Das neue Premiere Pro versteckt hinter der Monitoransicht ein echtes Vektorskop. Doch wofür benötigt man ein solches Werkzeug eigentlich?
Wie schon öfter auf dieser Seite erwähnt wird bei modernem Videoequippment das Videosignal meistens im YUV-Farbraum gespeichert. Fassen wir noch einmal kurz zusammen, wobei es dabei genau geht:
Der YUV-Farbraum
Da das menschliche Auge auf Helligkeitsunterschiede viel sensibler reagiert als auf Farbunterschiede, arbeiten Videogeräte seit je her mit einem anderen Farbraum als RGB. Dabei wird eine Farbe durch eine Helligkeitskomponente (Luma, Y) und zwei Farddifferenzkomponenten (Chroma, U+V) dargestellt. Die Umrechnung von RGB nach YUV ist einheitlich definiert:
Y = 0.2990R + 0.5670G + 0.1140B
U = -0.1687R – 0.3313G + 0.5000B
V = 0.5000R - 0.4187G - 0.0813B
Das Y-Signal alleine entspricht einem Graustufenbild von dem abgeleiteten RGB-Bild. Es ist übrigens genau das Signal, welches man auf einem Schwarz/Weiß-Fernseher bei einem Farbfilm sehen würde.
Die U- und V-Komponenten stellen dagegen die sogenannten Farbdifferenzsignale dar . Oder einfach gesagt: Dies gesamte Farbinformation steckt in den U- und V-Werten eines Videobildes.
Das Vektorskop
Das Vektorskop bietet nun eine einfache Darstellung dieser beiden Werte „auf einen Blick“. Hierfür werden die beiden Werte (U,V) einfach senkrecht aufeinander abgebildet. Abbildung 1 verdeutlicht dies noch einmal visuell.

Die beiden Kurven links und unter der Darstellung in Abbildung 1 geben dabei den Verlauf der U- und V-Werte an, wenn man einen genormten Farbbalken zugrunde legt (Abbildung 1A). Die Schnittpunkte kennzeichnen wir mit R, M, B, C, G, Y. Die Buchstaben stehen dabei für die englischen Farbbegriffe Red, Magenta, Blue, Cyan, Green, Yellow. Diese Farben entsprechen genau den Farben aus unserem Farbbalken. Weiß wird dabei zusätzlich genau in der Mitte des Schnittpunktes von U und V dargestellt (Abbildung 1B).
Anwendung und Interpretation
Ein Vektorskop ist besonders dann wichtig, wenn man analoges Videomaterial vorliegen hat, welches als Referenz vor den Szenen einen Farbbalken besitzt. Dann lassen sich mit dem Vektorskop die Aufnahmen schnell und ohne Farbstich an das eigene Schnittsystem anpassen. Ein Vektorskop kann dabei (schematisch) folgende typische Ansichten zeigen:

Abbildung 2A zeigt die korrekte Darstellung eines 100/75-Balkens. Abbildung 2B deutet auf eine blasse Farbwiedergabe hin. Denn die dargestellten Farben sind zu schwach und erreichen nicht die für sie vorgesehenen Schnittpunkte. Abbildung 2C deutet auf deutlich zu starke Farben hin. Abbildung 2D zeigt schließlich einen deutlichen Blaustich, weil sich der Weißpunkt aus der Mitte in Richtung Blau bewegt. In den letzten drei Fällen greift man in der Regel zu einer Farbkorrektur und versucht, das Bild des Vektorskopes möglichst nahe an das Ideal von Abbildung 2A anzupassen. Nur dann kann ein Techniker von einer normgerechten Farbaufzeichnung ausgehen.
In Premiere Pro
Um das Vektorskop in Premiere Pro aufzurufen, wählt man in der Monitoransicht über den kleinen Pfeil die Option: „Vektorbereich“ (Abbildung 3A).Im Hauptmonitorfenster erscheint danach ein Vektorskop. Dieses zeigt sowohl die Schnittpunkte eines genormten 100/75-Farbbalkens (Abbildung 3B) als auch die Schnittpunkte für den 100/100-Balken an (Abbildung 3C).

Premiere selbst erzeugt übrigens einen 100/75-Farbbalken, wenn man im Projektfenster „Neues Objekt/Farbbalken und Ton“ wählt. Legen Sie diesen Farbbalken auf die Zeitleiste und wenden Sie eine Farbkorrektur auf diesen Clip an. Wenn Sie nun die Veränderungen im Vektorskop betrachten werden Sie bald ein Gefühl dafür bekommen, wie sich Farbkorrekturen auf den Vektorskop-Verlauf auswirken.

Falls Sie anfänglich überhaupt keine Punkte zu sehen bekommen, drehen Sie die Intensität des Vektorskopes auf 100% (Abbildung 4A). Und wundern Sie sich nicht: Bei digitalen Vorlagen wie dem 100/75-Farbbalken von Premiere sind die Kreuzungspunkte nur winzige Pixel. Bei analogem Material bilden sich um die Schnittpunkte dagegen gut sichtbare Wolken wie in Abbildung 4. Viel Spass beim ausprobieren...