Wie mancher Leser sicherlich mitbekommen hat, liegt uns (und vielen Forenteilnehmern) ein Thema doch sehr am Herzen: Nämlich das Debayering bei aktuellen 4K-Kameras. Wie schon öfters von uns erwähnt macht es nämlich keinen großen Sinn, aus einem RGGB-Bayer-Pattern Sensor ein Signal zu erzeugen, das pro Pixel drei Farbwerte speichert, solange der Sensor nicht mehr Sensel hat als die Zielauflösung. Anders erklärt: Wenn ein Sensor (wie z.B. die Sony A7s oder eine Blackmagic URSA 4K) eine “native” 4K-Auflösung besitzt, kann diese Kamera für jeden Pixel nur entweder einen roten, einen grünen oder einen blauen Farbwert messen. Die fehlenden Farbwerte eines Pixels muss die Kamera durch die Werte der Nachbar-Sensel raten.
War früher alles besser?
Das war früher jedoch nicht zwingend so. Zu CCD-Zeiten waren im (semi)professionellen Bereich 3Chip-Sensor-Konstruktionen verbreitet, bei denen das Licht vor drei Sensoren in seine Grundfarben zerlegt wurde. Anschließend konnte jeder der drei Sensoren im besten Fall das Bildsignal in voller Auflösung in rot, grün und blau erfassen.
Ein anderen Weg beschreitet das Zusammenfassen von einzelnen Senseln. Zieht man aus dem Bayer-Sensor eine 2x2 Senselfläche zur Berechnung eines einzigen Pixels heran, so erhält man für diese Fläche diskrete Rot- (1x), Grün- (2x) und Blau- (1x) -Werte.
Ironischerweise nutzte kaum ein Hersteller diesen einfachen Trick vor dem 4K-Zeitalter. Erst Canon rühmte sich mit der Vorstellung der C300 damit, eben genau auf diese Weise ein extrem sauberes FullHD-Signal aus einem 4K-Sensor zu errechnen.
Fairerweise muss man dazu sagen, dass das volle Auslesen eines 4K Sensors diesen ziemlich stresst (sprich erhitzt). Eben deswegen besitzen Cine-Kameras auch immer eine sehr ausgeklügelte Sensor-Kühlung die entsprechend Platz beansprucht. Doch seit 4K in den Mainstream-Markt drängt, lassen sich moderne Sensoren auch ohne üppige Kühlrippen je nach Consumer-Modell mit bis zu 30p in voller 4K-Auflösung auslesen.
Allerdings bieten die meisten 4K-Kameras eben "nur" eine 1:1 Sensel-Auslesung des Sensors, weshalb hier die Debayering-Ergebnisse mit diversen Interpolationsfehlern behaftet sind. Ein Bild davon kann man sich jederzeit in unserer 4K-Datenbank machen, indem man dort auf die 4K-Testcharts klickt.
Interessanterweise öffnen sich die Hersteller wie Sony oder Canon nun plötzlich für den hochqualitativen FullHD-Markt und bieten in machen 4K-Kameras eine alternative 2x2 Sensel-FullHD-Auslesung an, teilweise sogar mit 10 Bit, was vor ein paar Jahren noch das qualitative Non-Plus-Ultra darstellte.
4K erst am Beginn seines Potentials
Doch in 4K bleibt die Bildqualität bei fast allen Kameras noch eher bescheiden. Der erste Hersteller, der dies grundlegend änderte, war ein Außenseiter: Samsung bot in seiner NX1 für 1.500 Euro ein nahezu perfektes 4K-Debayering. Der (eigentlich alte) Trick: Die Kamera skaliert ein 6K-Bild intern auf 4K herunter (sog. Downskaling). Mit bemerkenswert gutem Ergebnis. Allerdings benötigt man für so ein hochqualitatives Debayering eine hohe Rechenleistung in der Kamera (und muss gleichzeitig den Sensor in 6K noch mehr stressen).
Bemerkenswert blieb jedoch vor allem, dass sogar ein Jahr nach Samsungs Coup noch kein weiterer Konkurrent eine ähnliche 4K-Qualität bieten konnte. Weder in dieser Preisklasse noch eine Zehnerpotenz darüber. Doch nun scheint endlich Bewegung in dieses Feld zu kommen. Denn Sony hat mit der A7R II reagiert und bietet erstmals im 4K-Super35mm-Crop-Modus ein Downskaling von 5K auf 4K. Und somit die sauberste 4K-Auflösung, die man aktuell unter 10.000 Euro kaufen kann (Samsung hat den Markt ja leider schon wieder verlassen).
Und für die kommende A6300 hat Sony angekündigt, in 4K ebenfalls Downsampling zu nutzen, das wahrscheinlich ähnliche Ergebnisse erzielen dürfte. Auch Blackmagic weiß um diesen entscheidenden Qualitätsunterschied und hat darum seiner zweiten URSA-Generation einen 4,6K-Sensor spendiert. Die überschüssigen Pixel dürften hier ebenfalls der sauberen Skalierung dienen.
(Richtig gemachtes) Downsampling bringt mehr Qualität
Downsampling ist dabei tatsächlich ein entscheidender Entwicklungs-Schritt für eine gute 4K-Qualität. Denn hiermit wird in vielen Fällen unter anderem ein großer Teil des Strukturflimmerns durch feine Moirefrequenzen unterdrückt, das bei "schlechtem" 4K schnell ins Auge fällt.
Doch leider hat die hohe Pixeldichte auch ihren Preis, den schon mancher 4K-Filmer kennenlernen durfte. Durch die kleinere Fläche der einzelnen Sensel ist die durchschnittliche Qualität pro Sensel geringer. Kleinere Sensel können prinzipbedingt weniger Licht einfangen als größere Pixel. Da hierdurch unter anderem auch die Sättigung (FullWell) früher eintritt, haben kleinere Sensel tendenziell eine schlechtere Dynamik bzw. eine geringere SignalToNoise-Ratio.
Dies ist auch der Hauptgrund, warum viele Anwender oft bemerken müssen, dass 4K mehr rauscht als FullHD. Beim 2x2 Zusammenlegen der Pixel steigt übrigens die Dynamik indirekt an, weil das Grundrauschen durch die Zusammenlegung stark gemildert wird. Es wird tatsächlich zu einem guten Teil “herausgemittelt”. Und da das Rauschen die untere Grenze der Dynamik darstellt, tauscht man hier tatsächlich Auflösung gegen Dynamik. Aber das ist ein anderes Thema.
Rauschen lassen
Wichtiger erscheint uns ein Phänomen, dass wir besonders bei der Sony PMW-FS5 zu sehen glauben (aber auch andere Sony-Modelle scheinen sich ähnlich zu verhalten): Dort hantiert unserer Meinung nach bei der 4K-Aufzeichnung eine sehr starke Rauschunterdrückung, die bei bewegten Motiven nicht mehr mitkommt und dann das Rauschen sichtbar freigibt. Durch diese Rauschunterdrückung kann man in Grauflächen bei ruhender Kamera wahrscheinlich sogar noch 1-2 Blendenstufen mehr messen. Echte Bildinformation wird dabei aber von der Noise Reduction (NR) weggebügelt. Dies ist ein wichtiger Punkt, den viele Profis lieber selber kontrollieren wollen, doch bei Sony lässt sich dieses Verhalten (unseres Wissens) nicht optional abstellen.
Für den strikten NR-Kurs gibt es jedoch auch gute Gründe: Ohne Noise Reduction braucht man viel höhere Datenraten, damit das detaillierte Rauschen nicht zu tanzenden Pixelflächen verkommt. Mit maximal 100 MBit/s dürfte die Bildqualität ohne Noise Reduction deutlich schlechter ausfallen, da der Codec hier versucht, zu viele Details des Rauschens aufzuzeichnen, wofür die Datenrate jedoch nicht ausreicht.
Sogar eine ARRI Alexa rauscht (und keinesfalls wenig), aber weil das Rauschen dort nicht zu tanzenden Pixel-Flächen totkomprimiert wird, sieht es viel natürlicher aus.
Nicht zuletzt kann man das Rauschen in der Prostproduktion viel effektiver bekämpfen. Besonders wenn es noch möglichst unangetastet ist. Das Sony Signal ist dagegen in den Schatten durch die Noise-Reduction nicht mehr natürlich und das sehen kritische Augen durchaus. Besonders, wenn man noch Details aus den Schatten heben will oder muss.
Sony (aber auch andere Consumer-Hersteller) haben in diesem Punkt noch viel zu lernen. Denn eine nicht abschaltbare Noise-Reduction ist beim Log-Film in 4K genauso kontraproduktiv, wie andere versteckte Automatiken, die das Bild unkontrolliert schönrechnen wollen.
Wer einen großen Sensor mit Wechseloptik sucht, will meistens auch möglichst viel kreative Kontrolle in der Post. Und daher sollten sich die Hersteller hier nicht einmischen und die Kameras auch optional rauschen lassen. Wenn es keine RAW-Aufzeichnung gibt, sollte es daher immer mindestens ein flaches Log-Profil geben, dass die Sensordaten möglichst unangetastet mit hoher Datenrate wegschreiben kann. Denn nur unter diesen Voraussetzungen bleibt Log nahe am gewünschten RAW-Vorbild.
Fazit
Fassen wir also zusammen, was vielen NonCine-Herstellern noch für eine richtig gutes 4K-Kamera-Bild fehlt, das auch hohen (und vor allem cinematischen) Ansprüchen genügt.
- Sensor-Auflösung über 4K für gutes 4K-Debayering durch Downscaling
- Keine oder abschaltbare Noise Reduction
- Ausreichend hohe Datenraten gegen Codec-Noise-Kompression
- 10 Bit oder RAW-Aufzeichnung mit geringer Kompression
Unter 10.000 Euro sind mit diesen Features aktuell nur die RED Raven und die Blackmagic URSA (Mini) 4,6K angekündigt, lieferbar ist jedoch noch keine dieser Kameras. Wer auf 4K jedoch keinen Wert legt, findet dagegen jetzt endlich für FullHD eine Menge bezahlbarer Modelle mit interessanter Ausstattung, die diese Probleme so gar nicht kennen. Und wie nicht nur ARRI beweist, ist 4K für großes Kino definitiv kein "Must-Have"...