Meinung Virtual Reality - Kein anhaltender WOW-Effekt in Sichtweite

Virtual Reality - Kein anhaltender WOW-Effekt in Sichtweite

Virtual Reality soll(te) nicht nur das Filmerleben, sondern auch die 3D-Gaming Landschaft revolutionieren. Doch die bislang schwachen Verkaufszahlen sprechen eine andere Sprache. Warum eigentlich?

// 13:26 Do, 16. Nov 2017von

Im Gegensatz zum 3D-Fernseher ist Virtual Reality angetreten, um nicht nur das Filmerleben, sondern auch die 3D-Gaming Landschaft zu revolutionieren. Tatsächlich lassen sich mit einer einzigen Investition in eine VR-Brille beide Erlebnis-Szenarien gleichzeitig abdecken, was eigentlich für starke Verkaufszahlen sorgen sollte.





Trotz Wow-Effekt: Mangelnde Verkäufe

Auch die erste Begegnung mit der neuen Technologie ist in der Regel positiv. Kaum jemand ist von seinem ersten Helm-Erlebnis (sofern es nicht schon einige Jahre zurückliegt) nicht beeindruckt. Dazu legen viele Hersteller seit Monaten mit neuen Features und Modellen nach, als handelte es sich hier bereits um einen Milliardenmarkt. Dabei meinen wir nicht nur die Marktführer der großen Systeme (Oculus, HTC und Sony), sondern die immer neuen Versuche von Firmen wie Google, seinen Anwendern das Smartphone mit einer filzbeklebten Plastikschale vor die Augen zu schnallen.



Google Daydream - Smartphone im Filz-Pelz
Google Daydream - Smartphone im Filz-Pelz


Auch für Filmer hat fast jeder (Action-)Kamera-Hersteller mittlerweile eine 360 Grad-Kamera im Produktportfolio . Das ist dann zwar nicht mal "richtiges VR“, sondern lediglich Panorama-Video ohne stereo3D, zielt jedoch auch in die immersive Richtung. Und es gab kaum eine Videoschnittprogramm, das nicht in den letzten 12 Monaten Zusatzfunktionen für VR-/360°-Editing verpasst bekommen hat. Doch fehlt da nicht irgendwas?



Genau: Die Konsumenten. Wir sind zwar nicht mehr die allerjüngsten, aber haben in unserem Umfeld viele Technik-Enthusiasten. Hört man sich dort nach dem Besitz eines VR-Headsets um, so bekommt man nur fragende Blicke als Antwort. Analysten haben ihre optimistischen Voraussagen über die rosige Zukunft (sprich Markt) schon stark herunterkorrigiert und weder HTC noch Facebook/Oculus veröffentlichen ihre Verkaufszahlen – ein schlechtes Zeichen.




Zu hohe Einstiegskosten?

Einer der Hinderungsgründe für die größere Verbreitung von VR wird in den hohen Kosten für ein hochwertiges VR Headset vermutet, zumal zusätzlich noch ein leistungsstarker und somit teurer PC erforderlich ist. Der Löwenanteil von den bisher verkauften Stückzahlen geht auf die kostengünstigen Smartphone-VR-Sets zurück, welche jedoch qualitativ enttäuschen und aufgrund schlechter Tracker oft zur Simulator-Krankheit führen (s.u.). Die Verkäufe für gehobene Heimlösungen wollen dagegen nach wie vor nicht wirklich abzuheben.



VR Gaming im Wohnzimmer braucht viel Platz und (noch) Kabel
VR Gaming im Wohnzimmer braucht viel Platz und (noch) Kabel


Die Absatzzahlen des Marktführers (Sonys Playstation 4 VR-Lösung) stehen seit Monaten praktisch still, und die unverbindlichen Preisempfehlungen für Oculus und Vive wurden mittlerweile auch so stark gesenkt, dass man davon ausgehen darf, dass sich die Hardware nicht wie geschnitten Brot verkauft. Kein Mensch scheint das nächste große Ding regelmäßig zu nutzen, obwohl fast jeder es schon mal ausprobiert hat und meistens sogar “prinzipiell toll” fand.





Doch noch geben die Hardware-Hersteller nicht auf. Oculus will noch ein kabelloses Billigmodell auf den Markt werfen ( Oculus Go, ca. 170 Euro). Und auch Google will mit HTC VIVE und Lenovo Standalone Geräte auf den Markt bringen, da man dem “Smartphone-Einlege-Prinzip” alleine nicht mehr so viel zutraut. Und so feuern Google, Facebook, Microsoft sowie noch einige andere Hersteller um die Wette noch weitere Milliarden in das “Next Big Thing”.



Dabei will man nun Design-Fehler der ersten Generation begegnen. Und zwar in Form von höheren Auflösungen, Hardware ohne externe Tracker sowie dem kabellosen VR-Headset. Doch (nicht nur) die Redakteure von Techcruch formulieren an dieser Strategie berechtigte Zweifel auf der Meta-Ebene:





Over the past several months it’s become clear that the war is no longer HTC and Oculus trying to discover who is Betamax and who is VHS, now they’re just trying to ensure that high-end VR doesn’t turn out to be LaserDisc.







Fehlt wirklich "nur"die Killerapplikation?

Es mag schon sein, dass diese genannten Probleme tatsächlich den einen oder anderen Anwender gestört haben. Wir glauben jedoch nicht, dass hier der Schuh drückt. Was vielmehr fehlt, ist eine Killerapplikation, für die man bereit ist, für längere Zeit in eine virtuelle Umgebung einzutauchen. Denn sei es ein guter VR-Film oder ein gelungenes VR-Spiel: Man bekommt recht schnell genug von dem Effekt.



Wie lange hält der WOW-Effekt?
Wie lange hält der WOW-Effekt?


VR ist auf Dauer einfach nicht so gut wie man sich erhofft. Das mangelnde Begeisterungspotential von VR an sich scheint dabei dauerhaft zu sein: Viele Besitzer von VR-Headsets lassen diese nach anfänglicher Begeisterung wie es scheint ungenutzt in der Ecke stehen – sie kaufen nur in geringem Maße neue VR Spiele.



Ebenfalls hinderlich ist die Simulatorkrankheit, die zum Beispiel das Spielen der VR Version des populären Minecraft extrem verleiden kann). Denn VR ist trotz seiner Fehlerhaftigkeit so immersiv, dass der Wahrnehmungsapparat die visuell vermittelte Realität der VR Welt als quasi real akzeptiert. Dies führt wiederum dazu, dass jede Bewegung des Users in einem VR Spiel oder Film, die nicht analog vom eigenen Körper nachvollzogen wird, zu einer Diskrepanz der verschiedenen Sinneswahrnehmungen führt. Und das kann sich wiederum schnell als ein Gefühl von Übelkeit ausdrücken.



Wir erkennen jedoch selbst bei gut gemachten VR-Anwendungen keinerlei Suchtpotential und eben dies wäre dringend nötig, um VR zum Durchbruch zu verhelfen. Vielleicht fehlt es wirklich “nur” an der Killerapplikation oder an dem Killer-Film, um die nächste Generation der VR-Geräte in Massen zu verkaufen. Uns schwant allerdings, dass es niemals eine Killer-VR-Anwendung geben wird. Wir können uns nach unseren Erfahrungen aktuell nicht vorstellen, dass VR jemals wirklich attraktiv für einen Großteil von Usern sein wird.







Kein Suchtpotential am Horizont

Man ist sich einig, dass sich der (aufgrund des immer noch sehr kleinen und durch verschiedene Systeme stark fragmentierte) VR Markt für Entwickler und Produzenten nicht wirklich attraktiv darstellt. Und dies wird im allgemeinen als Grund für die fehlende Killeranwendung angeführt. Wir denken die Wahrheit ist noch viel banaler: Es fühlt sich einfach zu verkehrt an, längere Zeit unter einem VR-Headdisplay zu verbringen.



Wir fragen uns ernsthaft, ob es auch nur einen Manager in den VR-Abteilungen gibt, der VR tatsächlich auch in seiner Freizeit nutzt. Allein bei diesem Gedankenspiel dürfte es doch jedem klar sein, dass hier kein massenkompatibler Spaß am Horizont zu erwarten ist. Sogar Facebook CEO Marc Zuckerberg, der 2014 Oculus für 2 Milliarden Dollar gekauft hatte und damit den Startschuss für die VR Euphorie gab, redet inzwischen davon, dass VR eine Dekade braucht, um ihr „volles Potential“ zu realisieren. Wir denken jedoch dass Marc Zuckerberg seine Freizeit nicht in virtuellen Umgebungen verbringt. Vielleicht sollte ihn auch mal jemand fragen, ob er persönlich seine Kinder mit einer 360 Grad/Panaoram-Kamera filmt?


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