Der Autofokus und seine Grenzen
Soviel zur Theorie – doch wie sieht es in der Praxis aus? Obwohl in keiner Top-Ten-Tippliste der Hinweis fehlen dürfte, man möge immer mit manuellen Einstellungen filmen, wird natürlich trotzdem so manche Aufnahme im Automatikbetrieb gemacht. Das ist leider vielen Filmen nachher auch anzusehen – ein geradezu klassischer Manko ist das kurze “Pumpen” des Autofokus, wobei das Bild kurzzeitig verschwimmt, weil die Kamera die Schärfe nachjustiert (und dies oft, ohne dass es überhaupt notwendig gewesen wäre).
Wer dennoch mit dem Autofokus arbeiten möchte, sollte sich zumindest etwas im klaren darüber sein, wie dieser arbeitet und in welchen Situationen mit Schwierigkeiten zu rechnen ist. Grob gesprochen wird die Schärfe anhand der Kontrastunterschiede im Bildausschnitt ermittelt. Die Kameraautomatik justiert die Optik so, dass möglichst scharfe Kontrastübergänge im Bild vorhanden sind. Tatsächlich wird dem Bild im Inneren der Kamera noch etwas Pseudo-Schärfe hinzugefügt, indem die vorhandenen Kontrastübergänge verstärkt werden (so genannte Kontur). Je dunkler übrigens die Umgebung ist, in der gefilmt wird, desto weniger Kontraste sind vorhanden, was eine genaue Fokussierung per Autofokus erschwert.
![Der Autofokus geht davon aus, dass die Schärfe auf den zentralen Bildteilen liegen soll[hier das Wahrzeichen Berlins, der Fernsehturm]. Um auf das Modell zu fokussieren, muss entweder der Bildausschnitt verändert werden, oder die Schärfe manuell eingestellt werden.](https://www.slashcam.de/images/rescaled/400/8461-400.webp)
Der Autofokus stellt die Schärfe vor allem auf die zentralen Bildteile ein. Dies bedeutet, dass bei manchen Bildkompositionen der Fokus nicht unbedingt dort liegen wird, wo Sie ihn gerne haben möchten. Bei einem Bildausschnitt wie beispielsweise in Abbildung 5 kann die Schärfe nur mit ausgeschaltetem Autofokus auf das Modell eingestellt werden.

Vorsicht ist geboten, wenn es Bewegung vor dem Hauptmotiv gibt. Nicht nur kann es hier schnell zu einem Blendensprung kommen, sondern auch zu einer ungewollt nachführenden oder pumpenden Schärfe, und zwar in dem Moment, wenn etwa ein Fußgänger durch das Bild läuft (Abb. 6). Achten Sie darauf, in solchen Situationen den Autofokus abzuschalten. Wenn dann jemand zwischen Kamera und Motiv tritt, bleibt ihr Motiv fokussiert.
Zuweilen bewährt sich jedoch der Autofokus. Zum einen natürlich zum schnellen Fokussieren – wer es eilig hat, kann den Autofokus scharf stellen lassen, und sodann in den manuellen Betrieb überwechseln. Sogar aus dem manuellen Betrieb heraus kann bei manchen Camcordermodellen die Kontrolle kurzzeitig der Automatik überlassen werden, indem die Taste “push auto” gedrückt wird (Abb. 7). Es empfiehlt sich, dies nicht während der Aufnahme zu tun, es sei denn, eine (eventuelle) Schärfeverlagerung ist erwünscht.

In Aufnahmen, bei denen sich das Hauptmotiv gleichmäßig immer näher zur Kamera hinbewegt, kann mit Hilfe des Autofokus die Schärfe auf dem Objekt beibehalten werden, vorausgesetzt, das Motiv befindet sich immer relativ zentral im Ausschnitt. Bei diffusen Bewegungen arbeitet der Autofokus jedoch nicht immer wie gewünscht und gerät leicht ins Pumpen. Schalten Sie bei entsprechenden Motiven die Automatik aus. Wählen Sie einen Bereich für die Schärfe manuell und beziehen Sie ruhig die vorhandene Unschärfe bewusst in das Motiv mit ein.