Aktuelles Weiteres RED Patent im Zusammenhang mit komprimiertem RAW

Weiteres RED Patent im Zusammenhang mit komprimiertem RAW

RED wurde ein weiteres Patent im Zusammenhang mit komprimiertem RAW erteilt. Womit die Firma wohl weitere Lizenzeinnahmequellen in neuen Geräteklassen erschließen will...

Wie vom Y.M.Cinema Magazine bemerkt wurde RED vor drei Wochen (am 15. November 2022) ein weiteres Patent im Zusammenhang mit komprimiertem RAW erteilt. Eingereicht wurde die Patentschrift bereits am 3. Februar 2021. Interessant ist, dass noch Jim Jannard (aka Gründer von RED Digital Cinema) das Patent miteingereicht hat, da sich dieser eigentlich schon länger aus dem operativen Geschäft der Firma zurückgezogen hatte.





In fast allen Geräten kann RAW stecken...

Der Patentantrag trägt den Titel "Video Image Data Processing In Electronic Devices" und bezieht sich auf die berüchtigten früheren drei RED-Patente über komprimiertes Rohmaterial[8,872,933, 9,479,749, 9,787,878]. Das neue Patent ist dabei deutlich allgemeiner gefasst und versucht, sich auf alle möglichen Geräteklassen und Sensortypen zu beziehen. Ziemlich offensichtlich will RED damit seine Patentansprüche zur Rohdatenkomprimierung auf andere Geräte und Sensoren ausweiten. Dies belegen die sehr "ausführlichen" Ausführungen des Dokuments zum Stand der Technik sehr deutlich:



"Die Möglichkeiten der High-End-Videoaufnahme werden immer besser. Sowohl professionelle Kameraleute als auch immer mehr Verbraucher verlangen nach hochwertigen Videoaufzeichnungsmöglichkeiten, nicht nur in herkömmlichen digitalen Videokameras, sondern auch in anderen mit Videokameras ausgestatteten elektronischen Geräten wie Handys/Smartphones, Tablets und dergleichen".



Darüber hinaus wird in dem Patent erwähnt, dass die beschriebenen elektronischen Geräte zwar in erster Linie im Zusammenhang mit einem Smartphone beschrieben werden, die offengelegten Ideen jedoch auf eine Vielzahl von elektronischen Geräten mit oder ohne Mobiltelefonfunktionalität anwendbar sind, einschließlich digitaler Standbild- und Bewegungskameras, persönlicher Navigationsgeräte, mobiler Internetgeräte, tragbarer Spielkonsolen oder Geräte mit einer beliebigen oder einer Kombination der Funktionen oder anderer Funktionen. Also nahezu jedes Gerät mit einem digitalen Kamerasensor.




Wann ist RAW "roh"?

Zudem erklärt das Dokument, ab wann man laut RED von Rohdaten sprechen muss. Dies dürfte für die Zukunft wohl der wichtigste und zugleich streitbarste Punkt dieses Patents werden:



Das Patent definiert, dass "die rohen Bilddaten in dem Sinne "roh" sein können, dass die Videodaten nicht "entwickelt" sind, so dass bestimmte Bildverarbeitungsschritte vor der Komprimierung und Speicherung nicht an den Bilddaten durchgeführt werden. Solche Schritte können eine oder mehrere Interpolationen (z. B. De-Bayering oder andere Entmosaikisierung), Farbverarbeitung, Tonwertverarbeitung, Weißabgleich und Gammakorrektur umfassen. Beispielsweise können die komprimierten Rohbilddaten mit einem oder mehreren Mosaiken versehen (z. B. nicht farbinterpoliert, nicht entmosaiziert), nicht farbverarbeitet, nicht tonal verarbeitet, nicht weißabgeglichen und nicht gammakorrigiert werden. Vielmehr können solche Schritte auf die Zeit nach der Speicherung verschoben werden, z. B. für eine externe Nachbearbeitung, wodurch die kreative Flexibilität erhalten bleibt, anstatt bestimmte Verarbeitungs-Entscheidungen in der Kamera "einzubacken"."



Weiteres RED Patent im Zusammenhang mit komprimiertem RAW : RED MEME


Tja, diese Form einer Negativdefinition kann noch viele Anwälte reich machen. Denn RED sagt damit zwar sehr deutlich, was alles mit den Daten passieren kann, damit diese nicht mehr "roh" sind. Unter anderem Debayering, Weißabgleich oder eine Gammakorrektur. Allerdings scheint uns diese Aufzählung nicht erschöpfend und damit rechtlich gut dafür geeignet, anschließend zu argumentieren, dass Daten eben nicht ALL diese Bedingungen erfüllen müssen, um noch als RAW zu gelten. Vielmehr könnte RED in Zukunft damit argumentieren, dass Daten auch noch RAW sind, wenn nur eines dieser Kriterien erfüllt ist. Also auch, wenn nur der Weißabgleich nicht mitgespeichert wird, sondern für die Post offen gelassen wird. Oder wenn die Daten eben keine "entwickelnde Farbtransformation" vor der Speicherung erfahren haben, sprich Log-Aufzeichnung.





Eine Argumentation in die umgekehrte Richtung würde für RED keinen Sinn machen, weil sonst jeder Hersteller dieses Patent nur berühren würde, wenn ALLE Voraussetzungen für REDs Definition von "rohem" RAW erfüllt wären. Und das wäre ja technisch sehr leicht zu umgehen.




Prior Art? DCT ohne Debayering

Ebenfalls spannend ist, was RED in dem Dokument exemplarisch anhand einer diskreten Cosinus-Transformation (DCT) beschreibt. Dort wird erklärt, dass man diese DCT auch ohne Debayering nutzen kann - was unter anderem Vorteile in bestehenden ASIC- und FPGA-IP-Blöcken bringen könnte, weil dort dann die DCT auch zur RAW-Kompression genutzt werden kann und damit Prozessorleistung und Speicher für andere Aufgaben frei wird.



Das könnte für eine Auseinandersetzung mit Blackmagic spannend werden. Denn in BRAW kommt ebenfalls eine DCT zum Einsatz.




Jeder Sensor kann RAW - sogar 3CCD-Lösungen?

Die Patentanmeldung nennt mit den Techniken zur On-Board-Speicherung komprimierter Rohbilddaten explizit Auflösungen von mindestens 2K bis 20K oder mehr. Zudem wird immer wieder betont, dass es sich bei dem für das beschriebene Komprimierungsverfahren verwendeten Bildsensor um jede Art von Videosensor handeln kann, z. B. CCD, CMOS, vertikal gestapelte CMOS-Geräte wie der Foveon-Sensor oder ein Multisensor-Array, bei dem ein Prisma zur Aufteilung des Lichts zwischen den Sensoren verwendet wird. Also wirklich alles, was an bestehender Sensortechnik seit dem letzten Jahrhundert auf dem Markt ist.



Als Patentprüfer hätten wir allerdings gerne mal nachgefragt, wie man sich RAW bei der aufgeführten Prismen Konstruktion vorzustellen hat. Schließlich handelt es sich bei dieser 3CCD-Technik explizit um ein separiertes Bild aus den vollen drei Farbkomponenten R, G und B, das durch drei separate Sensoren erzeugt wird. Da jeder Sensor einen Farbkanal bedient, gibt es hier definitiv kein Debayering im klassischen Sinne. Ein findiger Anwalt könnte hier jedoch noch einen Spin zum PixelShift Verfahren finden ;)



Weiteres RED Patent im Zusammenhang mit komprimiertem RAW : RAWWARS



RAW WARS bis 2037?

Aber wie man sieht, scheint RED wirklich keinen noch so absurden Anwendungsfall für sein spezielles "Video Image Data Processing" ausschließen zu wollen. Die schon länger strittigen Patente für die Rohdatenkompression laufen 2028 aus. Dieses neue Patent wird jedoch noch bis 2037 gültig sein, sofern es niemand grundsätzlich anfechtet. Daran ist allerdings selbst Apple bei den älteren Patenten unerwartet gescheitert.



Offen ist allerdings noch der aktuelle Streit gegen Nikon. Sollte Nikon hier letztinstanzlich gewinnen, könnte dies wohl die komplette RAW Patentstrategie von RED aus der Spur werfen. Und auch dieses neue Patent somit für die Zukunft zahnlos machen.



Danke an cantsin für den Hinweis in unserem Forum.


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