet, der ebenfalls mit 720p nativ auflöst. Die Bildqualität war ausgesprochen gut. Erwartungsgemäß weit besser als SD-DVDs, Kabel-Fernsehen oder DVB-T. Einzig Blu-ray dürfte hier bei 1920x1080 aufgelösten Filmen noch etwas mehr herausholen können – uns hat die iTunes-Store Qualität jedoch völlig ausgereicht.
Auch wenn wir einen echten Off-Schalter vermissen, in Sachen Betriebsgeräusch gibt es nichts zu meckern. Das AppleTV war nicht zu hören.
Die Preis-Struktur des Filmangebots gestaltet sich wie folgt: 2,99 für eine SD-Miete, 3,99 für eine HD-Miete und 7,99 – 13,99 je nach Neuheit und Format für den Kauf eines Films. Die gemieteten Filme stehen 48 Stunden zur Verfügung. Bei Videotheken gilt meistens 1 Euro Pro Tag für eine SD-DVD. Also 2 Euro für 48 Stunden bei der Videothek versus 2,99 für die SD-Miete via AppleTV.

Schlägt man Zeit- und Fahrtkosten noch auf den Videotheken-Verleih drauf, kann sich das iTunes-Angebot durchaus sehen lassen. Allerdings steht dieses nachwievor am Anfang. Zwar werden kontinuierlich neue Titel eingepflegt, doch den letzten James Bond „Ein Quantum Trost“ gibt es derzeit bei iTunes beispielsweise nur zu kaufen, nicht zu mieten. Noch sind die Videotheken also aktueller und bieten natürlich auch das breitere Angebot. Sollte sich der iTunes Store jedoch mit Videos genauso rasant entwickeln wie mit Musik-Titeln, dürfte hier sehr schnell eine echte Alternative zu Videothek entstehen – vor allem und gerade im Bereich von HD-Titeln.
Zu bemängeln hatten wir beim Mieten der Filme lediglich, dass sich das aktuelle iTunesStore-Guthaben nicht am AppleTV anzeigen lässt. Sinkt das Guthaben unter den Preis des gewünschten Films, erscheint lediglich eine Meldung, dass das Guthaben nicht ausreicht. Um den exakten Stand festzustellen, muss man sich auf seinem Rechner in den iTunes-Store einloggen. Etwas umständlich. Schön wäre auch die Aktivierung von Coupons direkt über AppleTV … hier besteht unserer Meinung nach noch etwas Optimierungsbedarf.
Andererseits verlangt AppleTV geradezu nach einem Mac in der Nähe, will man Fotos oder Musik über das hausinterne WLAN auf das AppleTV streamen. Die Vernetzung von Rechner mit AppleTV ist hierbei sehr gut gelungen. Mit 1-2 Klicks lassen sich iPhoto oder Aperture Projekte anwählen, die dann mit eigener Musik aus iTunes über WLAN auf den Fernseher gestreamt werden. Wir müssen zugeben, dass dieses reibungslose Ineinandergreifen wirklich Laune macht. Wer bislang noch nicht Urlaubsfotos mit selbst zusammengestellter Musik-Playlist auf dem Fernseher betrachtet hat, kann hier schnell süchtig werden – immer einen Mac-Laptop in der Nähe vorausgesetzt. Apropos Mac-Vernetzung: Seit kurzem lässt sich auch das iPhone als Fernbedienung für das Apple-TV nutzen. Mit dem kostenfreien Remote-App lassen sich dann entsprechend Filme abspielen, vorspulen, pausen etc.: das alles erneut verblüffend reaktiv.
Die Funktionsvielfalt des AppleTVs kann sich mittlerweile durchaus sehen lassen. Neben den erwähnten Foto, Musik- und Film-Funktionen, hatten wir ebenfalls Spaß mit YouTube-Videos (wo wir uns allerdings eine HD-Sektion wünschen würden) und einem großen Angebot an TV-Serien, die jedoch fast alle in SD vorliegen.


Bei dieser Funktionsvielfalt sollte aber auch nicht vergessen werden, dass das AppleTV einige Beschränkungen parat hält (mal vom Apple-Biotop abgesehen). Eigene Videos lassen sich nur mit H264 codiert auf dem AppleTV darstellen (auch die Größe sollte exakt gewählt werden).

Wer anspruchsvollere Filme aus der Art-House Ecke sucht, wird im iTunes-Store nicht großartig fündig werden – dies ändert sich hoffentlich mit mehr Titeln im iTunes-Store und last but not least: AppleTV stellt faktisch einen Festplatten-Recorder mit Internet-Anschluss dar: Eine Erweiterung um Fernseh-Aufnahme-Funktionen dürfte nicht all zu schwierig zu implementieren sein – wird derzeit aber nicht angeboten. Für ein echtes Zusammenführen von Web- und Fernseh-Inhalten wäre ein entsprechender DVB-T Empfänger oder TV-Programm-Anschluss aber wünschenswert. So liesse sich das Beste aus beiden Welten auf der internen Festplatte versammeln. Auch steht für Europa noch eine Preissenkung für das AppleTV aus, die in den USA mit der Verfügbarkeit von ersten Blockbustern bereits durchgeführt wurde.
Fazit
Die Kombination AppleTV und iTunes-Store beeindruckt allein schon durch das reibungslose Funktionieren von Video-Miet- und Kauf-Vorgängen für Heimanwender. Die Videos stehen quasi sofort zum Betrachten bereit und die HD-Qualität in 720p H264 ist absolut sehenswert. Wer bereits iTunes für seine Musikverwaltung nutzt und mit dem derzeit noch recht begrenzten Film-Angebot leben kann, holt sich ein Stück Web-Video-Zukunft ins Wohnzimmer, die durch hervorragende Bedienung und sehr gute Mac-Vernetzung zu überzeugen weiss. Wer hingegen seine Freude am Zusammen-Frickeln seines eigenen Home-Mediacenters hat, ist hier falsch. Kritikwürdig empfinden wir den fehlenden Off-Schalter, das Fehlen einer Videorecorder-Funktion sowie den gemessen am amerikanischen Modell noch etwas zu hohen europäischen Preis von derzeit 299,- Euro für die 40GB und 399,- Euro für die 160GB Version.