Frage von Serdna:Hallo Zusammen,
Für einen professionellen Dokumentarfilm müssen wir ca. 100 Stunden VHS Material einlesen. Der Schnitt wird in Avid Media Composer 5 gemacht. Ich dachte eigentlich wir könnten die VHS direkt mit dem Avid Mojo (das uns zur Verfügung steht) oder mit einem Canopus einlesen. Nun sagt mir aber die Postproduktion, dass sie empfehlen die VHS zuerst auf miniDV zu überspielen und erst dann auf den PC zu Capturen. Das bedeutet aber die doppelte, mühsame Arbeit. Ausserdem kann ich den Nutzen, es zuerst auf miniDV zu überspielen nicht ganz nachvollziehen.
Hat jemand mit diesem Workflow Erfahrung? Was wäre eurer Meinung nach die beste Lösung qualitativ und quantitativ? Welche Komprimierung könnt ihr für das VHS Format empfehlen.
Ich würde mich auf eure Antworten freuen.
Serdna
Antwort von Alf_300:
Also ich sehe da keinen Unterschied ob ich auf Band oder Festplatte überspiele, außer dass ich mir beim Band zusätzlich DropOuts einhandeln kann die ich erst hinterher feststelle weil CAMs ja keine Hinterbandkontrolle haben, das Schnittprogramm aber in einen solchen Fall stopt oder zumindest dropred Frame anzeigt.
Antwort von Bernd E.:
Der übliche Weg wäre, das VHS-Material in DV-AVI zu wandeln (das Format, das auch auf MiniDV aufgezeichnet würde) und es als solches gleich in den Rechner zu überspielen. Eine tatsächliche Aufnahme auf Band und dann von dieser erst zu capturen dürfte außer mehr Aufwand nichts bringen - eine bessere Qualität jedenfalls bestimmt nicht.
Weiterführende Infos zum Thema findest du hier:
Tipps und Tricks zur Videodigitalisierung
Antwort von Meggs:
Welche Komprimierung könnt ihr für das VHS Format empfehlen.
DV-AVI.
Ich denk mir, das meint "die Postproduktion" auch mit "miniDV". Also nicht in einem stärker verlustbehafteten Format speichern, wie z.B. MPEG2. Natürlich ist es Unsinn, wenn die Datei erstmal auf DV-Band zwischengespeichert und dann auf den Rechner übertragen wird.
Für die Qualität viel wichtiger ist der AD-Wandler. Ein Canopus ADVC bringt hier deutlich bessere Ergebnisse, als ein Camcorder-AV-Eingang.
Antwort von Jott:
"Natürlich ist es Unsinn, wenn die Datei erstmal auf DV-Band zwischengespeichert und dann auf den Rechner übertragen wird."
Das ist überhaupt kein Unsinn. Überspielt man von einem sehr guten VHS-Gerät auf eine DV/DVCAM-MAZ (die kleine klassische DSR-11 ist perfekt für so was, inzwischen billig zu haben), hat man ein technisch sauberes und stabiles Signal und einen perfekten TimeCode. Damit kann man dann arbeiten, loggen, archivieren, sonst was, und man nimmt natürlich grosse 4-Stunden-Cassetten. Kein Profi würde es anders machen, denn wenn bei direkt von VHS eingelesenen Files die Platte hops geht, war's das mit der Doku.
Antwort von lilbarby:
innerhalb von 9 Jahren ist mir von 52 Festplatten nur eine Hitachi 500GB abgeraucht. Das Risiko scheint daher eher gering. Echte Profis arbeiten sowieso grundsätzlich nur mit backups.
Besonders wichtige Daten habe ich deshalb auch auf zwei Platten gespiegelt.
Antwort von nicecam:
...denn wenn bei direkt von VHS eingelesenen Files die Platte hops geht, war's das mit der Doku.
Das verschiebt ja nur das Problem, löst es aber nicht. Nur so als Ergänzung zu dem, was
lilbarby schon sagte.
Antwort von Jott:
Was für ein Problem? Gerade im Moment machen wir das: mit einem historischen Werbespotarchiv umgehen, das auf VHS vorliegt. Selbstverständlich geht alles erst mal auf digitales Tape. Das mit der Festplatten-Zeitbombe ist nur EIN Grund dafür.
Antwort von tommyb:
Und wenn man sich dann mit "deiner Lösung" in Sicherheit gewogen hat - darf man die ganzen Tapes mindestens einmal im Jahr hin und her spulen damit das Magnetband in Schuss gehalten wird. Aber für sowas gibt's ja Praktikanten...
hat man ein technisch sauberes und stabiles Signal und einen perfekten TimeCode
... bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich bestimmte Stellen auf dem Tape auflösen. Was ist eigentlich, wenn es die ganzen DV-MAZen nicht mehr gibt? Heutzutage kommt man nur noch sehr schwer an Hi8 Geräte dran und solche Teile die noch korrekt funktionieren gibt es eigentlich gar nicht mehr.
Also? DV wird das selbe Schicksal erleiden und vorallem dein toller Tipp mit den großen DV-Kassetten (die zugegeben sehr praktisch sind) würde übelst in die Hose gehen, weil man nur noch auf prof. MAZen zugreifen kann um das Material sehen zu können - in Consumercams mit denen der Markt jetzt schon (und in der Zukunft sicher auch) geflutet ist, kommt man definitiv nicht mehr weiter. Dann hat man tolle Kassetten mit digitalem Bild/Ton und perfektem Timecode, aber keine Sau kann sie einlesen.
Und Videodateien auf einer Platte? Hey, ich kann hier noch ohne Probleme MPEG1 decodieren und umwandeln zu allem möglichen. Selbst Intel Indeo Video ist abspiel- und konvertierbar - und dabei ist das Zeugs schon 18 Jahre alt!
@Threadersteller
Die direkte Festplatten-Lösung ist an sich keine schlechte Idee, vorallem muss man dafür keine MAZ immer griffbereit haben und hat immer direkten Zugriff auf die Files - nur muss man sich um ein gutes Backup bemühen, was die Kosten definitiv hoch treibt.
Antwort von Serdna:
Vielen Dank für eure zahlreichen antworten. Zusammenfassend kann man wahrscheinlich sagen, dass wenn man das VHS zuerst auf DVCam oder miniDV überspielt eine sicher kostengünstige Archivvariante hat, die momentan als sicherer gilt als Festplatten.
Wenn man aber nicht archivieren will, sondern das Bildmaterial für ein Projekt Capturen, dann kann man auch direkt einlesen.
Meine Frage noch zum Abschluss: kann mir jemand Kassetten für das Archivieren empfehlen. Sind diese Longplay Bänder von über 4h empfehlenswert und ganz normal im Gebrauch z.B. Panasonic AY-DV276AMQ 276?
Antwort von thos-berlin:
Ich verstehe den Begriff "Longplaybänder" nicht ganz. Das sind DV-Kassetten im (großen) Normalformat, also keine MiniDV (wie sin in 99,9% aller Amateurcamcorder im Einsatz sind). Dafür braucht man einen Recorder, der diese Bänder verarbeiten kann.
Antwort von Serdna:
Eben genau, da war ich mir nicht sicher, in welchem Format die daher kommen. Mit "Longplay" meine ich Kassetten, die viel Platz haben zum archivieren (sorry für die verwirrliche Wortwahl). Braucht man für die alle ein spezielles Abspielgerät oder reicht da ein DVCAm/miniDV-Leser? Gibt es da Welche, die empfehlenswerter sind?
Antwort von thos-berlin:
Die großen Kassetten brauchen ein Gerät, in das sie hineinpassen. Die Kassetten sind einfach größer als MiniDV-Kassetten und brauchen daher die entsprechnden mechanischen Voraussetzungen im Recorder (und logischerweise auch in einem Abspielgerät, falls das nicht mit dem Recorder identisch ist). Eine solche Kassette paßt schon rein größenmäßig nicht in ein MiniDV-Aufwerk.
M.E. sind die Zeitangaben dieser Kassetten auf DVCAM ausgerichtet, sodaß man bei DV-Aufnahme nochmal ein Drittel mehr Aufnahme-/Spielzeit hat.
Neben dem geannten Sony Recordern gibt es auch welche von JVC für die "großen Kassetten".
Da es sich um ein professionelles Projekt handelt, dürfte es zwar keine Rolle spielen, trotzdem der Hinweis, daß ein großes DV-Band, auf das die vierfache Menge im Vergleich zu einem MiniDV-Band heraufpaßt, leider nicht viermal so viel kostet, sonder deutlich mehr (etwa 15x).
Ich habe bisher "nur" etwas über 25 Bänder von (S-)VHS in den Rechner digitalisiert, habe aber mit einem kleinen Time-Base-Corrector (electronic design) und einem JVC-Recorder als Wander (ohne gleichzeitige Aufnahem auf Kassette) durchaus gute Erfahrungen gemacht.
Ich glaube auch nicht, daß beim Einsatz eines TBC zu Abbrüchen beim Digitalisieren per reinem AD-Wandler kommt. Auch beim durchgängigen Digitalisieren wird ein Timecode erzeugt, der sich allerdings nicht einstellen läßt (was bei meinen JVC-Recordern aber auch nicht geht).
Mein Tipp: als DV-AVI-Datei speichern (technisch gleich dem Datenstrom auf einem DV oder DVCAM-Band) und als Datensicherung eine Kopie auf eine zweite Festplatte machen (ggf. eines anderen Fabrikats).
Antwort von Meggs:
Das ist überhaupt kein Unsinn. Überspielt man von einem sehr guten VHS-Gerät auf eine DV/DVCAM-MAZ (die kleine klassische DSR-11 ist perfekt für so was, inzwischen billig zu haben), hat man ein technisch sauberes und stabiles Signal und einen perfekten TimeCode. Damit kann man dann arbeiten, loggen, archivieren, sonst was, und man nimmt natürlich grosse 4-Stunden-Cassetten. Kein Profi würde es anders machen, denn wenn bei direkt von VHS eingelesenen Files die Platte hops geht, war's das mit der Doku.
Ich bin jetzt davon ausgegangen, dass der Threadstarter, der nach einem geigneten Codec für VHS fragt, keine MAZ zur Verfügung hat.
Damit die Doku platzt, müsste zeitgleich die Platte und das VHS-Band kaputtgehen. Die Wahrscheinlichkeit ist ungefähr genau so groß, wie die Wahrscheinlichkeit, dass beim schlussendlichen Überspielen auf den PC das Digitalband und die Festplatte gleichzeitig den Geist aufgeben: äußerst gering.
Ein möglichst guter VHS-Zuspieler ist sehr wichtig, ein möglichst guter AD-Wandler auch. Das Zwischenspeichern auf Digitalcassette halte ich für überflüssig.
Antwort von Jott:
... bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich bestimmte Stellen auf dem Tape auflösen. Was ist eigentlich, wenn es die ganzen DV-MAZen nicht mehr gibt? Heutzutage kommt man nur noch sehr schwer an Hi8 Geräte dran und solche Teile die noch korrekt funktionieren gibt es eigentlich gar nicht mehr.
Also? DV wird das selbe Schicksal erleiden und vorallem dein toller Tipp mit den großen DV-Kassetten (die zugegeben sehr praktisch sind) würde übelst in die Hose gehen, weil man nur noch auf prof. MAZen zugreifen kann um das Material sehen zu können - in Consumercams mit denen der Markt jetzt schon (und in der Zukunft sicher auch) geflutet ist, kommt man definitiv nicht mehr weiter. Dann hat man tolle Kassetten mit digitalem Bild/Ton und perfektem Timecode, aber keine Sau kann sie einlesen.
Andere Meinungen sind doch okay, ich habe meinen Tipp ja nicht als Religion verbreitet. Überspielt ruhig auf Festplatten, kein Streitthema, muss jeder selber wissen.
Allerdings hast du von DVCAM, dessen Verbreitung und dessen Betriebssicherheit keinen Schimmer. Es handelt sich um das weltweit erfolgreichste digitale Broadcastformat und ist auch heute noch rund um die Welt als Sendestandard im Einsatz. Die MAZen gibt's wie Sand am Meer, großes aktuelles Produktprogramm. DVCAM bietet sich an, weil's erheblich billiger ist als meinetwegen DigiBeta. Die kleinen Cassetten tun's natürlich auch, aber die großen sind viel praktischer.
"Nun sagt mir aber die Postproduktion, dass sie empfehlen die VHS zuerst auf miniDV zu überspielen und erst dann auf den PC zu Capturen", wurde dem Threadstarter gesagt. Ich bin also nicht der einzige Verrückte! :-)
Antwort von WoWu:
@ tommyb
Nimm"s Dir nicht zu Herzen... Sonywerbung:
Allerdings hast du von DVCAM, dessen Verbreitung und dessen Betriebssicherheit keinen Schimmer. Es handelt sich um das weltweit erfolgreichste digitale Broadcastformat und ist auch heute noch rund um die Welt als Sendestandard im Einsatz.
@ Serdna
Mein Tipp :
Lass das ganze Gedöns mit DV Tapes. So gut, wie der Ruf, der ihnen voraneilt sind sie nämlich nicht.
Wir haben vor ein paar Monaten unser DV und DVCPro Archiv in einer "Notoperation" auf Platten überspielen müssen, weil die Bänder reihenweise Beschädigungen an den Bandkanten gezeigt haben und alle gerissen sind.
(Und das unabhängig von der MAZ)
Auch waren es keinen Billigtapes aus der Kaufhausecke und gelagert wurden sie auch ordentlich.
Und was den Time-Code betrifft .... geschenkt.
Du machst in der neu zu erstellenden Doku ohnehin deinen eigenen TC und wirst bestimmt keine Referenzarchiv mit Zugriff auf einzelne Sätze oder Szenen anlegen. Und wenn... dann geht selbst das mit Platten viel besser.
Ich kann von Bändern nur noch abraten ...
Was den Codec betrifft, so wähl keine zu geringe Bitrate, weil Unschärfen (und VHS ist verdammt unscharf), die Codecs mehr belasten als Details. Daher wähl die Datenrate möglichst hoch.
So mit 30-50 Mbit/s bist du bei MPEG2 gut bedient.
Antwort von Jott:
Nimm"s Dir nicht zu Herzen... Sonywerbung
Ach nö. DV ist eine Panasonic-Erfindung (DVCAM ist nur eine leichte Modifikation, so wie DVCPro). Du bist paranoid! Die ganze DV-Familie erfreut sich zu recht bis heute großer Beliebtheit, mit 25Mbit/s ist das auch heute noch ein ordentlicher Intraframe-Codec für SD. Deshalb nicht totzukriegen.
Antwort von WoWu:
Und warum hast Du dann nicht DV geschrieben ?
Ach Jott, ich kann es ja verstehen, dass Du Deinem Werbeauftrag gerecht werden musst, aber wer öffentlich kegelt, darf sich nicht wundern, wenn andere die Punkte zählen.
Besonders, wenn man Forumteilnehmern hier sagt, sie hätten "keinen Schimmer"... da wäre ich mir nicht so sicher, wo das Defizit liegt.
Antwort von Jott:
Sony-Werbung hier? Albern. Verkauf du mal lieber weiter deine Rechtschreibfehlersammlung - äh - dein Google-doch-mal-Buch. Wenn schon Verunglimpfung, dann auch gegenseitig! :-)
Antwort von WoWu:
Jott -o- Jott
Antwort von tommyb:
Nimm"s Dir nicht zu Herzen... Sonywerbung:
Um Gottes Willen, für solche Aussagen habe ich mir längst den Lotuseffekt angewöhnt :D
@Jott
Keine Ahnung. Ja genau.
Ich kann Dir mal meine schmerzhafte Erfahrung erzählen:
Eine Firma hatte mal ihr gesamtes Archivmaterial (etwa 150 Std. Betacam SP) günstig archivieren wollen. Sie entschieden sich für DVCAM (ja, das mit der kürzeren Laufzeit), als Recorder diente dabei der wundervolle SONY V10P Walkman (mit DVCAM Aufzeichnung). Die Entscheidung wegen DVCAM war nur deswegen gefallen, weil es zum Zeitpunkt die günstigste Methode war (Festplatten-Speicher war "damals" noch zu teuer).
Nachdem der ganze Quatsch auf kleine Tapes überspielt wurde, wurden die alten Beta SP-Bänder fachgerecht entsorgt (Löschtrommel, dann Verkauf in den Ostblock).
Das Material schlummerte einige Jahre im Schrank, wurde brav durchgespult (allerdings in einem normalen Camcorder der extra für diesen Zweck angeschafft wurde). Eines Tages sollte man dann auf einen Teil des Material zurückgreifen (so total wichtiger Scheiss). Der V10P mit dem man das Material anfangs eingespielt hatte wurde über Ebay verscherbelt und durch die ultra-moderne SONY HVR-M10E ersetz worden (kann ja auch DVCAM). Dann kam der Tag, an dem das Archivmaterial zum Vorschein kommen sollte... das einzige was man sah war BLAU, genau wie beim Blue Screen of Death, allerdings ohne Schrift (aber mit ähnlichen Folgen).
Was war passiert? Der V10P hatte einen verschobenen Kopf, die aufgezeichneten MiniDV Tapes waren daher nur in diesem Gerät lesbar. Der damalige Käufer nutze die Situation schamlos aus und bot den Walkman für günstige 2000,- Euro zum Rückkauf an (ha!) - das Geld dafür hatte die Produktion nicht.
Die Rettung kam in Form der SONY DSR 1800 - die konnte das Material zum Großteil (das waren ca 90%) vernünftig abspielen. Ein Glück.
Was meinst Du wäre passiert, wenn dieses Problem erst in Jahr 2025 aufgefallen wäre? Die wechselnden Praktikanten würden immernoch brav das Material hin und her spulen (Consumer-Camcorder sei dank kann man ja kein DVCAM anzeigen lassen) und dann käme der GAU - nirgendswo DVCAM-MAZEN mehr!!! OMFG!
Klar - das kann mit jedem Format passieren, mit jeder Kassette. Und dennoch: der schleichende Verfallsprozess von DVCAM-Tapes ist nicht aufhaltbar und nur mit sehr viel Mühe/Geldeinsatz vernünftig kontrollierbar. Da kann man sich genau so gut einen Fileserver mit vernünftiger Backuplösung ins Haus stellen...
So viel dazu.
Antwort von Jott:
Ein Walkman ist keine MAZ. Ernst nehmen muss man das schon - wem der Unterschied nicht klar ist, der hat halt Pech gehabt. Hier stehen vielleicht 500 DVCAM-Tapes im Archiv, Mitte 90er bis ca. 2004, danach wird's natürlich deutlich weniger. Oft für Kunden rausgeholt, auch nach 15 Jahren problemlos. Nur ein Tape hatte mal Aussetzer, wahrscheinlich Schichtablösung. Besseres Verhalten als Beta SP aus dem gleichen Zeitraum allemal.
Deine Story zeigt eindrucksvoll, wie viele Irre in dieser Branche am Werk sind. Wie kann man ein wertvolles Archiv auf einen Walkman (!!!) überspielen und die Originale löschen? Dieses Spielzeug-Ding hatte ein Consumer-Laufwerk drin, die haben natürlich zuweilen Toleranzen und im Studio daher nichts zu suchen. Da hätte man auch gleich einen Camcorder nehmen können, kein Unterschied. Grober Unfug, unfassbar. Wenn das deine prägende Erfahrung war, dann bleibt es bei "keinem Schimmer". Nur liegt's halt an dem Laden, dessen Stümperei du erlebt hast. Auch das mit dem Umspulen ist übrigens Quatsch, zurückgespult senkrecht lagern ist alles, was nötig ist. Vielleicht nicht gerade im Keller, wo's schimmelt. Die Praktikanten können aufatmen.
Und wowus Zaubertrick (DV-Bänder reißen von selbst und haben plötzlich beschädigte Kanten, aber die MAZ- oder Camcorder-Mechanik ist NICHT kaputt, nein, nein) würde ich gerne mal sehen. Erinnert irgendwie an Uri Geller. :-)
Egal, die Bandzeiten gehen zu Ende. Was bleibt, sind Anekdoten und lustige Geschichten, die man seinen Enkeln erzählen kann. Oder in Foren aufschreiben.
Zurück zum Fragesteller: letztlich entscheidet immer das Thema Stümperei, ob man ein Projekt versaut oder nicht - mit dem Speicher- oder Archivmedium hat das nur wenig zu tun. Wenn die Post Production empfiehlt, erst mal auf Digitaltape zu gehen, hat das sicher auch ein prägendes Erlebnis als Hintergrund.
Antwort von Serdna:
Ich sehe die Diskussion löst Kontroversen aus. Ein richtig oder falsch gibt es hier nicht. Wenn man Zeit und Geld hat, darf man getrost die aufwendigere Variante wählen. Wenn es schnell gehen muss, sollte man auf das Band verzichten.
Wir werden auf jeden Fall zuerst die VHS auf HDCam überspielen und dann auf ein RAID digitalisieren. Da spart Platz, da wir vielleicht nicht das ganze VHS Material benötigen. Ausserdem ist es so doppelt sicher archiviert für die Zukunft. Vielen Dank für die Infos.
Serdna
Antwort von tommyb:
HDCam? Really?
Antwort von WoWu:
Wegen des miserablen Colossampling wahrscheinlich (3:1:1)
Antwort von tommyb:
Ich denke er hat sich nur verschrieben, denn HDCAM wäre ja nun wirklich mit Canon auf Spatzen geschossen - dateigrößenmäßig (außer es wird rekomprimiert).
Antwort von vs:
Bist du sicher, dass du HDCAM meinst? Nicht verwechseln: DVCAM ist eine Evolutionsstufe von DV (die großkassettige Variante von MiniDV). HDCAM hingegen ist die HD-Weiterentwicklung von Betacam. HDCAM wäre wirklich mit Kanonen auf Spatzen geschossen (tommyb "mit Canon auf Spatzen geschossen" gibt tolle Fotos für jeden Ornithologen, besonders wenn es sich bei der Canon um eine EOS 5D handelt ;-))
Wenn der Platz es erlaubt, ist es immer empfehlenswert, die alten Kassetten und Abspielgeräte aufzubewahren. Die Gründe können vielfältig sein, wie z.B.:
- Analoge Videobänder werden nicht wirklich schlechter vom bloßen Rumliegen. Ausnahmen bestätigen zwar die Regel, wie z.B. U-Matic-Kassetten, die teilweise etwas schwergängig werden, vereinzelte Bandtypen mit schlechter Magnetbeschichtung die sich mit Umgebungsfeuchtigkeit vollsaugt und auflöst, spröde Klebestellen an denen das Band vom Vorspannband abreißt und neu geklebt werden muss, ...) sind aber eher vereinzelte Aufnahmen.
- Der digitale Speicher (Festplatte, wenig robustes Bandformat wie DV) versagt, als Fallback bleibt das Originalformat
- Die Qualitätsansprüche und die Qualität der Geräte steigen. Als ich 1995 mit Video am PC angefangen habe, mit einer Zoran-basierten M-JPEG Karte für den ISA-Bus, hätte ich Snell&Wilcox für einen Konkurrenten von Procter&Gamble gehalten - heute arbeite ich selbst mit Snell&Wilcox (oder Snell wie sie heute heißen) und bin froh, die alten Materialien noch um Rohzustand zu haben und besonders wertvolle Stücke neu in deutlich besser noch mal digitalisieren zu können.
Muss das alte Material weg und durch platzsparendere, neue Technologien ersetzt werden, sollte man sich gut überlegen, wie. Wichtige Eckpunkte wären:
- Qualität: So qualitativ wie möglich digitaliseren, so niedrig komprimiert wie möglich abspeichern
- Kompatibilität: Abspielbarkeit sollte auf breiter Basis (bei Kundenverkehr also auch beim Kunden, für den eigenen Gebrauch auch auf lange Sicht - sprich wie lange gibt es noch Wiedergabegeräte zu kaufen) gegeben sein.
- Platzfaktor: Damit sich das Risiko, sich von den alten Materialien zu trennen, auch lohnt
- Zugriff: Muss das Material auf Abruf verfügbar sein, oder sind nach Anforderung auch einige Stunden erlaubt?
Die DV-Kompression ist ein fauler Kompromiss. Schon allein das 4:2:0 Farbsampling ist der Qualität nicht wirklich zuträglich. Zumal es auch schlechter realisiert ist, als bei MPEG. An diagonalen Kanten mit starken Farbkontrasten sieht man bei DV ausgeprägte Stufen, bei MPEG2 nicht. DVCPro50 (doppelt so viel Platzbedarf wie DV, aber dafür auch 4:2:2-Farbsampling oder IMX (MPEG2 nur aus I-Frames bestehend, 4:2:2-Farbsampling und ähnlich wie M-JPEG in der Bitrate und somit der Qualität der Kompression von "leichter Mosquito-Noise, dafür wenig Platzbedarf"=25Mbit wie bei DV bis "nahezu lossless">=50Mbit anpassbar) sind da schon besser geeignet.
Und dann worauf speichern? Einzelne Festplatten? Schneller Zugriff, aber wenn kaputt, dann kaputt. Ein RAID? Schneller Zugriff, hohe Kapazität, aber gerade bei einem großen RAID5 oder RAID6 ein hoher Kostenfaktor. LTO? Die Medien sind günstig, allerdings muss man sehr viele davon kaufen, damit sich das gegenüber einer Festplatte bemerkbar macht. Die Speicherung darf als sehr zuverlässig gelten, da LTO nur linear, also ohne rotierende Köpfe arbeitet, im Gegensatz z.B. zu DAT. Streamerlaufwerke die die Bänder lesen können, dürften auf lange Sicht gesichert sein, da es ein offener und in der Industrie häufig für Sicherungszwecke genutzter Standard ist. Das Zurückspielen einer LTO-Sicherung dauert allerdings ihre Zeit. Oder doch das klassische Videotape? Das muss aber auch jedes mal neu eingeladen werden wenn das Material am Computer gebraucht wird, was länger dauert, als es von einem LTO-Tape zurück zu spielen (Videotape, egal ob DV oder Betacam, nur in Echtzeit). Aus Qualitätsgründen blieben hier auch nur Betacam-basierte Formate wie SX, IMX oder Digibeta. Kostenfaktor für Geräte und Tapes sind hoch, Platzbedarf auch.
Ich würde dir am ehesten dazu raten: Zeichne es unkomprimiert auf, nicht mit einem DV-Converter sondern mit einer Lösung die uncompressed arbeitet (z.B. über SDI mit einem entsprechenden Wandler) und bleib dann dateibasiert, uncompressed, AVI-Container mit Lossless-Codec (Lagarith, HuffYUV) oder MXF-Container mit IMX, und verschaff dir zudem Netz und doppelten Boden, sei es durch ein RAID5 (besser RAID6) oder eine Bandsicherung wie DAT/DDS (oder besser DLT oder LTO)
Antwort von Bernd E.:
...DVCAM ist eine Evolutionsstufe von DV (die großkassettige Variante von MiniDV)...
Nicht ganz: Die beiden sich wenig unterscheidenden Formate heißen DV und DVCAM, während MiniDV und Standard-DV die beiden Kassettengrößen sind. Sowohl DV als auch DVCAM kann auf kleinen oder großen Bändern aufgezeichnet werden.