Manuelles Fokussieren
Da sowohl Display als auch Sucher viel kleiner sind als das aufgenommene Videobild, erscheint das Bild dort oft schärfer als es tatsächlich aufgezeichnet wird. Daher sollte beim manuellen Fokussieren ein besonders wichtiger Bildbereich herangezoomt werden – bei Menschen etwa das Gesicht –, um die Schärfe optimal beurteilen zu können. Ob dabei das Display oder der Sucher benützt wird, ist mittlerweile Geschmackssache, da beide eine ähnlich hohe Auflösung mitbringen (um die 125.000 Pixel). Zum Scharfstellen bieten die meisten Camcorder-Modelle einen Ring am Objektiv, der per Motor die Optik reguliert.
Wann sollte nun unbedingt manuell fokussiert werden? Zusätzlich der schon angesprochen Situationen mit viel Bewegung im Motiv oder in dunkler Umgebung gibt es noch einige Fälle, wo der Autofokus auf jeden Fall ausgeschaltet werden sollte. Zum einen in kontrollierten Interviewsituationen – eine ausladende Handbewegung seitens des Interviewpartners und schon meint der Autofokus, nachregeln zu müssen. Ein anderer Fall ist die Zoomfahrt, da die Automatik die Schärfe nicht unbedingt synchron nachzieht. Hier reicht es allerdings nicht, vor dem Zoom den Autofokus auszuschalten, denn die Schärfe soll ja auf dem Endpunkt des Zooms liegen. Sie sollte also vorher unbedingt wie oben beschrieben per Zoom sauber eingestellt werden.
Gestalten mit (Un-)Schärfe
Neben Bildkomposition und Lichtsetzung ist die Schärfe (und mit ihr die Unschärfe) ein wichtiges, gestalterisches Instrument des Kameramanns. Durch sie können manche Bildinhalte betont werden, die Aufmerksamkeit der Zuschauer gelenkt werden, oder auch einfach ein interessantes Bild geschaffen werden.
Indem wie oben beschrieben der Bereich der Schärfentiefe bewusst gesetzt wird, kann auch bei Videoaufnahmen eine Staffelung des Bildraums erzielt, und so ein Gefühl von Tiefe erzeugt werden. Natürlich kann, ganz pragmatisch, auch nur ein störender Hintergrund etwas durch Unschärfe abgemildert werden, bei einem Interview beispielsweise.
Auch eine Schärfeverlagerung kann ein interessantes, bildtechnisches Mittel sein, das man aus vielen Hollywoodfilmen kennt. Sie trennt, ähnlich wie ein Schnitt, Objekte voneinander, indem sie sie in die Tiefe staffelt, belässt sie jedoch im selben Ausschnitt, was für mehr Kontinuität als ein Schnitt sorgt. Um eine präzise Schärfeverlagerung mit der DV-Kamera zu meistern, empfiehlt es sich, Markierungen auf den Fokusring zu kleben für Anfangs- und Endpunkt des Fokusrings. Mit diesen Markierungen können sie nun kontrolliert die Schärfe von Objekt 1 nach Objekt 2 verlagern. Das ganze macht natürlich nur Sinn, wenn mit sehr geringer Schärfentiefe gearbeitet wird.

Bedenken Sie generell, dass auch Unschärfe ein gestalterisches Element sein kann. Vor allem Lichtpunkte in ansonsten dunkler Umgebung, zum Beispiel Autoscheinwerfer, können stimmungsvolle, abstrakte Impressionen darstellen. Auch so manche Fernsehreportage bedient sich der Unschärfe, vor allem, um eher statische Aufnahmen künstlich mit Bewegung zu versehen. Dabei wird das Motiv zuerst bewusst manuell unscharf gestellt. Wird dann der Autofokus aktiviert, gibt es eine interessante Bewegung zur Schärfe hin. Selbstverständlich kann der Effekt auch nachträglich im Schnitt hinzugefügt werden, ein Trick der gerne verwendet wird, um einen unvermeidbaren Schnittfehler zu kaschieren.
Tipps:
Häufig gelangt man durch bewusstes Ein- aber vor allem Ausschalten von Automatiken schneller zum gewünschten Resultat. Setzen Sie für einfaches Scharfstellen den Autofokus ein, und stellen Sie dann auf manuell um.
Verwenden Sie bei Ihren Aufnahmen möglichst den manuellen Fokus und fokussieren Sie immer auf Ihr Hauptmotiv.
Bei der Wahl der Blende gilt als Daumenregel: kleine Blendenöffnung (Blende 8,11 etc.) = große Schärfentiefe, große Blendenöffnung (Blende 1.6, 2, etc.) = geringe Schärfentiefe.